Kloster Marienthal (Westerwald)

Kloster Marienthal (Westerwald)

Das Kloster Marienthal war ein Franziskanerkloster im Westerwald im heutigen Landkreis Altenkirchen in Rheinland-Pfalz. Heute ist Marienthal ein Ortsteil von Seelbach bei Hamm (Sieg).

Kloster Marienthal

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Wallfahrtsort Marienthal

Die Geschichte des Klosters geht zurück bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Nach der Gründungslegende soll ein Hirte ein Bildnis der Muttergottes geschnitzt und an der Stelle aufgestellt haben, an der um 1460 die erste Kapelle errichtet wurde. Die älteste Erwähnung der Wallfahrtsstätte ist aus dem Jahr 1428.[1] Um 1460 ist auch das heute verehrte Gnadenbild entstanden.[2] Die Betreuung der Kapelle und der Pilger erfolgte in der Zeit von Mönchen des Zisterzienserklosters Marienstatt (heute Streithausen im Westerwaldkreis).[3]

Den Namen „Marienthal“ („Mergendaell“) erhielt die Kapelle 1489, als der Kölner Weihbischof Johann Spender einen neuen Altar in der Pilgerkapelle einweihte. Weil die Kapelle zu klein wurde, wurde in der Zeit von 1494 bis 1503 eine dreischiffige gotische Kirche errichtet und unter das Patrozinium der Schmerzhaften Mutter gestellt. 1502 wurde der Glockenturm mit einem hohen Spitzdach hinzugefügt, 1511 erhielt die Kirche eine 1.800 Pfund schwere Glocke, die 1828 an die Florinskirche in Koblenz verkauft wurde.[3][4]

Marienthal lag in der Grafschaft Sayn, die Grafen von Sayn führten von 1561 an die lutherische und 1605 die reformierte Konfession ein. Wallfahrten zur Kirche fanden seitdem nicht mehr statt.

Klostergründung

Die Klostergründung im Marienthal erfolgte 1666 durch Graf Salentin Ernst von Manderscheid.

Salentin Ernst (1630–1705) war katholisch und hatte 1651 Ernestine von Sayn-Wittgenstein (1626–1661) geheiratet, die Erbin des Hachenburger Teils der Grafschaft Sayn. Von 1652 an übernahm Salentin Ernst zusammen mit Ernestine die Regentschaft über die Grafschaft Sayn-Hachenburg.[1] Ernestine starb 1661, Salentin Ernst heiratete 1662 die protestantische Christina Elisabeth von Erbach (1641–1692). Wegen der gemischten Ehe bekam er eine Dispens. Aus Dankbarkeit stiftete Salentin Ernst 1666 das Kloster Marienthal. Bereits vorher, an Palmsonntag im Jahre 1664, wurde in der Wallfahrtskirche der erste katholischer Gottesdienst gefeiert, betreut wurde die Kirche von Franziskanern, die aus Hachenburg entsandt wurden.[4]

Der Bau des Klosters verzögerte sich, was auch durch die besonderen Lage der Kirche und des Klosters begründet war. Marienthal lag im 17. Jahrhundert direkt an der Grenze zwischen den beiden Grafschaften Sayn-Hachenburg und Sayn-Altenkirchen, gehörte aber noch zum Kirchspiel Hamm in der Grafschaft Sayn-Hachenburg. In beiden Grafschaften bestanden lutherische und reformierte Pfarreien nebeneinander, in Sayn-Hachenburg wurde inzwischen der katholische Glaube wieder zugelassen, in Sayn-Altenkirchen dagegen nicht.[4]

Aus dem Jahr 1688 wurde eine Altarweihe berichtet. Im Jahre 1701 bestätigte der Kölner Erzbischofs die Klostergründung. Schon 1703 begann man den ersten Klosterbau durch einen neuen, dreigeschossiger Fachwerkneubau zu erweitern bzw. zu ersetzen, 1704 wurde das Kloster von Hachenburger Franziskanerpatres bezogen. Wegen Baufälligkeit wurden 1756 der Fachwerkbau durch einen Bruchsteinbau ersetzt. Der Bau wurde vom Franziskanerbruder Cornelius Schmitt aus Wessobrunn, die Stuckarbeiten wurden von Wessobrunner Stuckateuren ausgeführt.[3][4]

19. Jahrhundert

Aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses wurde das Kloster 1803 säkularisiert. Unter der nassauischen Regierung wurde das Kloster 1813 geräumt, 1815 kam das Kloster in preußischen Besitz. Die Klostergebäude wurden 1836 für 1.315 Taler versteigert, die Klosterkirche schenkte der preußische König Friedrich Wilhelm III. 1838 den Katholiken von Marienthal. Baron Everhard von Geyr-Schweppenburg ließ Kirche und Kloster renovieren und übereignete das Kloster 1853 dem Erzbischöflichen Stuhl zu Köln. Die Kirche wurde 1839 teilweise abgerissen und als Barockkirche, kleiner und ohne Turm, wieder aufgebaut.[3][4]

Von 1853 bis 1872 waren die in Frankreich gegründeten Orden der Lazaristen und der Orden vom Heiligen Geist tätig. In einem Reiseführer aus dem Jahre 1865 wird „ehemaligen Franciskaner-Kloster Marienthal“ wie folgt beschrieben:[5]

„Von der alten Kirche steht nur der Chorbau in Spitzbogenstil, der, wie das Klostergebäude, jetzt wiederhergestellt ist, Kirche und Kloster gehören dem Erzstifte Köln[6], welches, unterstützt von der Regierung, die Domäne angekauft hat und als Strafort für Geistliche, Demeriten-Asyl (Demeritenhaus), unter Leitung von Lazaristen benutzt. Seitdem der Chorbau der halbzerstörten Kirche dem Gottesdienste wiedergegeben ist, sie wie vordem ein vielbesuchter Wallfahrtsort.“

Die Franziskaner übernahmen das Kloster in Jahre 1892 wieder, sie blieben bis 1974.

20. Jahrhundert

Das Gnadenbild aus dem 15. Jahrhundert wurde 1911 restauriert und geweiht. Seit 1969 steht es in einer Seitenkapelle.

Die Kirche wurde 1969 umgebaut und renoviert. Dabei wurden alte Fresken und ein altes Gewölbe entdeckt. 1978 wurde ein Anbau am Klostergebäude errichtet.

Die ersten Franziskaner verließen 1971 das Kloster, eine Betreuung der Pilger durch die Franziskaner wurde noch bis 1974 weitergeführt. Von 1979 bis 2007 war ein Pater vom „Orden des Heiligen Michael“ aus Polen in der seelsorgerischen Betreuung tätig. Seit 2008 haben Priester des Erzbistums Köln die Wallfahrtsseelsorge übernommen.[4]

Mirakelbücher

In den Jahren 1487 bis 1492 beschrieb ein Mönch aus Marienstatt das Marienthaler Wunderbüchlein, auch Marienthaler Mirakelbuch genannt, in dem 81 Wunderheilungen aufgeführt sind.[1][3]

Auch aus dem nur zwei Kilometer entfernten Hilgenroth, das vom 15. bis Mitte des 16. Jahrhunderts ebenfalls ein beliebter Marien-Wallfahrtsort war, ist ein Mirakelbuch überliefert. Das Hilgenrother Mirakelbuch wurde in der Zeit 1427 bis 1430 geschrieben, in ihm sind mehr als hundert Wunderheilungen beschrieben.

Marienthal heute

Ehemaliges Kloster

Als die Franziskaner Marienthal 1974 verließen, richtete die Erzdiözese Köln in den Räumlichkeiten des Klosters zunächst eine Nebenstelle ihrer Landvolkshochschule in Rhöndorf ein. Seit 1982 wird das Haus vom Erzbistum als Bildungsstätte „Haus Marienthal“ betrieben. Es werden Tagungen und Kurse durchgeführt. Seit 1997 befindet sich hier auch die Geschäftsstelle des „Bildungswerks der Erzdiözese Köln in der Region Rheinland-Pfalz“.

Kloster- und Wallfahrtskirche

Die heutige Wallfahrtskirche wurde 1839 gebaut, von der ursprünglichen um 1500 errichteten Kirche ist nur der Ostteil im Original erhalten. Die beiden Westjoche wurden um 1970 barockisierend rekonstruiert. Der hohe einschiffige Kirchenraum ist mit Stichkappengewölbe und Rocailleschmuck versehen.[2] Die beiden Glocken der Kirche sind von 1880 und 1950.

Innenausstattung

Der barocke Hochaltar wurde erst 1968 hier aufgestellt, er stammt aus Windorf an der Donau. Das Hochaltarbild „Maria Immaculata“ wurde 1841 von Clementine von Geyr-Schweppenburg gemalt. An der Rückseite des Kirchenraums steht eine Barockorgel.

Das Gnadenbild

Das 105 cm große Gnadenbild der „schmerzhaften Mutter“ stammt aus dem 15. Jahrhundert. Sie wird einem Künstler der „Kölner Schule“ zugerechnet. Das Gnadenbild steht in einer Nebenkapelle auf der rechten Seite der Wallfahrtskirche.

Wallfahrtsort

Marienthal ist weiterhin ein Wallfahrtsort. Die Hauptzeiten der Wallfahrt sind von Mai bis zur ersten Oktoberhälfte. Das Hochfest mit Lichterprozession findet am ersten Samstag nach dem 15. September, dem Tag des Gedächtnisses der Schmerzen Mariens, statt.

Umgebung

Im Klosterbereich stehen zwei Fachwerkhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die, ebenso wie die Kirche, als Kulturdenkmäler ausgewiesen sind.[7]

Links des Marienthaler Baches liegt auf einer Anhöhe der Marienthaler Kreuzweg. Er wurde in den Jahren von 1853 bis 1869 errichtet.

Der Ort Marienthal liegt an der Kreisstraße 51, die Hilgenroth und Breitscheidt verbindet. In der Nähe des Ortes liegt ein Bahnhaltepunkt an der Oberwesterwald-Strecke.

Literatur

  • Andachtsbüchlein für Pilger zum Gnadenort Marienthal nebst einer gedrängten Geschichte der Kirche des Klosters u. des Gnadenbildes : Maria, du schmerzhafte Mutter, ... bitt für uns! ; mit e. Stahlstich. - Linz a. Rh. : Krumscheid, nicht vor 1853. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Jakob Wirtz: Fünfhundert Jahre Marienthal bei Hamm an der Sieg. 2. Auflage, Werl 1928.
  • Gabriel Busch (Hrsg.): Hilgenroth/Marienthal. Zwei Wallfahrtsorte, Siegburg 1982.
  • Daniel Schneider: Die Geschichte der Ortsgemeinde Obererbach (Westerwald). Die Ortschaften Hacksen, Niedererbach, Obererbach und Koberstein vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Obererbach 2009, ISBN 978-3-00-027494-7 (2 Bände, mit zahlreichen Bezügen zu Marienthal).

Einzelnachweise

  1. a b c Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes. 3. Auflage. Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1999, Seiten 125, 343, 345, 440 , ISBN 3-922244-80-7
  2. a b Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler - Rheinland-Pfalz, Saarland. Deutscher Kunstverlag, München 1984, Seite 951, ISBN 3-422-00382-7
  3. a b c d e Chronik Marienthal (PDF)
  4. a b c d e f Homepage Kloster- und Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Mutter“ Marienthal, Westerwald – Geschichtlicher Abriss
  5. Ernst Weyden: Das Siegthal: ein Führer von der Mündung bis zur Quelle des Flusses und durch seine Seitenthäler , 1865, Seite 241
  6. Hinweis auf einen Fehler des Reisebuchautoren aus 1885: Das Erzstift Köln wurde 1803 aufgelost
  7. Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Altenkirchen, Seite 20 (PDF)

Weblinks

 Commons: Kloster Marienthal (Westerwald) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
50.7363527.671301

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