Goethe!

Goethe!
Filmdaten
Originaltitel Goethe!
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2010
Länge 99 Minuten
Altersfreigabe FSK 6[1]
JMK 6
Stab
Regie Philipp Stölzl
Drehbuch Philipp Stölzl
Alexander Dydyna
Produktion Christoph Müller
Musik Ingo Frenzel
Kamera Kolja Brandt
Schnitt Sven Budelmann
Besetzung

Goethe! ist ein deutscher Spielfilm des Regisseurs Philipp Stölzl. Die Produktion wurde am 14. Oktober 2010 zur öffentlichen Vorführung freigegeben und basiert auf einem gemeinsamen Drehbuch Stölzls sowie der Autoren Alexander Dydyna und Christoph Müller. Die Titelrolle des jungen Johann Wolfgang Goethe übernahm Alexander Fehling; Charlotte Buff und Kestner wurden mit Miriam Stein und Moritz Bleibtreu besetzt.

Der Film spielt im Sommer 1772, in dem sich Goethe in Lotte Buff verliebte - eine Episode seines Lebens, die er anschließend zu seinem Roman Die Leiden des jungen Werthers verarbeitete. Mit über 600.000 Besuchern in Deutschland avancierte er zum zehnterfolgreichsten deutschen Film des Kinojahres 2010.[2]

Inhaltsverzeichnis

Handlung

In Straßburg fällt der Jura-Student Goethe durchs Staatsexamen. Goethe wird von seinem Vater in seine Heimatstadt Frankfurt am Main zitiert; dort teilt dieser ihm mit, dass er seine Ausbildung zum Juristen am Reichskammergericht in Wetzlar fortsetzen solle.

In Wetzlar angekommen, widmet sich Goethe der Arbeit an alten Akten, die er für seinen Vorgesetzten, den Gerichtsrat Kestner (der im Film den Namen „Albert“ trägt), aufarbeitet. Dabei bildet er mit dem Juristen Jerusalem, mit dem er sich auch privat anfreundet, ein Team. Auf einer Tanzveranstaltung lernt Goethe Charlotte Buff kennen und verliebt sich in sie. Es stellt sich heraus, dass sie das älteste von acht Kindern eines in Wahlheim lebenden Witwers ist und sich um ihre jüngeren Geschwister kümmern muss.

Trotz einiger Verwicklungen scheint sich Goethes Liebe zunächst zu erfüllen. Nachdem er Charlotte eines seiner Gedichte vorgetragen hat, wird das Paar von einem starken Regenschauer überrascht und die beiden suchen Schutz in einer Burgruine, wo sie miteinander intim werden. Währenddessen wirbt Kestner bei Charlottes Vater um die Hand seiner Tochter. Der Vater ist froh, Charlotte in einer Ehe mit einem aufstrebenden Juristen gut versorgt zu sehen. Charlotte zögert zunächst, übertnimmt aber im Verlauf des Films immer mehr die Sichtweise ihres Vaters, auch wenn es ihr schwerfällt, sich von Goethe zu trennen. Dieser hilft seinem Rivalen sogar bei dessen Werbung, ohne zu ahnen, wer die Umworbene ist. Erst bei der Verlobung von Albert und Charlotte stellt sich die Wahrheit heraus.

Goethe ist verzweifelt. Als sich sein Freund Jerusalem, enttäuscht von der Ausweglosigkeit seiner Liebe zu einer verheirateten Frau, erschießt, denkt auch Goethe daran, sich zu töten, führt seinen Plan allerdings nicht aus. In einem Duell mit Albert, das Goethe durch Beleidigung seines Vorgesetzten provoziert hat, schießt jener absichtlich daneben und verschont so das Leben seines Herausforderers. Goethe wird verhaftet. Im Kerker schreibt er seinen Briefroman Die Leiden des jungen Werthers. Er schickt das Manuskript an Charlotte, die es ohne sein Wissen veröffentlichen lässt. Nach der Entlassung aus seiner Haft reist Goethe mit seinem Vater, der eigens nach Wetzlar gekommen ist, zurück nach Frankfurt, wo sein Roman inzwischen zum Bestseller geworden ist. Er wird von den Buchkäufern erkannt und lässt sich als „Star“ feiern - und auch Goethes Vater akzeptiert nun die schriftstellerischen Ambitionen seines Sohnes.

Hintergrund

Produzent Christoph Müller weist ausdrücklich darauf hin, dass der Film Goethe! sich an den Filmen Amadeus und Shakespeare in Love orientiere. In allen drei Filmen werden weltberühmte Künstler in ihrer „Sturm-und-Drang“-Phase dargestellt.

Produktion

Der Film wurde von Ende August bis Ende Oktober 2009 in Görlitz, Merseburg, Rossbach, Creuzburg, Quedlinburg, Osterwieck, Dresden, Bad Muskau und Krompach gedreht. Die Wahl der Drehorte vorwiegend in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steht im Zusammenhang mit der Produktionsförderung in Höhe von 750.000 Euro durch die für diese Länder zuständige Mitteldeutsche Medienförderung (MDM).[3] Das Medienboard Berlin-Brandenburg steuerte 450.000 Euro zur Finanzierung bei, der Deutsche Filmförderfonds über eine Million Euro. Die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen leistete über 370.000 Euro Projektförderung.[4][5] Auch Bully Herbig beteiligte sich als Koproduzent und finanziell. Er begründete dies damit, dass „zum ersten Mal ein Weg gefunden“ worden sei, „einen Film über Goethe zu machen, der mainstreamtauglich ist.“[6]

Szenenbild

Bei Nahaufnahmen wurde nicht mit Kulissen gearbeitet. Stadtbilder in der Supertotalen sind weitgehend am Computer entstanden.

Laut Aussage des Produzenten wurden für die Stadtbilder häufig einzelne Bilder des Künstlers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto (1722–1780) zitiert. Als Landschaftsbilder und damit vor allem für den Weg zwischen Johann und Charlotte wählte der Regisseur einzelne Bildzitate von Caspar David Friedrich (1774–1840). Ausschnittweise glaube der Zuschauer sich auch an Eindrücke von Pieter Bruegel den Älteren (ca. 1530–1569) und Carl Spitzweg (1808–1885) erinnert. Die Gefühle seien aus dem Werther-Text in eine Bildsprache übersetzt worden, die mit Canaletto und Friedrich dem späten 18. Jahrhundert entspreche.[7] Die Stadtsilhouetten sowohl Frankfurts als auch Wetzlars sind Phantasieprodukte; statt des Wetzlarer Doms erhebt sich auf dem Berg der Stadt eine Burg.

Filmmusik

Bei der Reise Goethes nach Wetzlar und zurück nach Frankfurt am Main wird das Lied Gretchen am Spinnrade (1814) von Franz Schubert nach einem Text aus Goethes Faust in einer Orchesterfassung zitiert.

Faktentreue des Films

Der Film suggeriert durch echte alte Häuser, Requisiten und Kostüme Authentizität. Er greift viele Details aus Goethes realem Leben auf: Dieser ist tatsächlich in Frankfurt/Main geboren, hat in Straßburg Jura studiert und anschließend als Jurist in Wetzlar gearbeitet. Dort hat er sowohl Charlotte Buff kennengelernt und Jerusalem nach einem ersten Kennenlernen in Leipzig wieder getroffen, der sich tatsächlich aus unglücklicher Liebe erschossen hat.

Allerdings vermischt Stölzl den realen Goethe mit der Romanfigur Werther. Vieles in dem Film, etwa auch der Vorname Albert oder der einsetzende Regen, bevor Goethes Liebe zu Charlotte voll entbrennt, erinnert eher an Goethes Roman als an dessen Leben.

Mehrere Elemente des Films sind frei erfunden: Goethe ist in Straßburg nicht durchs Examen gefallen. Er hat sich auch nicht mit Kestner duelliert und wurde demzufolge auch nicht eingesperrt. Ferner blieb Goethes Liebe zu Charlotte Buff rein platonisch.

Goethe! sollte ein Biopic über den jungen Goethe werden, der seine Zeit reflektiert (wie im Werther) und der in seinem kreativen Schaffen gezeigt wird (wie in einer Reflexion über die Entstehung des Werther). Dazu wird die dramatische Handlung der Liebesgeschichte des Werther als Gerüst benutzt und um Elemente der biographischen realen Erlebnisse Goethes beim Schreiben dieses Werkes ergänzt – also quasi eine Literaturfilmung gemixt mit dessen Making-Of als Ausschnitt einer Lebensgeschichte. Diese Verknüpfung ist allerdings fiktiv aus der Spekulation „so hätte es mit Goethe und seinem Frühwerk damals sein können“.[8]

Die Freiheiten, die sich der Film nimmt, begründet der Produzent Christoph Müller folgendermaßen: „Das Filmduell zwischen Goethe und Kestner hat in Wirklichkeit nicht stattgefunden. Belegt ist aber, dass Goethe Kestner den Tod wünschte. Solch eine Tatsache könnte man natürlich in einen Dialogsatz einbauen. Doch viel filmischer ist es, dieses Motiv dramatisch umzusetzen, um auszudrücken, was Goethe tatsächlich bewegte. Die Duellsequenz veräußert sozusagen Goethes wahres Gefühl.“[9] Dass entgegen der im 18. Jahrhundert geltenden gesellschaftlichen Konvention und entgegen der Romanvorlage Johann mit Lotte intim wird, rechtfertigen die Filmemacher damit, dass sich in der Wolkenbruchszene ihre und „unsere“ „Liebeserwartung“ erfülle.[10] Schließlich, so Regisseur Stölzl, müsse der Film der Kategorie „romantischer Liebesfilm“ zugeordnet werden, der besonders Frauen ab 25 Jahren ansprechen solle.[11]

Der Kanon Bona nox! (KV 561), den Goethe in dem Film zur Begeisterung Lottes und vor allem ihrer jüngeren Geschwister mit ihnen singt und auf dem Clavichord begleitet, wurde von Wolfgang Amadeus Mozart erst im Jahre 1788, also 16 Jahre nach der Filmhandlung geschrieben.[12]

Veröffentlichung

Nach dem Kinostart mit 250 Filmkopien am 14. Oktober 2010 erreichte Goethe! in Deutschland etwa 690.000 Zuschauer.[4] Am 18. März 2011 erschien der Film als DVD, Blu-ray Disc und Download.[13]

Kritiken

Jan Schulz-Ojala kritisiert, dass Stölzl und seine Drehbuch-Co-Autoren Goethes Dichtung und Wahrheit gründlich missverstanden hätten: „Stölzl ist es nicht um die zwangsläufig subjektive Farbe zu tun, die sich auch bei skrupulösestem Umgang mit dem Überlieferten einstellt, sondern um die Lust auf den groben Keil und das KinoKlischee. Was bei derartiger Fixierung aufs Plakative herauskommt, ist letztlich nicht Dichtung und Wahrheit, sondern Fälschung, und das im Gewande eines ausdrücklich detailhuberischen Geschichtsgemäldes.“[14]

Henryk Goldberg rechtfertigt die Wolkenbruchszene des Films: Zwar sei die Liebesszene „des Landes nicht der Brauch“ gewesen, „nicht für Damen, nicht im Gras“, und Miriam Steins Lotte zeige „ein schönes, offenes Locken, offener als die Zeit es ihr damals erlaubt hätte“, dieses sei „aber offen für die Projektionen und Gefühle unserer Zeit“. „Die Frage ist nicht, ob das so war, die Frage ist, ob das Spaß macht. Und die Antwort ist: ja.“, meint Goldberg abschließend.[15]

Gustav Seibt kritisiert die „Verspießerung des Stoffs in der Ökonomie der Gefühle“: Liebesunglück lasse im Film den Bummelstudenten zum Erfolgsautor werden. „Der Schmerz hat sich gelohnt, ein Star ist geboren. […] Und wir erhalten einen Goethe für den Gabentisch, der mit diesem Dichter und seinem Roman ungefähr soviel zu tun hat wie Jules Massenets OperWerther‘.“[16]

Auszeichnungen

Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) wurde der Film Goethe! als „besonders wertvoll“ eingestuft.[17] Die von der Bundeszentrale für politische Bildung gemeinsam mit Vision Kino, einem „Netzwerk für Film und Medienkompetenz“, betriebene Website kinofenster.de prämierte den Film Goethe! als „Film des Monats“ Oktober 2010.[18] 2011 folgten vier Nominierungen für den Deutschen Filmpreis (Bester Film, Bester Hauptdarsteller – Alexander Fehling, Bestes Szenen- und Maskenbild). Die Maskenbildnerinnen Kitty Kratschke und Heike Merker gewannen den Preis.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabekarte der FSK, abgerufen am 21. März 2011
  2. Filmhitliste: Jahresliste (deutsch) 2010 – Filmförderungsanstalt, abgerufen am 26. Juli 2011
  3. Richtlinien der Mitteldeutschen Medienförderung, abgerufen am 4. Mai 2011
  4. a b Goethe! bei Blickpunkt:Film, abgerufen am 4. Mai 2011
  5. Goethe! bei Filmportal.de, abgerufen am 4. Mai 2011
  6. Andreas Kurtz: Auf dem Umweg zum Dichter. Premiere des Kinofilms "Goethe!" mit viel Prominenz im Sony-Center Berliner Zeitung. 5. Oktober 2010
  7. Warner Bros.: Goethe! Material für schulische und außerschulische Bildung. 2010. S. 29
  8. Warner Bros.: Goethe! Material für schulische und außerschulische Bildung. 2010. S. 23. Erreichbar über: http://wwws.warnerbros.de/goethe/ Informationen für Lehrer. pdf. 1.080 KB
  9. Warner Bros.: Goethe!. Wissen
  10. Warner Bros.: Goethe! Material für schulische und außerschulische Bildung. 2010. S. 31
  11. Kirsten Taylor: „Der Film ist eine Fantasie über eine historische Figur“. Philipp Stölzl über seine Annäherung an die Figur des jungen Goethe und seinen Umgang mit historischen Fakten. Interview. 29. September 2010. In: kinofenster.de: Ausgabe 10/2010. S. 4f.
  12. Bona nox, bist a rechta Ox, Der SWR2 Köchel, abgerufen am 6. November 2011
  13. Offizielle Website zum Film, abgerufen am 4. Mai 2011
  14. Jan Schulz-Ojala: Bei aller Liebe: Goethe!. Der Tagesspiegel. 12. Oktober 2010
  15. Henryk Goldberg: Werthers Echte. Filmspiegel getidan.de. 17. Oktober 2010
  16. Gustav Seibt: A star is born. Süddeutsche Zeitung. 15. Oktober 2010
  17. FBW: Pressetext
  18. kinofenster.de 10/2010: Film des Monats: Goethe!

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