Gerhard Hund

Gerhard Hund
Gerhard Hund, Vortrag in Jena 2010

Gerhard Friedrich Hund (* 4. Februar 1932 in Leipzig) ist ein deutscher Schachspieler, -funktionär und -journalist sowie Computerpionier. Er ist von Beruf Mathematiker und Informatiker.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Der als ältester Sohn von Friedrich Hund (1896–1997) und Ingeborg Seynsche am Geburtstag seines Vaters 1932 geborene Gerhard Hund besuchte ab 1942 die Thomasschule zu Leipzig, das Domgymnasium Naumburg und das Humanistische Gymnasium in Jena, welches er 1950 durch Abitur abschloss. Mathematik und Physik studierte er an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena (1950–1951) und anschließend in Frankfurt am Main mit Abschluss als Diplom-Mathematiker im Sommer 1955. Nach dem Abschluss war er bei Alwin Walther als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Praktische Mathematik der Technischen Hochschule Darmstadt tätig, wo er einen Lehrauftrag[1] Programmieren für elektronische Rechenautomaten erhielt.[2][3]

Von 1961 bis 1995 war er Leitender Angestellter der Bayer AG in Leverkusen, wo er ab 1974 Prokurist und später Hauptbevollmächtigter der Firma war. Als Fachbereichsleiter leitete er in der Informatik die Systementwicklung für Zentralbereiche. Es handelte sich um Systeme der Wirtschaftsinformatik, wie Ergebnisrechnung, Kostenträgerrechnung (mithilfe selbst entwickelter mathematischer Verfahren), Betriebsabrechnung, sowie Informationssysteme für Unternehmensführung, Controlling[4], Ingenieurwesen, Einkauf, Finanzwesen und Rechnungswesen[5], sowie Anwendung mathematischer Methoden zur Prüfung von Warenzeichen und für die Pharmaforschung. Der Bayer-Konzernabschluss (mithilfe eines weltweit verbundenen Computernetzwerkes und neuartiger Techniken) war seiner Zeit weltweit führend.[6]

Medaille der IHK zu Köln (1986)

Für sein Engagement für die Jugend wurde Gerhard Hund von der Industrie- und Handelskammer zu Köln mehrfach ausgezeichnet.[7] Ab 1963 war er 40 Jahre Mitglied unterschiedlicher Prüfungsausschüsse in Ludwigshafen, Solingen und Köln, unter Anderem für die Berufe Mathematisch-Technischer Assistent, Datenverarbeitungskaufmann und Organisationsprogrammierer. Er beteiligte sich maßgeblich an der Entwicklung neuer Berufe der Informatik[8] und Datenverarbeitung[9], außerdem unterrichtete er Mathematisch-technische Assistenten der Bayer AG.[10]

Nach 40 Jahren in Bergisch Neukirchen wohnt er seit 2007 in Odelzhausen.

Schach

Gerhard Hund und Wilhelm Rautenberg
Länderkampf Hessen - NRW (Brett 1)
am 27. August 1960

Gerhard Hund spielt seit 1948 Schach, nahm an den Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften 1949[11] in Bad Klosterlausnitz (damalige Ostzone) und an der Hessenmeisterschaft 1955 in Königstein teil (Siege u.a. gegen Walter Jäger und Egon Joppen). Er gewann die Frankfurter Schach-Stadtmeisterschaft 1956[12] vor Werner Kunerth und Paul Heuäcker. Bei der Hessenmeisterschaft 1960 kam er punktgleich mit dem Deutschen Jugendmeister 1948, Heinz Marcus[13], auf den geteilten ersten Platz vor Paul Heuäcker und Wolfgang Heidenfeld. Beim Süddeutschen Ländertreffen (Bayern, Hessen, Pfalz, Württemberg) Herbst 1960 in Darmstadt spielte er am ersten Brett für Hessen (Gewinn gegen Karl Gilg). 1960/61 war er Hessischer Pokalmeister.[14]

Ab 1961 spielte Gerhard Hund im Schachverband Mittelrhein, lernte 1963 den Porzer Schachmäzen Wilfried Hilgert kennen und wurde 1964 Vizemeister mit der SG Porz (Mannschaft u. a. mit Johannes Eising, Helmut Pfleger und Paul Tröger) bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft in Solingen. Er war mehrmals Zweiter bei den Mittelrhein-Meisterschaften und nahm 1974 an der Deutschen Einzelmeisterschaft in Menden (Sauerland) teil.

Mehr als 20 Jahre später spielte er bei den Seniorenweltmeisterschaften 1995 in Bad Liebenzell (7 aus 11)[15], 1996 in Bad Liebenzell, 1997 in Bad Wildbad, 1998 in Grieskirchen und 1999 in Gladenbach. Bei der Deutschen Senioren-Schachmeisterschaft 1995 in Oldenburg wurde er Blitzmeister.[16] Beim 6. Thüringer Familien-Schachturnier 1997 in Erfurt gewannen Gerhard und Juliane Hund die Mannschaftswertung.[17]

1962 hatte er eine Ingo-Zahl von 52, was einer DWZ von 2424 entspricht.[18] Auch 2009 war Gerhard Hund noch aktiver Schachspieler (beim SK Mering) und insbesondere international bekannter Schachjournalist. Bis 2005 war er für den Internetauftritt der Deutschen Schachjugend verantwortlich. Er betreibt die Website Teleschach.de mit aktuellen Berichten aus der Schachwelt, wobei er etwa über die Senioren-Weltmeisterschaft 1996 in Bad Liebenzell, an der er teilnahm, als Einziger live im Internet berichtete.

Ab 1970 besuchte Gerhard Hund viele Schacholympiaden, zuletzt die Schacholympiade 2008 in Dresden als Vertreter der Presse.

Ab 1948 war er in Schachvereinen der Städte Jena, Frankfurt am Main (Schachfreunde, Heddernheim, Königspringer), Darmstadt, Opladen, Porz und Leverkusen Mitglied. Für den Schachklub Mering spielt er seit 2008. In diesen 60 Jahren übte er unterschiedlichste Tätigkeiten als Schachfunktionär aus: Mannschaftsführer, Turnierleiter, DWZ-Referent, Vereinsvorsitzender (30 Jahre beim SV Opladen 1922 e.V.), Internet-Beauftragter, 2. Vorsitzender des Schachbezirkes Rhein-Wupper und des Schachverbandes Mittelrhein.

„Für seinen langjährigen und erfolgreichen Einsatz“ erhielt er am 11. Mai 2002 die Ehrenurkunde des Deutschen Schachbundes.[19] Am 25. Mai 2002 ehrte ihn die Deutsche Schachjugend mit der silbernen Ehrennadel. Im selben Jahr wurde er Ehrenmitglied des Schachbezirks Rhein-Wupper. Am 23. März 2003 folgte die goldene Ehrennadel des Schachverbandes Mittelrhein und ebenfalls die goldene Ehrennadel vom Bund deutscher Fernschachfreunde am 14. Juni 2003.[20]

Aus Gerhard Hunds Ehe mit Juliane Hund (1928–1999) gingen vier Töchter hervor: Neben der DSJ-Referentin für Mädchenschach Susanne (* 1958) sind dies die Schachmeisterinnen Barbara (* 1959), Isabel (* 1962) und Dorothee (* 1966).[21] Durch den Tod seiner Ehefrau 1999 ist Gerhard Hund verwitwet.

Computernetze und Internet

Gerhard Hund ist einer der Pioniere der weltweiten Computernetze. Bereits während seiner Tätigkeit in der Bayer AG, lange bevor das Internet für die Öffentlichkeit zugänglich wurde, sorgte er ab Mitte der 1960er Jahre leitend für den Aufbau der Datenfernübertragung, wodurch unter anderem mithilfe eines Computernetzwerkes zwischen der Konzernzentrale in Leverkusen und den Bayer Tochtergesellschaften weltweite Informationssysteme realisiert wurden.[22]

Ab Frühjahr 1995, nach seiner Pensionierung, betrieb er das Schachforum der Internetpräsenz CyberCity Köln[23] und veranstaltete 1996 die 1. TeleSchach-Meisterschaft der CyberCity.[24] Die ersten Vorbereitungen hierzu traf er im Herbst 1995, wobei er 1995/96 mit Fernschachexweltmeister Fritz Baumbach über E-Mail-Turniere diskutierte. Der Bund Deutscher Fernschachfreunde wollte damals jedoch noch keine E-Mail-Turniere veranstalten und auch Chessbase bot erst später auf einem Schachserver Online-Turniere an.

Von März 1997 bis Sommer 2005 wurden die offiziellen Webseiten der Deutschen Schachjugend im Deutschen Schachbund von ihm betreut. Seit 1998 berichtete Hund, noch bevor der Deutsche Schachbund mit einer eigenen Berichterstattung im Internet begann, tagesaktuell und live mit Berichten, Bildmaterial und Analysen über die Schachbundesliga.[25] Anfangs benutzte er für die Berichterstattung einen Laptop mit angeschlossenem Handy, um seine Dateien noch während der laufenden Partien auf die Server von Schlund+Partner in Karlsruhe zu senden.

Veröffentlichungen

  • G. Hund: Maßstäbe zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit elektronischer Rechenautomaten. AWV-Mitteilungen (Ausschuss für Wirtschaftliche Verwaltung) Juni bis August 1958, S. 3-7 u. S. 3-10.
  • G. Hund: Strukturerkennen und lernende Maschinen (aus Bericht über IFIP). Elektronische Rechenanlagen (1959) H. 3, S. 111.
  • H. Schappert und G. Hund: Programmieren für IBM 650, Vorlesung und Praktikum 1959. Institut für Praktische Mathematik, TH Darmstadt, S.S. 1959.
  • Buchbesprechungen, z.B. in VDI-Z. 101 (1959) Nr. 27, S. 1297.
  • G. Hund und W. Möhlen: Bericht über die britischen Rechenanlagen. Blätter der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik, Band IV (April 1960), H. 4, S. 454-461.
  • G. Kern, E. Rissmann und G. Hund: Gynäkologische Krebsfrühdiagnostik mit Hilfe der Cytologie. Archiv für Gynokologie 199, S. 502-525 (1964).
  • G. Kern, E. Rissmann und G. Hund: Die Leistungsfähigkeit der Kolposkopie der Frühdiagnose des Collumcarcinoms. Archiv für Gynokologie 199, S. 526-539 (1964).
  • H. Fink und G. Hund: Probitanalyse mittels programmgesteuerter Rechenanlagen. Arzneimittel-Forschung 15, S. 624-630 (1965).
  • H. Fink, G. Hund und D. Meysing: Vergleich biologischer Wirkungen mittels programmierter Probitanalyse. Methodik der Information in der Medizin, S. 19-25 (1966).
  • FORTRAN-Fachwörterbuch. Blätter der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik, Band VIII (Oktober 1967), H. 3, S. 499-520.
  • W. Barthel, G. Hund und M. Wolf-Litt: Datenverarbeitungskaufmann. Blätter zur Berufskunde Band 1-IX A 303, 1. Auflage 1973, Bertelsmann Verlag.
  • TH. Dimmling und G. Hund: Vergleich von zwei Ampicillin-Saftzubereitungen. Med. Klin. 69 (1974), S. 642-645.

Einzelnachweise

  1. Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1959/60 der Technischen Hochschule Darmstadt, S. 44
  2. G. Hund und H. Schappert: Programmieren für elektronische Rechenautomaten, Seminar. Institut für Praktische Mathematik, TH Darmstadt, W.S. 1959/60.
  3. G. Hund: Programmieren für IBM 650, Vorlesung und Praktikum 1960/61. Institut für Praktische Mathematik, TH Darmstadt, W.S. 1960/61.
  4. Commander EIS bei der Bayer AG. Apple Age Nr. 9/Frühjahr 1991, S. 34.
  5. G. Hund: Anwendungsprogramme für das Finanz- und Rechnungswesen weltweit. Bayer AG Leverkusen, Vortrag bei der FR-Leiter-Tagung in Antwerpen, 1979.
  6. H. Schappert: Zur DV-Entwicklung bei Bayer. Bayer AG Leverkusen, AV Informatik, 1985.
  7. IHK Köln: Bronzemedaille für Verdienste um die Berufsausbildung, verliehen 1986 an Gerhard Hund.
  8. Vorschlag für ein Studienmodell Informatik an Fachhochschulen. Elektronische Datenverarbeitung 7/70, S. 327-331.
  9. Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung, Bonn. Datenverarbeitungskaufmann - Berufsbild, Berufsbildungsplan und Prüfungsanforderungen, Bertelsmann Verlag (1969).
  10. Farbenfabriken Bayer AG Leverkusen - Rechenzentrum: Kursusprotokoll Differentialgleichungen, 1971.
  11. Deutsche Jugendeinzelmeisterschaften 1949 (mit Foto der Teilnehmer)
  12. Frankfurter Schach Stadtmeisterschaft 1956
  13. Deutsche Schach-Einzelmeisterschaften U20 (1947 bis 1998)
  14. Hessisches Pokalturnier "Goldener Springer" 1960/61
  15. 5. Senioren Weltmeisterschaft 1995 in Bad Liebenzell
  16. Bulletin: Deutsche Senioren-Einzelmeisterschaft 1995 in Oldenburg, Heft 5, S. 12.
  17. 6. Thüringer Familien-Schachturnier, 9.-11. Mai 1997 in Erfurt
  18. Bestenlisten 1962 des Schachbezirkes Rhein-Wupper
  19. Ehrenurkunden des Deutschen Schachbundes
  20. Vita von Gerhard Hund
  21. Meyers Schachlexikon: Hund, deutsche Schachfamilie mit sechs Mitgliedern. Meyers Lexikonverlag, 1993, S. 129, ISBN 3-411-08811-7
  22. S. Jaecks-Beyer: Bayer-DV-Anwendungssysteme. Bayer AG Leverkusen - AV Informatik, 1989.
  23. Schachforum der CyberCity Köln
  24. Fernschach: TeleSchach-Meisterschaft. Rochade Europa Nr. 1, Januar 1996, S. 25
  25. Deutsche Schach Bundesliga

Weblinks


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