Garnwinde

Garnwinde
Schirmhaspel, ausgezogen
Rollenhaspel, Bestandteile einer „Karbolzer“-Garnwinde davor auf dem Boden liegend
Einfache freistehende Garnwinde, John William Waterhouse: Penelope und die Freier (1912)
Sogenannte „Karbolzer“-Garnwinde zum Abspulen mit dem Spulrad

Eine Garnwinde ist ein technisches Hilfsmittel, das beim Ab- und Umspulen und Abwickeln von Garn in Strangenform eingesetzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Im Gegensatz zur Funktion einer Haspel, deren Umfang festgelegt ist und die dem Aufwickeln von Garn dient, muss eine Garnwinde in ihrem Umfang variabel sein, um Stränge verschiedener Länge aufnehmen zu können. Garnwinden werden in der Hand- und Haus-Weberei und in der Strickerei eingesetzt, um Spulen zu füllen oder Knäule herzustellen.

Um einen Strang überhaupt auf die Garnwinde auflegen zu können, ist es erforderlich, ihre Einzelteile in irgendeiner Weise zusammenzuschieben und dann auf das erforderliche Maß auszuziehen und zu fixieren.

Dafür sind verschiedene Formen in Gebrauch, die verwirrenderweise im normalen Sprachgebrauch als „Haspel“ bezeichnet werden:

Schirmhaspel

Eine ähnlich einem Regenschirm konstruierte Form, die besonders für den Hausgebrauch in der Strickerei und Handspinnerei verwendet wird. Eine Schirmhaspel wird üblicherweise an einen Tisch angeschraubt und läuft horizontal ab.

Rollenhaspel

Rollenhaspeln sind eine eigenständig auf dem Fußboden stehende Form, die aus zwei hölzernen, drehbar gelagerten Zylindern von 10-20cm Durchmesser besteht. Beide Rollen sind unabhängig voneinander auf einem vertikalen Träger verschiebbar und fixierbar. Das Garn läuft hier vertikal ab. Rollenhaspeln werden überwiegend in der Handweberei eingesetzt. Sie sind am variabelsten, was die Länge der verwendbaren Stränge betrifft, und laufen am ruhigsten.

Weitere

  • Eine abweichende Form einer Garnwinde besteht aus vier pyramidenförmig auseinanderstrebenden Leisten, die fest um eine drehbare Mittelachse montiert sind. Dadurch können Stränge verschiedener Länge einfach von oben aufgelegt werden. Das Ablaufen erfolgt horizontal.
  • Sehr alt ist ein Kreuz aus zwei Leisten auf einem freistehenden Unterteil. Die senkrechten Holme können in verschiedene Bohrlöcher auf den Leisten eingesetzt werden.
  • Eine kompliziertere Konstruktion stellen die sogenannten Karbolzer dar, die aus mindestens zwei, oft drei Leiter-ähnlichen Bestandteilen bestehen, die ineinander geklappt werden können und vertikal ablaufen. Der rotierende Geräteteil kann aus dem Untergestell herausgehoben werden, wird zum Auflegen des Stranges zusammengeklappt, dann auseinandergedrückt und arretiert. Der Umfang wird durch herausnehmbare Sprosse reguliert[1].

Geschichte

Garnwinden sind im 13. Jahrhundert zusammen mit dem Standwebstuhl, dem Spulrad und dem Spinnrad sowie weiterem Webzubehör aus dem Orient eingeführt worden[2]. Eine einfache Form einer Garnwinde ist z.B. bereits etwa 1310 im Le Livre des Métiers d'Ypres abgebildet.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Bomann: Bäuerliches Hauswesen und Tagewerk im alten Niedersachsen. 6. reprograph. Nachdruck d. 4. Aufl. von 1941, Hildesheim 1983 (ISBN 3-8067-0546-1), S. 250-252
  2. Eric Broudy: The book of the looms. A history of the Handlom from ancient times to the present. Hanover (New England) 1979 (ISBN 0-87451-649-8), S. 142

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Garnwinde — Garnwinde, ein Garnhaspel, d. h. Lattentrommel zum Aufwinden des Garnes zu Strähnen …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Garnwinde — Garnwinde, Vorrichtung, mittels deren das fertige Garn gleichmäßig aufgereiht, in Strähnen verwandelt wird …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Garnwinde, die — Die Garnwinde, plur. die n, eine Winde, das gehaspelte Garn in Knäuel zu winden. Nieders. eine Krone, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Haspel — Bötel; Stelze; Gnagi (schweiz.); Knöchla; Hämmche; Haxe; Hachse; Hechse; Eisbein * * * Hạs|pel 〈f. 21; seltener m. 5〉 …   Universal-Lexikon

  • haspjō — *haspjō, *haspō germ., stark. Femininum (ō): nhd. Türhaken, Garnwinde, Strang, Garn, Haspel; ne. reel; Rekontruktionsbasis: an., ae., mnl., mnd., ahd.; Etymologie: s. ing …   Germanisches Wörterbuch

  • Kunstteich Ballenstedt — Kunstteich Ballenstedt …   Deutsch Wikipedia

  • Haspe — Hạs|pe 〈f. 19〉 Türangel, Fensterhaken; Sy Haspen [<ahd. haspa; zu idg. *kap „fassen, packen“; verwandt mit der Sippe um heben] * * * Hạs|pe, die; , n [mhd. haspe = Türhaken, Garnwinde, ahd. haspa = Knäuel Garn, H. u.]: einfache hakenähnliche …   Universal-Lexikon

  • Haspe — Sf Haken (und Bänder) an der Tür, Garnwinde, Strang Wolle oder Garn (so viel auf einmal gehaspelt wird) per. Wortschatz fach. (15. Jh.), fnhd. haspe, mndd. haspe, mndl. haspe Stammwort. Aus g. * haspō(n) f. Türhaken, Garnwinde, Strang Garn , auch …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Haspel — Sf Garnwinde (auch andere Bedeutungen von Haspe) per. Wortschatz fach. (12. Jh.), mhd. haspel m., ahd. haspil m., mndd. haspel, mndl. haspel Stammwort. Aus vd. * haspilō f. Garnwinde ; mit Instrumentalsuffix * ilō oder Diminutiv Suffix zu Haspe… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • haspilō — *haspilō germ., stark. Femininum (ō): nhd. Garnwinde; ne. reel; Rekontruktionsbasis: an., mnl., mnd., ahd.; Etymologie: unbekannt; Weiterleben: an …   Germanisches Wörterbuch

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”