Fleischmann & Strauss

Fleischmann & Strauss

Monika Fleischmann (* 1950 in Karlsruhe) und Wolfgang Strauss (* 1951 bei Nürnberg), kurz Fleischmann & Strauss, sind ein deutsches Künstler- und Wissenschaftlerpaar, das sich mit Mixed Reality befasst. Mit ihren international ausgestellten interaktiven Inszenierungen gelten sie als Pioniere der Medienkunst.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Arbeit

Monika Fleischmann wuchs in Donaueschingen auf und studierte nach einer Ausbildung zur Modedesignerin in Zürich Bildende Kunst und Schauspiel an der Universität der Künste Berlin.

Wolfgang Strauss studierte nach einer Lehre als Kunsttischler Architektur an der Universität der Künste Berlin, an der er später auch als Gastprofessor lehrte.

Seit 1987 arbeiten Fleischmann & Strauss gemeinsam an Themen der Verbindung von Kunst und computervermittelter Kommunikation, seit 1997 unter dem Acronym MARS (Media Arts Research Studies) mit dem Schwerpunkt Visualisierung und Interfaces im kulturellen Bereich. Seit Beginn ihrer künstlerisch-wissenschaftlichen Tätigkeit beschäftigen sie sich mit dem Computer als Werkzeug und Medium. Mit ihren Arbeiten haben sie die digitalen Medien und die interaktive Medienkunst entscheidend mitgeprägt. Zu ihren bekanntesten künstlerischen Virtual Reality und Mixed Reality Installationen zählen u.a. „Berlin, Cyber City“ (1989), „Home of the Brain" (1990), „Liquid Views” (1992), „Rigid Waves” (1993), „Energie-Passagen" (2004) oder die „Medienfluss"-Installation (2006), die das Medienkunst-Archiv von Netzspannung.org in Bild- und Textströmen von Schlagworten repräsentiert.

1988 gründeten Fleischmann & Strauss gemeinsam mit Edouard Bannwart, Wolfgang Krüger, Joachim Sauter, Dirk Lüsebrink und anderen Architekten, Künstlern, Designern, Wissenschaftlern und Programmierern das erste deutsche Forschungslabor für Kunst und Technologie ART+COM in Berlin und leiteten dort das Raumlabor von 1988-1992. Ziel war es, das Medium Computer im Bereich Architektur, Kunst, Gestaltung und wissenschaftlicher Visualisierung zu erforschen. Mit Architekten wie Pascal Schöning, Fritz und Lukas Schwarz, Hans Kolhoff, Künstlern wie Peter Doig und Philosophen wie Herbert Lachmayr gründeten sie 1990 La Première Rue, ein Zentrum für interdisziplinäre Kultur zur Rekonstruktion der Première Rue mit 24 Maisonette-Wohnungen und Ateliers in Le CorbusiersUnité“ in Briey.

1992/93 waren Fleischmann & Strauss Fellows an der Kunsthochschule für Medien in Köln und Gastwissenschaftler am GMD-Forschungszentrum Informationstechnik in Sankt Augustin. Nach dem Tod von Wolfgang Krüger führte Fleischmann die GMD-Forschungsgruppe VizWiz weiter. Strauss übernahm Gastprofessuren in Saarbrücken, Kassel und Siegen.

Seit 1997 leiten sie die künstlerisch-wissenschaftliche Forschung der Mensch-Computer-Interaktion des MARS Exploratory Media Lab am ehemaligen GMD Institut für Medienkommunikation. Projekte wie das Medienkunst-Archiv netzspannung.org und seine „Knowledge Discovery Tools" oder „Interfaces für den Körper" wie das bio-sensorische Interface PointScreen für berührungslose Interaktion sind hier entstanden. Zur Förderung des künstlerischen Nachwuchs wurde der Digital Sparks Award als Talent-Scout und zur Kartographierung der Lehre an deutschsprachigen Hochschulen initiiert. In zahlreichen EU- und BMBF-geförderten Forschungsprojekten konzipierten und realisierten Strauss & Fleischmann neue wissenschaftliche Instrumente im Bereich der Architektur, der Medienkunst, der Medieninformatik und Neue Medien. Digitale Kunst oder Netzkunst verstehen sie als Mittel zur Erweiterung des Raumes – zu einer Mixed Reality. Interaktivität untersuchen sie in digitaler Inszenierung als Ausdruck von Inhalt, Form und Erzählung mit digitalen Mitteln. Dabei gilt ihnen das Interface als evokatives Informations-Objekt und Interaktion als Prozess einer Denkbewegung.

Heute leben Fleischmann & Strauss in Bonn, Berlin und Gargnano und forschen als Research Artists und Scientists am Fraunhofer IAIS in Sankt Augustin.

Werke

Projekte

  • 1989 „Pool Office - Büro mit Flügeln“, Hewlett Packard Berlin
  • 1989–91 „Berlin, Cyber City“, Mixed Reality Installation zum Fall der Berliner Mauer.
  • 1990–92 „Home of the Brain“, Das vernetzte Computer-Gehirn als das Haus der Philosophen
  • 1992–93/2007 „Liquid Views: Der virtuelle Spiegel des Narziss“, Berührung als Morphing-Installation
  • 1993 „Rigid Waves - Narziss & Echo“, Annäherung als Morphing-Installation
  • 1994 „Responsive Workbench“, Kollaborativer 3D-Arbeitstisch
  • 1995 „Virtual Balance“, Interface zur Navigation mit Körperbalance
  • 1995 „Video Only: Virtual Striptease“, Interaktive Dramaturgie für die Verleihung des ZKM Medienkunstpreises im vernetzten virtuellen Studio der GMD
  • 1997–99 „Murmuring Fields„, Mixed Reality, Bühne und Performance
  • 1998 „MARS Bags“, piepsende Handtaschen als vom Theremin inspiriertes Interface.
  • 1998–2010 „netzspannung.org“, eLearning- und eTeaching-Plattform für Medienkunst & digitale Kultur
  • 2001 „i2TV“, Performance: Ottos Mops nach Ernst Jandl, Spiel mit verteilten Rollen an unterschiedlichen Orten
  • 2002–03 „Timeline“, Tool für die zeitbasierte Strukturierung von Information im Kontext
  • 2002–04 „Semantic Map“, Tool für die Analyse semantischer Bezüge in großen Daten-Dokumenten
  • 2004 „Energie-Passagen: Worte im Fluss“, Interaktive Kunstinstallation für mehrere Nutzer im öffentlichen Raum
  • 2002–05 „PointScreen“, Technologie für berührungslose Interaktion (patentiert)
  • 2006 „Virtual Book“, Digitale Nachbildung des klassischen Buches mit Texten zur Medienkunst
  • 2007 „Netzspannung.org - Performing the Archive“, das Online Archive als begehbarer Raum
  • 2008 „Medienfluss Browser“, Audio-visuelles Web-Interface für das Online Archiv von netzspannung.org

Ausstellungsbeteiligungen

  • 1990 „Berlin-Potsdamer Platz – eine Untergrundstudie“, Filmhaus Esplanade, Berlin
  • 1992 „Preisträgerausstellung“, Landesmuseum, Linz, Österreich
  • 1993 „Machine Culture“, Siggraph’93, Anaheim, CA, USA
  • 1993 „Voyages Virtuel“, Espace Kronenburg, Paris, Frankreich
  • 1993 „New Realities - Neue Wirklichkeiten“, Museum für Gestaltung, Zürich, Schweiz
  • 1994 „The Virtual Body - Revue Virtuelle“, Centre Georges Pompidou, Paris, Frankreich
  • 1994 „Arte Virtual“, Telefonica - Metro Opera, Madrid, Spanien
  • 1994 „Lollapalooza Electric Carneval“, Interval Research, Palo Alto, USA
  • 1994 „2nd Interactive Media Festival“, Variety Theater, Los Angeles
  • 1995 „Telepolis“, Congress Center, Luxembourg
  • 1995 „La nuova Europa“, Biennale Venedig, Italien
  • 1996 „Ich und Du“, Museum für Gestaltung, Zürich, Schweiz
  • 1997 „Deep Storage“, Kulturforum (Neue Nationalgalerie), Berlin
  • 1997 „Deep Storage“, Haus der Kunst, München
  • 1997 „Artec'97“, Nagoya City Art Museum, Japan
  • 1997 „Arte Virtual – Realidad Plural“, Museo de Monterrey, Mexiko
  • 1997 „Media Art History“, ZKM-Medienmuseum Karlsruhe
  • 1997 „Interaction'97“, Softopia Japan Center, Ogaki, Japan
  • 1998 „Encoding Identity“, Otso Gallery, Helsinki, Finnland
  • 1998 „Touchware“, SIGGRAPH'98 Artshow, Orlando Florida, USA
  • 1998 „Deep Storage“, PS1, New York
  • 1998 „Deep Storage“, Kunstmuseum, Düsseldorf
  • 1999 „Murmuring Fields“, Transmediale, Berlin
  • 2002 „Art.ficial Emotion“, Itau Cultural, Sao Paulo, Brasilien
  • 2002 „Digital Reflections“, Museum of the Moving Image, New York
  • 2003 „Virtueel Platform“, E-Culture Fair03, De Balie, Amsterdam, Niederlande
  • 2004 „Ortstermine“, Kunst im öffentlichen Raum, Salvatorplatz, München
  • 2007–09 „You_ser: The Century of the Consumer“, ZKM Media Museum, Karlsruhe
  • 2008–09 „YOUniverse, BIACS“, 3rd International Biennial of Seville, Spanien
  • 2009 „30 years Ars Electronica - History Lounge“, Ars Electronica, Brucknerhaus, Linz, Österreich
  • 2009 „You_ser 2.0: Celebration of the Consumer“, ZKM Media Museum, Karlsruhe
  • 2010 „Art & Engineering“, Deutsches Technikmuseum Berlin
  • 2010 „File Installations“, FILE 2010, Sao Paulo, Brasilien
  • 2010 „eCulture Fair 2010“, Dortmunder U – Center for Art and Creativity, Dortmund
  • 2010 Palazzo Medici-Riccardi, Florenz, Italien

Einzelausstellungen

  • 1988 „Kreisläufe - Stationen der Annäherung“, Reichstag, Berlin
  • 1990 „Fleischmann & Strauss“, Werkbund-Galerie, Berlin
  • 1991 „Corbusier Digital - die Ästhetik der Implosion“, Architektur-Forum, Zürich
  • 1992 „A Vision of Virtuality“, Schloss Birlinghoven, St Augustin
  • 1999 „Fidena, Figurentheater“, Kunstmuseum Bochum
  • 2003 „Info-Jukebox - Make your choice“, MediaLab, Madrid, Spanien
  • 2004 „Energie-Passagen“, Salvatorplatz, Literaturhaus München
  • 2006 „Wissenskünste / eCulture Factory“, Neues Museum Weserburg, Bremen
  • 2008 „Wissensarchive“, Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Oldenburg
  • 2011 „Performing Data - Monika Fleischmann & Wolfgang Strauss", Laznia - Centre for Contemporary Art, Danzig, Polen

Auszeichnungen

Patent

Ehrung

  • 2008 Monika Fleischmann wird von der Hochschule Bremen zur Honorar-Professorin für Medienkunst/Medientheorie berufen.

Veröffentlichungen

Schriften und publizierte Datenbanken (Auswahl)

  • „Digitale Kultur Bd. 1", Machbarkeitsstudie für ein Kompetenzzentrum Kunst, Kultur und Neue Medien. GMD, Sankt Augustin 1998,
  • „Digitale Kultur Bd. 2", Befragung und Stellungnahmen. GMD, Sankt Augustin 1999
  • „Aktuelle Themen der Medienkunst", netzspannung.org Print/Online Journal 01. New Media Art Journals GMD, Sankt Augustin 2001
  • „Digitale Transformationen", Online Publikation mit 54 Beiträgen deutschsprachiger Autoren zur Medienkunst. Fraunhofer IMK, Sankt Augustin 2004
  • „Tastbar, Hörbar, Sichtbar, das Digitale in den Raum bringen." Digital Sparks Award 06, Fraunhofer IAIS, Sankt Augustin 2006
  • „Digitale Geschichten, Interaktive Räume und Intelligente Objekte." Digital Sparks Award 08, Fraunhofer IAIS, Sankt Augustin 2008
  • „Netzspannung.org", Media Art Archive & eTeaching Platform, 2001 - 2010

Herausgeberschaften (Auswahl)

  • „CAST01//Living in Mixed Realities." Artistic, Cultural and Scientific Aspects of Experimental Media Spaces. Conference Proceedings. Fraunhofer IMK 2001
  • „Digitale Transformationen." Medienkunst als Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Buch & CD-ROM mit 54 Beiträgen zur Medienkunst. Whois, Heidelberg 2004

Aufsätze (Auswahl)

  • „Medienkunst als Wissenskunst", in: Sabine Flach, Sigrid Weigel (eds.): Wissenskünste! Das Wissen der Kunst und die Kunst zu wissen / The knowledge of the arts and the art of knowledge. VDG Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar März 2011 (Deutsch/Englisch)
  • „Energie-Passagen: Zur Inszenierung des interaktiven Denkraums", in: The Journal of Art Theory and Practice. The Korean Society of Art Theories, 2010 (Koreanisch/Deutsch)
  • „Liquid views: memory stage activating perception", in: MM '10 Proceedings of the international conference on Multimedia, Firenze 2010. S. 1397-1398 (Englisch)
  • „Staging of the Thinking Space. From Immersion to Performative Presence", in: Uwe Seifert, Jin Hyun Kim, Anthony Moore (eds.): Paradoxes of Interactivity, Transcript Verlag, Bielefeld 2008. S. 266-281. (Englisch)
  • „Interactivity as Media Reflection between Art and Science", in: Christa Sommerer, Lakhmi C. Jain, Laurent Mignonneau (eds.): The Art and Science of Interface and Interaction Design. Springer Verlag 2008. S.75-92. (Englisch)
  • „Kulturelle Grundlagenforschung im Medienzeitalter - Von der Information zum Wissensraum" - „Cultural pure research in the media age - From information to knowledge space", in: Torsten Meyer / Michael Scheibel / Stephan Münte-Goussar / Timo Meisel / Julia Schawe (eds.): Bildung im Neuen Medium – Education Within a New Medium. Waxmann Verlag 2008, S. 306-313 (Deutsch/Englisch)
  • „Interaktive Kunst als Reflektion medialer Entwicklung", in: Matthias Jarke, Martin Warnke (Hg.): Informatik-Spektrum, Volume 31, Number 1 / Februar 2008. Springer Berlin / Heidelberg 0170-6012 (Print) 1432-122X (Online) (Deutsch)
  • Public Space of Knowledge – Artistic Practice in Aesthetic Computing", in: Paul Fishwick (ed.): Aesthetic Computing. MIT Press, Cambridge 2006. (Englisch)

Kunstkataloge (Auswahl)

  • „Performing Data - Monika Fleischmann + Wolfgang Strauss". Laznia, Danzig 2011. Mit Beiträgen von Ryszard Kluszczyński, Derrick de Kerckhove, Luca Farulli, Monika Fleischmann & Wolfgang Strauss. (Polnisch/Englisch)
  • „Liquid Views", in: Hans Peter Schwarz (Hg.): Medien Kunst Geschichte. / Media Art History. Prestel München New York 1997 (Deutsch/Englisch)
  • „Liquid Views", in: Ingrid Schaffner, Matthias Winzen (Hg.): Deep Storage. Arsenale der Erinnerung. Sammeln, Speichern, Archivieren in der Kunst. Prestel München 1997 (Deutsch/Englisch)

Weblinks

Literatur


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Max Goldmann — Max Reinhardt auf einer signierten Postkarte, 1911 Max Reinhardt (* 9. September 1873 in Baden bei Wien, Niederösterreich; † 31. Oktober 1943 in New York; eigentlich Maximilian Goldmann; seine Eltern: Wilhelm und Rosa Goldmann, geborene Wengraf;… …   Deutsch Wikipedia

  • Maximilian Goldmann — Max Reinhardt auf einer signierten Postkarte, 1911 Max Reinhardt (* 9. September 1873 in Baden bei Wien, Niederösterreich; † 31. Oktober 1943 in New York; eigentlich Maximilian Goldmann; seine Eltern: Wilhelm und Rosa Goldmann, geborene Wengraf;… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”