Lippmann+Rau-Musikarchiv

Lippmann+Rau-Musikarchiv

Das Lippmann+Rau-Musikarchiv (bis 2009: Internationales Jazzarchiv Eisenach) ist ein internationales Archiv für Jazz und populäre Musik in Eisenach, das von der Lippmann+Rau-Stiftung unterhalten wird. Es befindet sich seit 1999 im Industriedenkmal "Alte Mälzerei" Eisenach, in dem sich seit längerem auch der Jazzkeller "Posaune" des Jazzklubs Eisenach befindet.

Inhaltsverzeichnis

Stiftung

2006 riefen Reinhard Lorenz und der Unternehmer Daniel Eckenfelder gemeinsam mit einem Kuratorium, dem z.B. die Musiker Udo Lindenberg und Peter Maffay angehören, die Lippmann+Rau-Stiftung ins Leben. Die Stiftung setzte sich zum Ziel, das kulturelle Erbe von Horst Lippmann (Musiker) und Fritz Rau zu bewahren. Beide betrieben in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren die Musikagentur Lippmann+Rau. Die Lippmann+Rau-Stiftung wurde institutioneller Träger des Internationalen Jazzarchivs Eisenach.

Geschichte

Das Archiv wurde am 7. Mai 1999 vom Eisenacher Kulturamtsleiter Reinhard Lorenz sowie ehrenamtlichen Mitstreitern gegründet, die sich aus dem Jazzklub Eisenach e.V. rekrutierten. Es firmierte ursprünglich unter dem Namen Internationales Jazzarchiv Eisenach. Seit 2006 arbeitete es eng mit der Stiftung zusammen. 2009 ging die Stiftung bzw. das Archiv eine enge Kooperation mit der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar ein. Die Kooperation wurde durch das Thüringer Landesprogramm ProExzellenz finanziell gefördert. Dadurch konnte an der Weimarer Musikhochschule ein Lehrstuhl für die Geschichte des Jazz und der populären Musik eingerichtet werden, den Martin Pfleiderer übernahm.[1] Zugleich wurde er zum Leiter des Archivs ernannt.

Parallel zur personellen Erweiterung und Umstrukturierung des Archivs wurde dieses 2009 umbenannt in Lippmann+Rau-Musikarchiv. Grund dafür war die Tatsache, dass die Sammlungsbestände mittlerweile weit über den Jazz und Blues hinauswiesen und bereits das gesamte Spektrum der so genannten „populären Musik“ abdeckten.

Verständnis des Jazzarchivs

Das Jazzarchiv Eisenach war neben dem Jazzinstitut Darmstadt die einzige Einrichtung ihrer Art in Deutschland. Es versteht sich als Einrichtung zu Jazzforschung, orientiert sich an dem kulturgeschichtlichem Institut von Aby Warburg und legte den Schwerpunkt auf die Themen Jazz in den Diktaturen Osteuropas, Jazz im Nationalsozialismus und Geschichte des Blues und Jazz sowie der amerikanischen Rootsmusic. Das Archiv unterhielt enge Verbindung nach Darmstadt, zum Jazzarchiv der Rutgers University N.Y. (USA). Es wurde bis 2009 ehrenamtlich durch die Mitglieder des Jazzklubs betreut.

Bestände des Archivs

Den Grundstock der Sammlung des Archivs bildet der Nachlass des deutschen Blues- und Jazzpioniers Günter Boas. Boas stiftete, aus Sympathie für den Jazzklub Eisenach, eine umfangreiche Sammlung an Schallplatten, Zeitschriften, Fotos, Briefen und anderen Dokumenten. Seine Sammlung zählt etwa 6.000 Schellackplatten, ungefähr 8.000 Langspielplatten und EPs sowie eine umfangreiche Korrespondenz mit Jazzmusikern. Im Laufe der Zeit konnte die Sammlung durch private Schenkungen wesentlich erweitert werden. Unter anderem handelt es sich um die Sammlungen von Sigurd Rosenhain, von Fritz Marschall und Lienhard Roßberg sowie den Nachlass des in Eisenach geborenen Jazzexperten Horst Lippmann, der ein Freund von Boas war.[2]

2005 stellte der Schweizer Jazzmusiker Hazy Osterwald dem Archiv einen großen Teil seiner privaten Sammlung, zu der Originalpartituren, persönliche Dokumente und Konzertmitschnitte gehören, zur Verfügung. Ein Jahr später übergab der Jazzschlagzeuger Trevor Richards, der sein Haus nach der Flutkatastrophe in New Orleans aufgeben musste, dem Archiv 7.000 Schallplatten, Bücher, Noten und mehrere Schlagzeugsets.[3]

Die Geschäftskorrespondenz sowie Ton-, Bild- und Filmmaterial der Agentur Lippmann+Rau (aus dem Zeitraum von ca. 1960 bis 1990) ist im Archiv ebenso zu finden wie große Teile aus dem Werk des Graphikers Günther Kieser, der jahrzehntelang mit der Agentur zusammenarbeitete.

Darüber hinaus haben angesehene Musik-Fotografinnen und -Fotografen Teile ihres Werkes dem Archiv überlassen, wie Axel Küstner, Stephanie Wiesand, Friedrich Otto Bernstein oder Valerie Wilmer.

Das Musikarchiv wird weiterhin durch private Sammlungen ergänzt, die es nach Schenkung sichtet, erschließt und katalogisiert.

2009 umfasste der Bestand etwa 60.000 Schallplatten/Tonträger, 80.000 Fotos/Negative, 28.000 Zeitschriften, 32.000 Artikel, 1.500 Plakate, 2.000 Bücher/Broschüren und 1.000 Videos.[4]


Belege

  1. Professur Jazzgeschichte der Musikhochschule Weimar
  2. Jazzzeitung Nr. 10/2002, S. 22.
  3. Zeit Online, Nr. 36/2007, S. 49.
  4. Siehe Jazzklub Eisenach.

Weblinks

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