Kamele in Australien

Kamele in Australien
Dromedar in New South Wales in Australien

Die Kamele in Australien wurden im 19. Jahrhundert von Europäern auf dem Kontinent eingeführt und später in die Freiheit entlassen. Die Kamelpopulation beläuft sich nach offiziellen Schätzungen auf circa 1 Million wilde Dromedare, die vor allem in Gebieten mit aridem Klima leben. 50 Prozent der Kamele leben in Western Australia, 25 Prozent im Northern Territory und 25 Prozent im westlichen Queensland sowie im nördlichen Teil von South Australia, und bevölkern damit ein Gebiet von 3,33 Millionen km².[1]

Die ersten Tiere wurden von Engländern in den 1840er Jahren als Lastentiere zur Erkundung des Landes nach Australien gebracht; später kamen auch Kamelführer vor allem aus Indien und Afghanistan hinzu. Für die Erschließung des trockenen Inneren Australiens boten sich die Kamele Dank ihrer Fähigkeit zur Anpassung an extreme Lebensräume an.[2]

Kamele waren vor dieser Zeit in Australien nicht heimisch. Nachdem in den 1920er Jahren Eisenbahn und Lastkraftwagen die Transporte übernahmen, wurden die Tiere in die Freiheit entlassen. Mangels natürlicher Feinde konnten sie sich ungestört vermehren. Die angewachsene Population verkörpert mittlerweile eine Bedrohung der Tierwelt und der Landschaften Australiens und wird als Plage angesehen, so belagerten etwa 6000 Kamele in der Trockenzeit des Jahres 2009 den kleinen Ort Kaltukatjara (englisch Docker River) auf der Suche nach Wasser.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erste Tiere

Das erste Kamel betrat am 12. Oktober 1840 in Adelaide australischen Boden. Es wurde von den Kanarischen Inseln auf einem Schiff nach South Australia gebracht. Bereits im Dezember 1840 wurden zwei weitere Kamele von den Kanarischen Inseln nach Hobart auf Tasmanien transportiert. Sie sollten vom Entdecker Edward John Eyre bei seiner Expedition nach Western Australia eingesetzt werden. Allerdings war Eyre bereits vor der Ankunft der Tiere aufgebrochen, weswegen sie nach Melbourne verschifft wurden. Dort gebar eines der Tiere ein Junges – das erste Kamel, das in Australien zur Welt kam. 1842 wurde dieses von George Gipps, Gouverneur von New South Wales, ersteigert und nach Sydney gebracht.

Die nächsten 24 Kamele kamen erst im Juni 1860 mit afghanischen Kamelführern in Melbourne an. Diese sollten bei der Expedition von Robert O’Hara Burke und William John Wills eingesetzt werden, die den Kontinent von Süden nach Norden durchqueren wollten. Am 20. August 1860 startete die Expedition mit 27 Kamelen. Die Expedition misslang, Burke und Wills starben in der Nähe des Cooper Creek. Kein Kamel überlebte die Expedition. Einige wurden von den hungerleidenden Expeditionsteilnehmern geschlachtet. Die von John McKinlay geleitete Rettungsexpedition brach mit vier Kamelen und 24 Pferden auf, aber sie fanden Burke und Wills nicht. Allerdings bewährten sich die Kamele auf dieser Expedition als Lastenträger.

Im Januar 1866 kamen 121 Kamele von Karatschi nach Port Augusta. Sie wurden von Thomas Elder, dem größten Kamelimporteur Australiens, zur Beltana Station gebracht, wo ein Kamelgestüt aufgebaut wurde.[3] Elder brachte die so genannten Kandahar-Kamele nach Australien, die bis zu 650 Kilogramm schwere Lasten transportieren konnten.[4]

William Gosse setzte auf seiner Expedition nach Zentralaustralien Kamele ein und erreichte am 19. Juli 1873 als erster Europäer den Uluṟu.

Die Horn-Expedition im Jahr 1894 war die erste wissenschaftliche Expedition Australiens, die mit Kamelen zu den MacDonnell Ranges unterwegs war.

Erschließung Australiens

Kamele transportieren in Kalgoorlie ein Haus; Aufnahme von 1928
Kanincheninspektoren mit Kamelwagen am Rabbit-Proof Fence

Bei den meisten großen Projekten zur Erschließung und beim Aufbau der Infrastruktur im Landesinneren kamen Kamele zum Einsatz.

Zwischen 1870 und 1872 kamen die meisten Kamele der Beltana Station beim Bau der Overland Telegraph Line zum Einsatz. Der Bau der Telegrafenleitung begann zur gleichen Zeit von Norden und von Süden aus. Kamele wurden zum Transport von Baumaterial und Nahrungsmitteln benötigt. Die eingesetzten Tiere wurden von Kamelführern, den so genannten Afghans, geführt.[5]

Bei dem 1879 begonnenen Bau der 2900 Kilometer langen transkontinentalen Eisenbahnlinie The Ghan transportierten Kamele Material und Verpflegung an die Baustellen.[4]

Als sich in Coolgardie ab den Jahren 1884 der Goldrausch entwickelte, wurden Kamele eingesetzt, um die dortigen Goldsucher mit Verpflegung und Trinkwasser zu versorgen.

Im März 1884 wurde eine Karawane mit sechs Kamelführern, 45 Kamelen und elf Kälbern durch die Wüste von Marree zu den Goldfeldern getrieben. Alle Kamele erreichten die Goldfelder in guter Verfassung, wobei jedes Kamel Lasten von 135 bis 270 Kilogramm Gewicht trug.

Im September 1884 erreichten weitere 85 Kamele für Transporte nach Coolgardie per Schiff Albany. Als die Golden Pipeline zur Wasserversorgung der Goldfelder im Jahre 1903 fertiggestellt war, wurden die Kamele und die Kamelführer nicht mehr benötigt.

Der Ort Marree war eine Station für die Kamelkarawanen auf dem Weg von South Australia nach Alice Springs und Queensland. In Marree bauten Führer der Kamelkarawanen Australiens den ersten Betsaal für Muslime.[6]

Beim Bau des Rabbit-Proof Fence wurden häufig Kamele eingesetzt. Der über 3000 Kilometer lange Zaun sollte die Wanderungsbewegungen von Kaninchen, Dingos, Kängurus und Emus einschränken.

Zeitweise transportierten bis zu 350 Kamele als Lastentiere Material und Verpflegung für die Arbeiter am Zaun. Zur Kontrolle des Zauns wurden „Kanincheninspektoren“ eingesetzt, die im Süden Australiens mit einem „Kamelwagen“ den Zaun entlang fuhren und diesen inspizierten.

Die Kamele bewährten sich als optimale Transporttiere, da sie ausdauernd waren und tagelang ohne Wasser auskamen.

„Afghanische“ Kamelführer

Historisches Bethaus und Friedhof der afghanischen Kamelführer in Bourke

Nach Australien emigrierten maximal 3000 Kamelführer. Die ersten gelangten nach South Australia in den 1840er Jahren, als Joseph Bruce 18 von ihnen dorthin brachte. Obwohl die meisten von ihnen aus Baluchistan, Kashmir, Rajasthan, Ägypten, Iran, Türkei und Punjab stammten, wurden sie alle Afghans genannt.

Ein Großteil der Afghans arbeitete bis 1870 im Kamelgestüt in Beltana, das sie nach einem Streik verließen. Bekannt ist der Kamelführer Mahomet Saleh, der die Beltana Station mit dem Entdecker Peter Warburton verließ. In den Orten Marree, Farina und Birdsville wohnten zahlreiche Kamelführer. Manche von ihnen beschäftigten weitere Afghans und besaßen bis zu 100 Kamele. Teilweise heirateten die Kamelführer Aborigines-Frauen und in einigen Fällen auch europäische Frauen. Die Afghans siedelten allerdings in abgesonderten Teilen der jeweiligen Ortschaften.[7]

Um 1898 bestand die muslimische Gemeinde in Coolgardie aus 300 Mitgliedern, die größte dieses Staates zu dieser Zeit.[5] Im Ort gab es einen aus Lehm gebauten und mit einer Blechverdachung gedeckten Betsaal. Rassismus gegen die Kamelführer war weit verbreitet, und es gab Berichte über unaufgeklärte Tötungen und Misshandlungen von Kamelen der Muslime.[8] Als die Golden Pipeline ab 1903 die Goldfelder mit Wasser versorgte, zog die gesamte muslimische Gemeinde mit dem Niedergang der Stadt Coolgardie vermutlich nach Perth, der aufstrebenden Hauptstadt des neuen Bundesstaates Western Australia.

Imperial Camel Corps

Kameltransporte auf der Halbinsel Sinai im Ersten Weltkrieg
Das Imperial Camel Corps in der Schlacht von Magdhaba

Im Ersten Weltkrieg wurden ausschließlich weibliche Kamele verwendet, da diese leichter zu führen waren als ihre männlichen Artgenossen. Die Kamele konnten in Verbindung mit Pferden das Kriegsfeld erheblich erweitern. Sie brauchten zwar mehr Futter als Pferde, waren jedoch im Wüstengelände beweglicher.[9] Ferner war der Aktionsradius der Kamele mit etwa 90 Kilometern mehr als doppelt so groß als der von Pferden.

So wurden australische Kamele in zwei Brigaden der Entente mit je vier Kompanien und in einer dritten Brigade mit zwei australischen sowie zwei neuseeländischen Kompanien eingesetzt.[10] Nach ihrem Aufbau ab Januar 1916 erreichten sie im Dezember ihre Kampfstärke. Die Truppen, die Imperial Camel Corps genannt wurden, führten ein besonders leichtes Maschinengewehr und leichte Artilleriewaffen mit sich und wurden vornehmlich zum Transport von Kriegsmaterial eingesetzt. Des Weiteren gab es eine Feldambulanz mit australischen Kamelen. Die Kamele wurden auf Grund ihrer besonderen Eignung für wüstenartiges Gelände auf der Sinai-Halbinsel und in Palästina eingesetzt. Die australischen Soldaten kamen vor allem aus Western Australia und waren vormals zumeist Kamelreiter oder Kamelhändler.

Erstmals kämpften die Imperial Camel Corps 1916 gegen die Senussi an der westlichen Front zu Ägypten.[9] Da sich das Imperial Camel Corps in diesen Wüsten bewährt hatte, wurde die Aufstellung weiterer Kampfeinheiten erwogen.

Im Jahre 1917 nahmen Teile des Imperial Camel Corps an Schlachten bei Magdhaba, Rafa und Gaza teil. In der Schlacht von Magdhaba kamen 350 Kamele zum Einsatz. In der Zweiten Schlacht von Gaza am 19. April erlitt das Imperial Camel Corps mit 345 Gefallenen erhebliche Verluste. Als die türkische Defensive zusammenbrach, war das Imperial Camel Corps am Angriff auf Jerusalem beteiligt. Dort war das Wetter schlecht, das Gelände war für die Tiere ungeeignet und sowohl Kamele als auch Kamelreiter erkrankten an Räude. Nach der Eroberung Jerusalems wurde das Imperial Camel Corps aus der Kampflinie zurückgezogen und die Mannschaftstärken im Mai 1918 reduziert. Im Mai 1919 wurde das Imperial Camel Corps aufgelöst.

Heutige Situation

Umweltproblematik und Kontrolle der Population

Kamelplage

Kamelherde am Uluṟu
Verbreitung von Kamelen in Australien

Die Kamelpopulation in Australien wurde 2009 auf rund 1 Million Tiere geschätzt.[11] (2011 bereits 1,2 Millionen)[12] Kamele können sich von 80% der ihnen verfügbaren Flora Australiens ernähren. Ab zwei Kamelen/km² wird die Umwelt zunehmend geschädigt. Dieser Zustand gilt in weiten Bereichen des Northern Territory als erreicht, so in der Simpsonwüste mit ihren Randgebieten, den Central Ranges, der Großen Sandwüste sowie der Tanamiwüste. Es wird erwartet, dass sich diese Zahl in acht Jahren verdoppelt.[11] Ansässige Viehhalter befürchteten jedoch, dass die Anzahl bereits in der Brutsaison 2010 auf Grund der bereits erfolgten ergiebigen Regenfälle in der Region auf 1,5 Millionen anwachsen würde. Statistisch betrachtet leben in ganz Australien viermal mehr Kamele als Menschen im Northern Territory.[1] Wissenschaftler sind der Ansicht, dass die steigende Kamelpopulation einen Notzustand darstellt, der Teile des Wüstenökosystems Australiens zu vernichten droht.[13]

Die Kamele haben sich für andere frei lebende Tiere und für die kommerzielle Viehzucht von Schafen und Rindern zu einer bedrohlichen Nahrungskonkurrenz entwickelt.[14] Ihr Fressverhalten führt darüber hinaus zu erheblichen Erosionsschäden.[1] Der Bestand an von Aborigines zur Nahrung genutzten Pflanzen ist in diesen Bereichen durch das Grasen von Kamelen ernstlich gefährdet, und das Gelände erodiert zunehmend.[14] Hinzu kommen Schäden an der Infrastruktur (ein Beispiel sei die Zerstörung einer 140 Kilometer langen Zaunlinie 350 km südwestlich von Alice Springs im Jahr 2007) sowie zahlreiche durch Kamele verursachte Unfälle auf inneraustralischen Straßen.[1]

Weiterhin bedrohen Kamele heilige Stätten der Aborigines wie zum Beispiel Kaltukatjara oder Mutitjulu im Uluṟu-Kata-Tjuṯa-Nationalpark. Sie verschmutzen die Wasserstellen in den ariden Gebieten Australiens, an denen zu Dürrezeiten lebende, sterbende und verwesende Kamele zu Tausenden angetroffen werden können.[15]

Den bisherigen Höhepunkt der Kamelplage bildete die Belagerung des kleinen Ortes Kaltukatjara (englisch Docker River, 350 Einwohner), 500 km südwestlich von Alice Springs an der Grenze zu Western Australia, durch rund 6000 Kamele in der Trockenzeit des Jahres 2009. Auf ihrer Suche nach Wasser fügten die Tiere der Gebäude- und Wasserinfrastruktur des Ortes schwere Schäden zu. Sie drangen auch massenweise auf das Rollfeld des Flugplatzes ein und beeinträchtigten so den Flugzeugverkehr, unter anderem für Evakuierungen von medizinischen Notfällen. Die Qualität des Trinkwassers der Ortschaft war durch von ihrer eigenen Herde zertrampelte und nun verwesende Kamelkadaver gefährdet. Die Regierung des Northern Territorys sah sich zur Notkeulung von 3604 Kamelen zu Kosten von knapp $50.000[16] gezwungen, wozu die Tiere mit Hubschraubern circa 15 km außerhalb der Ortschaft zusammengetrieben wurden.[17] Wegen der sich anschließenden Fliegenplage und des starken Verwesungsgeruchs verließen viele Anwohner daraufhin den Ort.[1][18]

Kosten der Schäden durch wilde Kamele

Die Kosten für durch wilde Kamele verursachte Schäden lagen 2009 bei über $14 Millionen. $5,51 Millionen entfallen auf Schäden an Infrastruktur und privatem Eigentum, aber auch an Menschen, besonders durch Autounfälle. Die Kontrolle und das Management der Kamele verursachen Kosten von $2,35 Million. Weitere Kosten in Höhe von $3,42 Millionen entstehen für den zusätzlichen Futterbedarf von Nutzviehherden, die mit den Kamelen um die verfügbaren natürlichen Vorkommen in den Territorien konkurrieren. Die jährlichen Kosten für die Emission von Treibhausgasen durch Kamele wurden mit $3,73 Millionen veranschlagt.[19][Anmerkung 1]

National Feral Camel Action Plan

Die „Gesetzvorlage für den nationalen Aktionsplan gegen wilde Kamele“ (englisch Draft National Feral Camel Action Plan) berücksichtigt die verschiedenen australischen Interessengruppen und befasst sich mit den kulturellen, sozialen, ökonomischen und die Umwelt betreffenden Auswirkungen durch Kamele. Umweltminister Peter Garrett[13] bewilligte im Juli 2009 19 Millionen AUD$ (etwa 11 Millionen €) für ein Programm, das den Einsatz von Scharfschützen aus Hubschraubern zur Keulung von 350.000 Kamelen über vier Jahre vorsieht.[1] Es handelt sich hierbei um die bedeutendste Maßnahme zur Kontrolle von Kamelen seit ihrer Einführung in Australien.[13]

Dieses Programm ist umstritten, nicht zuletzt weil die erlegten Tiere vor Ort verbleiben und dort verwesen, mit dem einhergehenden Gesundheitsrisiko durch den resultierenden Befall durch Schmeißfliegen und durch die Kontaminierung der Wasserwege nach dem Einsetzen der Regenzeit.[20] Viehzüchter führten an, dass diese Maßnahme kaum den natürlichen Zuwachs der Tiere einschränke, geschweige denn die Zahlen der Population im Vergleich zum Vorjahr verringere.[1]

Vorschlägen von Tierschutzorganisationen zur Geburtenkontrolle wird von Befürwortern der Keulung entgegnen gehalten, dass Kamele bis zu 30 Jahre alt werden. Selbst bei erfolgreicher Geburtenkontrolle könnten weitere Schäden nur vermieden werden, wenn die Anzahl der Kamele um zwei Drittel reduziert werde. Gemäß Dr. Glenn Edwards vom „Amt für Umwelt des Northern Territorys“ (NT Environment Department) muss die Kamelpopulation auf ein Kamel pro 10 km² gebracht werden, um Schäden in annehmbaren Grenzen zu halten.[13]

Auch ist das Einfangen der Tiere vorgeschlagen worden, um sie in der Tourismusindustrie einzusetzen oder als Fleisch zu verwerten. Das Einfangen der bis zu 900 Kilogramm schweren Tiere, so entgegnen die Tierschützer, sei jedoch keine leichte Aufgabe. Einigkeit besteht lediglich darin, dass schnell etwas geschehen müsse.[21][22]

Das durch die Verdauung der Kamele ausgestoßene Methan liegt nach einer Quelle bei 0,97 Tonnen pro Tier jährlich (zum Vergleich: eine Milchkuh verursacht 2,39 Tonnen p.a., ein Schwein 0,03 Tonnen p.a.)[23] Damit liegen Kamele hinter Rindern und Büffeln an dritter Stelle auf der Liste der Tiere mit den höchsten Treibhausgasemissionen. Hier heißt es aber wörtlich: "A camel emits 0.97 of a carbon-equivalent tonne per year." Diese 0,97 Tonnen CO2-Äquivalent pro Kamel pro Jahr entsprechen daher 46 kg Methan pro Jahr pro Kamel.[24] Andere Quellen berichten stattdessen von einem Methanausstoß von 47 kg/Jahr/Kamel, was einem Kohlendioxidäquivalent von ca. 1 Tonne/Jahr entspricht (da ca. 21 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid).[25]

Der Schattenminister für Landwirtschaft der oppositionellen Liberal Party of Australia John Cobb befürwortete Anfang 2010 die Keulung der wilden Kamele mit dem Hinweis, dass die von den Tieren produzierte jährliche Menge an klimaschädlichen Gasen bei 1,05 Millionen Tonnen liegt.[26] Dieses entspräche rund drei Prozent der jährlichen Emission von Automobilen in Australien, also von circa 300.000 Fahrzeugen.[24][11] Die Ministerin für Klimaveränderung der Labor-Regierung Penny Wong erklärte darauf, dass diese Vorgehensweise wenig Sinn habe, da nach den Richtlinien des Kyoto-Protokolls und den „International Carbon Accounting Standards“ (deutsch Rechnungslegungsstandard im Emissionsrechtehandel) nur die Emissionen domestizierter Kamele anerkannt würden.[24] Die strittigen Punkte lösten eine kontroverse Diskussion in den australischen Medien aus. So entgegnete der Vorsitzende der „Carbon Sense Coalition Australia“ Viv Forbes, dass ein durchschnittlicher Kamelkadaver im Verlauf des Verrottungsprozesses 700 kg Kohlendioxid in die Atmosphäre entlässt[27], allerdings als einmaliges Ereignis.

32 Eingaben wurden bis zum Ablauf der Frist für die öffentliche Erhebung (englisch public consultation) am 30. Januar 2010 zum „Draft National Feral Camel Action Plan“ registriert. Eine Sprecherin des zuständigen australischen „Bundesamtes für Umwelt“ (englisch Department of Sustainability, Environment, Water, Population and Communities) erklärte, dass das Planung in den kommenden Monaten durch Konsultationen mit den Umweltämtern der Bundesstaaten und des Northern Territorys zum Abschluss gebracht werde.

Die durch Kamelen verursachten erheblichen Schäden an zerbrechlichen Ökosystemen, Kulturstätten, isolierten Gemeinden, und Weideland werden von dem weit überwiegenden Teil der australischen Bevölkerung kaum wahrgenommen.[28]

Internationale Reaktionen

Nach dem Bericht der Zeitung The Times[1] über die Keulung bei Kaltukatjara 2009 zeigte sich die britische Öffentlichkeit empört. In den Reaktionen wurde Australien als ein „Dritte Welt - Land“ bezeichnet, einige Stimmen verlangten den Ausschluss Australiens aus der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, andere riefen dazu auf Australien als Reiseziel zu boykottieren. [29]

Anfang August 2009 brandmarkte die Nachrichtensprecherin Erin Burnett des auf Wirtschaftsnachrichten spezialisierten US-amerikanischen TV-Senders CNBC in ihrer Sendung den damaligen australischen Premierminister Kevin Rudd als „Serienmörder“ und die geplante Keulung als „Genozid“. „That’s genocide. Camelcide.“ hieß es im Original.[30] Burnett demonstrierte mit Hilfe eines Spielzeugkamels die Vorgehensweise mit der die Tiere getötet würden.

Ein Minister des Northern Territorys erhielt Schmähbriefe aus aller Welt. Australische Viehzüchter entgegneten, dass Fremde ohne Kenntnisse des rauen und weiten australischen Outbacks den Ernst der Lage nicht verstehen würden.[1]

Kamelfleisch als Handelsartikel

Speiseangebot von Kamelfleisch in Parachilna, South Australia.

Bis auf die Höcker ist Kamelfleisch fettarm und grobfaserig. Das Fleisch von Jungtieren wird bevorzugt, da es in Aussehen und Geschmack Rindfleisch ähnelt. Der Fleischanteil liegt bei einem Dromedar zwischen 50 und 76 Prozent.[31] Kamelfleisch hat im Vergleich zu Rindfleisch weniger Cholesterin und nur 1,9 Gramm Fett pro 100 Gramm Fleisch. Vorwiegend in Darwin und Alice Springs wird Kamelfleisch gegessen und auch als Burger angeboten, wofür vornehmlich das zarte Fleisch von Jungtieren verwendet wird.[32]

Der internationale Markt für Kamelprodukte wie Kamelfleisch, lebende Tiere oder verwandte Nebenprodukte hat eine signifikante Größe, besonders in der muslimischen Welt. Die Größe des muslimischen Marktes für Kamelfleisch in Australien ist schwer zu beurteilen. Das Interesse der Moscheen in Sydney und Perth zeigt, dass die Muslime in den großen Städten hieran interessiert sind, allerdings würde ihr Bedarf lediglich bei 30 Tieren pro Woche liegen, und deren Schlachtung muss nach den Halal-Speisevorschriften stattfinden.

Im Vergleich zum internationalen Markt hinkt die Kamelbranche in Australien hinterher, da die wilden Kamele sich in entlegenen Gebieten des Landes befinden und damit von den heimischen und internationalen Märkten sehr weit entfernt sind. Die Verwertung von wilden Kamelen begann in den späten 1980er Jahren. Schätzungen über die Anzahl der verwerteten Kamelen im Jahr 2007 liegen bei 5000 – 6000 Tieren, davon wurden 3600 – 4600 zu Hunde- oder Katzenfutter verarbeitet, weniger als 400 wurden lebend exportiert, und für den menschlichen Verzehr gelangten rund tausend Tiere auf den heimischen Markt. Eine gut entwickelte Kamelindustrie wäre ein wichtiges Werkzeug für die Kontrolle und das Management der wilden Kamele und ihre Auswirkungen, und könnte dringend benötigte Arbeitsplätze für die schwache Wirtschaftsstruktur in der Wüste Australiens bedeuten. Allerdings macht der Mangel an Schlachthöfen mit entsprechender Lage und Zertifizierung sowie eine entsprechende Infrastruktur für den Abtransport zurzeit eine kommerzielle Nutzung der Kamele im größerem Stil unmöglich. Die Branche wird einige Zeit zur Entwicklung ihres vollen Potentials benötigen, und damit wird dieser Wirtschaftszweig kurzfristig nicht zu einer Reduzierung der Kamelpopulation auf annehmbare Zahlen beitragen.[33]

Auch wurde der Einsatz von existierenden mobilen Schlachthäusern anregt, um das nach der Keulung zur Verfügung stehende Kamelfleisch zu verwerten. Das „NT Environment Department“ bezweifelt, dass derartige Einrichtungen mit den zur Jagd eingesetzten Hubschraubern Schritt halten können. Außerdem sei es nahezu unmöglich Fahrzeuge dieser Art in die unweglichen Gebiete zu führen, in denen die Kamele abgeschossen werden.[13]

Die wilden Kamele Australiens haben ein theoretisches Marktpotential von 1 Milliarde AUD$[13], derzeit liegen die Einnahmen der australischen Kamelindustrie für den Export von lebenden Tieren, Tourismus und Fleischhandel lediglich bei $580,000 jährlich.[34] Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des „Desert Knowledge Co-operative Resource Centre“ in Alice Springs enthielt eine lange Liste von gescheiterten Unternehmungen im Bereich der Nutzung von wilden Kamelen.[35]

Tourismus und Sport

Camel Racing Cup 2009 in Alice Springs
Kamel-Logo auf einer Lokomotive des Ghans

In Australien gibt es seit geraumer Zeit Kamelrennen. Der australische Millionär Arthur Earle veranstaltete 1988 zur Erinnerung an die Bedeutung der Kamele für die Erschließung Australiens und in Verbindung mit dem 200. Jahrestag von Australien ein Kamelrennen von 3.236 Kilometern über sechs Stationen. Das Rennen, an dem 28 Kamelreiter teilnahmen, führte vom Uluṟu nach Alice Springs (410 km), anschließend nach Boulia (761 km), von dort nach Longreach und von Longreach nach Charleville (530 km). Der weitere Weg führte nach Warwick (1.242 km) und von dieser Stadt bis zur Gold Coast (140 km). Dieses Kamelrennen gilt als das längste derartige Rennen, das je stattfand.[36]

Im Juli wird jedes Jahr in der Nähe von Marree ein Kamelrennen, der Marree Camel Cup, veranstaltet.[37] Seit 1970 findet bei Alice Springs ein Kamelrennen um den Camel Racing Cup statt, das von weiteren Veranstaltungen begleitet wird und auf einem Rundkurs ausgetragen wird.[38] Das höchste dotierte Rennen in Australien ist das Sheikh Zayed International Camel Endurance Race in Hughenden in Queensland, welches über eine Strecke von 150 Kilometern verläuft und dem Sieger ein Preisgeld von AUD$ 50,000 verspricht.[39] Ein weiteres Rennen in Queensland, The Boulia Desert Sands - Camel Racing, ist mit AUD$ 25,000 für den ersten Preis dotiert.[40]

In rund 50 Kamelfarmen werden für Touristen Ausflüge mit domestizierten Kamelen angeboten.[2]

Die den Kontinent von Süden nach Norden durchquerende Eisenbahnlinie The Ghan führt entlang der alten Karawanenroute von Adelaide nach Darwin. Ihr Name stammt von The Afghanistan Express, eine Reminiszenz an die afghanischen Führer der Kamelkarawanen.

Literatur

  • Nevill de Rouen Forth: A fighting colonel of Camel Corps: the life and experiences of Lt.-Col. N.B. de Lancey Forth. Braunton, Devon 1991. Merlin Books. ISBN 0-86303-496-9
  • George Langley, Edmee M. Langley: Sand, sweat and camels: the Australian companies of the Imperial Camel Corps. Kilmore, Victoria 1976. ISBN 0-909706-51-4
  • Tom L. McKnight: The Camel in Australia. Melbourne University Press, Melbourne 1969

Weblinks

Anmerkungen

  1. Die Kosten für Emission von Treibhausgasen lassen sich nach dem australischen Carbon Pollution Reduction Scheme errechnen. Für weiterführende Information siehe auch → Carbon Pollution Reduction Scheme auf en.wikipedia.org, in englischer Sprache

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i independentweekly.com.au, The Independent Weekly, Larine Statham: Row simmers over camel cull, 26. Februar 2010
  2. a b Plage und Attraktion. Wilde Kamele in Australien auf n-tv.de, abgerufen am 12. Februar 2010
  3. Geschichte der Kamele in Australien auf alpaka-universum.de, abgerufen am 12. Februar 2010
  4. a b Arthur Clark in Saudi Aramco World (Januar/Februar 1988): Camels Down Under. Abgerufen am 18. Februar 2010.
  5. a b Information auf islamfortoday.com, abgerufen am 12. Februar 2010
  6. Muslime in Australien, abgerufen am 12. Februar 2010
  7. Afghanische Kamelführer, abgerufen am 12. Februar 2010
  8. The Early Muslim Community in Australia, abgerufen am 12. Februar 2010
  9. a b Imperial Camel Corps auf Australian War Memoriam, abgerufen am 18. Februar 2010
  10. The Imperial Camel Corps Brigade auf chakoten.dk, abgerufen am 18. Februar 2010
  11. a b c abc.net.au, Australian Broadcasting Corporation, Anna Henderson: Eradicating camels will cut emissions, 14. Januar 2010
  12. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,767707,00.html
  13. a b c d e f theaustralian.com.au, The Australian: Ready to make a killing in $1bn camel market, 25. July 2009
  14. a b Feral Animals of the Northern Territory auf nt.gov.au, abgerufen am 7. Februar 2011
  15. abc.net.au, Australian Broadcasting Corporation, Amy Simmons: Rotting camels pollute sacred waterholes, 3. Dezember 2009
  16. abc.net.au, Australian Broadcasting Corporation, Kirsty Nancarrow: Camels still problem despite massive cull, 17. Dezember 2009
  17. abc.net.au, Australian Broadcasting Corporation, Anna Henderson: Wild camels terrorise NT community, 25. November 2009
  18. Australia Plans to Kill Thirsty Camels auf cbs.news vom 26. November 2009, abgerufen am 12. Februar 2010
  19. environment.gov.au, Australian Government, Department of the Environment, Water, Heritage and the Arts: Camel fact sheet, in englischer Sprache
  20. abc.net.au, Australian Broadcasting Corporation, Camel cull prompts health risk fears, 4. Dezember 2009
  21. Australien: Scharfschützen sollen Kamel-Plage eindämmen. welt.de vom 10. August 2009, abgerufen am 19. Februar 2010
  22. Viel zu viele Kamel im australischen Outback. derstandard.at vom 9. August 2010, abgerufen am 19. Februar 2010
  23. awt.com.au, Australian Wildlife Services: Camels and Greenhouse Gases
  24. a b c theaustralian.com.au, The Australian, Feral camels clear in Penny Wong's carbon count, 8. Februar 2010
  25. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,767707,00.html
  26. theaustralian.com.au, The Australian: Feral camels clear in Penny Wong's carbon count, 8. Februar 2010
  27. australianconservative.com, Australian Conservative" The carbon cost of Rudd’s camel cull, 7. August 2009
  28. feralcamels.com.au, Australian Government, Desert Knowledge Cooperative Research Centre, Report 54: Cross-jurisdictional management of feral camels to protect natural resource management and cultural values, 2008
  29. brisbanetimes.com.au, Brisbane Times, Larine Statham: Brits outraged by Australian camel cull, 2. Dezember 2009
  30. theage.com.au, The Age, Peter Mitchell: Rudd panned for one lousy camel cull, 6. August 2009
  31. Céline Patricia Finke: Substantielle Qualitätsparameter bei Kamelfleisch, Diss. (pdf), abgerufen am 21. Februar 2010
  32. Informationen auf pm-magazin.de, abgerufen am 12. Februar 2010
  33. desertknowledgecrc.com.au, GP Edwards et al: Managing the impacts of feral camels in Australia: a new way of doing business, 2008
  34. news.smh.com.au The Sydney Morning Herald, Larine Statham: Camel cull plan won't tackle increase, 22. Februar 2010
  35. http dailytelegraph.com.au, The Daily Telegraph, Natasha Robinson: $1bn commercial opportunity in camel cull, 25. July 2009
  36. The Great Australian Camel Race auf infosources.org, abgerufen am 18. Februar 2010
  37. Marree Camel Cup 2009 auf marree.com.au, abgerufen am 12. Februar 2010
  38. Informationen über das Kamelrennen in Alice Springs auf camelcup.com.au, abgerufen am 18. Februar 2010
  39. Informationen zum Sheikh Zayed International camel endurance race, abgerufen am 18. Februar 2010
  40. Informationen zum Boulia Desert Sands - Camel Racing, abgerufen am 18. Februar 2010

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