Ablauforganisation

Ablauforganisation

Ablauforganisation bezeichnet in der Organisationstheorie die Ermittlung und Definition von Arbeitsprozessen unter Berücksichtigung von Raum, Zeit, Sachmitteln und Personen, während sich die Aufbauorganisation hauptsächlich mit der Strukturierung einer Unternehmung in organisatorische Einheiten – Stellen und Abteilungen – beschäftigt.

Aufbauorganisation und Ablauforganisation betrachten somit gleiche Objekte unter verschiedenen Aspekten; sie hängen wechselseitig voneinander ab ("Interdependenz"). Die Aufbauorganisation betrachtet organisatorische Ressourcen, die Ablauforganisation beschäftigt sich mit der (temporalen oder finalen) Kette einzelner Arbeitsschritte unter Nutzung dieser Ressourcen.

Die technologische oder allgemeiner kausale Verkettung von Prozessen wird hingegen in der Prozessorganisation behandelt (siehe auch Geschäftsprozessmodellierung).

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Die Ablauforganisation beschäftigt sich mit der Ausstattung und Verteilung von effizienten Beständen von materiellen und immateriellen Gütern in einer Unternehmung. Daraus ergeben sich die zu behandelnden Gegenstände Personal-, Sachmittel und Datenbestände, Aufgaben- und Kompetenzgefüge.

Im Mittelpunkt der Betrachtungen bei der Ablauforganisation stehen

  • die Arbeit als zielbezogene menschliche Handlung und
  • die Ausstattung der Teileinheiten von Arbeitsprozessen mit den zur Aufgabenerfüllung nötigen Sachmitteln und Informationen.

Ziele

Die Ablauforganisation ist ein Konzept zur Komplexitätsreduktion der Handlungen bzw. Abläufe mittels Modellierung und Standardisierung. Sie verfolgt periodenbezogene monetäre und qualitative Ziele:

  • Maximierung der Kapazitätsauslastung
  • Verringerung der Verteil-, Durchlauf-, Warte- und Leerzeiten
  • Reduktion der Kosten der Vorgangsbearbeitung
  • Qualitätssteigerung der Vorgangsbearbeitung und der Arbeitsbedingungen
  • Reduzierung der Verteil- und Transportaufwendungen durch Optimierung der Arbeitsplatzanordnung
  • Erhöhung der Termintreue

Zwischen den Zielen Maximierung der Kapazitätsauslastung und Minimierung der Durchlaufzeiten besteht ein Zielkonflikt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Dilemma der Ablauforganisation². Dies sei an einem Beispiel aus der Produktion verdeutlicht: Um eine möglichst gute Kapazitätsauslastung zu erreichen, muss ein hoher Auftragsbestand vor jedem Arbeitsplatz bereitstehen, so dass die Gefahr von Leerlauf nicht gegeben ist. Damit erhöhen sich jedoch für den einzelnen Auftrag die Liege- und damit die Durchlaufzeiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass

  • eine relativ geringe Absenkung der Bestände,
  • eine überproportionale Verkürzung der Durchlaufzeit
  • bei nur kleinen Einbußen der Kapazitätsauslastung

bewirkt.[1]

Aufgabenverteilung

Ein besonderer Schwerpunkt der Ablauforganisation besteht in der Aufgabenverteilung. Voraussetzung dafür ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob und in welchem Maß die Aktivitäten zur Aufgabenerfüllung geregelt werden sollen. Sowohl die Aufgabenstruktur als auch die Aufgabenziele sind für die Regelungsintensität maßgebend.

Nach Nordsieck (1955) gibt es folgende Stufen der Erfüllung des Regelungsbedarfs durch die Ablauforganisation[2]:

  • Freier Verlauf
  • Inhaltlich gebundener Verlauf
  • Abfolgegebundener Verlauf
  • Zeitlich gebundener Verlauf
  • Taktmäßig gebundener Verlauf
  • implizite sowie explizite Reorganisation von bereits vorhandenen Ablaufprozessen
  • flexibler Verlauf

Einflussgrößen

Interne Einflussgrößen:

  • Produktionsprogramm (z. B.: Fließfertigung / Werkstattfertigung)
  • Struktur der Arbeitsträger (Qualifikation der Mitarbeiter)
  • Struktur des Planungssystems (zentral / dezentral)
  • Struktur des Informationssystems (Übermittlung durch Vorgesetzten / EDV-System)

Externe Einflussgrößen:

  • Rechtliche Normen (sicherheitstechnische Vorschriften, arbeitsrechtliche und kollektivvertragliche Regelungen)
  • Soziale Normen (z. B.: bestimmte Umgangsformen unter Kollegen)
  • Technologische Erkenntnisse
  • Verhalten der Marktteilnehmer (Monopolstellung / starke Konkurrenz)

Ablauforganisatorische Konzepte

Ablauforganisation als Arbeitsorganisation

Differenzierung von Aufbau und Ablauf

Ausgangspunkt ist immer die Aufgabe der Gesamtunternehmung und somit ein aufbauorganisatorischer Tatbestand. Die Zerlegung dieser Aufgabe ist die Voraussetzung für die Aufgaben- bzw. Arbeitsverteilung und somit auch für die Stellen- und Abteilungsbildung.

Der Arbeitsablauf ist definiert als eine Folge von Arbeitsstufen. Das sind damit die kleinsten zusammenhängenden Arbeitseinheiten, die zur Erfüllung einer Aufgabe notwendig sind. Die einzelnen Arbeitsstufen werden entsprechend den aufbauorganisatorischen Erfordernissen zu Arbeitsreihen zusammengefasst. Diese werden wiederum zu Arbeitszyklen zusammengefügt. Nachdem Klarheit über den Arbeitsablauf besteht und durch die Vereinigung von Arbeitsstufen Arbeitszyklen geschaffen wurden, erfolgt nun die Arbeitsverteilung, bei der Arbeitsvorgänge Arbeitsträgern zugeordnet werden. Bei der Arbeitsverteilung geht es aber auch um die Leistungsabstimmung, da nicht nur das Arbeitspensum eines Arbeitsträgers, sondern auch die Leistungen verschiedener Arbeitsträger untereinander abgestimmt werden müssen. Schließlich muss noch die Arbeitsbesetzung durchgeführt werden, um einen optimalen Arbeitsprozess durchführen zu können, da die Leistungsanforderung eines Arbeitsvorganges oft nicht mit der persönlichen Leistung der Arbeitskraft übereinstimmt.

Das Analyse-Synthese-Konzept

Auf den Grundprinzipien der Aufgabenanalyse und -synthese entwickelte Erich Kosiol[3] analog die Arbeitsanalyse und -synthese. Die Arbeitsanalyse gibt einen Überblick über alle anfallenden, auf Stellen bzw. Abteilungen zu verteilenden Arbeitsteile je nach gewählter Gliederungstiefe.[4] Im Zuge der Arbeitssynthese werden die analytisch gewonnenen elementaren Arbeitsteile nach den Verrichtungs-, Objekt-, Rang- oder Phasenmerkmalen zusammengefasst.

Ablauforganisation als Ablaufplan

Dieser Ansatz ist eine Weiterentwicklung der Ablauforganisation als Arbeitsorganisation und greift dabei einzelne Teilprobleme heraus.

  • Arbeitsverteilung: Die Personalausstattung ist in vielen Fällen bereits vorgegeben und kann nicht völlig geändert werden. So stimmt oft die Qualifikation der Mitarbeiter nicht mit den Anforderungen des Arbeitsganges überein. Ziel ist es nun diese Differenz zu minimieren.
  • Gruppierung: Hier wird die Zuordnung und die Gruppierung von Arbeitsmitteln berücksichtigt, wie zum Beispiel die Anordnung von Maschinen. Es können aber auch Konflikte bei der Gruppierung von Arbeitssubjekten (z. B. Größe von Arbeitsgruppen oder -kolonnen) und Arbeitsobjekten (z. B. Losgrößen, verfügbare Hilfsmittel) auftreten.
  • Reihenfolge: Dieses Problem betrifft sowohl die zeitliche als auch die räumliche Anordnung von Abläufen und beschränkt sich nicht nur auf die Reihenfolge innerhalb eines Vorgangs, sondern schließt auch die Koordination mehrerer Abläufe beispielsweise in zeitlicher und räumlicher Hinsicht und nach Prioritäten ein.
  • Leistungsabstimmung: Die Leistungen einzelner Arbeitsträger müssen zeitlich und mengenmäßig synchronisiert werden.
  • Anfangs- und Ablaufbedingungen: Die modalen Randbedingungen bestimmen den Beginn und den Ablauf der Arbeit
  • Transport: Da die Arbeitsträger an unterschiedlichen Standorten tätig sind müssen die Arbeitsobjekte zwischen ihnen transportiert werden. Besonders relevant für dieses Problem sind die Minimierung der Transportkosten sowie die Optimierung der Transportwege.

Ablauforganisation als Prozessorganisation

Dieses Konzept dient insbesondere der Integration stellenübergreifender Prozessabläufe. Vor allem bei immateriellen Bearbeitungsvorgängen hat die Ablauforganisation als Prozessorganisation stark an Bedeutung gewonnen. Prozessorganisation vollzieht sich in 3 Phasen:

  • Vororganisatorische Prozessanalyse
  • Verteilung von Prozesselementen auf Stellen
  • Koordination der Prozesse

Quellen

  1. Erich Gutenberg: Die Produktion. 23. Auflage, Berlin u.a., 1979, S. 229
  2. Nordsieck, F.: Rationalisierung der Betriebsorganisation, 2. Aufl., Stuttgart 1955
  3. Erich Kosiol: Organisation der Unternehmung, Wiesbaden 1962, S. 42-79
  4. Hoffmann in Frese (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation 1992, S. 5

Literatur

  • Rudolf Fiedler: Einführung in das Controlling. 2. Auflage, Oldenbourg, ISBN 3-486-25576-2
  • Guido Fischermanns: Praxishandbuch Prozessmanagement. 9 Auflage. Gießen 2008, ISBN 978-3-921313-77-0.
  • Friedrich Hoffmann: Ablauforganisation. In: Georg Schreyögg (Hrsg.), Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation (HWO) Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2004, ISBN 3-7910-8050-4
  • Hans Jung: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 10. Auflage, Oldenbourg, München Wien 2006, ISBN 3-486-58049-3
  • Alfred Kieser, Mark Ebers: Organisationstheorien. 6. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-7910-2591-0
  • Alfred Kieser, Peter Walgenbach: Organisation. 5. Auflage, Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2007, ISBN 3-7910-2591-0
  • Erich Kosiol: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Gabler, Wiesbaden 1968
  • Manfred Schulte-Zurhausen: Organisation. 4. Auflage, Vahlen, München 2005, ISBN 3-8006-3205-5
  • Eberhard Witte: Ablauforganisation. In: Erwin Grochla (Hrsg.), Handwörterbuch der Organisation, Pöschel, Stuttgart 1969 (1973), S. 20-30 ISBN 3-7910-8004-0

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Ablauforganisation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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