junge Welt

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Beschreibung Tageszeitung
Sprache Deutsch
Verlag Verlag 8. Mai (Deutschland)
Erstausgabe 12. Februar 1947
Erscheinungsweise täglich / Wochenende
Chefredakteur Arnold Schölzel
Herausgeber LPG junge Welt e. G.
Weblink jungewelt.de
ISSN 0941-9373

Die junge Welt (jW) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung mit linkem, marxistisch orientierten Selbstverständnis.[1] Redaktionssitz ist Berlin, Regionalbüros bestehen in München und Bremen. Sie war von 1947 bis 1990 das Zentralorgan der FDJ.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung und Entwicklung in der DDR

Sonderausgabe der Jungen Welt aus dem Jahr 1953 gegen die Junge Gemeinde

Die Junge Welt (später junge Welt geschrieben) wurde am 12. Februar 1947 im Sowjetischen Sektor von Berlin gegründet. Erster Chefredakteur war der Kommunist und antifaschistische Widerstandskämpfer Adolf Buchholz. Sie erschien zunächst wöchentlich im Verlag Neues Leben, ab 1. Januar 1950 zweimal wöchentlich und ab März 1952 als Tageszeitung sechsmal in der Woche im neu gegründeten Verlag Junge Welt. Ab dem 12. November 1947 führte sie den Untertitel Zentralorgan der Freien Deutschen Jugend, ab dem 1. März 1952 den Untertitel Organ des Zentralrats der FDJ.

Die Auflage überschritt 1977 die Millionengrenze und lag Anfang 1990 bei 1,6 Mio. Exemplaren. Damit war sie zuletzt die auflagenstärkste Tageszeitung der DDR noch vor dem SED-Zentralorgan Neues Deutschland. In der DDR war die junge Welt im Abonnement und am Kiosk ohne Engpässe zu erhalten, im Gegensatz zu vielen anderen Zeitungen und Zeitschriften. Letzter Chefredakteur vor der Wende war Hans-Dieter Schütt, den Uwe Stolzmann vom Deutschlandradio Kultur als brillanten Autor, Feingeist und Scharfmacher bezeichnete, „kurz: ein Demagoge“.[2]

Insgesamt 19 Zeitungen und Zeitschriften wurden in Regie des FDJ-eigenen Verlages Junge Welt publiziert. Damit sollte die Jugend im staatskonformen Sinne beeinflusst und die kommunistische Erziehung der jungen Generation gefördert werden.

Nach der Wiedervereinigung

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die junge Welt privatisiert und wechselte mehrmals den Besitzer. Jens König, später taz-Redakteur, wurde erster Chefredakteur nach der Wende. Die Auflage brach dann rasch ein, 1994 erfolgte mit der konzeptionellen Hilfe von konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza ein Neustart. Nach nur acht Monaten als Chefredakteur wurde Günter Kolodziej, später stellvertretender Sprecher des Senats in Berlin unter Klaus Wowereit, im November 1994 von Oliver Tolmein abgelöst. Anfang April 1995 wurde dennoch die Produktion der Tageszeitung junge Welt durch den Eigentümer eingestellt. Ein Teil der Redaktion führte die Zeitung daraufhin in Eigenregie weiter, Chefredakteur Tolmein schloss sich dem nicht an und wurde durch den früheren Kulturchef Klaus Behnken ersetzt. Der Umfang der Zeitung wurde von 24 auf 16 Seiten reduziert, die Ressorts Frauen, Medien und Ökologie wurden gestrichen. 1996 initiierte die junge Welt eine Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz, die seitdem mit jeweils etwa tausend Besuchern jährlich am zweiten Sonnabend im Januar organisiert wird. Schwerpunkt sind Vorträge und Diskussionen zu Erfahrungen linker Bewegungen und Parteien weltweit und die politischen Entwicklungen in Deutschland.

Sie ist regelmäßig auf den Buchmessen in Frankfurt am Main, Leipzig und Havanna vertreten. Im September 2004 wurde vom Tabloid- auf das Berliner Format umgestellt. Dieser ungewöhnliche Schritt – der Trend ging zu dieser Zeit in einigen Ländern vom Broadsheet- zum Tabloid-Format und wurde so 2007 auch von der Frankfurter Rundschau vollzogen – war der Zeitung durch Veränderungen in der Druckerei aufgezwungen worden. Die junge Welt verwendet die alte Rechtschreibung.

Spaltung der Redaktion

1997 kam es zu einer Besetzung der Redaktionsräume durch einen Großteil der Mitarbeiter, nachdem Chefredakteur Klaus Behnken durch den Geschäftsführer Dietmar Koschmieder abgesetzt worden war. Letzterer produzierte mit drei ihm gegenüber loyal gebliebenen Redakteuren während der Besetzung Notausgaben, bis die Auseinandersetzung mit dem Ausscheiden der Besetzer aus der Redaktion endete. Die Redaktionsmehrheit hatte während der Besetzung die Wochenzeitung Jungle World als Gegenprojekt gegründet und führte diese anschließend weiter. Behnkens Nachfolger wurde Holger Becker, einer der drei loyal gebliebenen Redakteure. Nachdem es zu Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung und der die Zeitung herausgebenden Genossenschaft gekommen war, wurde er jedoch im Februar 2000 durch Arnold Schölzel ersetzt; mit ihm verließen Werner Pirker und Ulrike Schulz, die beiden anderen im Konflikt von 1997 der jungen Welt treugebliebenen Mitarbeiter, die Zeitung, Pirker kehrte allerdings später als Autor zurück. Das Ressort Innenpolitik wurde von 2002 bis 2005 von Ulla Jelpke geleitet, die zuvor Mitglied des Deutschen Bundestages war und die Zeitung anschließend wieder in Richtung Parlament verließ.

Besitzverhältnisse

Seit 1995 befindet sich die junge Welt im Besitz der von ihren Lesern getragenen Linke Presse Verlags- Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e. G. (Vorbild war das Genossenschaftsmodell der taz) und kann so auf größere Einnahmen durch Anzeigen und auf finanzielle Unterstützung durch Parteien verzichten, was sie gegenüber anderen Zeitungen unabhängiger macht. Sie erscheint im Verlag 8. Mai, der ebenfalls von Akteuren der Tageszeitung gegründet wurde.

Seit dem Frühjahr 1998 ist die Beteiligungsgenossenschaft Mehrheitseignerin am Verlag 8. Mai GmbH. Am 7. Juli 2011 gehörten der LPG junge Welt eG 1120 Genossen an.[3] Ab dem 22. Dezember 2008 übernahm der Verlag 8. Mai GmbH die Herausgabe der traditionsreichen Musikzeitschrift melodie & rhythmus. Die Zeitschrift galt als beliebteste Musikzeitschrift der DDR.[4] Mit der Übernahme ging eine Anpassung des Profils und inhaltlichen Konzepts der Zeitschrift einher.[5]

Umfang

Der Umfang der Zeitung beträgt an Werktagen 16 Seiten:

  • Seite 1: Leitartikel, ein weiterer längerer Artikel sowie Kurzmeldungen;
  • Seite 2: Interview, ein Artikel sowie weitere Kurzmeldungen;
  • Seite 3: Schwerpunkt, meist drei Artikel unterschiedlicher Länge zu einem bestimmten Thema;
  • Seiten 4 und 5: Innenpolitik;
  • Seiten 6 und 7: Auslandsnachrichten;
  • Seite 8: zwei Kommentare (der zweite mit dem Titel „[…] des Tages“), ein Interview sowie die Rubrik „Abgeschrieben“;
  • Seite 9: Wirtschaftsteil (unter dem Titel „Kapital & Arbeit“);
  • Seiten 10 und 11: Thema (ein ausführlicher Artikel über Innen-, Außen-, Wirtschaftspolitik, Kultur, Geschichte oder marxistische Theorie);
  • Seiten 12 und 13: Feuilleton;
  • Seite 14: Leserbriefe (manchmal auch Ratgeber) und Hinweise zum Fernsehprogramm sowie zu Veranstaltungen);
  • Seite 15:
    • montags: Rezensionen politischer Literatur,
    • dienstags: Informationen über „Betrieb und Gewerkschaft“,
    • mittwochs: Antifa,
    • donnerstags: Wissenschaft und Umwelt,
    • freitags: Feminismus,
    • samstags (Wochenendausgabe): Geschichte;
  • Seite 16:
    • an Werktagen: Sport,
    • samstags (Wochenendausgabe): Aktion.

Am Wochenende erscheint zusätzlich die achtseitige Beilage Faulheit und Arbeit. Auf Seite acht der Wochenendbeilage erscheint unter der Rubrik Pol & Pott – ein Wortspiel mit Pol Pot – ein mit einem Kochrezept ergänzter feulletonistischer Beitrag.[6] Des Weiteren erscheinen in der jungen Welt regelmäßig Beilagen u. a. zu den Themen Literatur, Antifa, Krieg/Frieden, Feminismus, Fußball, Wirtschaft etc.

Positionen

Das Selbstbild der jungen Welt ist das einer unabhängigen marxistischen Tageszeitung, sie versteht sich als Teil einer linken Gegenöffentlichkeit. Die junge Welt propagiert die Notwendigkeit einer antikapitalistisch orientierten Linken, die das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft verfolgt. Ihre Hauptlinie ist gegen die neoliberale Ideologie und Politik gerichtet. Das Credo von junge Welt kennzeichnet eine antifaschistische Traditionslinie, die Bekämpfung von Neofaschismus, Antisemitismus und Fremdenhass sowie die Verteidigung einer historischen Legitimität der DDR. Innenpolitisch ist die sozialpolitische Berichterstattung prägend. Die Reformpolitik der deutschen Bundesregierung wird abgelehnt. Viel Raum erhalten Initiativen gegen Sozialabbau, gewerkschaftliche Aktivitäten und Arbeitskämpfe. Umfassend werden auch Entwicklungen und Debatten in der Linkspartei.PDS und der WASG sowie später der Partei Die Linke, aber auch in kleineren linken Parteien und Gruppierungen, wie der DKP und der SAV, dargestellt.

Im Bereich internationaler Politik vertreten die Autoren der jungen Welt überwiegend einen antiimperialistischen Ansatz; zu nennen sind hier insbesondere Werner Pirker und Rüdiger Göbel. Dies fand seinen Ausdruck beispielsweise in der Unterstützung der umstrittenen Kampagne 10 Euro für den irakischen Widerstand der Antiimperialistischen Koordination durch einige jW-Autoren. Im Schulterschluss mit Cuba Sí und anderen Solidaritätsorganisationen werden links-autoritäre Regierungen wie die von Kuba unterstützt.[7] Die Zeitung vertritt antizionistische Positionen und wird durch den Verfassungsschutz des Bundes beobachtet.

Reichweiten und Internetpräsenz

Nach eigenen Angaben erreicht die Printausgabe 50.000 Leser. Ein unabhängig von der Zeitung erhobener Wert zur bezahlten Auflage existiert nicht, da die junge Welt diese nicht prüfen lässt. Nach Eigenangaben lag die Auflage seit dem Neustart von 1994 nicht mehr über 20.000. Ende 2010 betrug die verkaufte Auflage nach Eigenangaben 17.000 Exemplare.[8]

Seit einem Relaunch im Februar 2006 ist die junge Welt auch im Internet vollständig zu lesen, das Archiv ist für die zurückliegenden drei Monate frei zugänglich. Das Artikel-Archiv reicht bis 1997 zurück. Besucher können politische, soziale und kulturelle Veranstaltungen und Aktivitäten aus dem linken Spektrum in einem Terminkalender ankündigen. Beilagen und Serien sind ebenfalls online verfügbar. Ein RSS-Feed wird angeboten. Im Monatsdurchschnitt kam die Internetseite der jW 2006 nach Eigenangaben auf 3,4 Millionen Seitenaufrufe.

Chefredakteure

Bisherige Chefredakteure der Jungen Welt (unvollständig):

Zeitraum Name Anmerkungen
Februar bis August 1947 Adolf Buchholz Erster Chefredakteur, vorher Vorsitzender der FDJ in der Tschechoslowakei und in Großbritannien
August 1947 bis Februar 1948 Horst Brasch War 1965–1969 stellvertretender DDR-Kulturminister
Februar 1948 bis September 1949 Rudolf Mießner[9] später Mitarbeiter des Fernsehens der DDR
September 1949 bis Januar 1954 Heinz Stern[9] später Chefreporter des „Magazins
1954–1960 Joachim Herrmann War 1978–1989 SED-Politbüromitglied
1960–1966 Dieter Kerschek Später Chefredakteur der Berliner Zeitung
1966–1971 Horst Pehnert Später stellvertretender Minister für Kultur und Leiter der Hauptverwaltung Film
1971–1977 Klaus Raddatz Später stellvertretender Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Fernsehen der DDR
1977–1984 Dieter Langguth Später stellvertretender Leiter der Abteilung „Agitation“ des ZK der SED
1984 bis Herbst 1989 Hans-Dieter Schütt Letzter Chefredakteur vor der Wende, heute beim Neuen Deutschland
1989–1994 Jens König
1994 Günter Kolodziej
1994–1995 Oliver Tolmein
1995–1997 Klaus Behnken
1997–2000 Holger Becker
seit 2000 Arnold Schölzel promovierter Philosoph, ehemaliger inoffizieller Mitarbeiter des MfS

Kontroversen und Kritik

Kritik von Daniel Kilpert

Der Politikwissenschaftler Daniel Kilpert, ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelische Gesellschaft, warf der jW eine Verharmlosung antisemitischer Positionen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad vor. Er kritisiert zudem ihren Antizionismus; der Zionismus würde als eine „Form des Rassismus“ bezeichnet und die Souveränität Israels über ganz Jerusalem sei „alttestamentarischer Unduldsamkeit geschuldet“. Ferner wurde in einem Artikel behauptet, dass die „deutschen Antisemitismus-Debatten“ nach „den Vorgaben israelischer Propagandaoffiziere“ verlaufen. In einem Kommentar hieß es dazu, „der Zionismus hat das kollektive Gedächtnis an die jüdische Leidensgeschichte zum religiös-chauvinistischen Kult der Auserwähltheit pervertiert.“ Mit Ismail Hanija fand die Zeitung zudem 2006 einen „Hamas-Terroristen“ als Autor. Nach der Ablehnung eines kritischen Berichts über Ahmadinedschad richteten sechs Autoren einen offenen Brief an die junge Welt, in dem es heißt: „Die Blattlinie der jungen Welt folgt an vielen Punkten einer antiimperialistischen Hauptfeind USA- und -Israel-Linie. In letzter Zeit ergehen sich Kommentatoren der jW in einer unerträglichen Verniedlichung des offen antisemitischen Staatschefs des Iran, was nicht selten wie eine Legitimation dessen Politik wirkt. [...] Wir fragen uns, wie man in Zukunft ähnlichen 'Überlegungen' von Neonazis argumentativ entgegen treten will.“ Der offene Brief wurde von dem Blatt nicht abgedruckt und schließlich im Internet publiziert.[10]

Kritik von sogenannten Antideutschen

Sogenannte Antideutsche warfen der jungen Welt Antisemitismus und Antiamerikanismus vor.[11] 1997 spaltete sich die Redaktion der jungen Welt über das Verhältnis von Antiimperialismus und Antisemitismus. Die Wochenzeitung Jungle World ging unter anderem daraus hervor. Deren Redakteur Ivo Bozic warf junge-Welt-Redakteur Werner Pirker einen „rabiaten Antizionismus“ und „Sympathien für den islamistischen Terror“ im Irak vor. Er verwies u. a. auf das Lob Rechtsextremer für Pirkers Buch Ami go home. Zwölf gute Gründe für einen Antiamerikanismus.[12]

Bundesamt für Verfassungsschutz

Die junge Welt wird vom Verfassungsschutz des Bundes beobachtet. Im Verfassungsschutzbericht 2009 wurde die Zeitung als „ein bedeutendes Printmedium im linksextremistischen Bereich“ bezeichnet, im Verfassungsschutzbericht 2010 als das bedeutendste. Die politische und moralische Rechtfertigung der DDR und die Diffamierung der Bundesrepublik spielten eine bedeutende Rolle.[13] Sie pflege „eine traditionskommunistische Ausrichtung und propagiert die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“. Der Verfassungsschutz vertritt weiterhin die Ansicht, dass einzelne Mitglieder der Redaktion und ein großer Teil der Autoren dem „linksextremistischen Spektrum“ zuzuordnen seien. Wiederholt sei festzustellen, dass in Beiträgen der jW (etwa über Kurdistan oder Irak) Gewalt als Mittel im Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus anerkannt werde. Über ausländische Guerilla- und Terrororganisationen wie die kolumbianische FARC, die baskische ETA und insbesondere palästinensische Gruppen, werde wohlwollend und unkritisch berichtet. Sie würden zu „Befreiungsbewegungen“ umgedeutet.[14][15] Sozialistische Staaten, insbesondere Kuba, würden verherrlicht. In der Vorabfassung des Verfassungsschutzberichtes 2010 wird die junge Welt erneut als das bedeutendste Printmedium in der linksextremistischen Szene bezeichnet.[16]

Der Politikwissenschaftler Rudolf van Hüllen, vormals Referatsleiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz, ordnet in einem Artikel für die Bundeszentrale für politische Bildung die jW in die Kategorie als „organisationsunabhängiges, linksextremistisches“ Periodikum ein, das „traditionskommunistische Vorstellungen“ bediene.[17]

Beschäftigung ehemaliger MfS-Mitarbeiter

In die Kritik geriet die Zeitung 2006/2007 von Seiten anderer Medien wie Der Spiegel[18] und Die Welt[19] aufgrund der Beschäftigung von früheren Agenten und inoffiziellen Mitarbeitern (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR als Redakteure und Mitarbeiter. So war Chefredakteur Arnold Schölzel unter dem Decknamen André Holzer langjährig als IM tätig. Peter Wolter, ehemaliger Ressortleiter Innenpolitik, wurde als Westjournalist für die Weitergabe von Informationen in der BRD zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.[19] Der ehemalige Agent Rainer Rupp (Deckname Topas) arbeitet als Autor für die Zeitung und der ehemalige IM der Terrorabwehr Till Meyer (Deckname Waldorf) war auch eine Zeit lang Autor.

Titelseite zum 50. Jahrestag des Mauerbaus 2011

Heftige Kritik erntete die Zeitung für ihre Titelseite vom 13. August 2011 anlässlich des 50. Jahrestages des Mauerbaus. Zu einem Foto von Angehörigen der Kampfgruppen auf der westlichen Seite des Brandenburger Tors am 14. August 1961 schrieb die Zeitung: „Wir sagen an dieser Stelle einfach mal Danke!"[20] Darunter waren Gründe für den Dank angegeben, etwa „für 28 Jahre Friedenssicherung in Europa“ sowie für „28 Jahre Hohenschönhausen ohne Hubertus Knabe“.

Diese Titelseite wurde vielfach als geschmacklos verurteilt. In einem Aufruf der innerparteilichen Strömung Emanzipatorische Linke der Partei Die Linke heißt es: „Wir fordern den Parteivorstand sowie alle verantwortlichen Funktions- und Mandatsträger der Partei Die Linke auf, jegliche Zusammenarbeit mit der Tageszeitung junge Welt zu beenden. Der Verherrlichung von Diktatur, von polizeilicher, geheimdienstlicher und militärischer Gewalt im Namen des Sozialismus darf keinerlei finanzielle und werbende Unterstützung zukommen.“ [21] Ein weiterer ähnlich gerichteter innerparteilicher Aufruf erreichte in den ersten fünf Tagen ca. 400 Unterstützer.[22] 31 ehemalige DDR-Bürgerrechtler, Politiker und Intellektuelle forderten daraufhin von der Partei Die Linke ein Ende der Zusammenarbeit mit der jW. Gregor Gysi schloss sich dem Entschluss einiger anderer Linke-Bundestagsabgeordneter an und kündigte an, sich über den bereits bestehenden Stopp von Anzeigen der Fraktion in der Print-Ausgabe hinaus auch für ein Ende der Schaltung von Anzeigen in der Online-Ausgabe einzusetzen.[23] Die Kritik aus der Linkspartei wird vorwiegend von den Strömungen Emanzipatorische Linke und Forum Demokratischer Sozialismus sowie dem Bundearbeitskreis Shalom der Linksjugend Solid getragen. Mitglieder dieser Gruppen wurden in der Jungen Welt häufiger für ihre Politik kritisiert. Den Boykottaufrufen gegen die junge Welt widersprach dagegen die innerparteiliche Strömung Antikapitalistische Linke. Sie kritisiert insbesondere, dass von den Boykotteuren mit zweierlei Maß gemessen werde. Sie hätten bisher weder gefordert, noch dazu aufgerufen, „jede Kooperation mit Medien einzustellen, die imperialistische Kriege in Afghanistan und andernorts propagieren, die den barbarischen Kapitalismus schönreden und Hartz IV verteidigen, die dem Überwachungsstaat das Wort reden“ oder die die Partei Die Linke regelmäßig diffamieren[24]. Für die DKP ist die Kritik an der Titelseite eine von „staatsnahen Medien aufgepeitschte Stimmung im Umfeld des 13. August“, die „offenbar dazu genutzt werden [soll], linke Opposition zu kriminalisieren.“[25] Nach Ansicht des Telepolis- und ehemaligen junge-Welt-Autors Peter Nowak lese sich die Titelseite so, „als hätten sich DDR-Patrioten und Satiriker zusammengetan.“[26]

Die Linke Medienakademie (Lima) nahm diese Titelseite zum Anlass, ihre Beziehungen zur jungen Welt einzustellen.[27] [28]

Literatur

  • Anke Fiedler, Michael Meyen: Fiktionen für das Volk: DDR-Zeitungen als PR-Instrument: Fallstudien zu den Zentralorganen Neues Deutschland, Junge Welt, Neue Zeit und Der Morgen. Lit Verlag, Berlin/Münster 2011, ISBN 978-3-643-11077-0.

Weblinks

Belege

  1. http://www.jungewelt.de/ueber_uns/diese_zeitung.php
  2. Uwe Stolzmann: Selbstanklage eines Verbohrten. In: Deutschlandradio Kultur vom 7. Oktober 2009. Rezension des Buches von Hans-Dieter Schütt: Glücklich beschädigt. Republikflucht nach dem Ende der DDR. Berlin 2009.
  3. Ausgabe vom Donnerstag, 28. Juli 2011
  4. http://www.presseportal.de/pm/55364/1325070/verlag_8_mai_gmbh
  5. http://www.melodieundrhythmus.com/mr-201001/editorial/
  6. Rubrik 'Pol & Pott' in der jungen Welt
  7. http://www.jungewelt.de/2011/06-22/049.php
  8. Der Kampf geht weiter
  9. a b Martin Broszat, Hermann Weber, Gerhard Braas (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1993, ISBN 3486552627, S. 689.
  10. Daniel Kilpert: Antisemitismus von links, Bundeszentrale für politische Bildung, 28. November 2006
  11. haGalil.com: Eine Ausstellung in Schweden und die „junge Welt“, 23. Januar 2004; Jungle World: Gegendarstellung, 17. März 1999
  12. Jungle World: Rotbraunes Waffenarsenal, 1. Februar 2006
  13. Verfassungsschutzbericht 2009. 21. Juni 2010, S. 149 ff, abgerufen am 20. Mai 2011., Verfassungsschutzbericht 2010- Vorabfassung. Juli 2011. S. 113.
  14. Verfassungsschutzbericht 2006. Juni 2007, S. 152 ff, abgerufen am 20. Mai 2011.
  15. Verfassungsschutzbericht 2007. Juni 2008, S. 135 ff, abgerufen am 20. Mai 2011.
  16. Verfassungsschutzbericht 2010- Vorabfassung. Juli 2011. S. 113.
  17. Rudolf van Hüllen: Linksextremistische Medien, Bundeszentrale für politische Bildung, 16. April 2008
  18. Sichtbare Front. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2006 (online).
  19. a b welt.de: Die schöne junge Welt der Stasiveteranen, 21. März 2007
  20. Junge Welt: Wir sagen an dieser Stelle einfach mal: Danke, auf jungewelt.de vom 13. August 2011 (abgerufen am 13. August 2011)
  21. Junge Welt: Kampagne des Tages: NO TO junge Welt. Auf jungewelt.de vom 17. August 2011 (abgerufen am 18. August 2011)
  22. Aufruf "Freiheit und Sozialismus"
  23. Der Tagesspiegel: Gysi will nicht mehr in der "Jungen Welt" werben, 18. August 2011
  24. Junge welt: Angriff auf die Pressefreiheit, auf jungewelt.de vom 19. August 2011 (abgerufen am 23. August 2011)
  25. Meinungsfreiheit verteidigen!, Website der Berliner DKP vom 18. August 2011 (abgerufen am 23. August 2011)
  26. Die Mauer, eine Satire und ihre Opfer in: Telepolis vom 18. August 2011 (abgerufen am 19. August 2011)
  27. „junge Welt” nicht länger Medienpartner
  28. Auf Abwegen

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