Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes

Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes
Basisdaten
Titel: Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes


Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und 12 Grundgesetz
Rechtsmaterie: Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht, Datenschutzrecht
Datum des Gesetzes:
Inkrafttreten am: noch nicht in Kraft getreten
GESTA: B025
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das geplante Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes soll das deutsche Bundesdatenschutzgesetz um einen Abschnitt zum Beschäftigtendatenschutz ergänzen. Der Gesetzentwurf ist am 25. August 2010 von der Bundesregierung beschlossen worden.[1]

Mit dem Gesetz sollen Lücken im geltenden Recht geschlossen werden. Dazu soll bereits bestehendes Richterrecht in die Form eines Gesetzes überführt werden, um die Rechtssicherheit für Beschäftigte und Arbeitgeber zu erhöhen. Die Überwachung von Beschäftigten soll insgesamt erschwert werden.[2]

Inhaltsverzeichnis

Entstehung des Gesetzes

Das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung

Im Jahr 1984 forderten die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erstmals bereichsspezifische gesetzliche Bestimmungen zum Arbeitnehmerdatenschutz. 1992 stellten sie Grundsätze für ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auf.[3] Auch die Gewerkschaften setzten sich für eine gesetzliche Regelung ein. So legte beispielsweise der Deutsche Gewerkschaftsbund im Jahr 1999 Eckpunkte für ein Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz vor.[4]

Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat sahen ebenfalls Handlungsbedarf. Der Bundestag fasste mehrere Beschlüsse, in denen er die jeweilige Bundesregierung aufforderte, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten.[5] Der Bundesrat schloss sich diesen Forderungen an.[6]

Im Jahr 2000 plante die von Gerhard Schröder geführte Bundesregierung die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes.[7] Das Vorhaben wurde jedoch nicht verwirklicht. Die Arbeiten am Gesetz wurden eingestellt.

In den Jahren 2008/2009 wurde bekannt, dass bedeutende deutsche Unternehmen wie der Lebensmitteldiscounter Lidl und die Deutsche Bahn ihre Beschäftigten mit teilweise unzulässigen Methoden überwacht hatten. Besondere Aufmerksamkeit erlangte die Überwachungsaffäre der Deutschen Telekom. Auf Grund dieser Vorfälle entschied sich die mittlerweile von Angela Merkel geführte Bundesregierung im Februar 2009, die Arbeit an einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz wieder aufzunehmen.[8]

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellte daraufhin den Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz, der von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz im September 2009 in die Diskussion eingebracht wurde.[9] Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wurde der Entwurf nicht mehr von der CDU/CSU-SPD-Bundesregierung verabschiedet.

Vom Koalitionsvertrag zum Kabinettsentwurf

Nach dem Regierungswechsel im Herbst 2009 verständigten sich CDU/CSU und FDP darauf, kein eigenes Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz zu schaffen, sondern stattdessen das Bundesdatenschutzgesetz um ein Kapitel zum Datenschutz für Beschäftigte zu ergänzen.[10] Die Federführung für dieses Gesetzesvorhaben wurde dem Bundesministerium des Innern (BMI) übertragen. Im Mai 2010 legte das BMI einen ersten Referentenentwurf vor.[11]

Der Entwurf des BMI erfuhr sowohl Kritik als auch Zustimmung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft lehnten das geplante Gesetz ab, da dieses nicht zu mehr, sondern zu weniger Datenschutz für die Arbeitnehmer führe.[12][13] Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz bemängelte, dass der Entwurf weitgehend aus Vorschriften bestehe, die eine Überwachung und Ausforschung der Beschäftigten gesetzlich erlauben sollten. Kontrollmaßnahmen, die nach bisherigem Verständnis verboten seien, würden durch die Neuregelungen legalisiert.[14] Auch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erklärten, dass der Entwurf das angestrebte Ziel eines zeitgemäßen und verbesserten Schutzes der Beschäftigten vor Überwachung und übermäßiger Kontrolle verfehle. Viele Fragen und Probleme blieben ungeklärt. Im Ergebnis würden die vorgesehenen Änderungen eine Verschlechterung des Datenschutzes für die Beschäftigten zur Folge haben.[15]

Demgegenüber begrüßten der Branchenverband BITKOM und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag das geplante Gesetz. Der Entwurf enthalte „wesentliche Ansätze“[16] und sei „um Ausgewogenheit bemüht“.[17] Kritisiert wurde jedoch, dass der Entwurf keine Aussagen zur Datenverarbeitung in Konzernen treffe.

Auch innerhalb der Regierungskoalition war der Entwurf des Bundesinnenministeriums umstritten.[18] Aus dem FDP-geführten Bundesjustizministerium hieß es, der Gesetzentwurf enthalte „gravierende Mängel“[19] und werde deshalb überdacht.[20]

Das Bundesinnenministerium überarbeitete den Gesetzentwurf daraufhin in wesentlichen Punkten. Unter anderem wurden die Regelungen zum Bewerberdatenschutz, zur Kontrolle von E-Mail-Verkehr und Telefonie, zur Videoüberwachung sowie zu Compliance-Maßnahmen präzisiert und enger gefasst.[21] Am 25. August 2010 beschloss die Bundesregierung den überarbeiteten Gesetzentwurf. [22]

Die von der Bundesregierung beschlossene Fassung des Gesetzentwurfs wurde sowohl von Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden als auch von Gewerkschaften kritisiert. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erklärte, die geplanten Regelungen behinderten die Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung. Zudem werde „neue Rechtsunsicherheit statt praxisgerechter Klarheit“ geschaffen.[23] Der Handelsverband Deutschland kritisierte das geplante Verbot von heimlichen Videoüberwachungen.[24] Der Deutsche Gewerkschaftsbund befürchtete hingegen, durch das Gesetz werde die offene Videoüberwachung gang und gäbe, und bezeichnete den Gesetzentwurf als „insgesamt nicht akzeptabel“.[25]

Dagegen erklärte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, es handele sich um einen „tragfähigen Kompromiss“ für Beschäftigte und Arbeitgeber, der eine „substantielle Verbesserung“ im Umgang mit Beschäftigtendaten darstelle.[26]

Literatur

  • Burkard Göpfert, Elena Wilke: Recherchen des Arbeitgebers in Sozialen Netzwerken nach dem geplanten Beschäftigtendatenschutzgesetz. In: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 23/2010, S. 1329–1333.
  • Marita Körner: Moderner Datenschutz für die Beschäftigten. Ein Ende der Skandale? Gutachten zum Regierungsentwurf zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Frankfurt am Main 2010. Download.
  • Marina Tamm: Der jüngste Regierungsentwurf zum Beschäftigtendatenschutz: Alter Wein in neuen Schläuchen oder mehr? In: Die Personalvertretung 2/2011, S. 47–57.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Bundesministerium des Innern, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  2. http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2010-08/arbeitnehmer-datenschutz-arbeitgeber
  3. Arbeitnehmerdatenschutz. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, 24. März 1992, abgerufen am 28. August 2010.
  4. Eckpunkte für ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. DGB-Bundesvorstand, 7. September 1999, abgerufen am 11. Mai 2010.
  5. Bundestags-Drucksache 13/7699 vom 16. Mai 1997; Bundestags-Drucksache 14/4329 vom 13. Oktober 2000; Bundestags-Drucksache 16/4882 vom 28. März 2007.
  6. Pressemitteilung des Bundesrats vom 13. Februar 2009.
  7. Patrick Pfalzgraf: Arbeitnehmerüberwachung. Verlag Dr. Kovač, Hannover 2003, ISBN 978-3-8300-1099-9, S. 237.
  8. Bundeskabinett beschließt Grundsatzregelung zum Datenschutz der Arbeitnehmer. Bundesinnenministerium, 18. Februar 2009, abgerufen am 11. Mai 2010.
  9. Scholz will Arbeitnehmer besser schützen. Bundesarbeitsministerium, 4. September 2009, abgerufen am 23. Mai 2010.
  10. Wachstum, Bildung, Zusammenhalt. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26. Oktober 2009. S. 106.
  11. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Bundesinnenministerium, 28. Mai 2010, abgerufen am 26. August 2010 (PDF).
  12. Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Deutscher Gewerkschaftsbund, 15. Juni 2010, abgerufen am 26. August 2010 (PDF).
  13. Beschäftigtendatenschutz: Vorliegender Gesetzentwurf ist untauglich. Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, 16. Juni 2010, abgerufen am 28. August 2010.
  14. Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Deutsche Vereinigung für Datenschutz, 18. Juni 2010, abgerufen am 26. August 2010 (PDF).
  15. Beschäftigtendatenschutz stärken statt abbauen. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, 22. Juni 2010, abgerufen am 28. August 2010.
  16. Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. BITKOM, 18. Juni 2010, abgerufen am 26. August 2010 (PDF).
  17. Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 18. Juni 2010, abgerufen am 26. August 2010 (PDF).
  18. Noch viele offene Fragen beim geplanten Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz. heise online, 11. Juli 2010, abgerufen am 26. August 2010.
  19. Datenschutz-Streit entzweit Koalition. Spiegel online, 3. Juli 2010, abgerufen am 26. August 2010.
  20. Datenschutz: Beschäftigte als Verdächtige. FR online, 1. August 2010, abgerufen am 31. August 2010.
  21. Gesetz soll Beschäftigte vor Bespitzelungen schützen. Welt online, 22. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  22. Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes. Bundesministerium des Innern, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  23. Arbeitnehmerdatenschutz muss praxistauglich und rechtsklar sein. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  24. Videoüberwachung nicht überreglementieren. Handelsverband Deutschland, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  25. Echter Arbeitnehmerdatenschutz notwendig. Deutscher Gewerkschaftsbund, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
  26. Regierungsentwurf bringt substanzielle Verbesserungen beim Beschäftigtendatenschutz. Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, 25. August 2010, abgerufen am 27. August 2010.
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