Johann Nikolaus Schäfer

Johann Nikolaus Schäfer
Von der Orgel in der Marburger Lutherkirche ist Schäfers Prospekt erhalten.

Johann Nikolaus Schäfer (* 1671 in Kilianstädten; † 1744) war ein Orgelbauer aus der Barockzeit, der in Hessen wirkte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schäfer stammte aus Babenhausen und ließ sich im Jahr 1705 in Hanau nieder, wo er im selben Jahr eine Orgel für seine Geburtsstadt Kilianstädten baute. Nicht bekannt ist, bei wem er den Orgelbau erlernt hat. Seine Frau hieß Helena Catharina und gebar ihm 1726 den Sohn Johann Ernst Henrich Schäfer.[1] Schäfer gilt als der bedeutendste Hanauer Orgelbauer im 18. Jahrhundert.[2] Sein Nachfolger wurde Joseph Carl Großwaldt (* 1760), von dem nur ein Neubau (Wickstadt, 1759) nachgewiesen ist.

Werk

Typisch für Schäfer ist der breit angelegte Prospekt.[3] Seine Orgeln zeichnen sich durch eigenwillige Dispositionen aus. So verfügte sein Marburger Werk über vier Acht-Fuß-Labial-Register; im Pedal waren vier von sieben Register 16-füßig; Oberwerk und Brustwerk besaßen eine sechsfache Mixtur.[4] Die Prospektgestaltung im Régencestil in der Stadtkirche St. Marien (Homberg) ist ungewöhnlich für Hessen-Kassel und weist auf Johann Friedrich Schäffer aus Witzenhausen als Erbauer hin.[5] 1716 wurde Schäfer gebeten, den Entwurf von Caspar Kirchner für einen Orgelneubau in Hachenburg zu begutachten. Er befürwortete den Entwurf im Wesentlichen und sandte zwei eigene Dispositionsentwürfe mit, die in ähnlicher Form bei seinen eigenen Neubauten zur Ausführung kamen.[6] Abgesehen von einigen Prospekten ist im Wesentlichen nur noch sein Dieburger Werk als Rückpositiv in Nieder-Ramstadt erhalten.[7]

Werkliste

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1705 Kilianstädten Ev. Kirche
1710 Marjoß Ev. Kirche
1717/18 Usingen Laurentiuskirche I/P 14 1881 von Gustav Raßmann um ein zweites Manual erweitert; 1971/72 Neubau durch Günter Hardt hinter hist. Gehäuse und unter Verwendung von 4–5 Registern und der Manuallade von Schäfer.
1720 Kleestadt Ev. Kirche I 7 Ohne Pedal gebaut; 1786 um freies Pedal erweitert; Gehäuse und Manualwindlade von Schäfer erhalten (heute I/P/12)
1720 Schaafheim Ev. Kirche I 13 1841 an die kath. Kirche Erbach verkauft; einige Register erhalten
1721/22 Marburg Lutherische Pfarrkirche St. Marien Marburg Lutherkirche Orgel.jpg II/P 28 Prospekt erhalten
1723 Altheim Ev. Kirche I 8 Ohne Pedal erbaut; später mehrfach erweitert und schließlich ganz ersetzt; Prospekt erhalten
1723 Dieburg Ev. Kirche I 11 1844 nach Lengfeld überführt, seit 1965 als Rückpositiv in Nieder-Ramstadt; besterhaltenes Werk
1725 Erbach Ev. Kirche II/P 20 1899 durch Neubau von Wilhelm Sauer hinter hist. Gehäuse ersetzt
1726 Altheim (Münster) Ev. Kirche I 8 Ohne Pedal erbaut; Prospekt erhalten
1727 Hanau Johanneskirche
1734 Babenhausen Ev. Kirche I/P 17 1951 durch Walcker-Neubau hinter hist. Gehäuse ersetzt
1732–1736 Homberg (Efze) Stadtkirche St. Marien Orgelprospekt.jpg II/P Von Johann Friedrich Schäffer, früher Johann Nikolaus Schäfer zugeschrieben; nur reich verzierter Prospekt von Josef Dietrich Göhring im Régencestil erhalten (heute III/P/32) → Orgel

Literatur

  • Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues. Bärenreiter-Antiquariat, Kassel 1969 (Studien zur hessischen Musikgeschichte 3).
  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau. Merseburger, Kassel 1979, ISBN 3-87537-169-0 (Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde 72).
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1 (A–K), Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7,1).
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2 (L–Z), Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7,2).
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1 (A–L), Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 29,1).
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2 (M–Z), Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 29,2).
  • Dieter Großmann: Kurhessen als Orgellandschaft. In: Acta Organologica. 1, 1967, S. 69–112.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues. Bärenreiter-Antiquariat, Kassel 1969, S. 111 (Studien zur hessischen Musikgeschichte 3).
  2. Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1 (A–L), Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7, S. 16 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 29,1).
  3. Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2 (L–Z), Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6, S. 781 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7,2).
  4. Siehe die vollständige Disposition bei Dieter Großmann: Orgeln und Orgelbauer in Hessen. 2. Auflage. Trautvetter & Fischer, Marburg 1998, ISBN 3-87822-109-6, S. 54 (Beiträge zur hessischen Geschichte 12).
  5. Eckhard Trinkaus: Orgeln und Orgelbauer im früheren Kreis Ziegenhain (Hessen). Elwert, Marburg 1981, ISBN 3-7708-0713-8, S. 280f (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 43).
  6. Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1 (A–K), Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2, S. 392 (Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7,1).
  7. Die Barockorgel von Joh. Nik. Schäfer, gesehen 28. März 2011.

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