Familienernährer

Familienernährer

Als Familienernährer bezeichnet, als soziale Rolle, eine Person, die zu einem wesentlichen Anteil zum Lebensunterhalt der eigenen Familie beiträgt. Der Lebensunterhalt bezieht sich dabei auf die durch Eltern erbrachten wirtschaftlichen Leistungen für die eigene Familie – die eigenen finanziell abhängigen Kinder, gegebenenfalls den eigenen Partner sowie sich selbst.

Auf die Wortherkunft bezogen begründet sich der Begriff Familienernährer darin, dass diese Person über den wirtschaftlichen Lebensunterhalt für die eigene Familie natürlich auch zur Ernährungssicherung beiträgt.

Insoweit Eltern mit ihren finanziell abhängigen Kindern und ihrem Partner in einem Haushalt leben, ist ein Familienernährer ein Elternteil, der einen wesentlichen Anteil des Haushaltseinkommens erwirtschaftet.

Der Begriff wird im Allgemeinen mit Bezug auf das tatsächliche Einkommen verwendet und ist nicht notwendigerweise direkt an tatsächliche finanzielle Geldleistungen, an Ergebnisse familiärer Aushandlungensprozesse über die Verfügung über Geld, an die Höhe rechtlicher Unterhaltspflichten (Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Elternunterhalt) oder andere Unterhaltsleistungen gekoppelt. Der Einsatz anderer Ressourcen als Einkommen bzw. Geld, etwa der Einsatz von Zeit und das Erbringen von Fürsorgeleistungen, bleibt bei der Verwendung des Begriffs Familienernährer üblicherweise unberücksichtigt.

Engere Definitionen

Familienernährer können beide Eltern zugleich sein (Doppelversorgermodell) oder ein Elternteil als Hauptverdiener (Ernährermodell) oder ein Alleinerziehender. Auch bei grundsätzlich egalitär ausgerichteten Paaren kann es bei beruflicher Auszeit, Arbeitslosigkeit oder Berufsunfähigkeit eines Partners dazu kommen, dass einer der beiden Partner zeitweise Haupverdiener oder auch alleiniger Familienernährer ist.

Teilweise wird der Begriff Familienernährer jedoch enger gefasst und bezeichnet dann eine Person, die alleine oder zu einem größeren Teil als der Partner zum Familieneinkommen beiträgt. Sozialforscherinnen Ute Klammer und Christina Klenner verwenden den Begriff, noch etwas enger gefasst, nur für Personen, die deutlich mehr als der Partner zum Familieneinkommen beitragen, also zum Beispiel mindestens 60 % des Familieneinkommens bestreiten;[1] Familien mit zwei ungefähr gleich viel beitragenden Partnern hätten nach dieser Definition keinen Familienernährer.

Familienernährer- und Geschlechterrolle

Als Stereotyp hat das Bild des (männlichen) Familienernährers und der (weiblichen) Hausfrau von wesentlicher Bedeutung.

Die soziale Rolle als Familienernährer fällt in der Realität häufig bestimmten Aufteilungen der Geschlechterrollen zusammen: in Paaren ist häufiger der Mann der Familienernährer, alleinerziehender Familienernährer hingegen ist häufiger eine Frau.

Innerhalb von Paaren geht eine Übernahme der Hauptverantwortung für das Familieneinkommen durch die Frau nur in manchen Fällen mit einer Umkehrung der verbreiteten Geschlechterrollen bezüglich Haus- und Familienarbeit einher.

Für beruflich engagierte Frauen kann dies eine entsprechend höhere Gesamtbelastung in beiden Lebensbereichen Beruf und Familie bedeuten.

Die Erwartung der eigenen Ernährerrolle als Anforderung an sich selbst und als gesellschaftlich Erwartung ist Jungen sehr präsent. Ein fehlender Schulabschluss, das Fehlen eines Ausbildungsplatzes oder Langzeitarbeitslosigkeit stellen unter dieser Voraussetzung „ein bedrohliches, im doppelten Sinn existentielles Dilemma für Jungen dar“, da ohne Basis für eine existenzsichernde Beschäftigung ihre Befähigung zu einer familien-ernährenden Erwerbsarbeit gefährdet ist. Sie sehen sich dadurch nicht in der Lage, perspektivisch einer zentralen männlichen Aufgabe gerecht zu werden. Während Mädchen oder junge Frauen in einer ähnlichen Ausgangssituation „in der (un-)bewussten Wahl einer Hausfrauen- und Mutterrolle“ eine Perspektive sehen, liegt eine entsprechende Bewältigungsstrategie bei Jungen nicht unmittelbar auf der Hand. Ein alternativer, etwa auf egalitäre Geschlechterrollen oder ehrenamtliche Arbeit oder auf andere Ziele ausgerichteter Lebensentwurf setzt ein Selbstwertgefühl voraus, dass gerade in dieser Situation nicht vorausgesetzt werden kann. Jungen oder jungen Männern bräuchten hierzu ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein erforderlich, das ihnen erlauben könnte, sich durch die Wahl eines alternativen Lebensentwurfs bewusst gegen gesellschaftliche Normen zu stellen. Diese Zusammenhänge werden als zentrale Gesichtspunkte für die Jungenarbeit angesehen.[2]

Einzelnachweise

  1. Gender: Frauen sorgen fürs Geld - und die Familie. In: Böckler Impuls 11/2010. Hans-Böckler-Stiftung, abgerufen am 29. Januar 2011. (PDF)
  2. Michael Drogand-Strud: ”... und dann werde ich Familienernährer!” Berufs- und Lebensorientierung von Jungen als Aufgabe von Jugendsozialarbeit und Schule. Abgerufen am 20. Januar 2011 (PDF, erschienen 2003 bei Leske und Budrich in der Reihe Quersichten, Band 3: Olaf Jantz & Christoph Grote: Perspektiven der Jungenarbeit. Konzepte und Impulse aus der Praxis). S. 3 ff.

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