Gregor Ata

Gregor Ata

Gregor Ata, öfter auch Gregorios, Gregorius, Gregoire, Gregorio oder Gregory Ata; Taufname Michael Ata (* 14. April 1815 in Zahlé, Libanon; † 3. Dezember 1899 in Damaskus), war ein Erzbischof der Melkitisch Griechisch-Katholischen Kirche von Homs in Syrien, Kirchenhistoriker und Sammler antiker Handschriften. Er besuchte Europa 1860-61 und warb u.a. in Bayern (Diözesen Augsburg, Würzburg und Speyer) um Almosen für die morgenländischen Christen. Ata nahm 1870 als Konzilsvater am I. Vatikanischen Konzil teil.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Frühes Wirken

Der Prälat wurde unter dem Namen Michael Ata als Sohn melkitisch-katholischer Eltern in Zahlé, Libanon, geboren. Es ist die drittgrößte Metropole des Libanon, eine christliche Hochburg und im Nahen Osten als "Stadt des Weines und der Dichter" berühmt.[1]

Patriarch Maximos III. Mazloum. Zu seiner Patriarchalkurie gehörte Gregor Ata als Ökonom und von ihm erhielt auch er die Bischofsweihe.

Ata strebte den geistlichen Beruf an, erhielt die Priesterweihe und avancierte 1848 zum Oikonomus[2], des Patriarchats von Antiochien in Damaskus. Als Patriarch amtierte zu dieser Zeit Maximos III. Mazloum (1833-1855) [3] ein gelehrter, welterfahrener Mann, der fast 20 Jahre im europäischen Exil verbracht hatte und unter dem die melkitische Kirche stark prosperierte. Michael Ata gehörte als Ökonom des Patricharchats zu dessen Kurie und zu seinem persönlichen Umfeld.

Erzbischof

Schon am 20. Februar 1849 empfing Ata aus der Hand des Patriarchen die Bischofsweihe und wurde zum Erzbischof der neu gegründeten melkitischen Diözese "Homs, Hama und Yabroud"[4] bestimmt. Mit der Bischofsweihe nahm Michael Ata den Vornamen "Gregor" an[5]. Neben seinen pastoralen Obliegenheiten sammelte Erzbischof Ata antike Handschriften und erforschte als Kirchenhistoriker die Geschichte der Christen im Orient, besonders der melkitischen Katholiken.

Reise nach Europa

Als in seiner Heimat 1860 antichristliche Unruhen wüteten, bei denen ca. 30.000 Gläubige getötet und viele Kirchen und Klöster geplündert bzw. niedergebrannt wurden, war seine Diözese eine der am Stärksten betroffenen. Unter den Ermordeten befand sich neben 3 Bischöfen und über 30 Priestern auch der später seliggesprochene Franziskaner Engelbert Kolland. Durch die herausragende Mithilfe des Araberführers Abd el-Kader konnte zwar die Ruhe wieder hergestellt werden, da die vormals blühenden Christengemeinden jedoch völlig verwüstet waren, entschloss sich Gregor Ata zusammen mit anderen orientalischen Prälaten zu einer damals noch ungewöhnlichen Aktion. Er fuhr ins ferne Europa, um dort dringend benötigte Gelder für den Wiederaufbau seines Sprengels zu sammeln. 1860 hielt sich Ata in Wien auf und 1861 besuchte er in der gleichen Intention das Königreich Bayern.[6] Von König Maximilian II. wurden ihm dazu die Bistümer Augsburg, Würzburg und Speyer zugewiesen.

Der Wiener Professor Friedrich Müller berichtet 1898 in den "Melanges" für Charlez de Harlez, Lütticher Domherr und Orientalistikprofessor an der katholischen Universität Löwen, über sein früheres Zusammentreffen mit Erzbischof Ata:

Als im Jahre 1859/60 nach dem Blutbade in Damaskus der Metropolit Gregorius Ata im hiesigen Dominikaner-Kloster längere Zeit wohnte, wurde ich mit ihm durch Vermittlung eines höheren Geistlichen bekannt. Der Hochwürdige Herr, der außer dem Arabischen keine Sprache verstand, ersuchte mich, ihm bei der Anlegung eines kurzen arabisch-deutschen Vocabulars behülflich zu sein.“

Professor Friedrich Müller, "Der Ursprung der indischen Schrift", in "Melanges de Charlez de Harlez", Kath. Universität Löwen, 1898, Seiten 217/218 [7].

Das verwüstete Christenviertel in Damaskus nach dem Massaker von 1860. Um diese Schäden zu beheben, sammelte Erzbischof Ata Almosen in Bayern.

Im Bistum Speyer erließ Generalvikar Johann Martin Foliot am 15. Februar 1861 unter der laufenden Nr. 349 ein Rundschreiben an alle Pfarrämter. In ihm wird die damals traurige Situation der Christen im mittleren Osten nochmals geschildert und es heißt weiter:

...benachrichtigen wir die sämtlichen Herren Pfarrer und Pfarrverweser unserer Diöcese, daß der griechisch-uniierte Erzbischof von Homs[8] und Hamah[9] in Syrien, Gregorius Ata in den nächsten Tagen in Speyer eintreffen und von hier aus eine Reihe von Gemeinden unserer Diözese besuchen wird, um milde Gaben für die verfolgten Christen zu sammeln. In unserem bayerischen Vaterlande sind nun mehrere Priester und Bischöfe Syriens eingetroffen und haben von des Königs Majestät die Bewilligung erhalten, in den verschiedenen Landesteilen persönlich um Unterstützung anzusprechen. Dem hochwürdigen Erzbischof Gregorius Ata, in dessen Sprengel vorzugsweise das Schwert und Feuer der Verfolgung wüthete, sind die Kirchensprengel Augsburg, Würzburg und Speyer angewiesen worden

Generaliensammlung Diözese Speyer, Rundschreiben Nr. 349, vom 15. Februar 1861

Die Geistlichen des Bistums werden in dem Schreiben ferner aufgefordert, dem orientalischen Prälaten "mit Rath und That zur Hand" zu gehen. Als Besuchsorte Atas im Bistum Speyer sind 18 Stationen aufgeführt, nämlich: Speyer, Schifferstadt, Frankenthal, Forst, Deidesheim, Neustadt, Kaiserslautern, Landstuhl, St. Ingbert, Blieskastel, Zweibrücken, Maikammer, Edesheim, Landau, Herxheim, Rheinzabern, Rülzheim und Germersheim.

Der Speyerer Diözesanschematismus von 1864 berichtete auf den Seiten 182/183 rückblickend über den Besuch des syrischen Kirchenfürsten:

Nicht geringe Theilnahme fanden im Jahre 1861 die Christen in Syrien, welche durch ihre Feinde hart bedrängt und ausgeraubt, zur Bestreitung ihrer kirchlichen Bedürfnisse die Mildtätigkeit ihrer Glaubensbrüder in Anspruch nehmen mußten. Der Hochwürdigste Herr Erzbischof Ata von Damascus, Hochwelcher zu diesem Zwecke persönlich, wie in ganz Bayern, so auch im Bisthum Speyer eine Collecte für seine unglücklichen Bisthumsangehörigen erhob, wurde bei freundlichster Aufnahme in den von ihm besuchten bedeutenderen Orten des Bisthums mit reichlichen Liebesgaben erfreut und nahm außerdem von unmittelbar an die Bischöfliche Behörde eingelieferten Spenden noch die Summe von 1311 Gulden in Empfang.“

Schematismus Bistum Speyer, 1864, Seiten 182/183

Gregor Ata konnte offenbar mit einer sehr hohen Spendensumme in die Heimat zurückkehren und das gesamte Unternehmen bewies nicht zuletzt auch die wirtschaftliche Tüchtigkeit des ehemaligen Ökonomen seiner Kirchenprovinz.

In der Abhandlung "Die Rechtsverhältnisse der verschiedenen Riten innerhalb der Katholischen Kirche" (Archiv für Katholisches Kirchenrecht, Band 7, Seite 339, Mainz 1864), konstatiert Professor Josef Hergenröther aus Würzburg, der spätere Kardinal, dass er mit Erzbischof Ata anlässlich dessen Aufenthalts in Bayern eine Unterredung führte, der er "manche interessante Notizen" verdanke.

Von Gregor Atas Visite im Bistum Augsburg ist zudem festgehalten, dass er dem dortigen Historischen Verein eine alte türkische Silbermünze schenkte.[10]

Späte Jahre

1870 nahm Erzbischof Gregor Ata als Konzilsvater am I. Vatikanischen Konzil teil, wobei er zu der Minderheit gehörte, die gegen das Unfehlbarkeitsdogma votierte.

Gregor Ata regierte sein Erzbistum 50 Jahre lang, bis zu seinem Tod, 1899,[11] sein Nachfolger wurde Erzbischof Flaviano Khoury. Ata residierte in den letzten Jahren in Yabroud[12] und starb in Damaskus. 1886 fungierte der Priester Sylwanos Mansour (1854-1929) als sein Sekretär; später wanderte er nach Australien aus, wo er als melkitischer Hauptseelsorger landesweite Bekanntheit erlangte.[13]

Nachruhm

Gregor Ata galt als profunder Kenner der orientalischen Kirchengeschichte und verfasste auch mehrere Werke darüber. In der "Geschichte der christlichen arabischen Literatur" von Georg Graf, 1953, heißt es, dass Erzbischof Ata eine Anzahl Schriften hinterließ, von denen aber später nur Teile publiziert wurden. Er sei ein "großer Bücherfreund" gewesen "und sammelte viele Handschriften von denen die größere Zahl nach seinem Tode zerstreut wurde"; ein Teil der Sammlung Atas befinde sich aber noch in Yabroud. Diese und Atas Schriften nutzte der Archimandrit und Kirchenhistoriker Joseph Nassrallah (1911-93) im Jahre 1937 als Quellenmaterial für seine Abhandlung "Manuscrits melkites des Yabroud".[14]

Literatur

  • Georg Graf: „Geschichte der christlichen arabischen Literatur“, Ausgabe 146, Biblioteca Apostolica Vaticana, 1953, Seite 288
  • Friedrich Müller: „Der Ursprung der indischen Schrift“, in „Melanges de Charlez de Harlez“, Kath. Universität Löwen, 1898, Seiten 217/218
  • Diözesanschematismus Speyer, 1864, Seiten 182 und 183

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Webseite zur Stadt Zahle im Libanon
  2. Zu Patriarch Maximos III. Mazloum in der Englischen Wikipedia
  3. Webseite zur melkitisch-katholischen Diözese (=Eparchie) Homs, Hama und Yabroud, mit Erwähnung von Gregor Ata
  4. Geschichte der christlichen arabischen Literatur, Band 2, 1953, zu Bischof Atas Werdegang
  5. Joseph Hergenröther über den Besuch von Erzbischof Ata in Bayern (Fußnoten am Ende der Seiten 338 und 339)
  6. Scan des Abschnittes über Erzbischof Atas Aufenthalt in Wien, aus den "Melanges de Charles de Harlez", Seiten 217/218 (am unteren Ende der angezeigten Seite)
  7. Webseite zur Stadt Homs in Syrien
  8. Webseite zur Stadt Hama in Syrien
  9. Jahresbericht des Historischen Vereinsfür Schwaben und Neuburg 1860 (Seite 53, ganz unten)
  10. Scan der Todesmeldung mit Sterbedatum
  11. Webseite zur Stadt Yabroud in Syrien
  12. Webseite über Sylwanos Mansour, in der Online Ausgabe des „Australian Dictionary of Biography“ (mit Nennung von Erzbischof Ata)
  13. "Manuscrits melkites des Yabroud", von Joseph Nassrallah

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