Freie Schule Frankfurt

Freie Schule Frankfurt

Die Freie Schule Frankfurt (FSF) ist eine staatlich genehmigte Ersatzschule in Frankfurt am Main. Sie befindet sich in einem umgebauten Wohnhaus in Frankfurt-Sachsenhausen.

Sie wurde 1974 in Frankfurt am Main gegründet und gehört damit zu Deutschlands ältesten Freien Alternativschulen. Sie ist eine Ganztagseinrichtung, in der 50 Kinder und zehn Erwachsene miteinander leben und lernen. Die Kinder werden im Alter von drei bis sechs Jahren in die FSF aufgenommen. Mit 13 Jahren wechseln sie dann auf eine weiterführende Schule.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der FSF

Die Schule wurde 1974 aus einer Kindergruppe heraus gegründet, um den Kindern einen Freiraum zum Spielen, Lernen und Arbeiten zu geben. Ausgangspunkt war der von Monika Seifert 1967 gegründete erste deutsche Kinderladen in Frankfurt-Eschersheim. Als die Kindergruppe dann im schulpflichtigen Alter war, fand sich die Lehrerin Renate Stubenrauch, die sich mit den Zielen der Kinderladenbewegung identifizierte und sie in diesem Sinne in einer regulären Grundschule in Frankfurt-Rödelheim erzog. Für die neuen Kinder im Kinderladen wurde 1971 eine Lehrerin engagiert, die in privaten Räumen unterrichtete. Ein Antrag seitens der Eltern für einen Schulversuch wurde 1973 abgelehnt. Im Mai 1974 beantragte der Träger Verein für angewandte Sozialpädagogik die Genehmigung für die Freie Schule Frankfurt. Man begann im September mit dem Unterricht. Nach mehreren Ablehnungen des Regierungspräsidium Darmstadt und des Hessischen Kultusministeriums, sowie Bußgeldbescheiden gegen die Eltern, erreichten diese nach mehrjährigem Rechtsstreit in zweiter Instanz und nach einem Gutachten von Hartmut von Hentig die Genehmigung. Nach Revision und Einsprüchen musste weiter verhandelt werden und 1986 nahm das Land Hessen unter dem rot-grünen Regierungsbündnis die Revision zurück.[1]

Pädagogisches Konzept

Grundlage des Lebens an der Freien Schule Frankfurt ist das pädagogische Konzept, dessen Kern die Selbstregulierung ist: Kinder bestimmen über ihre Lernaktivitäten und orientieren sich dabei an ihren Bedürfnissen und Interessen, auf die sie aus ihrer individuellen Lebenssituation heraus stoßen. Sie durchschreiten Lernprozesse in ihrem eigenen Tempo und werden dabei von den Pädagogen begleitet und unterstützt. So erschließen sie sich aktiv die Welt – unter Beteiligung aller Sinne und intellektuellen Fähigkeiten.

Der Ausgangspunkt des Konzepts der Freien Schule ist die Auffassung, dass jedes Kind sich bestmöglich entwickeln kann, wenn es die Chance hat, sich seinen ganz individuellen Voraussetzungen und Begabungen entsprechend zu entfalten. Damit unterscheidet sich die Freie Schule Frankfurt wesentlich von Regelschulen. Das pädagogische Prinzip, das diesem Menschenbild entspricht, ist das der "Selbstregulierung". Jedes Kind entscheidet selbst, was, wie, wann und wo es lernt. Kinder und Erwachsene sind gleichberechtigt. Die Pädagogen sind die Bezugspersonen und Anwälte der Kinder. Sie begleiten, unterstützen und geben ihnen Raum und Zeit für ihre Entwicklungsprozesse. Sie versuchen eine Balance aus Fördern, Fordern und Wachsenlassen herzustellen. Eltern wie Pädagogen vertrauen auf die Kompetenz des Kindes, statt ihre eigenen Maßstäbe anzusetzen. In diesem Entwicklungsprozess erhalten Kinder die Chance, ihre Kompetenz gerade auch in sozialer Hinsicht unabhängig von Noten- und Leistungsdruck zu entfalten. Schule und Elternhaus werden vor diesem Hintergrund als Sozialisationsinstanzen begriffen, die sich gegenseitig kritisch spiegeln. Ort für diese Auseinandersetzungen und Diskussionen sind regelmäßige Treffen der Erwachsenen.

Schulalltag

Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Alles, was Kinder beschäftigt, kann in der Freien Schule Frankfurt zum Schulinhalt werden, sei es ein Rollenspiel mit Freunden, das Lesen lernen oder der Wunsch etwas zu bauen. Sie finden sich in kleinen, altersgemischten Gruppen zusammen und bearbeiten ein gemeinsames Thema, miteinander und mit den Pädagogen. So entstehen Projekte und Lernangebote, die oft fächerübergreifenden Charakter haben. Kognitive, emotionale und soziale Aspekte gehören gleichermaßen zum Lernprozess. Das Erlernen von Kulturtechniken wie Rechnen, Lesen, Schreiben findet eingebettet in lebensnahe Tätigkeiten statt (z. B. Planen eines Ausflugs, dabei Lesen von Fahrplänen, Schreiben von Packlisten). Die Kinder erschließen sich den Lernstoff nach dem mathetischen Prinzip (Mathetik = Lehre vom Lernen anhand der Fragen des Lernenden). Mit zunehmendem Alter der Kinder kommen auch abstraktere Lernformen wie Kurse oder Übungen zum Tragen.

Die Möglichkeiten zum Lernen reichen vom Schreinern in der Holzwerkstatt über Trommeln und Klavierspielen im Musikzimmer, Schmökern in der Bibliothek und Knobeln in der Matheecke bis zum Töpfern und Malen im Ästhetikbereich oder dem Theaterspielen auf der Bühne. Besondere Bedeutung kommt im Schulalltag dem motorischen Lernen zu. Die Kinder finden jederzeit Angebote und Möglichkeiten für Bewegung und können sich so ausdrücken. Für Sport in der Turnhalle und Schwimmen gibt es regelmäßige wöchentliche Termine. Hinzu kommen vielfältige Aktions- und Lernangebote wie Englisch für alle Altersgruppen, je nach Wunsch auch Latein, Spanisch oder Französisch, Exkursionen und Stadterkundungen, eine jährliche Schulfahrt, Spielen und Gärtnern im Schulgarten in Kronberg, Museums- und Theaterbesuche und vieles mehr. Die Lerninhalte müssen dabei nicht immer den herkömmlichen Schulfächern entsprechen, fügen sich aber in die Rahmenrichtlinien des Hessischen Kultusministeriums ein.

Schule als Freiraum

Spielen und Lernen sind an der FSF nicht getrennt. Der Schultag wird dabei nicht von Stunden und Pausen, sondern von Verabredungen strukturiert. Die Kinder bestimmen gemeinsam mit den Pädagogen über ihre Zeit und bringen ihre Ideen und Fantasien ein. Lernangebote dauern so lange, bis die Kinder mit dem Thema fertig sind. Freitags wird gemeinschaftlich ein Wochenplan erstellt und zur Orientierung für die kommende Woche ausgehängt.

Gruppen

Miteinander leben

Jedes Kind in der FSF gehört einer Gruppe mit jeweils eigenen Gruppenräumen und festen Bezugspersonen an. Die Kinder entscheiden selbst, ob sie sich der Gruppe der Jüngsten, der Mittleren oder der Großen zugehörig fühlen und wann sie in die nächste Gruppe wechseln wollen. Sie richten sich dabei nach ihrem Alter und ihrer selbst wahrgenommenen Reife. Die Beziehungen zu den anderen Kindern und den Pädagogen bilden den Rahmen, in dem sich die Kinder orientieren, ausprobieren und trauen, neue Schritte zu gehen. Dazu gehören auch Auseinandersetzungen und Konflikte, die die Kinder in der FSF austragen können. Die Pädagogen bieten ihre Hilfe an und unterstützen jedes Kind dabei, sich Gehör zu verschaffen. Bei Themen, die alle angehen, kann eine Hausversammlung einberufen werden. Sie ist das Forum, in dem die Regeln des Zusammenlebens gemeinsam diskutiert und beschlossen werden.

Eigene Einschätzung

Die Kinder an der FSF lernen in Bezug zu sich selbst, wie sie sich Ziele setzen und sie erreichen können („das Lernen lernen“). An die Stelle von Leistungskontrollen und Noten treten in der FSF der rege Austausch und die Rückmeldung zwischen den Kindern und den Pädagogen. Diese verfassen jährlich einen Entwicklungsbericht, der sich auf die individuelle Lebens- und Lerngeschichte des Kindes bezieht. Der Übergang auf die Regelschule und die Schulwahl werden mit den Kindern intensiv vorbereitet, indem sie an verschiedenen Schulen hospitieren und sich von den älteren Kindern Rat holen.

Quellen

  • Marei Hartlaub: Konzept der Freien Schule Frankfurt. Schriftenreihe der FSF, Band 2, 2004, ISBN 978-3833417009
  • Renate Stubenrauch: Was ist die Freie Schule Frankfurt? Schriftenreihe der FSF, Band 1, 2001, ISBN 978-3831116997

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.martinwilke.de/freie_schule_frankfurt.html


50.097858.66641

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Freie Stadt Frankfurt — Wappen Flagge …   Deutsch Wikipedia

  • Freie schule — Eine Alternativschule ist eine Schule, die im Gegensatz zur Regelschule ein alternatives pädagogisches Konzept hat und das Lernen anders als üblich organisieren will. Inhaltsverzeichnis 1 Schulkonzepte der Reform und Alternativpädagogik 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Freie Aktive Schule — Eine Alternativschule ist eine Schule, die im Gegensatz zur Regelschule ein alternatives pädagogisches Konzept hat und das Lernen anders als üblich organisieren will. Inhaltsverzeichnis 1 Schulkonzepte der Reform und Alternativpädagogik 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Frankfurt-Sachsenhausen-Nord — Sachsenhausen Stadtteil von Frankfurt am Main …   Deutsch Wikipedia

  • Frankfurt-Sachsenhausen-Süd — Sachsenhausen Stadtteil von Frankfurt am Main …   Deutsch Wikipedia

  • Frankfurt am Main-Sachsenhausen — Sachsenhausen Stadtteil von Frankfurt am Main …   Deutsch Wikipedia

  • Frankfurt-Sachsenhausen — Sachsenhausen …   Deutsch Wikipedia

  • Freie Stadt Hamburg — Freie und Hansestadt Hamburg Landesflagge: Hamburg in Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Freie und Hansestadt Hamburg — Landesflagge: Hamburg in Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Freie Stadt Lübeck — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”