Versicherung an Eides statt

Versicherung an Eides statt

Die Versicherung an Eides statt oder eidesstattliche Versicherung (kurz „E.V.“ oder „EV“) ist im deutschen Recht eine besondere Beteuerung, mit der derjenige, der diese Versicherung abgibt, bekräftigt, dass eine bestimmte Erklärung der Wahrheit entspricht. Besondere Rechtsbedeutung erlangt die Versicherung an Eides statt dadurch, dass nach § 156 Strafgesetzbuch (StGB) die Abgabe einer unwahren eidesstattlichen Versicherung eine Straftat darstellt. Gibt jemand also eine eidesstattliche Versicherung ab und lügt dabei, macht er sich strafbar.

Besondere Anwendungsbereiche sind einmal die Bekräftigung der Richtigkeit eines Vermögensverzeichnisses im Rahmen der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung nach § 807, §§ 899 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) oder in § 284 Abgabenordnung (AO) und zum anderen über die Einnahmen und Ausgaben einer Verwaltung in § 259, § 260 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Daneben gibt es noch diverse andere Anwendungsfälle.

Der Begriff der Versicherung an Eides statt ist als solcher neutral und in keiner Weise zwingend auf Vermögensverzeichnisse oder die Zwangsvollstreckung bezogen. Auch im Verwaltungsrecht findet sie häufig Anwendung, wenn es darum geht, dass zu Beweiszwecken jemand gegenüber einer Behörde die Richtigkeit einer Aussage bekräftigen soll. Insbesondere die Versicherung an Eides statt in Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung als Beweismittel nach § 294 ZPO ist wertneutral und steht nicht in Zusammenhang mit der Vermögenslage desjenigen, der die Versicherung abgibt.

Inhaltsverzeichnis

Strafrechtliche Folgen

Gemäß § 156 StGB wird die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung (1. Alternative) oder die Berufung auf eine solche Versicherung (2. Alternative) gegenüber einer zuständigen Behörde mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft.

Inwieweit eine eidesstattliche Versicherung falsch ist, bestimmt sich nach dem Umfang und den Grenzen der Wahrheitspflicht bezogen auf den Verfahrensgegenstand und den Regeln des jeweiligen Verfahrens. Ein Zeuge vor Gericht kann beispielsweise nur über Tatsachen berichten und dementsprechend auch nur eine vorsätzlich falsche Versicherung abgeben, wenn diese falsche Tatsachenwahrnehmungen enthält. Ebenso sind beispielsweise im einstweiligen Verfügungsverfahren, § 936 Abs. 2 ZPO, vor Gericht nur Tatsachen relevant, die sich auf den jeweiligen Anspruch auswirken; falsche anspruchsneutrale Tatsachen als Inhalt der eidesstattlichen Versicherung sind demnach irrelevant und nicht strafbar.

Im Rahmen einer fruchtlosen Pfändung, siehe § 807 ZPO, und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (bzw. die Berufung darauf) sind daher auch nur Tatsachen für die Frage der Falschheit der eidesstattlichen Versicherung relevant, die auch verlangt werden, also das gesamte gegenwärtige Aktivvermögen des Schuldners. Falsche Angaben über Schulden oder wertlose Gegenstände etwa sind im Rahmen des § 156 StGB unbeachtlich.

Die Zuständigkeit einer Behörde für die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung setzt eine besondere Befugnis der Behörde zur Abnahme im konkreten Verfahren und Gegenstand voraus. Daneben muss die Versicherung auch zulässig sein; z.B. kann keine eidesstattliche Versicherung von einem Angeklagten vom Gericht abgenommen werden. Wird eine vorsätzlich falsche Versicherung vor der unzuständigen Behörde abgenommen, entfällt die Strafbarkeit nach § 156 StGB; es könnten aber andere Straftatbestände in Betracht kommen, etwa Prozessbetrug.

Grundsätzlich soll es nicht erforderlich sein, dass die Zuständigkeit für die Abnahme ausdrücklich im Gesetz genannt ist. Allerdings gilt im Rahmen des behördlichen Verwaltungsverfahrens, also der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor einer Verwaltungsbehörde, jedoch für Behörden § 27 VwVfG bzw. die entsprechende Ländernorm bzw. § 23 SGB X.

Im Strafverfahren scheiden Staatsanwaltschaft und Polizei als zuständige Behörde mangels eigenen förmlichen Beweisverfahrens als zuständige Behörden regelmäßig aus; Strafgerichte können ebenso nicht im Strafverfahren dem Beschuldigten eine eidesstattliche Versicherung abnehmen, jedoch ist bei Zeugen dies grundsätzlich zulässig.

Im Zivilgerichtsverfahren (und somit auch vor den Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten) darf das Gericht regelmäßig den Parteien, Zeugen und anderen Beteiligten die eidesstattliche Versicherung abnehmen, soweit das Gesetz eine Glaubhaftmachung vorsieht, etwa bei § 294 ZPO, oder das Gericht im Rahmen des Freibeweisverfahrens dies anfordert; soweit jedoch das förmliche Beweisverfahren nötig ist (etwa bei strittigen Aussagen zu Parteibehauptungen), ist die Abnahme unzulässig, so dass eine Strafbarkeit ausscheidet. Eine freiwillig abgegebene (falsche) Versicherung ist bei der fehlenden Anforderung durch das Gericht unter Umständen straflos.

Die fahrlässige falsche Versicherung an Eides statt ist gemäß § 161 Abs. 1 StGB mit bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe strafbar. Fahrlässigkeit kann beispielsweise in einer Nachlässigkeit bei der Abgabe der Erklärung liegen, etwa beim bewussten Unterschreiben einer inhaltlich falschen eidesstattlichen Versicherung ohne Lesen des Inhalts vorliegen oder wenn für die freiwillige Abgabe der Versicherung für den richtigen Inhalt Erkundigungen notwendig sind, die aber unterlassen werden.

Berichtigt der Aussagende rechtzeitig die vorsätzliche falsche eidesstattliche Versicherung, kann das Gericht die Strafe mildern oder ganz davon absehen, § 158 Abs. 1 StGB. Im Falle der rechtzeitigen Berichtigung einer fahrlässigen falschen eidesstattlichen Versicherung entfällt jedoch gemäß § 161 Abs. 2 die Strafe.

Die Berichtigung muss nicht zwingend auf freiem Willen beruhen, es kommt allein auf die Richtigstellung an. Sie muss eine in allen wesentlichen Punkten wahrheitsgemäße und vollständigung Schilderung enthalten und eine Distanzierung zur früheren Aussage enthalten; ein Widerruf ist nicht ausreichend, wenn nicht ein Zeugnisverweigerungsrecht ansonsten besteht. Die Berichtigung kann ggf. sogar in besonderen Umständen auch durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden. Sie muss sich aber an die entgegennehmende Stelle richten bzw. an die Stelle richten, die die eidesstattliche Versicherung prüft (z.B. Gericht). Daneben muss die Berichtigung auch rechtzeitig erfolgt sein, siehe § 158 Abs. 2 StGB.

Der Versuch der vorsätzlichen oder fahrlässigen falschen Versicherung ist nicht strafbar. Der Versuch der Anstiftung zu einer falschen Versicherung an Eides statt ist jedoch gemäß § 159 StGB strafbar.

Bei Beantragung eines Kredits oder Inanspruchnahme von Ratenzahlungen verlangt der Kreditgeber häufig die Offenlegung der Vermögensverhältnisse. Er kann jedoch nicht eine eidesstattliche Versicherung verlangen, weil er hierfür keine Rechtsmacht hat. Werden allerdings die Vermögensverhältnisse gegenüber einem Kreditgeber unrichtig dargestellt, kann man sich wegen Betrugs gemäß § 263 StGB, eventuell auch nach § 265b StGB strafbar machen.

... im Rahmen der Zwangsvollstreckung

Begriffsbildung

Die „Eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben“ wurde bis zum 27. Juni 1970 offiziell und seitdem umgangssprachlich als Offenbarungseid bezeichnet. Umgangssprachlich wird die Abgabe der EV auch als „die Hand heben“ bezeichnet.

Voraussetzungen

Der Gläubiger beauftragt den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung aus einem Titel. Macht der Gläubiger glaubhaft, dass er durch Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen kann, oder hat bereits eine Pfändung nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt, oder hat der Schuldner die Durchsuchung seiner Wohnung verweigert oder der Gerichtsvollzieher den Schuldner trotz Ankündigung mindestens zwei Wochen vorher wiederholt nicht in seiner Wohnung angetroffen, so ist eine Vermögensoffenbarung (und auch dies ist eine EV) abzulegen.

Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die bestehende Zahlungverpflichtung innerhalb von sechs Monaten begleichen kann, so kann der Gerichtsvollzieher eine Zahlungsvereinbarung treffen und den Abgabetermin um diesen Zeitraum vertagen (§ 900 Abs. 3, § 806b ZPO).

Da Schuldner oftmals nicht freiwillig zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bereit sind, wird auf Antrag des Gläubigers gegen einen Schuldner, der zum Abgabetermin ohne Entschuldigung nicht erschienen ist oder sonst unberechtigt die Abgabe verweigert, vom Amtsgericht Haftbefehl erlassen (§ 901 ZPO). Mit dem Haftbefehl geht die Erlaubnis einher, die Wohnung des Schuldners zwangsweise zu betreten und diese nach dem Schuldner zu durchsuchen. In der Praxis gibt der ganz überwiegende Teil der Schuldner die Versicherung nach Vorlegung des Haftbefehls ohne weiteres ab, so dass sich die tatsächliche Verbringung in die Haftanstalt erübrigt. Die tatsächliche Haftvollstreckung ist in weit weniger als einem Prozent der ergangenen Haftbefehle erforderlich. Der Gerichtsvollzieher kann den abgabeunwilligen Schuldner bis zu sechs Monaten in einer Haftanstalt unterbringen (§ 913 ZPO). Gibt der Schuldner die eidesstattliche Versicherung nunmehr ab, ist die Haft sofort zu beenden. Das zulässige Rechtsmittel gegen Erlass eines Haftbefehls ist die sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO.

Es ist vom Schuldner ein vollständiges Vermögensverzeichnis über sein gesamtes Vermögen vorzulegen und zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben darin nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe (§ 807 Abs. 2 und 3, § 889 ff. ZPO). Der Gerichtsvollzieher ist dafür zuständig, diese „Eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben“ abzunehmen (§ 900 Abs. 2 ZPO). Die vorsätzliche Abgabe einer unrichtigen Versicherung an Eides statt ist strafbar.

Antragsberechtigt für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung sind die Vollstreckungsgläubiger. Die Abnahme erfolgt durch den Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat. Das Finanzamt ist gem. § 284 AO selbst berechtigt, die eidesstattliche Versicherung abzunehmen. Dasselbe gilt für andere Verwaltungsbehörden (vgl. z.B. § 16 VwVG BW).

Zweck und Folgen

Die Verpflichtung zur Vermögensoffenbarung wird in das beim örtlich zuständigen Amtsgericht geführte Schuldnerverzeichnis eingetragen. Aus diesem öffentlichen Verzeichnis unterrichten sich privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsauskunfteien (zum Beispiel die SCHUFA). In aller Regel wird dadurch die Kreditwürdigkeit der eingetragenen Person zumindest als gefährdet angesehen werden müssen.

Zweck des Verfahrens ist es, den Gläubigern eine Übersicht über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners zu verschaffen, damit sie prüfen können, ob (und gegebenenfalls welche) Vollstreckungsmaßnahmen Erfolgsaussichten haben.

... zur Rechenschaftslegung

Einen anderen Hintergrund hat jedoch die eidesstattliche Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB. Der Schuldner ist dazu verpflichtet, nicht weil die Zwangsvollstreckung fehlgeschlagen ist, sondern weil Umstände die Vermutung nahe legen, dass er seiner Verpflichtung, eine bestimmte Auskunft zu erteilen, nicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen ist. Es geht hierbei meist um Auskünfte über sonstige Verhältnisse und nicht um Auskünfte über die eigenen Vermögensverhältnisse.

Wer verpflichtet ist, eine bestimmte Auskunft zu erteilen (Rechenschaftspflicht), soll durch die eidesstattliche Versicherung zur Wahrheit angehalten werden. Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist strafbar, wenn sie vor einer zuständigen Behörde erfolgt (§ 156 StGB), auch bei Fahrlässigkeit (§ 161 StGB). Über die Kreditwürdigkeit einer Person lässt sich bei Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB jedoch keine Aussage machen.

Glaubhaftmachung

Des Weiteren spielt die eidesstattliche Versicherung eine Rolle bei der Glaubhaftmachung (§ 294 Abs. 1 ZPO). Wenn eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen ist, kann der Beweisführer sich auch auf eine eidesstattliche Versicherung (sogar seine eigene) stützen. Die Versicherung bedarf keiner besonderen Form.

Weblinks

Rechtsgrundlagen

Normen des deutschen Rechts, die Regelungen über die Versicherung an Eides statt enthalten:

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