Erich Schmidt (Kirchenmusiker)

Erich Schmidt (Kirchenmusiker)

Erich Schmidt (* 6. August 1910 in Metz; † 8. Juni 2005 in Radebeul) war ein deutscher Kirchenmusiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Erich Schmidt wurde 1910 in Metz geboren. Erste musikalische Ausbildung erhielt er als Mitglied und Erster Präfekt des Thomanerchores unter Karl Straube. Ebenfalls in Leipzig erfolgte sein Studium der Psychologie, Philosophie, Germanistik und Theologie. Schmidt promovierte 1939 als Psychologe mit einer Arbeit über den „Aufbau rhythmischer Gestalten“.

Nach seiner Zeit als Soldat im 2. Weltkrieg engagierte sich Erich Schmidt 1945 als Chorleiter in Holzhausen bei Leipzig.[1] Dann wirkte er von 1950 bis 1980 als Domkantor am Meißner Dom. Dort formierte er den Domchor neu und war Gründer der Meißner Kantorei 1961. Weiteres Tätigkeitsfeld war die musikalische Arbeit an der neugegründeten Evangelischen Akademie Meißen sowie die Leitung zahlreicher Singwochen.

Von 1952 bis 1986 war Schmidt Dozent für Chorleitung, und bis 1983 stellvertretender Direktor an der Kirchenmusikschule der evangelisch-lutherischen Landeskirche Dresden (heutige Hochschule für Kirchenmusik Dresden). In letzterer Funktion leitete er während zweier längerer Vakanzen das Institut.[2]

Uraufführungen gestaltete er mit der Meißner Kantorei 1961 unter anderem von Werken der Komponisten Volker Bräutigam (Pfingstgeschichte, Drei Psalmen), Herbert Gadsch (Missa de angelis), Kurt Hessenberg (Das Gleichnis vom großen Abendmahl), Wolfgang Hufschmidt (Seligpreisungen, Kontrafaktur II) und Manfred Weiss (Triptychon).[3] Widmungsträger ist er von Jörg Herchets 1978 entstandener Bußkantate (für Sopran, Alt, Bariton, gemischten Chor, Schlagzeug, Harfe und Orgel auf den Text von Jürg Milbradt).[4]

1968 leitete er – entgegen großer politischer Schwierigkeiten[5] – zum tausendjährigen Jubiläum des Meißner Domes die Aufführung des für diesen Anlass von Wolfgang Hufschmidt komponierten Meissner Tedeum nach Texten von Martin Luther und Günter Grass, mit Hartmut Haenchen als Bariton.[6][7] Eine zweite Aufführung, ebenfalls im Rahmen des Sächsischen Landeskirchentages 1968, erfolgte am 26. Mai in der Dresdner Martin-Luther-Kirche.[8]

Die Gründung der von Erich Schmidt bis 1980 geleiteten Meißner Kantorei 1961 stand im Zusammenhang mit der Aufführung von Willy Burkhards Komposition Das Ezzolied. Weiter zählen zu den zahlreichen zeitgenössischen Werken, welche er meist erstmalig in der DDR aufführte, solche von Günter Bialas, Benjamin Britten, Paul Constantinescu, Johann Nepomuk David, Petr Eben, Bengt Hambraeus, Arthur Honegger, Klaus Huber, Charles Ives, Rudolf Kelterborn, Frank Martin, Günter Raphael und Siegfried Reda.[9]

Als Organist hat er, um ein Beispiel zu nennen, 1956 Anton Schoendlingers Toccata und Fuge für Orgel aufgeführt.[10]

Erich Schmidt war seit 1940 verheiratet mit Annemarie Schmidt geb. Becker († 2003) und Vater des Cembalobauers und Musikinstrumenten-Restaurators Martin-Christian Schmidt (1946–2000). Seit seiner Emeritierung 1980 lebte er in Radebeul, wo er als Fünfundneunzigjähriger 2005 verstorben ist.

Würdigung

„Erich Schmidt hat sich verdient gemacht um die Entwicklung und Propagierung der zeitgenössischen Kirchenmusik. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist er mit seinen Leistungen zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der sächsischen Kirchenmusik geworden.“ [11]

„Sein Ziel war vor allem, vielen Menschen das Singen als eine befreiende, heilende, froh machende Lebensäußerung von geistlicher Tiefe erfahrbar zu machen und neue Musik in der Kirche zum Klingen zu bringen.“ [12]

„Nicht zuletzt war es die Persönlichkeit Dr. Erich Schmidts, die viele junge Menschen anzog und um sich sammeln konnte. Große geistige Werte, tiefgründige philosophisch-theologische Weltsicht und eine feste Fundierung im christlichen Glauben kennzeichnen ihn.“ [13]

Auszeichnungen

Tonaufnahmen

  • Wolfgang Hufschmidt: Meissner Tedeum. Aufnahmen der Uraufführung 1968 (mit Barbara Hoene, (Sopran), Hartmut Haenchen (Bariton), Meißner Kantorei, Gewandhausorchester Leipzig, Erich Schmidt (Leitung)) und der Wiederaufführung 1997 (mit Antje Bitterlich (Sopran), Martin Lucaß (Bariton), Chor und Orchester sowie Vokal- und Instrumentalsolisten der Folkwang-Hochschule Essen, Hartmut Haenchen (Leitung)). SACD. Cybele, 2003.[15]

Schriften

  • Über den Aufbau rhythmischer Gestalten. Dissertation. C. H. Beck, München 1939.
  • Der Meissner Dom und die musica sacra – Domkantor Erich Schmidt: „Der Ruf nach Meißen“. In: Triangel. Mitteldeutscher Rundfunk, Halle 1997, ISSN 1432–9476. S. 20–29. (Auszug aus der Vita von Erich Schmidt, anlässlich der Wiederaufführung des Meissner Tedeum im Oktober 1997.)

Literatur

  • Christfried Brödel: Dr. Erich Schmidt, 6.8.1910–8.6.2005. In: Musik in Sachsen. Sächsischer Musikrat, Dresden 2005. S. 9.
  • Christfried Brödel: Zum 90. Geburtstag von Dr. Erich Schmidt. In: Der Sonntag – Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Leipzig August 2000.
  • Wolf Dähne: Singen als Atem der Seele – Dr. Erich Schmidt zum 85. Geburtstag. In: Der Sonntag – Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Nr. 31, Leipzig 1995.
  • Wolf Dähne: Erinnerungen an Erich Schmidt. In: Forum Kirchenmusik, November/Dezember 2005. Strube, München 2005.
  • Helmut Werkle: Domkantor Erich Schmidt in Meißen zum siebzigsten Geburtstag. In: Musik und Kirche, Nr. 50, 1980, S. 280–281.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Chorjubiläum. 80 Jahre und noch so aktiv! auf der Website der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Holzhausen, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  2. Geschichte auf der Website der Hochschule für Kirchenmusik, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  3. Christfried Brödel: Meißner Kantorei – Ur- und Erstaufführungen 1961–1981.
  4. Im Online-Katalog der Edition Peters, abgerufen am 25. Oktober 2011.
  5. Wolfgang Hufschmidt: Begegnung in Meißen (mit Wiederholung). In Hartmut Haenchen 60 – Festschrift zum 60. Geburtstag. Herausgegeben von den Mitarbeitern der Dresdner Musikfestspiele, Druckerei und Verlag Christoph Hille, Dresden 2003. S. 27, Abs. 4. Online (PDF-Datei, 3.6 MB) auf der Website von Hartmut Haenchen, abgerufen am 25. Oktober 2011.
  6. Gerhard Müller: Wolfgang Hufschmidt: Meissner Tedeum (1968). in: Triangel, Programmjournal des MDR. Oktober 1997, S. 32. Zitiert auf der Website von Musikforum bei Schott Music, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  7. Barbara Lieberwerth: „Soll ich das Chaos loben?“ Eine deutsch-deutsche Dialogkomposition nach 30 Jahren. In. Neue Musikzeitung (NMZ) 11/97, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  8. Anselm Weyer: Günter Grass und die Musik. Peter Lang, Frankfurt u. a. 2007, ISBN 978-3-631-55593-4. S. 102.
  9. Peter Krause: Meißen. In Musik in Geschichte und Gegenwart, Sachteil Band 6. S. 5; sowie Verzeichnis von Chr. Brödel (s.o.)
  10. Richard Witsch: Anton Schoendlinger – Ein donauschwäbischer Komponist in Deutschland. Gehann-Musik-Verlag, Kludenbach 2003, ISBN 3-927293-25-3. S. 205
  11. Ordensträger Dr. Erich Schmidt. Auf der Website Sachsen gestern und heute der Sächsischen Staatskanzlei, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  12. Christfried Brödel: Zum 90. Geburtstag von Dr. Erich Schmidt. In: Der Sonntag – Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Leipzig 2000.
  13. Christfried Brödel: Zeitgenössische Kirchenmusik im Umkreis Dresdens – Die Meißner Kantorei 1961. In: Matthias Herrmann (Hrsg.): Die Dresdner Kirchenmusik im 19. und 20. Jahrhundert. Laaber-Verlag, Laaber 1998. (= Schriftenreihe Musik in Dresden der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden, Band 3.) S. 501–506.
  14. Ordensträger Dr. Erich Schmidt. Auf der Website Sachsen gestern und heute der Sächsischen Staatskanzlei, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  15. Günter Grass deutet das „Te Deum“. Besprechung bei klassik.com am 4. Juli 2009, abgerufen am 25. Oktober 2011.

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