Central Counterparty

Central Counterparty

Als Central Counterparty (CCP; auch Zentraler Kontrahent oder Zentrale Gegenpartei) bezeichnet man ein Rechtssubjekt, das an Börsen und manchen OTC Derivaten-Handelsplätzen als Vertragspartei zwischen Verkäufer und Käufer tritt. Die CCP ist dann Käufer für jeden Verkäufer, und Verkäufer für jeden Käufer.[1]

Die Vorgänge, bei denen der CCP als Vertragspartei eintritt, sind „Open Offer“ (unmittelbarer Eintritt während des Handelsabschlusses) oder „Novation“ (Ersetzung eines Geschäftes zwischen zwei Teilnehmern durch zwei Geschäfte mit dem CCP).[2]

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Auf den ersten Blick bedeutet die Einrichtung einer anonymisierenden Mittelstelle eine unnötige Verkomplizierung der Handelsbeziehungen, da aus einem Geschäft im wirtschaftlichen Sinne zwei Geschäfte im rechtlichen Sinne werden. Die Aufspaltung dient jedoch sowohl der Anonymisierung des Handels als auch der Effizienz der Aufrechnungsmöglichkeiten.

Die Anonymisierung des Handels wird dadurch gewährleistet, dass zum Beispiel im Wertpapierhandel der Käufer nicht zurückverfolgen kann, wer der vorherige Eigentümer der Wertpapiere war, da der Vertragspartner des Käufers nur die CCP ist. Ebenso wenig kann der Verkäufer erkennen, wer die Wertpapiere erworben hat, da auch er unmittelbar nur mit der CCP kontrahiert.

Die Aufrechnungseffizienz (Nettingeffizienz) wird dadurch gesteigert, dass jeder Handelsteilnehmer nur noch mit der CCP in Vertragsbeziehungen steht und daher nur noch einen Vertragspartner hat.

Zusätzlich dient der CCP der Risikovorsorge[3]. Zur Minderung des Erfüllungsrisikos verlangt der CCP von allen Handelsteilnehmern eine Sicherheitshinterlegung (margin), die im Falle des Ausfalls einer Partei eine Wiederbeschaffung ermöglichen soll. Die Berechnung der Sicherheitshinterlegung orientiert sich an der Volatilität des Wertpapiers und der möglichen Kursänderung. Als Verfahren dienen zum Beispiel das in Deutschland eingesetzte Risk Based Margining (RBM) [4] oder Standard Portfolio Analysis of Risk (SPAN).[5][6][7]

Da jeder Handelsteilnehmer nur den CCP als Vertragspartner hat, wird das Kontrahentenrisiko reduziert, und individuelle Bewertungen und Kreditlinien für Gegenparteien entfallen. Handelsteilnehmer hinterlegen beim CCP Sicherheiten (collateral), um diesem eine gute Bewertung und Bonität zu ermöglichen.[8]

Beispiel

Kauft Person A an einer Börse ohne CCP 10 Kontingente Mehl von Person B, und verkauft man diese danach an Person C, so muss das Mehl zuerst von Person B an Person A, und dann von Person A an Person C geliefert werden.

An einer Börse mit CCP besteht unter sonst gleichen Umständen zwar ebenfalls eine Kauf- wie Verkaufsverpflichtung für Person A. Da Person A nun aber lediglich in Vertragsbeziehungen mit der CCP steht, heben sich die gegenläufigen Verpflichtungen auf, und es entstehen insoweit keine Transaktionskosten. Die tatsächliche Lieferung der Mehlkontingente erfolgt dann unmittelbar von Person B an Person C.

Geschichte

Central Counterparties existieren mittlerweile sowohl an Börsen in den USA als auch in Europa. An der Frankfurter Wertpapierbörse erfüllt seit dem 27. März 2003 die Eurex Clearing AG, eine Tochtergesellschaft der Deutsche Börse AG, die Aufgabe des CCP für alle mittels des elektronischen Handelssystems Xetra und der am Frankfurter Parkett gehandelten Aktien. Seitdem hat die Eurex Clearing AG diese Ausgabe auf die Bereiche Exchange Traded Funds, Eurex Repos und Eurex Bonds erweitert.

Im Rahmen des neuen CCP-Releases werden auch die Lieferverpflichtungen aus Ausübungen und Zuteilungen der Eurex-Terminbörse mit CCP-Funktionalitäten gecleart und abgewickelt.

Siehe auch

Literatur

  • Kunz, Jens Henrik: Ausgewählte Rechtsprobleme des Zentralen Kontrahenten. Unter besonderer Berücksichtigung des Clearing-Systems an der Frankfurter Wertpapierbörse, Peter Lang Verlang, Frankfurt 2009, Reihe: Börsen- und kapitalmarktrechtliche Abhandlungen, Band 3, ISBN 978-3-631-56579-7.
  • Rinker, Mike: Vertragsschluss im börslichen elektronischen Handelssystem, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2003, Reihe Grundlagen und Praxis des Bank- und Börsenwesens, Band 42, ISBN 3-503-07042-7
  • Andre Alfes: Central Counterparty – Zentraler Kontrahent – Zentrale Gegenpartei; Über den Vertragsschluss an der Frankfurter Wertpapierbörse mittels des elektronischen Handelssystems Xetra unter Einbeziehung einer Central Counterparty. Duncker & Humblot, Berlin 2005, Reihe: Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Abt. B: Rechtswissenschaft, Band 167, ISBN 3-428-11993-2
  • Hall, Peter von: Insolvenzverrechnung in bilateralen Clearingsystemen - Die Beendigung und Verrechnung von Geschäften mit hinausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt nach deutschem und internationalem Insolvenzrecht unter Berücksichtigung der Einführung zentraler Vertragsparteien an Börsen, Nomos, Baden-Baden 2011, Reihe: Schriften zum Insolvenzrecht, Band 43, ISBN 978-3-8329-6428-3

Einzelnachweise

  1. Deutsche Börse: Zentraler Kontrahent für Aktien – Central Counterparty for Equities (CCP)
  2. Derivatives clearing, central counterparties and novation
  3. EACH - European Association of CCP Clearing Houses: Functional Definition of a Central Counterparty Clearing House
  4. RBM der Eurex Clearing
  5. SPAN Homepage der Chicago Mercantile Exchange
  6. http://www.wjammer.com/jac/handbook/chapter11.pdf
  7. http://www.euronext.com/editorial/wide/editorial-4328-EN.html SPAN bei LCH.Clearnet
  8. International Monetary Fund (2009): Counterparty Risk, Impact on Collateral Flows, and Role for Central Counterparties
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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