Carpinion betuli

Carpinion betuli
Männliches Knabenkraut und Große Sternmiere in einem Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald

Eichen-Hainbuchen-Wälder sind eine Gruppe von Waldgesellschaften, in der meist die Eichenarten Stiel- und Traubeneiche ein oberes Baumstockwerk aufbauen, unter dem die schattenverträgliche Hainbuche ein zweites Stockwerk bildet. Im pflanzensoziologischen System bilden sie den Verband Carpinion betuli innerhalb der Buchenwälder und buchenwaldartigen Laubwälder (Ordnung: Fagetalia). Vorherrschende Baumarten sind neben den namensgebenden Traubeneiche (Quercus petraea) beziehungsweise Stieleiche (Quercus robur) und Hainbuche (Carpinus betulus) z.B. die Winter-Linde (Tilia cordata), die Vogel-Kirsche (Prunus avium), der Feldahorn (Acer campestre) sowie manchmal auch Rotbuche (Fagus sylvatica) und Gemeine Esche (Fraxinus excelsior). Lindenreiche Eichen-Hainbuchenwälder sind besonders im östlichen Mitteleuropa häufig.

Eichen-Hainbuchen-Wälder kommen in Mitteleuropa nur dort vor, wo die Konkurrenzkraft der Rotbuche (Fagus sylvatica) herabgesetzt ist. Ansonsten vermögen die schattentoleranteren Buchen die Eichen auszukonkurrieren. Viele, wenn nicht sogar die meisten Eichen-Hainbuchen-Wälder sind durch früher übliche Waldnutzungsformen, wie Hute-, Mittel- oder Niederwald entstanden oder zumindest stark gefördert worden. Viele jüngere Autoren betrachten den Eichen-Hainbuchenwald in Mitteleuropa als Ersatzgesellschaft von Buchenwäldern, also nicht mehr als Klimaxvegetation [1]. Nach traditioneller Ansicht existieren v.a. in Süddeutschland natürliche Eichen-Hainbuchenwälder auf nicht buchenfähigen Standorten. So werden sie auch noch in der Karte der potentiellen natürlichen Vegetation Deutschlands dargestellt [2], die auch eine Übersicht über die Hauptverbreitungsgebiete in Deutschland liefert. Das eigentliche Verbreitungsgebiet der Eichen-Hainbuchenwälder liegt außerhalb Deutschlands in Ost- und Nordosteuropa, außerhalb des Verbreitungsgebiets der Buche. Ein berühmtes Beispiel ist der Urwald von Białowieża in Polen. Ellenberg charakterisiert ihn so: "Die Krautschicht erinnert so sehr an einen Mull-Buchenwald, das man sich kaum wundert, auch Charakterarten von Fagion-Assoziationen zu finden. Überspitzt gesagt, ist der Eichen-Linden-Ahorn-Hainbuchen-Mischwald des Ostens also ein "Buchenwald ohne Buche"."

Eichen-Hainbuchen-Wälder sind relativ licht und besitzen deshalb meist eine dichte und artenreiche Krautschicht aus Gräsern und Waldbodenkräutern. Verbreitete Charakterart ist z.B. die lichtliebende Große Sternmiere (Stellaria holostea). Weitere Verbandscharakterarten sind (nach Oberdorfer und Ellenberg): Carpinus betulus (Hainbuche), Prunus avium (Vogel-Kirsche), Dactylis polygama (Wald-Knaulgras), Rosa arvensis (Kriechende Rose oder Feld-Rose), Potentilla sterilis (Erdbeer-Fingerkraut), Carex umbrosa (Schatten-Segge), Ranunculus auricomus (Goldschopf-Hahnenfuß), nach Ellenberg außerdem Festuca heterophylla (Verschiedenblättriger Schwingel). Sträucher sind in ihnen nur in aufgelichteten oder gestörten Ausbildungen häufig. Vor allem in Westeuropa treten windende und rankende Arten wie Gemeiner Efeu (Hedera helix), Brombeeren (Rubus fruticosus agg.) und Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum) manchmal auffällig hervor. Zu unterscheiden sind:

  • Galio sylvatici-Carpinetum betuli – Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald. Er wächst vor auf warmen, trockenen Wuchsorten, bevorzugt auf schweren Tonböden, die im Hochsommer stark austrocknen (wegen der winterlichen Staunässe sind Buchen hier benachteiligt). Hauptbaumart ist hier die Traubeneiche, Stieleichen kommen aber (vor allem auf wechselfeuchten Standorten) nicht selten beigemischt, manchmal sogar vorherrschend vor. Charakterart ist Galium sylvaticum (Wald-Labkraut).
  • Stellario holosteae-Carpinetum betuli – Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald. Er wächst auf wechselfeuchten oder feuchten Standorten, häufig in Flussauen, wobei er etwas trockenere und seltener überschwemmte Standorte einnimmt als die eigentlichen Auwälder. Hauptbaumart ist die Stieleiche.

Eichen-Hainbuchen-Wälder wachsen überwiegend auf Standorten, die günstig für die Landwirtschaft sind. Deshalb sind sie heute gegenüber ihrer früheren Verbreitung stark zurückgedrängt worden. In der Europäischen Union sind sie über die FFH-Richtlinie geschützter Lebensraumtyp mit dem Natura-2000-Code 9160.

Literatur

  • Ellenberg, Heinz: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Ulmer Stuttgart, 5.Auflage. 1996. ISBN 3825281043
  • Härdtle, W., Ewald, J., Hölzel, N.: Wälder des Tieflands und der Mittelgebirge (Reihe Ökosysteme Mitteleuropas aus geobotanischer Sicht. E.Ulmer Verlag 2008. ISBN 9783800156399
  • Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Teil III und IV: Wälder und Gebüsche. 2.Auflage. Jena, Stuttgart, New York (G.Fischer).
  1. Darstellung im Floraweb (http://www.floraweb.de/vegetation/PflGesHomepageLayout.php3?knoten_id=1063&find_parent=1061)
  2. Karte der potentiellen natürlichen Vegetation auf Floraweb http://www.floraweb.de/vegetation/pnv/index.html

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