Politisches System des Iran vor 1979

Politisches System des Iran vor 1979
Königliches Dekret vom 5. August 1906

Das Politische System des Iran vor 1979 basierte seit der Konstitutionellen Revolution von 1906 auf der Staatsform der Konstitutionellen Monarchie. Das Parlament bestand aus zwei Kammern, dem Madschles und dem Senat. Die Abgeordneten des Madschles (Madschles Shora Melli) wurden vom Volk gewählt, die Abgeordneten des Senats wurden je zur Hälfte gewählt bzw. vom Schah ernannt. An der Gesetzgebung sind beide Häuser beteiligt. Die aktive politische Rolle in der Gesetzgebung kam jedoch dem Madschles zu.

Nach der Verfassung stand der Schah als Monarch an der Spitze der Exekutive, d.h. der Verwaltung, des diplomatischen Diensts und des Militärs. Er hatte das Recht Minister zu ernennen und zu entlassen und zur Ausführung der von den parlamentarischen Kammern erlassenen Gesetze Dekrete und Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Inhaltsverzeichnis

Die Verfassung

Die Verfassung des Iran, die mit einigen Modifikationen bis zur Gründung der Islamischen Republik Iran nach der Islamischen Revolution 1979 Gültigkeit hatte, besteht aus folgenden Dokumenten:

  • Königliches Dekret vom 5. August 1906
  • Wahlgesetz vom 5. September 1906
  • Grundgesetz vom 30. Dezember 1906
  • Ergänzungen zum Grundgesetz vom 7. Oktober 1907
  • Wahlgesetz vom 1. Juli 1909

Mit dem von Muzaffar ad-Din Schah am 5. August 1906 erlassenen Königlichen Dekret wurde die Bildung eines Parlaments angeordnet, dessen Delegierte in einem nach Ständen gegliederten Wahlsystem gewählt wurden. Stände waren die Prinzen der königlichen Familie, Doktoren der Geistlichkeit (ulama), Familienmitglieder der Kadscharen, Mitglieder der Adelsfamilien, Großgrundbesitzer, Kaufleute und Mitglieder der Zünfte. In nur vier Wochen wurde von einer hierfür einberufenen Kommission ein Wahlgesetz ausgearbeitet, nach dem die Wahlen zum ersten iranischen Parlament abgehalten wurden. Bis zum 30. Dezember wurde dann ein Grundgesetz ausgearbeitet, das die Rechte des Parlaments sowie die Rechte und Pflichten der Abgeordneten regelte. Das Parlament sollte aus den zwei Kammern Madschles und Senat bestehen (Das ausführende Gesetz zur Bildung eines Senats wurde allerdings erst am 18. Mai 1950 verabschiedet). Am 7. Oktober 1907 wurde dieses Grundgesetz ergänzt. Die Ergänzung regelt:

Staatsflagge des Iran von 1964 bis 1979
  • die Schia als Staatsreligion
  • die Einführung eines Rats bestehend aus mindestens fünf Geistlichen, der alle vom Parlament erlassenen Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Islam überprüft und gegebenenfalls für ungültig erklärt,
  • Teheran ist Hauptstadt, die iranische Fahne hat die Farben grün, weiß und rot und den Löwen mit Sonne als Staatsemblem
  • die bürgerlichen Rechte der Einwohner des Irans
  • die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Jurisprudenz
  • die Stellung, Rechte und Pflichten des Monarchen
  • die Rolle der Regierung bzw. der Minister
  • die Ausgestaltung des Gerichtswesens
  • die Einführung von regionalen Ratsversammlungen für die Provinzen
  • die Rolle der Armee

Das Wahlgesetz vom 5. September 1906 wurde am 1. Juli 1909 durch ein neues Wahlgesetz ersetzt, das die Wahl nach Ständen aufhob und Wahlen nach der Zugehörigkeit zu den in der Verfassung anerkannten Religionsgruppen der Muslime, Christen, Juden und Zoroastrier regelt. Darüber hinaus wurde der genaue Ablauf der Wahlen neu geregelt und die Zahl der Abgeordneten für die einzelnen Provinzen Irans neu festgelegt. Die Gesamtzahl der Abgeordneten des Parlaments wurde zunächst auf 120 festgelegt. Die Legislaturperiode betrug zwei Jahre. 1925, 1934, 1947 und 1963 wurde das Wahlgesetz erneut geändert. Die Anzahl der Abgeordneten wurde auf zweihundert erhöht. 1963 wurde zudem das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt.

Nach der Verfassung stand der Geistlichkeit im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses ein Vetorecht zu. Im Rahmen eines von den Abgeordneten des Parlaments aus einer Liste von 20 Geistlichen gewählten Rates von fünf Geistlichen sollte ein Gremium gebildet werden, das alle vom Parlament erlassenen Gesetze hinsichtlich ihrer Kompatibilität mit dem Islam überprüfen und ggbfs. verwerfen konnte. Dieses im Rahmen der Verfassungsdiskussion von 1907 auf Vorschlag von Scheich Fazlollah Nuri eingeführte Gremium wurde allerdings nie gewählt und konnte daher seine Funktion auch nicht ausüben.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Ali Akbar Schamsse Aram: Elemente des gegenwärtigen iranischen Regierungssystems. Heidelberg 1965.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Shahrough Akhavi: Religion and Politics in Contemporary Iran: Clergy State Relations in the Pahlavi Period. State University of New York Press, 1980, S. 26.

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