Jan Becher

Jan Becher
50.2303412.86698380
Jan Becher - Karlovarská Becherovka a.s.
Logo
Rechtsform Akciová společnost
Gründung 1807
Sitz Karlsbad
Branche Spirituosen
Produkte Becherovka
Website janbecher.multimedia.cz
Johann Becher in Karlsbad (vor 1900)
Werbung von Johann Becher (1905)
Hauptsitz von Jan Becher - Karlovarská Becherovka in Karlsbad

Das Unternehmen Jan Becher (früher Johann Becher) ist ein traditionsreiches Unternehmen aus Karlsbad in Nordböhmen, Tschechien. Das bekannteste Produkt aus dem Hause Becher ist der Kräuterlikör Becherovka (früher Karlsbader Becher-Bitter genannt). Der Hauptsitz des Unternehmens ist an der Masaryk-Straße 57 (früher Invalidenplatz).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Ursprünge des Unternehmens Becher reichen bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts. 1805 besuchte der Reichsgraf von Plettenberg-Mietingen mit seinem Begleiter, dem englischen Arzt Frobrig, den Kurort Karlsbad. Die beiden quartierten sich in das "Haus der drei Lerchen" ein, welches dem Apotheker Josef Becher gehörte. Die Leidenschaft, Kräuter und Alkohol zu mischen, verband den englischen Arzt und den böhmischen Apotheker. Als der Arzt die Stadt verlassen musste, gab er Becher mit dem Kommentar „Das hier hat mich ziemlich begeistert“ einen Zettel, auf dem eine Rezeptur aus Kräutern, Ölen und Alkohol notiert war.

Nach weiterem Probieren und Experimentieren entwickelte Josef Becher einen Bitterlikör. Ab 1807 produzierte und verkaufte Josef Becher den Likör als „Carlsbader English Bitter“, später als „Karlsbader Becher-Bitter“. 1841 übergab Josef Becher das Unternehmen seinem Sohn Johann († 1895) (tschechisch Jan).

Unter seiner fähigen Führung wurde der Becher-Bitter weithin bekannt und die Herstellung schließlich in großem Maßstab aufgenommen. Er ersetzte veraltete Maschinen mit moderner Ausstattung und ließ 1867 eine neue Produktionsstätte errichten, die nach wie vor in Karlsbad steht. Bis heute tragen die Flaschen daher den tschechischen Namen „Jan Becher“. Nach und nach wurde ein Export geschaffen, der nicht nur ganz Europa umfasste, sondern sich auch nach Amerika erstreckte. Bald fanden sich sowohl in Karlsbad als auch anderswo viele Nachahmer, denen es aber nicht gelang, ein auch nur annähernd gleiches Produkt herzustellen. "Sprudel-Bitter" war der letzte dieser Wettbewerber und stellte seinen Betrieb 1938 ein. Das Rezept war und wird in der Drogikamr der Becher'schen Fabrik als strengstes Geheimnis bewahrt.

Das „Karlsbader Englisch-Bitter“ wurde sogar als ein Prophylaktikum bei Cholera-Epidemien erwiesen und mehrmals bestätigt.[1]

Das Fabrikat wurde auf einer ganzen Reihe von Ausstellungen prämiert, und zwar in Eger 1871 und 1882, in Wien 1873, in Prag 1874 und 1891, in Paris 1878 und in Teplitz 1879 mit silbernen und goldenen Medaillen.[1]

Im Laufe der Zeit folgten mehrere Mitglieder der Familie Becher in leitender Funktion. Nach Johann Becher folgte sein Sohn Gustav, der den „Karlsbader Becher-Bitter“ als geschützte Marke bei der Industrie- und Handelskammer in Eger eintragen ließ. Das Unternehmen wurde nach dem Vater benannt und am 31. Mai 1901 beim Handelsregister des Regionalgerichtes von Eger eingetragen. Der Kräuterlikör erhielt auf zahlreichen Weltausstellungen höchste Preise.[2] Nicht nur die Aristokratie wurde mit dem Becher-Bitter beliefert sondern auch der kaiserliche Hof in Wien. Für diese Leistungen wurde Becher zum k.u.k. Hoflieferanten ernannt.

1901 folgten Gustavs Brüder Rudolf und Johann Becher (II.) als Geschäftsführer bis 1915. Gustav Becher begann die Exportgeschäfte außerhalb Österreich-Ungarns verstärkt auszubauen und vergrößerte 1901 die Fabrik erneut.

Alfred Becher übernahm 1915 die Leitung kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Unter seiner Führung konnte das Unternehmen die Wirren des Ersten Weltkrieges und den Zusammenbruch der Monarchie überleben. Da der einzige Sohn und Erbe von Alfred, Hansfred Gustav, an der Front fiel, übernahm am 22. April 1941 die Tochter von Alfred, Hedda Becher (* 24. März 1914; † 2007) gemeinsam mit ihrer Mutter Ernestine, das Unternehmen. Der Krieg und die Versorgungsknappheit für die Zutaten, insbesondere von Kräutern, erschwerten dem Unternehmen Becher die Geschäfte sehr.

Aber die harten Zeiten endeten für die Familie Becher nicht mit dem Krieg. 1945 wurde das Unternehmen von den Kommunisten beschlagnahmt und verstaatlicht. Die Besitzerin Hedda Becher wurde gezwungen, der Staatspolizei das Geheimrezept des Kräuterbitters preiszugeben, danach wurde sie mit ihren zwei Kindern und ihrer Mutter Ernestine nach Deutschland vertrieben.[3] Die Herstellung in Karlsbad ging mit 14 Angestellten weiter, im Vergleich zu früheren Zeiten eine sehr kleine Mannschaft. In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre kam die Auflösung nach 150 Jahren im Geschäft in Betracht. Angeblich war niemand mehr an den Produkten interessiert und die kommunistischen Machthaber waren nicht darauf bedacht, in einem Staatsbetrieb Alkohol zu produzieren. Aber am Ende der 1960er Jahre wendete sich das Blatt und Becher konnte sich mit der Produktionseinführung von alkoholfreien Getränken in Otovice retten.

Hedda Baier-Becher gründete nach der Vertreibung der Familie aus der Tschechoslowakei 1949 die Firma neu in Köln als "Johann Becher OHG Likörfabrik", da sie das Geheimrezept im Gedächtnis behalten hatte. Die Firma war ab 1950 in Kettwig, ab 1984 in Rheinberg ansässig. Die Johann Becher OHG besaß das Originalrezept und verkaufte "Karlsbader Becher" in Flaschen mit blau-gelbem Etikett.

In den 1970er Jahren erwarb Emil Underberg von der Firma Underberg die Johann Becher OHG. Er schloss im Oktober 1985 einen Vertrag mit dem verstaatlichten Unternehmen in Karlsbad und wurde alleiniger Importeur für die Bundesrepublik Deutschland. Im Gegenzug stellte die Johann Becher OHG ihre eigene Produktion ein. Im Jahr 1994 kündigte die tschechische Firma den Vertrag, und Emil Underberg und Hedda Baier-Becher nahmen die Produktion des Likörs wieder auf. Es kam zu einem Gerichtsverfahren vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, das am 9. Oktober 1997 zu Gunsten von Hedda Baier-Becher entschieden wurde.[4]

1997 wurde der tschechische Staatsbetrieb Becher von der tschechischen Regierung reprivatisiert und in eine öffentliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (s.r.o.) umgewandelt. Der internationale Getränkekonzern Pernod Ricard übernahm das Unternehmen und gliederte es als Tochtergesellschaft ein. Pernod Ricard erwarb zuerst 35 % und stockte 2001 auf 95,7 % auf.[5] Im April 1999 kaufte Pernod Ricard die "Johann Becher OHG" von Underberg für 730 Millionen Schilling und gliederte sie an "Jan Becher - Karlovarská Becherovka a.s.".[6]

In Karlsbad wurde ein Becher-Museum eingerichtet, das die Geschichte des Unternehmens und die Herstellungsweise der verschiedenen Produkte ausstellt.[7]

Produkte

Becherovka ist das bekannteste Produkt von Jan Becher

Becherovka ist das Hauptprodukt von Jan Becher und wurde 2008 in über 35 Ländern auf der ganzen Welt exportiert. Daneben gibt es weitere Produkte wie das Lemond, der Likör Cordial und den Aperitiv KV 14.

Einzelnachweise

  1. a b Dargebracht von den Industriellen Oesterreichs unter dem hohen Proctectorate Seiner k. und k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand (Hrsg.): Johann Becher. In: Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I.. 5, Leopold Weiss, Wien 1898, S. 291.
  2. Johann Becher, Karlsbad. In: Jubiläums-Festnummer der kaiserlichen Wiener Zeitung 1703-1903. Beilage Kommerzieller Teil. Alfred von Lindheim. Druck und Verlag K. K. Hof- und Staatsdruckerei, Wien, 8. August 1903, S. 41, abgerufen am 30. April 2009.
  3. Jaroslava Gregorová: Hedda Baier - Becher. Zentrum für Gewerblichen Rechtsschutz, 17. November 2005, abgerufen am 11. Mai 2009 (französisch).
  4. Urteil vom 9. Oktober 1997, 4 O 295/96 - Karlsbader Becher. In: Landgericht Düsseldorf: Entscheidungen der 4. Zivilkammer (Heft 5). Zentrum für Gewerblichen Rechtsschutz, 9. Oktober 1997, S. 108-114, abgerufen am 11. Mai 2009.
  5. Peter Martos: Kräuterlikör Becherovka: Aufstieg statt Liquidierung. Die Presse, 20. August 2003, abgerufen am 9. Mai 2009 (Der legendäre Kräuterlikör aus Karlsbad gehört nach einer wechselvollen Geschichte heute zu Europas größtem Getränkekonzern Pernod Ricard.).
  6. Aureliusz M. Pedziwol: Karlsbad: Likörfabrik löst Rechtsstreit durch Kauf. WirtschaftsBlatt, 28. April 1999, abgerufen am 9. Mai 2009: „Pernod-Ricard hat laut Schwarzenberg die Johann Becher Gesellschaft mit 730 Millionen Schilling "zu einem überraschend guten Preis" vom deutsch-schweizerischen Underberg-Konzern gekauft.“
  7. Jaroslava Gissübelová: La liqueur originale du terroir, Becherovka, a son musée à Karlovy Vary. Radio Prag, 6. Februar 2005, abgerufen am 10. Mai 2009 (französisch): „Mme Heda Becher Bayer, la dernière propriétaire de Becherovka, a fêté, l'année passée, ses 90 ans. En 1999, elle est venue à Karlovy Vary pour l'ouverture du musée.“

Literatur

  • Ingrid Haslinger: Kunde – Kaiser. Die Geschichte der ehemaligen k. u. k. Hoflieferanten. Schroll, Wien 1996, ISBN 3-85202-129-4.

Weblinks

 Commons: Jan Becher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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