ifo-Geschäftsklimaindex

ifo-Geschäftsklimaindex
ifo-Geschäftsklimaindex seit Januar 1991: Geschäftsklima (rot), Geschäftsbeurteilung (blau) und Geschäftserwartungen (orange)

Der ifo-Geschäftsklimaindex ist ein monatlich vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung erstellter, vielbeachteter Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Elemente

Das ifo-Geschäftsklima wird seit 1972 regelmäßig vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung veröffentlicht. Die aus einem Fragebogen erhaltenen Antworten werden nach einem nicht näher spezifizierten Verfahren bewertet und saisonal gewichtet. Ein Index-Wert von 100 entspricht dabei den Erhebungsdaten für den 1. Januar 2005. Seit Januar 1991 sind mehr als 200 Datensätze veröffentlicht worden.

Aus den Rohdaten werden drei Datenreihen gewonnen:

  • Geschäftsklima
  • Geschäftsbeurteilung
  • Geschäftserwartungen

Diese werden in prozentualer Veränderung zum Vormonat und als absoluter Wert in Bezug auf den Indexstichtag 1. Januar 2005 = 100 veröffentlicht.

Manchmal wird die wirtschaftliche Lage auch in Form einer Konjunkturuhr dargestellt.

Aktuelle Zahlen und Grafiken sowie die vollständigen Zeitreihen werden regelmäßig auf der Internetseite des ifo-Geschäftsklimaindex veröffentlicht.

Verfahren

Die Fragebögen werden in der ersten Woche eines jeden Monats an Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Bauhauptgewerbes, des Großhandels und des Einzelhandels versandt. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen. Mitte des Monats erhalten die Unternehmen eine Erinnerung, falls sie noch nicht geantwortet haben. Bis zum Vortag der Veröffentlichung des ifo Index, meist in der letzten Woche des Monats, können die Unternehmen die Fragebögen abgeben. In der Regel werden 7000 Meldungen aus den Unternehmen ausgewertet.

Fragebogen

Der Bogen besteht aus insgesamt 20 Fragen. Die Unternehmen werden befragt zu

  • ihrer gegenwärtigen Geschäftslage (Auswahlmöglichkeit: gut, befriedigend oder schlecht)
  • ihren Geschäftserwartungen für das kommende halbe Jahr (Auswahlmöglichkeit: günstiger, gleich bleibend oder ungünstiger)
  • der Nachfragesituation (Auswahlmöglichkeit: verbessert, nicht verändert oder verschlechtert)
  • der Zahl ihrer Beschäftigten (Auswahlmöglichkeit: zunehmend, gleichbleibend, abnehmend)

Daneben existieren noch Fragen, welche sich je nach Wirtschaftslage ändern, wie zum Beispiel die Frage im Hintergrund der Finanzkrise ab 2007 nach der Bereitschaft der Banken bezüglich einer Kreditvergabe.

Bewertungsverfahren

Der Saldowert der gegenwärtigen Geschäftslage ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten „gut“ und „schlecht“, der Saldowert der Erwartungen ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten „günstiger“ und „ungünstiger“. Das Geschäftsklima ist ein geometrischer Mittelwert aus den Salden der Geschäftslage und der Erwartungen. Zur Berechnung des Indexwerts wird das Geschäftsklima auf den Durchschnitt des Jahres 2005 normiert (seit Mai 2011).

Interpretation

Der Index soll als Indikator für die konjunkturelle Entwicklung Daten aus der amtlichen Statistik ergänzen, denen gegenüber er den Vorteil hat, dass er häufiger erhoben wird und schneller verfügbar ist (das BIP beispielsweise wird nur quartalsweise erhoben und mit einer Verspätung von ca. zwei Quartalen unter Vorbehalt veröffentlicht).

Aufgrund der Qualität der erhobenen Daten (z. B. lag der Anteil der vom Ifo-Institut erfassten Branchen am BIP 1998 nur bei etwa 35%) erkauft er sich seine Vorteile allerdings durch eine im Vergleich zu Daten wie etwa dem BIP geringere Zuverlässigkeit.

Besondere Bedeutung hat er bei der Prognose von Trendwenden im Wirtschaftswachstum. Eine Trendwende bei der Konjunkturentwicklung ist mit hoher Sicherheit gemäß der so genannten Dreimal-Regel erst nach einem dreimaligen Ausschlagen des Geschäftsklima-Indikators in die betreffende Richtung zu erwarten (vgl.: MCD-Maß / months of cyclical dominance).[1]

Bei einem Vergleich zwischen den Indizes und dem BIP werden hier die Veränderungsraten der Indizes gegenüber dem Vorjahr herangezogen. Der Korrelationskoeffizient zwischen ermitteltem Geschäftsklima und Veränderungsraten des BIP liegt dann bei etwa 0,7.[1] Ein Wert von 0,7 besagt, dass 49% der Veränderungen im BIP durch den Geschäftsklimaindex bestimmt werden können.

Bei den Geschäftserwartungen ergibt sich im direkten Vergleich mit dem BIP ein Koeffizient von 0,6. Wenn man die Werte des Index um eine Periode in die Vergangenheit verschiebt, um seine Prognosefähigkeit zu bewerten, steigt der Koeffizient auf 0,65. Die Angaben der Unternehmen haben also erwartungsgemäß einen Vorlauf gegenüber der tatsächlichen Wirtschaftsentwicklung.[1]

Die Geschäftsbeurteilung hat von den veröffentlichten Indizes die geringste Korrelation zur Entwicklung des BIP: erst wenn man die Werte des Index ein Quartal in die Zukunft verschiebt, liegt die Korrelation auf einer akzeptablen Höhe bei 0,66. Dies bedeutet, dass dieser Index einen Nachlauf von etwa sechs Monaten hat.[1]

Höchst- und Tiefstwerte

Seinen tiefsten Wert im vereinigten Deutschland erreichte der Index nach der seit Mai 2011 geltenden Klassifikation der Wirtschaftszweige und Gewichtung[2] mit 84,6 Punkten (2005=100) im Dezember 2008. Ebenfalls im Dezember 2008 wurde im Teilindikator Geschäftserwartungen mit 78,5 Punkten ein Allzeittief erreicht. Der zweite Teilindikator Geschäftslage verzeichnete im Mai 1993 mit 84,0 Punkten den bis dahin niedrigsten Stand.

Das Allzeithoch des ifo-Index wurde im Februar 2011 mit 115,4 Indexpunkten erreicht und übertraf damit leicht den Höchstwert aus dem vorherigen Konjunkturzyklus im Dezember 2006 (113,6 Punkte). Beim Teilindikator Geschäftsbeurteilung wurde der historische Höchstwert im Juni 2011 mit 123,3 Punkten gemessen, nach 121,2 Punkten im Dezember 2006. Im Februar 2011 beurteilten die Unternehmen die Entwicklung ihrer zukünftigen Geschäftslage (Teilindikator Geschäftserwartungen) bei einem Indexwert von 110,7 so gut wie nie zuvor.

Einzelnachweise

  1. a b c d André Kunkel: Prognosefähigkeit des ifo-Geschäftsklimas sowie die Überprüfung der „Dreimal-Regel“. In: ifo-Diskussionsbeiträge. Nr. 80, 2003.
  2. Pressemitteilung der CESifo Gruppe vom 19. Mai 2011

Siehe auch

Weblinks


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