Charmley

Charmley

John Denis Charmley (* 1955) ist ein britischer Historiker. Charmley, der „Neueste Geschichte“ an der Universität von Ost-Anglia doziert, hat sich vor allem durch seine umstrittenen Werke über den britischen Staatsmann Winston Churchill hervorgetan.

Charmleys kontroverse Positionen zu Churchill, dem britischen Empire und dem 2. Weltkrieg

Im Gegensatz zur dominanten Position der historischen Forschung wertet Charmley Churchills Kriegspolitik im 2. Weltkrieg als einen Fehlschlag und wirft dem ehemaligen Premierminister insbesondere vor, dass dieser das britische Empire „verspielt“ habe. Den Hauptgrund für den Zusammenbruch des Empires meint Chamley in Churchills Weigerung zu erkennen, 1940 einen „ehrenhaften“ Frieden mit dem nationalsozialistischen Deutschland zu schließen. Der Krieg mit Deutschland hätte den britischen Staat gezwungen, jene Kräfte, die, um das Empire zu erhalten, in dessen Überseegebieten eingesetzt werden hätten müssen, in dem durch den andauernden Krieg erforderlich gewordenen Überlebenskampf des britischen Kernstaates aufzubieten, so dass Empire ungehindert erodieren hätte können.

Zudem hätte Churchills Bündnis mit dem antiimperialistischen US-Präsidenten Roosevelt diese Tendenz noch weiter verschärft und sich als eine schwere, letztlich vernichtende Hypothek für das Empire herausgestellt. Ein Friedensschluss mit Hitler – der dem Empire wohlgesinnt gewesen sei – hätte einen Partner „ins Boot“ geholt, der britischen Interessen weitaus weniger gleichgültig-ablehnend gegenübergestanden hätte als die amerikanische Führung. Zudem hätte ein Friedensschluss mit Deutschland Großbritanniens Machtposition weiter gestärkt, da Deutschland dann seine ganze Kraft auf Russland gerichtet hätte mit dem Ergebnis, dass sowohl die Sowjetunion als auch das Deutsche Reich größere Verluste davongetragen hätten, während Großbritannien in Ruhe stärker gewesen wäre, um schließlich als Schiedsrichter aufzutreten.

Zudem hat Cahrmley in mehreren seiner Bücher betont, dass Churchills Kriegspolitik den Aufstieg der Labour-Party und die Herausstellung „sozialistischer Verhältnisse“ in Großbritannien begünstigt habe, zwei Entwicklungen die er anscheinend als nicht wünschenswert ansieht.

Als Kritiker von Charmleys Positionen haben sich unter anderem Manfred Weidhorn, Graf von Krockow und Correlli Barnett hervorgetan. Die Ablehnung seiner Thesen entzündet sich unter anderem an dessen für falsch gehaltenen Position, dass das Empire überhaupt noch zu retten gewesen wäre – eine Ansicht die seine Kritiker nicht teilen – und an der Überzeugung dass die Vorstellung eines verlässlichen Friedens mit Hitler absurd und naiv gewesen sei: Im Tenor halten seine Gegner Charmley vor, ein Friedensschluss 1940 wäre für Hitler kein dauerhafter Frieden gewesen, sondern lediglich eine Verschnaufpause, um „ungestört Kraft für weitere aggressive Unternehmungen sammeln zu können.“ Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auch auf die Knappheit der Hitler'schen Niederlagen gegen Russland in den Jahren 1941 bis 1943 hingewiesen und konstatiert, dass ohne Großbritannien im Rücken Hitler vermutlich die entscheidenden Kräfte hätte frei machen können, um vor Moskau, in Stalingrad und Kursk zu siegen.

Werke

  • Duff Cooper, 1986. (Biografie des britischen Politiker Duff Cooper)
  • Lord Lloyd and the Decline of the British Empire, 1987. (Biografie des britischen Staatsmannes Lord Lloyd)
  • Chamberlain and the Lost Peace, 1989.
  • Churchill: The End of Glory, 1993.
  • Churchill's Grand Alliance 1940-1957, 1995.
  • A History of Conservative Politics 1900-1996, 1996.
  • Splendid Isolation? Britain and the Balance of Power 1874-1914, 1999.

Weblinks


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