Jovinianus

Jovinianus
Jovinianus, Darstellung aus der Barockzeit; Umschrift: Der Römer Jovinian, Nachahmer des Verräters Judas

Jovinianus, dt. meist Jovinian (* 4. Jahrhundert; † um 405), war ein altchristlicher Mönch und theologischer Schriftsteller, der die kirchliche Aszetik angriff und deswegen im Jahr 390 als Irrlehrer verurteilt wurde. Seine Person und Lehre sind hauptsächlich aus der gegen ihn gerichteten polemischen Abhandlung Adversus Iovinianum des Hieronymus bekannt. Seine Heimat war vermutlich Italien, vielleicht Rom.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen

Um die Wende zum vierten Jahrhundert, parallel mit dem Ende der Christenverfolgungen im Römischen Reich und dem Beginn der Privilegierung, hatten die alten asketischen Tendenzen des Christentums im eremitischen Mönchtum eine radikale Gestalt gefunden. Jovinian wählte diese Lebensform und behielt sie, soweit bekannt, zeitlebens bei.

Gleichzeitig war in der Kirche die Lehre allgemein geworden, dass eine Lebensform umso verdienstlicher und dem Himmelreich näher sei, je mehr Einschränkung des natürlichen Begehrens sie dem Menschen abverlange. Die Befolgung der Evangelischen Räte Keuschheit, Armut und Gehorsam wurde zwar von der Kirche nicht allen auferlegt – wie es der Montanismus und andere enthusiastische Strömungen forderten –, galt jedoch als der sicherere und höherwertige Weg zu Gott gegenüber einem Leben in der Ehe und in materieller Sorge. Diese unterschiedliche Bewertung lehnte Jovinian ab.

Lehre Jovinians

Jovinians Anliegen war die fundamentale Gleichrangigkeit von Keuschheit und Ehe, Fasten und dankbarem Genuss, freiwilliger Armut und verantwortlich genutztem Wohlstand. Durch die Taufe sei die menschliche Sündhaftigkeit ein für allemal und bei allen geheilt, so dass alle Gott gleich nah seien und kein weiteres Fortschreiten zu ihm, sondern nur ein Bewahren der erlangten Gnade nötig hätten. Dieses Bewahren sei in den verschiedenen Lebensformen gleicherweise möglich.

In innerem Zusammenhang damit stand seine Ablehnung des Glaubens an die immerwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter auch bei und nach der Geburt, die er mit dem Hinweis auf die im Neuen Testament erwähnten Geschwister Jesu begründete.

Jovinian fand mit seinen Anschauungen Anhänger, von denen einige aus den Verurteilungsakten namentlich bekannt sind.

Kontroverse

Der römische Senator Pammachius, ein Christ und Jugendfreund des Hieronymus, sandte diesem die Schriften Jovinians mit der Bitte, sie zu beurteilen. Hieronymus verfasste daraufhin eine zweibändige Widerlegungsschrift, die in scharfem und persönlich verletzendem Ton gehalten ist. Er nennt Jovinian einen Epikur der Christenheit und unterstellt ihm die Befürwortung jeder Ausschweifung. Die leibliche Enthaltsamkeit beschreibt er als Gemeinschaft mit dem Kreuz Christi und Teilhabe an seinem Erlösungswerk, geht aber in seinem Eifer so weit, der Ehe ihren positiven Wert im Heilsplan Gottes und im Leben der Kirche faktisch abzusprechen.

Pammachius war von Ton und Inhalt der Schrift des Hieronymus abgestoßen und versuchte – vergeblich –, ihre Verbreitung zu verhindern.

Verurteilung

Papst Siricius und eine von Ambrosius in Mailand versammelte Synode verurteilten im Jahr 390 Jovinianus als Irrlehrer und schlossen ihn aus der kirchlichen Gemeinschaft aus. Für sie bedeutete seine Lehre, dass die christliche Disziplin auf Innerlichkeit und Unsichtbarkeit reduziert wurde. Die Taufgnade verstanden sie gerade als Ermöglichung eines „verdienstlichen“ Voranschreitens auf dem Weg zu Gott. Eben darin sahen sie das Wesen des kirchlichen Lebens.

Hieronymus’ Schrift Contra Vigilantium enthält eine Bemerkung über Jovinian, die darauf schließen lässt, dass er zur Abfassungszeit (409) nicht mehr am Leben war.

Literatur

  • August Neander: Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche. Band 2, Hamburg 1829, S. 574–589 (Digitalisat)
  • Ludwig Schade: Verteidigungsschrift an Pammachius. In: Einleitung zu den Briefen des Hieronymus. In: Des heiligen Kirchenvaters Eusebius Hieronymus ausgewählte Briefe. Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1936-1937; S. 147–151 (Digitalisat)
  • Philip Schaff: History of the Christian Church. Band III: Nicene and Post-Nicene Christianity. A.D. 311–600. § 46. Opposition to Monasticism. Jovinian. (englisch, Digitalisat)
  • Jovinianus. In: Catholic Encyclopedia. (englisch)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jovinianus — • An opponent of Christian asceticism in the fourth century, condemned as a heretic (390) Catholic Encyclopedia. Kevin Knight. 2006. Jovinianus     Jovinianus      …   Catholic encyclopedia

  • Joviniānus — Joviniānus, Mönch zu Rom, um 382; lehrte u.a., eheloser Stand sei kein Verdienst, ebenso wenig Fasten, die Wiedergebornen könnten den Teufel nicht überwältigen, die Jungfrau Maria habe bei der Empfängniß Christi ihre Jungfrauschaft verloren.… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Joviniānus — Joviniānus, röm. Mönch, gest. vor 406, trat nach 385 gegen die Überschätzung des ehelosen und asketischen Lebens auf und ward deshalb vom römischen Bischof Siricius exkommuniziert und von Ambrosius, Hieronymus und Augustin heftig angegriffen. Vgl …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • JOVINIANUS — nuprias virginitati praeferebat, secutus opinionem Stoicorum de virturum aequalitate. Carnem Christi phantasticam esse, baptizatos Diabolicis tentationibus non posse corrumpi, B. Virginem, post natum SERVATOREM, virginem non minsisse, etc.… …   Hofmann J. Lexicon universale

  • Jovinianus, S. (2) — 2S. Jovinianus, (5. al. 16. Mai), ein Lector und Martyrer zu Auxerre, der unter Papst Sixtus II. mit dem hl. Bischof Peregrin, in dessen Leben er am 16. Mai (III. 563. nr. 1.) auch gefunden wird, eine Mission nach Frankreich erhielt und dort im 3 …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Jovinianus, S. (1) — 1S. Jovinianus, (11. April), ein Blutzeuge. S. S. Cancianus …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Jovinianus, S. (3) — 3S. Jovinianus, (2. Juni), ein Martyrer, der mit Andern zu Rom den Martertod gelitten hat. In einigen Handschriften steht Joviniana. S. S. Marius. (I. 210.) …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Jovinianus, S. (4) — 4S. Jovinianus, (15. Juni), eine Variante für den hl. Jovianus (II. 1048.) …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Jovinianus, S. (5) — 5S. Jovinianus, (5. Oct.), ein Martyrer zu Trier. S. S. Jovianus7 …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Jovinianus, SS. (5) — 5SS. Jovinianus et 8 Soc. MM. (26. Juli). Die hhl. Jovianus, Julianus, Emilius5 (Emelius), Felix156, Marcianus, Maxima, Saturnina, Gloriosa2 und ein zweiter Emilius6 haben zu Laodicea den Martertod gelitten. Sehr corrumpirt ist der hl. Marcianus …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”