Charlotte von Lengefeld

Charlotte von Lengefeld
Charlotte von Lengefeld nach Simanowiz
Charlotte von Lengefeld nach August Christian Fleischmann
Grabstein Charlotte von Lengefelds auf dem alten Friedhof in Bonn

Charlotte Luise Antoinette von Schiller, geborene Lengefeld (* 22. November 1766 in Rudolstadt; † 9. Juli 1826 in Bonn) war die Ehefrau von Friedrich Schiller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ihre Kindheit verbrachte sie in Rudolstadt, wo sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester aufwuchs, der späteren Schriftstellerin Karoline von Wolzogen (1763–1847). Ihr Vater, der Oberlandjägermeister Karl Christian von Lengefeld (1715–1775), starb früh und hinterließ die in wirtschaftlichen Dingen völlig unerfahrene Witwe Luise von Lengefeld, geb. von Wurmb (1743–1823). Schnell waren alle Rücklagen verbraucht und die Familie geriet in einen materiellen Engpass. So willigte Luise sogleich ein, als 1779 der betuchte Friedrich Wilhelm Freiherr von Beulwitz um die Hand ihrer ältesten Tochter Karoline anhielt.

Als 1787 der völlig mittellose Schiller in Rudolstadt auftauchte, verliebten sich beide Schwestern in ihn. Schiller erwiderte die Zuneigung. Da sowohl Charlotte als auch Karoline für ihn gleichermaßen anziehend waren und er sich für keine der beiden entscheiden konnte, dachte er über eine Dreierbeziehung nach. Doch weder Charlotte noch ihre Mutter, die ohnehin etwas gegen den verarmten Dichter einzuwenden hatte, waren für diese Idee zu erwärmen. Kurz vor der Hochzeit mit Charlotte 1790 schrieb Schiller seiner Verlobten allerdings: „Caroline hat mehr Empfindungen in mir zur Sprache gebracht als du, meine Lotte […]. Was Caroline vor dir voraus hat, musst du von mir empfangen: Deine Seele muss sich in meiner Liebe entfalten, und mein Geschöpf musst du sein.“

Am 22. Februar 1790 heiratete Schiller, der finanziell inzwischen etwas besser dastand, Charlotte von Lengefeld in einer kleinen Kirche in Weningenjena. Bald nach der Hochzeit konnte er schreiben: „Was für ein schönes Leben führe ich jetzt […]. Die Existenz Charlottes, dieses holden lieben Wesens um mich her, dessen ganze Glückseligkeit sich in die meinige verliert, verbreitet ein sanftes Licht über mein Dasein.“ Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

Die Verbindung zu Karoline von Wolzogen dagegen, die mit ihrem Roman ″Agnes von Lilien″ (1797) und ihrer Biographie ″Schillers Leben″ (1830) noch zu literarischem Ruhm kam, verlor zunehmend an Bedeutung.

Im Herbst 1825 besuchte Charlotte von Schiller ihren Sohn Ernst in Bonn, wo sie sich einer Operation gegen den grauen Star unterzog. Am 9. Juli 1826 erlitt sie einen tödlichen Schlaganfall und wurde zwei Tage später auf dem Alten Friedhof in Bonn bestattet.

Aus der Weimarer Klassik ist Charlotte von Schiller nicht wegzudenken: Ihre Geltung als kluge und umsichtige Partnerin ihres berühmten Mannes kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Weithin vergessen ist die in ihren Briefen und Tagebüchern belegte Bedeutung, die sie auch für Goethe und dessen Freund Karl Ludwig von Knebel hatte. Zu Unrecht ist Charlotte von Schiller von der literarischen Nachwelt gelegentlich als unscheinbar, langweilig oder sogar geistlos eingeschätzt worden. Möglicherweise ist dieser Eindruck durch die Briefe Charlotte von Steins entstanden. Die scharfsinnige und bisweilen bissige Gefährtin Goethes hat ihr Patenkind Charlotte, mit dem sie engen Kontakt pflegte, gelegentlich als etwas einfältig beschrieben.[1]

Wie intelligent Charlotte wirklich war, veranschaulichen ihre Tagebücher sowie ihre „umfangreiche Exzerptsammlung“, die im Weimarer Archiv lagert.[2] Darin vertritt sie nicht nur Anschauungen, die von großer Unkonventionalität und intellektueller Eigenständigkeit zeugen, sondern sie zeigt dort auch, mit welchem Engagement sie sämtliche namhaften Neuerscheinungen ihrer Zeit studierte. Dazu gehörten neben denen der Philosophie und Literatur auch die der „naturwissenschaftlichen Gebiete“, die sie mit großem Interesse verfolgte und mit außergewöhnlicher Sachkenntnis beurteilte[3], was Schiller und der alte Goethe ganz besonders zu schätzen wussten.

Briefe

  • Heinrich Düntzer (Hg.): Briefe von Schillers Gattin an einen vertrauten Freund. Leipzig 1856.
  • Ulrich Ludwigs (Hg.): Charlotte von Schiller und ihre Freunde. 3 Bde. Stuttgart 1860.

Literatur

  • Jörg Aufenanger: Schiller und die zwei Schwestern. Dtv, München 2005, ISBN 3-423-24446-1
  • Eva Gesine Baur: Mein Geschöpf musst du sein. Das Leben der Charlotte Schiller. Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 978-3-455-09458-9
  • Emilie von Gleichen-Rußwurm (Hrsg.): Schiller und Lotte. 1788, 1789. Cotta, Stuttgart 1856 (Digitalisat)
  • Kirsten Jüngling, Brigitte Roßbeck: Schillers Doppelliebe. Propyläen, Berlin 2005, ISBN 3-549-07207-4 (Taschenbuchausgabe: List, Berlin 2006, ISBN 3-548-60650-4)
  • Christa Rudnik: Literarische Exzerpte Charlotte von Schillers. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte um 1800. Versuch einer summarischen Auswertung der Quellen aus dem Goethe- und Schiller Archiv. In: Im Vorfeld der Literatur. Vom Wert archivalischer Überlieferung für das Verständnis von Literatur und ihre Geschichte. Hrsg. v. Karl-Heinz Hahn. Weimar 1991, S. 140-147.
  • Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Verlag : Königshausen u. Neumann; Würzburg 2009. ISBN 978-3-8260-4104-4
  • Gaby Pailer: Charlotte Schiller : Leben und Schreiben im klassischen Weimar, Darmstadt : WBG, 2009, ISBN 978-3-534-21973-5

Einzelnachweise

  1. Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Würzburg 2009, S. 60.
  2. Christa Rudnik: Literarische Exzerpte Charlotte von Schillers. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte um 1800. Versuch einer summarischen Auswertung der Quellen aus dem Goethe- und Schiller Archiv. In: Im Vorfeld der Literatur. Vom Wert archivalischer Überlieferung für das Verständnis von Literatur und ihre Geschichte. Hrsg. v. Karl-Heinz Hahn. Weimar 1991, S. 140-147.
  3. Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Würzburg 2009, S. 72-84.

Weblinks


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