Jiří Prošek

Jiří Prošek

Jiří Prošek (bulgarisch Иржи Прошек/Irschi Proschek; * 25. Dezember 1847 in Beraun, Böhmen; † 16./29. September 1905 ebenda), auch bekannt als Georgi Prošek (bulg. Георги Прошек), war ein tschechischer Ingenieur, Korrespondent, bulgarischer Patriot und Revolutionär, der den größten Teil seines Lebens in Bulgarien verbrachte.

Seit 1868 war Jiří/Georgi Eisenbahn-Ingenieur auf dem Balkan und ließ sich dann in Sofia nieder, sein Bruder Theodor/Bogdan kam 1878 nach. Jiří Prošek arbeitete beim Bau der Eisenbahnlinie in Thrakien mit. Nach der Gründung des Fürstentums Bulgarien 1879 war er bis 1881 Architekt in Sofia und arbeitete am ersten Stadtentwicklungsplan von Sofia mit. Später war er der Chefingenieur der Direktion für Öffentliche Gebäude. (1881 bis 1885). Gemeinsam mit seinem Bruder Bogdan Prošek gründete er 1879 die erste Druckerei in Sofia (Hofdruckerei Sofia; bulg. придворна печатница), 1884 gründete der die Brauerei Prošek, die damals die größte Brauerei in Sofia war, später gründeten sie auch eine Keramik- und Porzellanfabrik.

Inhaltsverzeichnis

Name

Jiří Prošek änderte 1879 seinen Vornamen offiziell in die entsprechende bulgarische Form um: aus Jiří Prošek wurde Georgi Prošek (bulg. Георги Прошек/Georgi Proschek). Er ist der Bruder von Bogdan Prošek.

Familie

Zur Prošek-Familie gehörten auch die beiden Cousins Vaclav Prošek und Josef Prošek, die ebenfalls aus Beraun stammten und auf Einladung ihrer Cousins Jiří und Theodor ebenfalls nach Bulgarien kamen. Josef war an der Erarbeitung des Stadtbauplanes (Prošek-Plan) von Sofia beteiligt, der Annahme durch den Fürsten als Battenberg-Plan bekannt wurde. Václav Porsek hat die Projekte für die beiden bekanntesten Sofioter Brücken – Löwenbrücke und Adlerbrücke – angefertigt, die 1891 fertiggestellt wurden.

Jiří Prošek leisteten mit seiner Arbeit einen großen Anteil beim Aufbau des neuen Sofias nach der Befreiung Bulgariens 1878 und hinterließ seine Spuren in der bulgarischen Geschichte.

Jiří Prošek und sein Bruder Teodor Prošek waren Unternehmer in Sofia. Mit ihrer Familienfirma "Gebrüder Georgi und Bogdan Proschek" (bulg. Братя Георги и Богдан Прошек) waren sie sehr erfolgreich, ab 1884 widmeten sie sich mit ihrer Brauerei Prošek, damals die modernste Brauerei auf dem Balkan, der Bierbrauerei.

Die Brüder Jiří Prošek und Teodor Prošek hinterließen ihre Spuren in der Geschichte einiger symbolträchtiger Bauten des alten Sofia. Sie waren maßgeblich beteiligt am Bau der Löwenbrücke und der Adlerbrücke, des Sofioter Hauptbahnhofes und des Parlamentsgebäudes der Narodno Sabranie.

Jugend

Der Vater von Jiří Prošek war Jiří František Prošek, ein Schuster, seine Mutter Maria Bartaková war eine gute Klavierspielerin. Er hatte einen Bruder Theodor/Bogdan und eine Schwester Maria. Die Familie Prošek war bereits seit 300 Jahren in Beroun ansässig.

Prošek besuchte die Grundschule in seiner Geburtsstadt und schloss die 4. Klasse (Schuljahr 1858/59) mit Auszeichnung ab. Danach besuchte er in Prag das Erste tschechische Realgymnasium in Prag.

Gleich nach Abschluss des Gymnasiums schrieb er sich am königlichen tschechischen Polytechnikum in Prag zu einem Studium als Landvermesser- Geodät und Bauingenieur ein. Nach vierjährigen Studium erlangte er 1869 den Ingenieurs-Titel.

Da nach dem Ende des ersten Studienjahres sein Vater starb, hatte es Prošek danach schwer sein Studium zu finanzieren. Er musste nebenbei arbeiten. Nebenbei erlernte er mehrere Fremdsprachen, er beherrschte Deutsch, Französisch, Englisch, Italienisch und Russisch.

Während seiner Zeit im Gymnasium und während des Studiums schloss Jiří Prošek Bekanntschaften mit Bulgaren, die in Prag studierten. Sein bester bulgarische Freund war Iwan Drasow (bulg. Иван Драсов), einer der engsten Freunde des bulgarischen Poeten und Revolutionärs Christo Botew. Ebenso schloss er Freundschaft mit Petar Berkowski (bulg. Петър Берковски), von dem er auch Bulgarisch lernte.

Nach anderen Quellen studierte Prošek in Prag zwei Semester an der Kaiserlichen Technischen Schule und danach bis 1869 drei Jahre Maschinenbau am Tschechischen Polytechnikum in Prag mit einem Abschluss in der Fachrichtung Hochbau.

Eisenbahningenieur auf dem Balkan

Nach dem Abschluss seines Studiums ging Jiří Prošek 1869 gleich auf den Balkan (nach anderen Quellen 1870), als Spezialisten für den Eisenbahnbau gesucht wurden.

Zuerste übte er seinen Beruf in Istanbul aus. Er war damals 23 Jahre alt und begann seine Arbeit für die Firma Rumeli-Donau-Eisenbahngesellschaft (bulg. Румелийска железница/Rumelijska schelesniza; zu deutsch: Rumelische Eisenbahn; wörtlich: Östliche Eisenbahn) von Baron Maurice de Hirsch zu arbeiten, die im europäischen Teil des Osmanischen Reiches Eisenbahnlinien baute und betrieb. Rumelien war der europäische Teil des Osmanischen Reiches auf der Balkanhalbinsel. Er arbeitete vom 26. August 1869 bis 31. März 1870 als Assisten-Ingenieur im Zentralbüro der Rumelische Eisenbahn in Istanbul an und war er an der Planung der Eisenbahntrasse von Edirne nach Belowo (nach anderen Quellen führte die Bahnlinie nach Saranbej – bulg. Саранбей, heute Septemwri – beide Orte liegen dicht beieinander), beteiligt.

Vom 27. April 1870 bis 2. Juli 1873 (nach anderen Quellen ab 1871) wurde er von seiner Firma als Inspekteur der 5. Direktion (nach anderen Quellen 4. Direktion) mit Sitz im Dorf Almanlij (bulg. Алманлий; auch Алмалъ oder Алманли; damals 270 Familien groß), heute das Dorf Jabalkowo (bulg. Ябълково) in der Oblast Chaskowo geschickt. Dort beaufsichtigte er den Bau der Bahnlinie im Abschnitt von Kajadschik (bulg. Каяджик), heute das Stadtviertel Rakowski in Dimitrowgrad nach Chadschi Eles (bulg. Хаджи Елес), heute Parwomaj.

Die Eisenbahnbauer für die Bahnarbeiten (1870 bis 1873) – tschechische und polnische Ingenieure (die tschechischen Ingenieure Jiří Prošek, Anton Pelz, Antonin Svoboda, Prof. Ostrava und die Polen Bankowski und Stanislav Dombrowski) – hatten bewusst das Dorf Almanlij für ihr Lager ausgesucht, da das Dorf eine rein bulgarische Bevölkerung hatte. In der Kaza Chaskowo waren nur noch 60 von 360 Dörfern rein bulgarisch geblieben.

Einsatz für die bulgarische Befreiungsbewegung

Während seiner Zeit als Inspekteur der 4. Direktion mit im Dorf Almanlij bekam Jiří Prošek engeren Kontakt zu den am Ort wohnenden Bulgaren, insbesondere zu den Vertretern des Öffentlichen Lebens und zu Mitglieder des Revolutionskomitees der Inneren Revolutionären Organisation. Das örtliche Komitee wurde von Dimitar Ralow geleitet. Sie gründeten das Slawische Geheime Revolutionskomitee (bulg. Славянски таен революционен комитет) – bestehend aus Bulgaren, Tschechen und Polen. Bald wurde Jiří Prošek mit Wassil Lewski bekannt, dem Hauptorganisator der Revolutionskomitees in Bulgarien und schloss sich der bulgarischen Befreiungsbewegung an.

Petar Berkowski (* 1852; † 1892), ein Kampfgefährte von Wassil Lewski, war der Vorsitzende des geheimen Revolutionskomitees in der Stadt Chaskowo und Hauptlehrer an der dortigen bulgarischen Schule. Jiří Prošek war seit seiner Zeit in Prag mit Berkowski bekannt und befreundet gewesen. An der Schule unterrichtete auch Stojan Saimow, ein bekannter Kämpfer des Aprilaufstandes von 1876. Stojan Saimow beschrieb Jiří Prošek in seinem Buch Die Vergangenheit (bulg. "Миналото"/Minaloto) als herzlich und großzügig, er beschrieb seine Achtung vor den bulgarischen Traditionen und Feiertagen, die Feste die sie feierten und das gemeinsame Schlittschuhlaufen auf dem Fluss Mariza.

Jiří Prošek engagiert sich unter dem Einfluss der bulgarischen Patrioten für die Befreiung Bulgariens von den Osmanen. Er setzt sich dafür ein die Schule im Dorf Almanlij zu verbessern, wobei er sich am Standard der tschechischen Schulen in seiner alten Heimat orientierte. Die Schule in Almanlij war eines seiner frühen erfolgreichen Projekte, sie wurde in ganz Südbulgarien (damals Nordthrakien) als Musterschule bekannt. Prošek führte neue Unterrichtsfächer ein, kümmerte sich um die sportliche und vormilitärische Erziehung der Schüler und leitete auch den Schulchor. Es wurden Globen, Rechengeräte, Unterrichtshilfsmittel, Karten und Bilder angeschafft und ein naturwissenschaftliches Kabinett wurde eingerichtet.

Jiří Prošek versorgte gemeinsam mit den anderen tschechischen und polnischen Ingenieuren in seinem Dorf die Bulgaren mit Waffen, er übermittelte Post des Revolutionären Komitees. Sie gründeten das „Slawische Haus“ (bulg. славянски дом/slawjanski dom) als Kulturhaus und Tschitalischte. Tschechen, Polen und Bulgaren verstanden sich zu dieser Zeit alle als unterdrückte slawische Völker: die Tschechen unter der Herrschaft von Österreich, die Polen unter der Herrschaft von Russland und Österreich und die Bulgaren unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches.

In vielen Dienststellen der Eisenbahn hatte Jiří Prošek Verbindungen zu seinen tschechischen Landsleuten und zu revolutionär gestimmten Bulgaren hergestellt. Darunter waren unter anderem Sachari Stojanow (bulg. Захари Стоянов), Todor Kableschkow (bulg. Тодор Каблешков), Georgi Ikonomow (bulg. Георги Икономов)und Teofan Rajnow (bulg. Теофан Райнов).

Nach der Gefangennahme von Wassil Lewski, dem Hauptorganisator des nationalen bulgarischen Widerstandes, durch die Osmanen am 26. Dezember 1872 und seiner Verurteilung zur Todesstrafe, ging das Gerücht um, dass er nach Istanbul (zu dieser Zeit noch Konstantinopel) verfrachtet wird, da der Sultan sich näher für Lewski interessierte. Das lokale Revolutionskomitee beschloss daraufhin die Befreiung von Lewski zu organisieren. Sie nahmen Verbindung zu Jiří Prošek auf, um näheres über die Fahrpläne und Zugbewegungen zu erfahren.

Mit Hilfe seiner Verbindungsleute plante Jiří Prošek den von den Osmanen gefangen genommenen Lewski zu befreien. Sie erwarteten seine Überführung per Eisenbahn nach Istanbul, um ihm dort den Prozess zu machen. Durch seinen Einsatz wurden "seine Leute" in den verschiedenen Bahnhöfen und Eisenbahndistrikten der Bahnstrecke EdirneBelowo angestellt.

Zwischen den Bahnhöfen Popowiza und Charmanli bereiteten sie Hinterhalte entlang der Eisenbahnstrecke vor. Diese Vorkehrungen waren jedoch vergebens, da sich der Plan zerschlug. Für alle unerwartet war Lewski am 19. Februar 1873 in Sofia hingerichtet wurde. Lewski war nicht wie erwartet nach Istanbul, sondern nach Sofia gebracht worden und dazu noch mit einem Pferdewagen und nicht mit der Eisenbahn.

Russisch-Türkischer Krieg

1876 kündigte Jiří Prošek in der Eisenbahnfirma und wurde freischaffender Korrespont für europäische Zeitungen, um die Öffentlichkeit der europäischen Länder über die Lage des bulgarischen Volkes zu informieren, insbesondere über die Niederschlagung des Stara-Sagora-Aufstandes von 1875 und des Aprilaufstandes von 1876 und über das Schicksal der nach Diyarbakır in Kleinasien verbannten Revolutionäre des bulgarischen Befreiungskampfes. Als Mitglied des Revolutionskomitees beschrieb Jiří/Georgi Prošek ausführlich das schwere Schicksal der Bulgaren unter der osmanischen Herrschaft und alle Grausamkeiten der Osmanen, die sie dem bulgarischen Volk antaten. Jiří Prošek veröffentlichte in europäischen Zeitungen einen Appell, der von Tausenden bulgarischen Aufständischen unterschrieben war.

Er schickte seine Berichte zu seinem Bruder Bogdan Prošek nach Prag, der sie ins Französische und Englische übersetzte und sie über die Prager Zeitung Lidové listy (dt. Volksblätter) (heute Národní listy) an die Pariser und Londoner Presse weitergab. So erfuhr die ganze Welt von diesen osmanischen Verbrechen. Die osmanischen Herrscher waren darüber entzürnt und ordneten eine strenge Zensur für den gesamten Briefverkehr nach Frankreich und Großbritannien an. Das blieb jedoch erfolglos, da ihnen der Weg der Korrespondenz aus Bulgarien über Prag nach Paris und London nicht bekannt war.

Vom 13. Oktober bis 15. Dezember 1875 veröffentlichte er zehn Artikel. Der Name des „geheimen Korrespondenten“ wurde von der Zeitung nicht offenbart, stattdessen wurden seine Artikel mit Worten eingeleitet, wie: Auszüge aus einem privatem Brief, Über Bulgarien wurde uns geschrieben, Authentischer Brief. So erfuhren zuerst die Leser in Tschechien und Österreich-Ungarn und dann in Westeuropa vom Aprilaufstand und dem nachfolgenden Massaker von Batak.

Jiří Prošek unterschrieb auch oft sein Korrespondenz aus Bukarest, da er sich oft dort aufhielt und seine Korrespondenz von Bukarest aus nach Prag geschickt wurde. Zu jener Zeit fuhr der Orientexpress von Paris über Bukarest nach Giurgiu (60 km südlich von Bukarest). Die Passagiere wurden mit dem Schiff nach Russe übergesetzt, da es noch keine Brücke über die Donau gab; die Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke wurde erst 1954 gebaut. Dann fuhren sie mit der Eisenbahn von Russe nach Warna weiter und bestiegen dort wieder ein Schiff nach Istanbul.

Der Russisch-Osmanische Krieges von 1877/78 ließ ihn noch aktiver für die Sache der Bulgaren eintreten. Er berichtete über ihn als freischaffender Korrespondent für tschechische Zeitungen.

Während der Zeit der schweren Kämpfe am Schipkapass, im Sommer 1877, befand sich Jiří Prošek in Istanbul. Dort erfuhr er über seinen Freund und Landsmann, den Pharmazeuten Dr. Nadcherni (bulg. Надхерни) – genannt Chekim Pascha, der der Leiter des Gesundheitsdienstes in der osmanischen Armee war, dass das osmanische Oberkommando die Entsendung einer sehr großen Verstärkungstruppe für die Truppen am Schipkapass unter Süleiman Pascha per Eisenbahn vorbereitete. Die zweite Schlacht am Schipkapass fand dann vom 21. bis 26. August 1877 statt.

Daraufhin begab sich Jiří Prošek umgehend nach Edirne, wo seine Freunde bei der Eisenbahn angestellt waren. Diese verschworene Gemeinschaft demontierte unter dem Vorwand "unaufschiebbarer technischer Umstände" ca. 200 m Eisenbahnschienen und warf sie von einer Brücke in den Fluss Mariza. Mit diesem als "verrücktes Unternehmen" (bulg. лудо предприятие) bekannt gewordenem Unternehmen hielten sie den osmanischen Truppentransport 30 Stunden auf.

und verhinderten damit, auf dieser einzigen vorhandenen Bahnlinie von Istanbul nach Bulgarien, in der entscheidenden Phase des russisch-türkischen Krieges, die Durchfahrt der Militärzüge um 30 Stunden, was sich als wichtig für den Ausgang der Schlacht erwies, da die Truppenverstärkung für die osmanischen Truppen von Süleiman Pascha am Schipkapass nicht mehr rechtzeitig herangeführt werden konnte. Dort verteidigten sich bulgarische Freiwillige gegen eine osmanische Übermacht und hielten bis zum Eintreffen der starken russischen Truppen stand. Die russischen Truppen unter Skobelew, sie waren in Erwartung des osmanischen Hauptschlages an einem anderen Balkanpass aufgestellt worden, trafen noch vor der in Edirne aufgehaltenen osmanischen Truppenverstärkung am Schipkapass ein.[1]

So trug Jiří Prošek mit zum siegreichen Ausgang der Schlacht am Schipkapass für die Russen und Bulgaren bei: General Fjodor Radezki konnte mit seinen russischen Truppen am Schipkapass siegen. Prošeks Aktion bei Edirne wurde jedoch von den osmanischen Machthabern aufgedeckt und Jiří Prošek musste als Bauer verkleidet nach Bukarest fliehen.

Als Anerkennung für seine Tat wurde ihm als hohe Auszeichnung der Alexander-Newski-Orden 1. Klasse verliehen und Michail Skobelew überreichte ihm im Namen des russischen Zaren Alexander II. einen goldenen Säbel. Danach arbeitete er in Bukarest als Übersetzer einer russischen Dienststelle im Dienst des russischen Oberkommandos.

Jiří/Georgi Prošek in Sofia

Nach der Unabhängigkeit Bulgariens 1878 ließ sich Jiří Prošek in der neuen bulgarischen Hauptstadt Sofia nieder und arbeitete als Lehrer, Bauingenieur, Inspekteur und Unternehmer.

Zu jener Zeit kamen zahlreiche ausländische Spezialisten nach Bulgarien die jahrelang oder zeitlebens in Bulgarien arbeiteten, vor allem Russen (z. B. Porfirij Bachmetiew – bulg. Порфирий Бахметиев), Tschechen, Franzosen, Deutsche, Österreicher. Bekannt waren unter anderem auch die tschechischen Brüder Schkorpil, Iretschek und Václav Dubrowski (bulg. Братя Шкорпил, Иречек, Вацлав Дубровски).

Nach dem Sieg der Russen stellte sich Jiří Prošek in Sofia mit seinen Sprachkenntnissen dem russischen Oberkommando zur Verfügung. Der polyglotte Prošek wurde als Dolmetscher in der Kanzlei des russischen Gouverneurs Pjotr Alabin (russ. Пётр Владимирович Алабин; bulg. Пьотър Владимирович Алабин) eingesetzt. Jiří Prošek war einer der Initiatoren für die Errichtung eines Denkmals für Wassil Lewski, den Entwurf dazu erstellte der Architekt Antonín Kolář. Prošek suggerierte Alabin, dass in Sofia umgehend ein Denkmal für Wassil Lewski, den Helden des bulgarischen Befreiungskampfes, errichtet werden muss. Der Bau des Lewski Denkmals begann dann nach dem Plänen des tschechischen Architekten Antonín Kolář, zog sich jedoch wegen fehlender Mittel jahrelang hin. Die aufgebrachten Spendengelder für den Bau des Denkmals reichten anfangs nur für das Fundament.

Jiří Prošek war einer der ersten Lehrer im neu gegründeten Ersten Sofioter Mädchengymnasium. Er war dort vom 10. November 1879 bis 1. November 1880 Lehrer für Zeichnen und Stenografie. Gleichzeitig übte er auch andere Tätigkeiten aus. Zeitweilig war Jiří Prošek auch als Stenograf im bulgarischen Parlament tätig (Narodno Sabranie) – gemeinsam mit Besenschek (bulg. Безеншек ), da gut bulgarisch konnte und in Sofia einer der wenigen war, die als Parlamentsstenograf eingesetzt werden konnten. Er war bereits früher in Prager Parlament als Stenograf tätig gewesen.

Bereits 1878/79 kamen viele tschechische Spezialisten nach Bulgarien. Jiří Prošek baute für sie und seinen Bruder fünf Holzhäuser, die den Anfang der sogenannten "Tschechischen Kolonie" bildeten. Inoffiziell wurde er der "Tschechische Konsul", da er sich bei der bulgarischen Verwaltung um die Angelegenheiten seiner Landsleute kümmerte.

Der Sofioter Bürgermeister hatte 1879 den tschechischen Architekten Lubor Beier eingeladen, den ersten Stadtentwicklungsplan für Sofia zu erstellen. Seine Assistenten waren Jiří/Georgi Prošek und Vaclav Raubal.

Während Jiří Prošek als Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des ersten Gouverneurs Pjotr Alabin am Stadtentwicklungsplan arbeitete, machte Jiří Prošek die Bekanntschaft mit Tschechin Anna Roubalova (bulg. Анна Роубалова; *1853; † 1935), der Schwester von Vaclav Roubal, die er am 23. Oktober 1878 in Sofia heiratete. Sie hatte die Musikschule in Prag absolviert. Um zusammen mit ihrem vielen Gepäck und ihrem Klavier nach Bulgarien zu gelangen, war sie mit dem Dampfer auf der Donau und dann auf einem Ochsenkarren nach Sofia gereist.

Zu seinen Freunden zählten die Ministerpräsidenten Todor Burmow, Kliment Tarnowski (der Burmow ab November 1879 als Ministerpräsidenten beerbte), Petko Karawelow, Konstantin Stoilow, der Bildungsminister Georgi Atanasowitsch und der Finanzminister Grigor Natschowitsch. Diesen Freundschaften verdankte Jiří Prošek unter anderem seinen schnellen wirtschaftlichen Erfolg als Unternehmer in Bulgarien.

1879 änderte Jiří Prošek seinen Vornamen von in Georgi. Die Eheleute bekamen drei Töchter (Maria, Ruschena und Anna), sowie einen Sohn (Georgi). Nach anderen Quellen gingen aus dieser Ehe fünf Töchter und ein Sohn (den Sohn brachte Anna mit in die Ehe; er war der Stiefsohn von Jiří Prošek) hervor, wobei der Sohn 1928 in Prag verstarb.

Später heiratete die Tochter Maria Prošek einen Iwan Kadela, der dann als Leiter der Proschek-Druckerei eingesetzt wurde. Er wurde als erster Schwiegersohn Leitungsmitglied in der Familienfirma. Die Firma der Brüder Prošek war auch in Warna am Bau des Hafens Warna beteiligt und an der Planung eines Casino-Restaurants, da die zweite Tochter Ruschena einen Aleksandar Wasilew heiratete und zu ihn nach Warna zog. Deshalb wurden die Aktivitäten des Familienbetrieb nach Warna ausgedehnt, was zum der Bau des Hafens von Warna führte. Jiří/Georgi Prošek gewann die Ausschreibung für den Bau des Hafens von Warna – er war bis 1901 Mitbegründer der Baugesellschaft und technischer Direktor.

Im Rahmen seiner Arbeit für Alabin, dem russischen Gouverneur der provisorischen russischen Zivilverwaltung von Sofia (1878–1879) erkundete Jiří Prošek unter anderem die Marmorvorkommen in Bulgarien und erstelle eine Karte. Er organisierte die Ziegelproduktion im Dorf Dolni Bogrow (bulg. Долни Богров) in der Oblast Sofia, um Baumaterial für den Ausbau der Hauptstadt zu haben.

Nachdem der dringendste Bedarf an Lehrern in Sofia gedeckt war, wechselte Jiří Prošek dann in die Bauabteilung des Ministeriums für öffentliche Gebäude, Straßen und Infrastruktur (bulg. Министерство на обществените сгради, пътищата и благоустройството), wo er für den Bau von Landstraßen und Eisenbahnlinien im Land zuständig war. Er erarbeitete Projekte für die Trassierung der Landstraße von Silistra nach Schejtandschik (heute Chitrino in der Oblast Schumen), sowie die Landstraße von Elena nach Osman Pasar (heute Omurtag). Später arbeitete er an der Projektierung und dem Bau der Bahnlinie Sofia–LowetschSwischtow, am Bauabschnitt Arabakonak-Pass–Orchanie (heute Botewgrad), sowie an der Bahnlinie Zaribrod (heute Dimitrovgrad in Serbien) –Sofia–Wakarel, am Bauabschnitt Sofia–Samokow. Er arbeitet an zahlreichen weiteren technischen Projekten als technischer Direktor oder als Inspekteur.

Anfang der 1890er-Jahre war er der führende Experte für das Sofioter Kataster, das überhaupt erst ab 1878 geschaffen werden musste. Mit seinem Bruder Theodor/Bogdan Prošek, der erst 1878 nach Sofia kam, gründete er die erste Druckerei in Sofia. Erst später bauten sie (1881 bis 1884) ihre in Sofia sehr bekannte Brauerei (Brauerei Prošek).

In diesen Jahren beschäftigte sich Theodor/Bogdan Prošek, der Bruder von Jiří Prošek, hauptsächlich mit der Druckerei. Beide Brüder bauten sich ein für die damaligen Verhältnisse aristokratisch anmutendes Haus in der uliza Moskowska Nr. 5. Ihre Firma "Gebrüder Georgi und Bogdan Proschek" wurde 1895 gegründet und existierte bis zur Enteignung durch die Kommunisten 1947.

Nach der Enteignung der Nachkommen der Gebrüder Prošek durch die "Volksmacht" der Kommunisten 1947 wurden sie aus Sofia ausgesiedelt bzw. im Lager Bobow dol eingesperrt. Unter den Nachkommen befand sich auch Elena Pipewa, eine bekannte Opernsängerin.

Jiří Prošek war auch auf dem Gebiet der Kultur und Bildung sehr aktiv in Sofia: er war einer der Initiatoren für den Bau des Wassil-Lewski-Denkmals und 1880 Gründungsmitglied der Gesellschaft "Slawische Gespräche" (bulg. "Славянска беседа"/Slawjanska beseda) in Sofia (1880) – heute die Tschitalischte "Slawjanska beseda"[2] (auch das heutige Theater "Сълза и смях"/"Salsa i smjach" ging daraus hervor) und der Bulgarischen Ingenieur- und Architekturgesellschaft. Ebenso war er Gründungsmitglied der Gesellschaft "Tscheche" (bulg. Чех/Tschech) und leitete für eine gewisse Zeit die Zeitschrift "Tschechischer Adler" (bulg. Чешки сокол/Tschechki sokol).

Die Brüder Prošek haben sieben Jahre nach der Brauerei (1881 bis 1884) auch die Löwenbrücke (1888 bis 1891) und die Adlerbrücke (1889 bis 1891) erbaut. Die neu erbaute Adlerbrücke verbesserte natürlich auch die Infrastruktur für den Transport zur und von der Brauerei und zu ihrem Brauereiausschank, da die Brauerei nur 150 m nordöstlich der Adlerbrücke stand.

Jiří Prošek starb 1905 in Sofia im Alter von 58 Jahren. Er ist auf dem Sofioter katholischen Friedhof in Orlandowzi, Parzelle 16, begraben.

Einzelnachweise

  1. Филип Панайотов, Иванка Николова: България XX век. Verlag: Trud Publishers, 1999, ISBN 9789545281464 (bulg.; deutsche Übersetzung des Buchtitels: Filip Panajotow, Iwanka Nikolowa: Bulgarien XX Jahrhundert.; Seite: 597)
  2. Bild der Tschitalischte Slawjanska beseda

Literatur

Weblinks


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