Mylitta

Mylitta

Mylitta (griechisch Μύλιττα) war eine im perserzeitlichen Babylon von den Assyrern und Persern verehrte Göttin, die nach Herodot der Aphrodite oder Aphrodite Urania der Griechen gleichzusetzen ist.

Nach dem 1. Buch der Historien des Herodot, musste sich angeblich jede babylonische Jungfrau der Mylitta zu Ehren einmal im Leben mit einem Kranz von Schnüren auf dem Haupt in den Heiligen Hain der Aphrodite setzen und sich dem ersten, der ihr ein Stück Silber in den Schoß wirft mit den Worten „Fürwahr, ich rufe die Göttin Mylitta an“, preisgeben (Historien I. 199). Manche Frauen – so Herodot – mussten drei oder vier Jahre warten, bis sie dieses Gebot der Göttin erfüllen konnten, da sich kein Freier fand. Dies wurde als Beispiel der Tempelprostitution gewertet, doch in neuerer Zeit haben sich mehrere Autoren gegen eine solche Interpretation ausgesprochen.[1]

Der Name bezeichnet (mit dem nicht seltenen Wechsel von b und m) die große babylonische Göttin Belit – »Herrin« (= Beiname der Ištar, = Baaltis – Gemahlin des Baal/Bēl).[2] Urania wurde nach Herodot auch von den Persern verehrt (Historien I., 131), sie hätten dies von den Assyrern und Arabern gelernt: „es nennen die Assyrer die Aphrodite Mylitta, die Araber Alitta, die Perser Mitra.“.[3] Nach Huber[4] entspricht die bei Ktesias erwähnte babylonische Göttin Aphrodite/Molis, die Gattin von Zeus/Bēlos, vielleicht der Mylitta. Laut Huber wird Mylitta auch mit der aus Eigennamen bekannten babylonischen Mulliltu oder Mullittu und der assyrischen Mulliššu/Mullissu (NIN.LÍL) gleichgesetzt.

Literatur

  • Stephanie Dalley, „dNIN.LÍL = mul(l)is(s)u, the treaty of Barga’yah, and Herodotus’ Mylitta”. Revue d'Assyriologie et d'Archaeologie Orientale 73, 1979, 177–178.
  • M. J. Edwards, Herodotus and Mithras: Histories I. 131. American Journal of Philology 111/1, 1990), 1-4.
  • Irene Huber, Ktesias und Babylonien: über eine nicht existierende Größe in den Persika. In: Josef Wiesehöfer/Giovanni Lanfranchi/Robert Rollinger (Hrsg.), Die Welt des Ktesias, Stuttgart 2009, 130–161, http://www.achemenet.com/document/HUBER_Ktesias_und_Babylonien_10-02-09.pdf.
  • Manfred Krebernik, Ninlil. Reallexikon der Assyriologie 9, Berlin – New-York, de Gruyter 1998–2001, 452–461.
  • Gernot Wilhelm, Marginalien zu Herodot, Klio 199. In: Tzvi Abusch/J. Huehnergard/Piotr Steinkeller (Hrsg.), Lingering over Words: studies in ancient Near Eastern literature in honor of William L. Moran. Atlanta 1990, 505.

Einzelnachweise

  1. Stephanie Budin, The Myth of Sacred Prostitution in Antiquity. Cambridge, Cambridge University Press 2008; Tanja Susanne Scheer, Martin Lindner (Hrsg.): Tempelprostitution im Altertum. Fakten und Fiktionen. Oikumene – Studien zur antiken Weltgeschichte Bd. 6. Verlag Antike, Berlin 2009.
  2. Eduard Meyer: Mylitta. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 2,2, Leipzig 1897, Sp. 3307 (Digitalisat). & Geschichte des Alterthums, Band I § 146 (Digitalisat).
  3. zum Problem von Mitra s. M. J. Edwards, Herodotus and Mithras: Histories I. 131. American Journal of Philology 111/1, 1990, 1-4
  4. Irene Huber, Ktesias und Babylonien: über eine nicht existierende Größe in den Persika. In: Josef Wiesehöfer/Giovanni Lanfranchi/Robert Rollinger (Hrsg.), Die Welt des Ktesias, Stuttgart 2009, 130–161

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