- Mille Miglia 1956
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Die 24. Mille Miglia fand am 28. und 29. April 1956 statt und war der dritte Wertungslauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft dieses Jahres.
Inhaltsverzeichnis
Das Rennen
Route
Brescia – Verona – Venedig – Padua – Rovigo – Ferrara – Ravenna – Forlì – Rimini – Pesaro – Ancona – Pescara – L’Aquila – Rieti – Rom – Viterbo – Radicofani – Siena – Florenz – Futapass – Raticosapass – Bologna – Modena – Reggio nell’Emilia – Parma – Piacenza – Cremona – Mantua – Montichiari – Brescia
Vor dem Rennen
Ein Rennen auf öffentlichen Straßen durch halb Oberitalien wurde 1956 von vielen Fahrern und Funktionären im internationalen Motorsport als nicht mehr ganz zeitgemäß empfunden. Die Veranstalter hatten 1955 dem Rennen zusätzliche Probleme geschaffen, indem sie den Bewerb für eine Flut an Amateurrennfahrern geöffnet hatte. 534 Fahrzeuge waren am Start und die Folge waren viele schwere Unfälle, die das Rennen nachhaltig in die Kritik brachten. Obwohl 1956 hier ein Rückbau betrieben wurde, die Rennklassen gestrafft wurden und somit die Teilnehmerzahl auf 365 gesenkt werden konnte, blieben viele internationale Rennteams und Fahrer dem Rennen fern.
Die britischen Rennmannschaften verzichteten fast vollständig auf eine Teilnahme. Weder Jaguar- noch Aston Martin-Werkswagen waren am Start. Nur HWM war mit einem Boliden mit Jaguar-Motor vertreten. Miteigentümer Baron John Heath hatte im Rennen einen tödlichen Unfall – einen von insgesamt drei tödlichen Zwischenfällen – der in der englischen Fachpresse nach dem Rennen weitere heftige Kritik am Rennen aufkommen ließ. Er kam auf der regennassen Strecke vor Ravenna von der Fahrbahn ab und überschlug sich in einem Graben. Einen Tag später erlag er in einem örtlichen Krankenhaus seinen Verletzungen[1][2]. Am Start war jedoch Tommy Wisdom, der auf einem Austin-Healey 100S seine zehnte Mille Miglia in Angriff nahm.
Was für englische Rennmannschaften möglich war, ein Rückzug von der Mille Miglia, auch wenn dieses Rennen seit 1953 zur Sportwagen-Weltmeisterschaft zählte, war für die italienischen Sportwagenhersteller Ferrari und Maserati unmöglich. Sowohl die Scuderia Ferrari als auch die Rennabteilung von Maserati beteiligten sich mit großem Materialeinsatz am Rennen. Bei Ferrari wurden zwei 290MM, zwei 860 Monza sowie ein 250 GT SWB für das Rennen vorbereitet. Gefahren wurden die Wagen von den fünf Werksfahrern, die auch in der Formel-1-Weltmeisterschaft für die Scuderia an den Start gingen. Juan Manuel Fangio und Eugenio Castellotti wurden die 12-Zylinder-290MM anvertraut, Luigi Musso und Peter Collins, der vom britischen Fotografen Louis Klemantaski als Beifahrer begleitet wurde, pilotierten die 4-Zylinder-860. Olivier Gendebien, mit Beifahrer Jacques Washer, steuerte den 250 GT[3].
Bei Maserati hatte man noch dem Ende der offiziellen Motorsportaktivitäten bei Mercedes-Benz, deren Werksfahrer Stirling Moss verpflichtet, der einen 350S mit einer Karosserie von Fantuzzi steuerte. Sein Beifahrer war wie bei seiner Rekordfahrt im Jahr davor der britische Motosportjournalist Denis Jenkinson. Die zwei 300S fuhren Piero Taruffi und Cesare Perdisa, während Jean Behra in einem 150S saß. Moss war nicht glücklich über die Entscheidung der Maserati-Teamführung, ihm den Experimental-350S fahren zu lassen. Der 350S hatte einen leistungsstärkeren Motor als der 300S und wurde von Giulio Alfieri entwickelt.
Neben vielen privaten Meldungen aus Italien, sind bei den Fahrzeugen die Osca MT4 erwähnenswert, die mit einiger Werksunterstützung unter anderem von Luigi Villoresi gefahren wurden. Bei den Fahrern gab, neben den Veteranen Franco Cortese und Giovanni Bracco, der junge Ludovico Scarfiotti sein Debüt bei einem großen internationalen Rennen.
Aus Deutschland war Porsche werksseitig vertreten und aus Frankreich kam Renault mit Dauphines zum Start nach Brescia. Als Fahrer konnten Maurice Trintignant, Louis Rosier und Paul Frère gewonnen werden. Etwas speziell war die Teilnahme von Mercedes-Benz. In Summe waren 14 Fahrzeuge der deutschen Marke am Start, darunter sechs 300SL. Wenngleich alle privat gemeldet, war vor Ort offensichtlich dass die Fahrzeuge reine Werkswagen waren, obwohl sich das Team Ende des Vorjahres offiziell komplett vom Motorsport zurückgezogen hatte. Die Unterstützung in technischer und logistischer Hinsicht stand dem Werkseinsatz von Ferrari und Maserati um nichts nach[4].
Der Rennverlauf
Die erste Rennphase dominierte Castellotti (Ferrari), der auf dem Weg nach Padua vor Taruffi (Maserati), Musso (Ferrari), Perdisa (Maserati), Moss (Maserati) und Collins (Ferrari) in Führung lag. Diese Reihenfolge änderte sich auf den engen Straßen vor und nach Ravenna. Zwar führte nach immer Castelloti vor Taruffi, aber dahinter belegten jetzt die beiden Mercedes-Piloten Wolfgang von Trips und Fritz Riess die Ränge drei und vier. Die Sensation waren aber die beiden OSCA-Piloten Giulio Cabianca und Umberto Maglioli, die mit Ihren kleinen 1,2-Liter-4-Zylinder-Rennwagen auf den Plätzen fünf und sieben lagen.
Nach Ravenna übernahm Taruffi im strömenden Regen die Führung, fiel aber bald danach mit Bremsdefekt aus. Die Bremsanlage war im Regen so nass geworden, dass der Maserati einen totalen Bremsdefekt hatte und Taruffi nicht mehr weiterfahren konnte[5]. Entlang der Adriaküste übernahm Wolfgang von Trips die Führung. Hinter Castellotti war Riess Dritter. Auf den schnellen Passagen Richtung Pescara konnte die OSCA-Fahrer das Tempo der Spitze nicht mithalten und fielen in der Gesamtwertung zurück.
Stirling Moss hatte knapp vor dem Wendepunkt in Rom einen Unfall und musste aufgeben. Schon vorher von Trips beim Überholen eines langsameren Teilnehmers mit diesem kollidiert und musste ebenfalls aufgegeben. Rom passierte Castellotti als Erster, womit ein Gesamtsieg fast ausgeschlossen schien. Denn bisher hatte in der langen Geschichte des Rennens kein Fahrer der in Rom in Führung lag (dort war der weithin unbekannte Österreicher Gottfried Köchert auf seinem Porsche 550 Vierter in der Zwischenwertung, fiel aber später nach Defekt aus), dieses auch gewinnen können. Aber Castellotti brach mit diesem Umstand und gewann in Brescia mit mehr als zehn Minuten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Peter Collins. Luigi Musso als Dritter, Juan Manuel Fangio als Vierter und Oliver Gendebien als Fünfter komplettierten den totalen Triumph für Ferrari. Maserati erlebte ein Debakel. Zwei Werkswagen waren ausgefallen und Jean Behra wurde mach mehreren Reparaturen nur 20. der Gesamtwertung. Hintern den Ferraris kamen die drei Mercedes-Piloten Pual von Metternich, Wolfgang Seidel und Jacques Pollet als Sechste, Siebte und Achte ins Zeil. Cabianca wurde nach beherzter Fahrt schlussendlich Neunter. Fritz Riess, der lange an der Spitze mitfuhr, dann aber von Motorproblemen geplagt wurde, kam als Zehnter an. Dabei war er nach mehr als 1500 km nur um 11 Sekunden schneller als der Italiener Roberto Sgorbati, der auf einem Alfa Romeo Giulietta SV den beachtenswerten elften Gesamtrang erreichte und die Tourenwagenklasse gewann.
Trivia
Überraschend und Bemerkenswert war der Zieleinlauf innerhalb des Renault-Teams. Maurice Trintignant, Paul Frère und Louis Rosier mussten sich einer Frau geschlagen geben. Die Französin Gilberte Thirion war im Ziel um 28 Minuten schneller als ihr schnellster männlicher Teamkollege (Trintignant) und erreichte den 82. Gesamtrang.
Ergebnisse
Schlussklassement
Pos. Klasse Nr. Team Fahrer/Beifahrer Fahrzeug Fahrzeit 1 S +2.0 548 Scuderia Ferrari Eugenio Castellotti Ferrari 290MM 11:37:10,000 2 S +2.0 551 Scuderia Ferrari Peter Collins
Louis KlemantaskiFerrari 860 Monza 11:49:28,000 3 S +2.0 556 Scuderia Ferrari Luigi Musso Ferrari 860 Monza 12:11:49,000 4 S +2.0 600 Scuderia Ferrari Juan Manuel Fangio Ferrari 290MM 12:26:50,000 5 T/GT +2.0 505 Scuderia Ferrari Olivier Gendebien
Jacques WasherFerrari 250 GT LWB 12:29:58,000 6 T/GT +2.0 504 Paul Alfons von Metternich-Winneburg
Wittigo von EinsiedelMercedes-Benz 300SL 12:36:38,000 7 T/GT +2.0 454 Wolfgang Seidel
Helm GlöcklerMercedes-Benz 300SL 12:38:24,000 8 T/GT +2.0 450 Jacques Pollet
Paul FlandrakMercedes-Benz 300SL 12:49:58,000 9 S 1.5 428 Giulio Cabianca Osca MT4 1500 12:57:11,000 10 T/GT +2-0 443 Fritz Riess
Herman EgerMercedes-Benz 300SL 13:06:31,000 11 T/GT 1.3 106 Roberto Sgorbati
Luigi ZanelliAlfa Romeo Giulietta SV 13:06:42,000 12 T/GT 1.3 120 Giorgio Becucci
Pasquale GazattoAlfa Romeo Giulietta SV 13:12:41,000 13 S 2.0 529 Giorgio Scarlatti Maserati A6GCS 13:19:02,000 14 T/GT 2.0 326 Casimiro Toselli
Renato CanaparoFiat 8V 13:19:20,000 15 T/GT 1.3 050 Joakim Bonnier
Bo BoesenAlfa Romeo Giulietta SV 13:20:58,000 16 T/GT +2.0 455 Arnaldo Bogiasca
Mario BongiascaMercedes-Benz 300SL 13:26:05,000 17 T/GT +2.0 507 Luciano Mantovani
Nereo CantusenoLancia Aurelia B24 Spider 13:26:23,000 18 T/GT 1.6 255 Olof Perrson
Gunnar BlomquistPorsche 356 Carrera 13:32:54,000 19 T/GT 2.0 323 Maggiorello Maggiorelli
Adalberto ParentiFiat 8V 13:33:03,000 20 S 1.5 433 Officine Alfieri Maserati Jean Behra Maserati 150S 13:34:09,000 weitere Platzierungen (Auszug) 22 T/GT 1.6 248 Max Nathan
Gert KaiserPorsche 356 1500 Carrera 13:40:07,000 23 T/GT 1.3 037 Paul-Ernst Strähle
Joseph GregerPorsche 356A 1300 Super 13:40:29,000 25 T/GT +2.0 509 Erwin Bauer
Eugen GruppMercedes-Benz 220A 13:42:20,000 28 S +2.0 547 Officine Alfieri Maserati Cesare Perdisa Maserati 300S 13:47:17,000 40 SP 245 Georges Guyot Jaguar XK 140 14:07:15,000 50 T/GT 1.3 107 Carlo Guidetti
Montano LampugnaniSiata 1250GT 14:22:04,000 53 T/GT 1.3 051 Roger Delageneste Peugeot 203 14:34:26,000 54 T/GT 750 7 Maurice Michy Alpine A106 14:34:55,000 55 T/GT 1.0 76 Robert Manzon
Ludwig BorsaDB HBR 14:36:34,000 56 S 2.0 518 Francesco Giardini Maserati A6GCS 14:38:42,000 57 T/GT 1.1 2348 Ludovico Scarfiotti Fiat 1100/103TV 14:39:15,000 62 S 1.1 404 Attilio Brandi Osca MT4 1100 14:48:42,000 65 T/GT 1.3 130 Heinz Schiller
Jean BriffaudPorsche 356 Super 14:51:01,000 72 T/GT 1.6 254 Sheila van Damm
Peter HarperSunbeam Rapier 15:04:37,000 73 T/GT 750 19 Alfonso Thiele
Aldo StorziniFiat-Abarth 750 15:05:54,000 75 T/GT 2.0 349 Alvise Nember
Antonio CaliriAlfa Romeo 1900 15:07:37,000 77 SP 247 Tommy Wisdom
Walter MonacoAustin-Healey 100S 15:09:08,000 78 T/GT 750 43 René Cotton Panhard Dyna 15:10:20,000 82 T/GT 2.0 75 Renault Gilberte Thirion Renault Dauphine 15:14:10,000 83 SP 235 Joseph Gottgens
Freddy RouselleTriumph TR2 15:15:07,000 89 T/GT 1.3 102 Guillaume Blaise
Bernard ConstenPeugeot 203 15:22:25,000 95 SP 233 Annie Bousquet Triumph TR2 15:27:58,000 97 T/GT 2.0 322 Franco Cortese Fiat 8V Zagato 15:30.36,000 100 T/GT 1.3 058 Emile Butjens
Gustave GosselinPeugeot 203 15:32:45,000 105 T/GT 1.0 61 Renault Maurice Trintignant
A. DrouotRenault Dauphine 15:39:53,000 107 T/GT 1.0 73 Renault Louis Rosier Renault Dauphine 15:41:24,000 109 T/GT 1.6 256 Wolfgang Diemer
Leopold ZedlitzBorgward Isabella TS 15:46:12,000 110 T/GT 1.0 62 Renault Paul Frère Renault Dauphine 15:49:54,000 116 T/GT 750 62 Guy Monraisse
Jacques FéretRenault 4CV 16:02:45,000 125 S 1.1 406 Carlo Falli Osca MT4 1100 16:12:25,000 130 S 750 155 René-Philippe Faure Stanguellini 750 Sport 16:15:32,000 137 S 750 219 Roberto Lippi Stanguellini 750 Sport 16:31:32,000 143 T/GT 1.3 027 Lucien Vincent Peugeot 403 16:42:45,000 146 S 1.5 422 Georges Berger
René FoiretMaserati 150S 16:46:28,000 150 T/GT 750 5 Aldo Linguanti
Giuliano BoccioFiat-Abarth 750 16:57:43,000 154 T/GT 1.0 71 Bernard Cahier
Nadege FerrierReanult Dauphine 17:03:25,000 171 T/GT 1.0 67 Christian Poirot Panhard Dyna 18:19:36,000 175 T/GT 750 13 Franco Brugnoli
Bernardo FerrariFiat 600 18:44:08,000 Ausgefallen (Auszug) T/GT 1.3 046 Corrado Manfredini Siata Zagato 1250GT T/GT 750 16 Jean Vinatier Renault 4CV T/GT 1.0 63 André Guilhaudin
„Charaia“Panhard Dyna 54 T/GT 1.0 64 Gérard Laureau DB HBR T/GT 1.0 68 Jean Rédélé
Louis PonsRenault Dauphine T/GT 1.3 108 Giorgio Bassi
Giancarlo FaveroAlfa Romeo Giulietta SV T/GT 1.3 127 Carlo Leto di Priolo
Salvatore Leto di PrioloAlfa Romeo Giulietta SV S 750 151 Pierre Chancel Panhard Dyna S 750 200 Élie Bayol DB HBR S 750 208 Robert Chancel Panhard Dyna S 750 209 André Héchard DB HBR S 750 250 Louis Chiron Osca 750 T/GT 1.6 253 Ernst Lautenschlager
Heinz FischerPorsche 356 1500 T/GT 2.0 615 Luigi Taramazzo Maserati A6G Zagato S 1.5 419 Porsche Hans Herrmann
Werner EnzPorsche 550A Spyder S 1.5 424 Umberto Maglioli Osca MT4 1500 S 1.5 425 Consalvo Sanesi Alfa Romeo Giulietta Spider S 1.5 429 Giovanni Bracco Porsche 550 Spyder S 1.5 430 Claude Bourillot
Pierre AboutMaserati 150S S 1.5 432 Gottfried Köchert Porsche 550 S 1.5 434 Alejandro de Tomaso Maserati 150S S 1.5 435 Louis Cornet Maserati 150S S 1.5 436 Luigi Villoresi Osca MT4 1500 T/GT + 2.0 444 Rainer Günzler Mercedes-Benz 220A T/GT +2.0 446 Wolfgang von Trips
Horst StaubMercedes-Benz 300SL S +2.0 545 HWM Motors John Heath HWM S +2.0 553 Officine Alfieri Maserati Piero Taruffi Maserati 300S S +2.0 554 Officine Alfieri Maserati Stirling Moss
Denis JenkinsonMaserati 350S S +2.0 557 Gerino Gerini Maserati 300S Klassensieger
Renndaten
- Starter: 365
- Wetter am Renntag: Regen
- Distanz: 1597 km bzw. 998 Meilen
- Rennserie: 3. Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1956
Literatur
- Hans-Jörg Götzl: Mille Miglia Motorbuchverlag 2006.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Todessturz von Baron John Heath
- ↑ R. M. Clarke, Mille Miglia 1952-1957, The Ferrari and Mercedes Years, Seite 113
- ↑ Fahrzeuge und Besatzungen (spanisch)
- ↑ R. M. Clarke, Mille Miglia 1952-1957, The Ferrari and Mercedes Years, Seite 111
- ↑ Piero Taruffis Ausfall durch nasse Bremsen
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