Kleinkastell Hienheim

Kleinkastell Hienheim
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hf

Kleinkastell Hienheim
Wp 15/45
Limes ORL -- (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 15
Datierung (Belegung)
bis spätestens um 260 n. Chr. verlassen
Typ Kleinkastell
Größe ca. 16 × 16 m = rund 250 m²
Bauweise steinernes Kleinkastell
Erhaltungszustand nicht sichtbar
Ort Hienheim
Geographische Lage 48° 53′ 2,9″ N, 11° 45′ 32,2″ O48.88412711.758933
Vorhergehend Kleinkastell am Hinteren Seeberg (nordwestlich)
Anschließend Limesende am Donauufer östlich Kastell Eining (südlich) Kastell Unterfeld (südlich) Kleinkastell Weltenburg-Galget (nordöstlich)
Rückwärtig Kastell Pförring (südwestlich)

Das Kleinkastell Hienheim, auch unter dem Namen Feldwache Hienheim bekannt, ist eine ehemalige römische Fortifikation des Rätischen Limes, der im Jahre 2005 den Status des UNESCO-Weltkulturerbes erlangte. Das Kleinkastell liegt rund 50 Meter südlich der römischen Reichsgrenze und wurde erst 1979 durch die Luftbildarchäologie entdeckt und dokumentiert. Es befindet sich heute auf der Gemarkungsfläche des Pfarrdorfs Hienheim im Landkreis Kelheim, Bayern.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Forschungsgeschichte

Hienheim ist der letzte direkt am Obergermanisch-Rätischen Limes gelegene Truppenstandort und bildet zusammen mit dem Kastell Eining dessen östlichste Flanke. Eining, das römische Abusina, könnte für das Kleinkastell eine wichtige Rolle gespielt haben. Möglicherweise wurden Hienheims Wachsoldaten von dem nur rund drei Kilometer südlich gelegenen Kastell, zu dem Sichtkontakt bestand, abgestellt.

Die kleine Befestigung ist in der Vergangenheit nur durch das Luftbild bekannt geworden. Vor Einführung der digitalen Technik und dem Entzerren der Luftbilder wurde Hienheim jedoch als Wachturm fehlinterpretiert. Mit der 2007 erfolgten Widerstandsmessung und Magnetometerprospektion liegen nun die wesentlichen Daten zum Aussehen dieser Befestigung vor.[1] Eine klassische Ausgrabung hat an diesem Ort bisher jedoch nicht stattgefunden. Da das Kleinkastell heute auf landwirtschaftlich intensiv genutztem Boden liegt, ist es in seiner Existenz bedroht.

Baugeschichte

Die 16 × 16 Meter große quadratische Anlage liegt nur rund 50 Meter hinter dem Limes. Ihre Prätorialfront, die dem Feind zugewandte Seite des Lagers, ist nach Norden, zur Grenze hin ausgerichtet. Dort befand sich auch der Hauptzugang. In der Südmauer könnte sich eine Schlupfpforte befunden haben. Mit Ausnahme der massiven Wehrmauer waren alle Gebäude im Inneren in Holzbauweise errichtet; ohne Ausgrabung lassen sich ihre Strukturen jedoch nicht klar erkennen. Die Anlage wird im Westen, Norden und Osten von einem umlaufenden Spitzgraben geschützt, der an der Nordzufahrt aussetzt. Eine Besonderheit Hienheims scheint es zu sein, dass dieser Graben nicht an der Südseite angelegt worden ist, was verschiedene Deutungen zulässt. Das Messbild legt zudem nahe, dass vor diesem Graben eine weitere Mauer zu finden ist. Bei diesem Befund könnte es sich um eine weitere Schutzmauer handeln, denkbar wäre auch, dass Teile der Wehrmauer in den Graben gestürzt sind.[1]

Kleinkastelle gehörten neben den Türmen zu den wesentlichen Stützpunkten der römischen Truppe direkt hinter dem Limes. Ihre Nutzung ist in der Regel jedoch unbekannt.

Limesverlauf vom Kleinkastell Hienheim bis zum Donauufer

Die Lage von Wp 15/46 und Wp 15/47

Nördlich von Hienheim verläuft die römische Reichsgrenze von Wp 15/46[A 1] bis Wp 15/47. Kurz darauf erreicht der Obergermanisch-Raetischer Limes die Donau und damit sein Ende. Die anschließende Grenzlinie gehört zum Donaulimes. Dieser bis in die Spätantike bestehende Limes folgte nach dem Rückzug aus den Provinzen Dakiens 271 im Wesentlichen dem südlichen Flussufer bis zum Schwarzen Meer (Pontus Euxinus). Die Landschaft südlich des Kleinkastells ist durch eine sanfte, teils bewaldete Höhe gekennzeichnet, die zur Donau (Danuvius) hin abfällt und dort von teils sumpfigen Auen geprägt ist. Die Höhe erreicht knapp über 380 Meter, die Donau liegt bei rund 342 Metern. Der Schuttwall des Limes ist in diesem Abschnitt schlecht erhalten. Bei seinem Abstieg in die Donauniederung nach Wp 15/46 läuft er flach aus und verschwindet. Die Ausbaumaßnahmen für den Limes begannen während der zweiten Hälfte der Regierungszeit Kaiser Hadrians (117–138) mit der Errichtung hölzerner Wachtürme. In den Jahren um 165 erfolgte der Bau einer hölzernen Palisade[2][3] Im Zuge dieses Ausbaus oder einige Zeit später errichtete man die Steintürme, welche um 205 mit der Limesmauer verbunden wurden. Dies zeigen dendrochronologische Untersuchungen am hölzernen Unterbau der Rätischen Mauer nördlich des Kastells Dambach.[4]

ORL[A 2] Name/Ort Beschreibung/Zustand
KK[A 3] Kleinkastell Hienheim = Wp 15/45 siehe oben
Wp 15/46
Wp 15/46
Der Limes verläuft seit Wp 15/34 leicht nach Südosten abfallend in östliche Richtung. An den heute kaum auszumachenden Überreste des 4,5 × 4,8 Meter umfassenden Steinturms Wp 15/46[A 4] läßt sich ein leichter Knick erkennen. Von dort aus ist die Rätische Mauer fast genau eine West-Ost-Achse eingemessen worden. Wie die Reichs-Limes-Kommission (RLK) feststellen konnte, stand der Turm mit seiner Front in nördliche Richtung. An seinen nordwestlichen und nordöstlichen Ecken war nachträglich die Limesmauer angebaut worden. Rund fünf Meter westlich des Steinturms lag der ältere Holzturmhügel, der fast in der Mitte von der Limesmauer durchschnitten wird.[A 5] Bei Wp 15/46 wurde ein in rustikaler Blockbauweise errichteter Aussichtsturm aufgestellt, der jedoch kaum etwas mit den einst am Obergermanisch-Raetischen Limes stehenden Holzwachtürmen gemeinsam hat.[A 6] Von Wp 15/46 aus bestand Sichtverbindung zum südlich gelegenen Wachturm auf dem Weinsberg am rechten Donauufer und von dort zum Kastell Eining.[5]
„Hadrianssäule“ Zur Erinnerung an das nahe Limesende und an die römischen Kaiser Trajan, Hadrian und Probus, welche nach damaliger Lehrmeinung den Limes errichtet haben sollen, ließ der bayerische König Maximilian II. 1861 einen Gedenkstein setzen.[A 7]
Wp 15/47
Wp 15/47 nach den Grabungen der RLK.
Der durch die Forschung bekannte, schon bei der Auffindung fast gänzlich beseitigte Steinturm ist heute nicht mehr zu sehen. Von Wp 15/47 aus bestand ebenfalls Sichtverbindung zum Wachturm auf dem Weinsberg.[A 8]
Limesende nördliches Donauufer
Die Limesmauer an ihrem Endpunkt.
Die RLK konnte den Endpunkt der Limesmauer feststellen. Dabei wurde deutlich, daß sie sich inform einer enggesetzten Pfostenreiche dem Donauufer weiter näherte.[A 9]

Denkmalschutz

Das Kleinkastell Hienheim und die erwähnten Anlagen sind geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

  • Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8062-2251-7, S. 155−171, insbes. S. 169f.
  • Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v.d.H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, S. 75–92 (Saalburg-Schriften 6).

Einzelnachweise

  1. a b Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8062-2251-7, S. 169.
  2. Wolfgang Czysz, Frank Herzig: Neue Dendrodaten von der Limespalisade in Raetien. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8062-2251-7. S. 183–194.
  3. Wolfgang Czysz, Lothar Bakker: Die Römer in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3806210586, S. 123.
  4. Bericht der bayerischen Bodendenkmalpflege, Fachzeitschrift des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Band 49. Verlag Dr. Rudolf Habelt, Bonn 2008, ISBN 978-3-7749-3609-6.
  5. Thomas Fischer, Erika Riedmeier-Fischer: Der römische Limes in Bayern. Geschichte und Schauplätze entlang des UNESCO-Welterbes. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7917-2120-0. S. 157.

Anmerkungen

  1. Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
  2. ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reich-Limes-Kommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
  3. KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
  4. Bei 48° 53′ 0,22″ N, 11° 46′ 32,17″ O48.88339444444411.775602777778.
  5. Bei 48° 53′ 0,5″ N, 11° 46′ 31,21″ O48.88347222222211.775336111111.
  6. Bei 48° 53′ 0,65″ N, 11° 46′ 25,05″ O48.88351388888911.773625
  7. Bei 48° 53′ 0,2″ N, 11° 46′ 37,9″ O48.88338888888911.777194444444.
  8. Bei 48° 53′ 0,4″ N, 11° 46′ 51,68″ O48.88344444444411.781022222222.
  9. Ungefähr bei 48° 53′ 0,15″ N, 11° 47′ 5″ O48.88337511.784722222222.

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