Centurio

Centurio
Centurio auf Grabmedaillon, 2. Jhd. n. Chr., Joanneum, Graz
Der Grabstein des Marcus Caelius
Grabstein des Titus Calidius Severus, Beinschienen und der Helm mit quergestellten Helmbusch sind gut zu erkennen. Weiterhin wird der Aufstieg geschildert.

Centurio oder auch Zenturio („Hundertschaftsführer“, von lat. centum = hundert), in altgriechischen Quellen auch als Hekatontarch (ἑκατόνταρχος) bezeichnet, war die Bezeichnung für einen Offizier des Römischen Reiches, der normalerweise eine Centuria („Hundertschaft“) der römischen Legion oder eine vergleichbare Einheit der Auxiliartruppen (Hilfstruppen) befehligte. Es gab jedoch vielfältige Abstufungen innerhalb des Ranges. Der Name deutet zwar auf „hundert“ hin, jedoch bestand eine reguläre Centuria schon in der frühen Republik nur aus etwa 80 Legionären.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Im Gegensatz zu den Stabsoffizieren, die aus dem Ritterstand oder Senatorenstand kommen mussten, stiegen Centurionen immer aus dem Mannschaftsdienstgrad auf; damit konnte theoretisch jeder römische Bürger Centurio werden. In der Anfangsphase der Legion wurde der Centurio von seinen Soldaten gewählt, später durch den Legaten, den Legionskommandeur ernannt. Dabei bedurfte in der Kaiserzeit die Ernennung der Bestätigung durch den Kaiser. Der Zenturionenstand bildete das Rückgrat der römischen Armee und war für die Disziplin und Ordnung der Truppen von entscheidender Bedeutung. Es gibt eine Vielzahl von Berichten über die Härte, aber auch Tapferkeit der Centurionen. Im Gegensatz zu den Mannschaften und „Unteroffizieren“ wurden viele Centurionen nach Ablauf ihrer Dienstzeit nicht entlassen, sondern blieben bis zu ihrem Tod bei der Armee.

Aufgabe

Der Centurio war als Vorgesetzter für die Ausbildung und die Ausrüstung seiner Legionäre verantwortlich. Er hatte das Recht, seine Leute auszuzeichnen und zu bestrafen; für Letzteres wurde auch vielfach der Weinstock (vitis) eingesetzt, den er als Zeichen seines Ranges bei sich trug (wahrscheinlich geht der traditionelle Offiziersstock, der heute noch in der britischen Armee getragen wird, auf dieses Rangabzeichen zurück). Außerdem unterschieden sich Ausrüstung und Uniformierung der Centurionen von denen der Mannschaften, am auffälligsten durch den quer getragenen Helmbusch (crista transversa), die Beinschienen und das auf der linken Seite getragene Schwert. Sein Sold betrug mindestens das Vierfache desjenigen eines einfachen Soldaten.

Neben einer eigenen Stube im Unterkunftsgebäude, stand ihm ein eigenes Zelt und Reitpferd sowie Tragtier zu. Die Rüstung und die Auszeichnungen eines Centurio finden sich vielfach auf Grabsteinen verstorbener Offiziere dargestellt.

Unterstützt wurde der Centurio durch einen Optio als Stellvertreter und weitere Principales wie den Signifer und den Tesserarius.

Untergliederung

Centurio war kein einheitlicher Rang. Zwar standen Centurionen mit wenigen Ausnahmen alle einer Centurie vor, der eigentliche Rang ergab sich dabei jedoch aus der Stellung dieser Centuria innerhalb der Legion, die sich in zusätzlichen Bezeichnungen ausdrückte. Dabei wurde zunächst unterschieden zwischen den Centurionen der verschiedenen Manipel (in aufsteigender Bedeutung) Hastaten, Principes und Triarier (Letztere oft als „Pili“ bezeichnet). Innerhalb eines Manipels stand der Kommandeur der ersten Centuria („prior“) über dem der zweiten („posterior“). Also sah die Rangfolge so aus (absteigend):

  • Primus Pilus: Centurio der 1. Centurie der 1. Kohorte
  • Pilus Prior: Centurio der 1. Centurie der 2. bis 10. Kohorte
  • Princeps Prior: Centurio der 2. Centurie der 1. bis 10. Kohorte
  • Hastatus Prior: Centurio der 3. Centurie der 1. bis 10. Kohorte
  • Pilus Posterior: Centurio der 4. Centurie der 2. bis 10. Kohorte
  • Princeps Posterior: Centurio der 4. Centurie der 1. Kohorte sowie der 5. Centurie der 2. bis 10. Kohorte
  • Hastatus Posterior: Centurio der 5. Centurie der 1. Kohorte sowie der 6. Centurie der 2. bis 10. Kohorte.[1]

Dabei bestand jedoch nur zwischen dem Prior und Posterior des gleichen Manipels ein echtes Vorgesetztenverhältnis. War kein Tribun für das Kommando bestimmt, führte jeweils der Pilus Prior die ganze Kohorte. Allen anderen übergeordnet waren die Centurionen der ersten Kohorte, in der das Feldzeichen geführt wurde. Dies waren die Centurionen

  • Primus ordo, der ersten Ordnung (also Primus Prior Hastatus usw.)

Ganz besonders hervorgehoben war der Primus Pilus. Er führte die erste Centuria, welche während einiger Zeit des römischen Reiches die doppelte Mannstärke der übrigen Centurien hatte und den Legionsadler führte. In der Legion war der Primus Pilus nur dem Legaten, den sechs Tribunen und dem Praefectus Castrorum unterstellt. Aus dieser Stellung leiten sich drei Bezeichnungen ab:

  • Primus pilus; oberster Centurio einer Legion, verantwortlich für den Schutz des Legionsadlers und Berater des Legaten
  • Primus pilus bis; Centurio, der ausnahmsweise eine zweite Amtszeit als Primus Pilus absolviert
  • Primipilaris; ehemaliger Primus Pilus

Für die Kaiser stellten die Primipilares ein Reservoir fähiger Führer dar, die nicht in die Strukturen der etablierten Machteliten Roms verstrickt waren.

Außerhalb der Kohortenstruktur konnten Centurionen noch eingesetzt werden als:

  • Princeps praetorii; Centurio, der zu einem Stab abgestellt ist
  • Centurio supernumerarius; wörtlich "der überzählige Centurio", Centurio mit speziellen Aufgaben, ohne eigene Einheit.

Durch diese starke Untergliederung fällt es schwer, den Centurio mit modernen Dienstgraden zu vergleichen. In seiner Funktion als Führer einer nur 80 Mann starken Infanterieeinheit entspricht er am ehesten einem Leutnant. Ein Primus Pilus wäre dagegen vielleicht mit einem Oberst vergleichbar, ging aber in seinem gesellschaftlichen Prestige weit darüber hinaus.

Literatur

  • Alfred von Domaszewski: Die Rangordnung des römischen Heeres. 3. unveränderte Auflage. Böhlau, Köln u. a. 1981, ISBN 3-412-05280-9 (Beihefte der Bonner Jahrbücher 14).
  • Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Der römische Soldat im archäologischen Experiment. von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0886-8, (Kulturgeschichte der antiken Welt 33).
  • Michael A. Speidel: Sold und Wirtschaftslage der römischen Soldaten. In: Géza Alföldy, Brian Dobson, Werner Eck (Hrsg.): Kaiser, Heer und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit. Gedenkschrift für Eric Birley. Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07654-9, S. 65–96 (Heidelberger althistorische Beiträge und epigraphische Studien 31).
  • Gabriele Wesch-Klein: Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit. Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07300-0 (Heidelberger althistorische Beiträge und epigraphische Studien 28), (Zugleich: Heidelberg, Univ., Habil.-Schr., 1995).

Einzelnachweise

  1. Yann le Bohec: Die römische Armee. Von Augustus zu Konstantin d. Gr. Steiner, Stuttgart 1993, ISBN 3-515-06300-5, S. 46.

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