Großes Hauptquartier

Großes Hauptquartier
Hindenburg und Ludendorff in Bad Kreuznach (1917)
GH in Kassel-Wilhelmshöhe kurz nach dem Waffenstillstand und nach Verlegung aus dem besetzten Spa nach Kassel ohne den Ersten Generalquartiersmeister Ludendorff und seine Adlaten, die Obersten von Bartenwerffer und Bauer

Das Große Hauptquartier war im Ersten Weltkrieg die Zentrale der obersten militärischen und zunehmend auch politischen Führung des Deutschen Kaiserreichs.

Inhaltsverzeichnis

Besetzung

Im Großen Hauptquartier saßen bei Kriegsausbruch Kaiser Wilhelm als Oberster Kriegsherr, der Reichskanzler, die Oberste Heeresleitung, der Chef des Admiralstabs, die Chefs der Zivil-, Militär- und Marinekabinette, der Preußische Kriegsminister, die Vertreter des Auswärtigen Amts und des Reichsmarineamts, die Militärbevollmächtigten der Königreiche Bayern, Württemberg und Sachsen sowie die Verbindungsoffiziere der Mittelmächte.

Der Reichskanzler und der Preußische Kriegsminister ließen sich im späteren Verlauf des Krieges vertreten, weil sie in Berlin nicht dauernd fehlen konnten. Die Anwesenheit Kaiser Wilhelms im G.H.Q. ermöglichte der Obersten Heeresleitung die Einflussnahme auf politische Entscheidungen. Die eigentliche Macht im Reich lag bei der Obersten Heeresleitung, vor allem bei Erich Ludendorff.

Orte

Das G.H.Q. wechselte im Kriegsverlauf mehrfach seinen Standort. Bei Kriegsbeginn lag es 1914 zunächst in Koblenz, ab September in Luxemburg (Stadt) und ab Oktober in Charleville-Mézières. Im April 1915 verlegte es in das Schloß Pleß in Schlesien. Im Februar 1916 kehrte es nach Charleville-Mézières, im August 1916 wieder nach Pleß zurück.[1] Ab Ende Januar 1917 war es in Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein-Ebernburg. Der Kaiser residierte im Schloss Bad Homburg. Im März 1918 wurde das G.H.Q. ins belgische Spa verlegt, wo es bis zum Kriegsende blieb. In Spa residierte der Kaiser in der Villa eines belgischen Großindustriellen [2]. Nach dem Waffenstillstand wurde das Große Hauptquartier nach Kassel-Wilhelmshöhe verlegt.

Stabswache

Als Ehren- und Schutzwache des G.H.Q. hatte die Stabswache drei Teile:

  • Die Kavalleriestabswache war eine zusammengesetzte Schwadron mit ausnahmslos adeligen Offizieren. Sie diente rein repräsentativen Zwecken.
  • Die Infanteriestabswache hatte den Wachtdienst in und um die „Kaiservilla“, vor Hindenburgs Wohnsitz, vor den Unterkünften der „Allerhöchsten“ Besucher und vor dem Generalstabsgebäude.
  • Die Artilleriestabswache hatte zwei ortsfeste Batterien, einen Kraftwagen-Flak-Zug, einen mit Pferden bespannten Flak-Zug No. 67 und eine Scheinwerfer-Gruppe. Die Artilleriestabswache sorgte für den Luftschutz des G.H.Q.. Ihr Führer war Hauptmann Graf Hermann von Plettenberg – „etwas dekadent, aber allseits beliebt“.[2] Die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften waren im Schützenhaus neben der Rennbahn, die Pferde in deren Stallungen untergebracht. Die beiden Offiziere waren Kurt Otterski und Leutnant von Pressenthin, ein „echter Landsknechttyp“, das Gegenteil seines kunstsinnigen Vorgängers in Bad Homburg, Leutnant Jordan.[2]

Unrühmlicher Abgang

Mit der Novemberrevolution entbrannte die Debatte, ob der Kaiser zurücktreten oder den ehrenvollen Soldatentod an der Front suchen sollte. Ihr entzog sich Wilhelm, indem er am 29. Oktober 1918 ins Große Hauptquartier nach Spa reiste. Am 9. November 1918 ließ er Reichskanzler Max von Baden wissen, dass er zwar preußischer König bleiben, aber auf die Kaiserkrone verzichten wolle. Am Nachmittag, zu spät, traf das Telegramm in Berlin ein. Angesichts der bis ins Regierungsviertel vorgedrungenen Demonstranten hatte Prinz Max um die Mittagszeit eigenmächtig Wilhelms Verzicht auf beide Kronen verkündet. Von Spa reiste Wilhelm am 10. November 1918 an die nahe Grenze der Niederlande und bat Königin Wilhelmina um Asyl.[3]

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. In Pleß übernahm Kaiser Wilhelm die Patenschaft einer Tochter von Max von Ruperti
  2. a b c Kurt Otterski: Anderthalb Jahre im Großen Hauptquartier. Corpszeitung der Altmärker-Masuren 64 (1978/79), S. 1616–1619
  3. Biografie Wilhelm II.

Literatur

  • Ernst Rudolf Huber: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung. 1914–1919. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1978, ISBN 3-17-001055-7, S. 197–198 (Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Bd. 5).
  • Markus Pöhlmann: Hauptquartiere. In: Gerhard Hirschfeld u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Schöningh, Paderborn u. a. 2003, ISBN 3-506-73913-1, S. 544–546.
  • Irene Strenge: Spa im Ersten Weltkrieg (1914–1918). Lazarett und Großes Hauptquartier. Deutsche Besatzungspolitik in Belgien. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3693-4, S. 115–137.

Weblinks


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