Nedlitz (Potsdam)

Nedlitz (Potsdam)

Die Gemeinde Nedlitz ist seit 1935 ein Stadtteil von Potsdam. Der im Potsdamer Norden gelegene Ortsteil bildet die Brücke zwischen dem Kernbereich der brandenburgischen Landeshauptstadt und dem Berliner Bezirk Spandau.

Nedlitzer Nordbrücke, Blickrichtung nach Süden

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge

Die Anfänge von Nedlitz reichen zurück bis in die Bronzezeit. Die moderne Besiedlung begann vermutlich im Spätmittelalter. Eine Fähre über den Weißen See fand erstmals 1323 Erwähnung. 1682 wurde eine hölzerne Brücke errichtet, daneben ein Zollhaus. Ende des 18. Jahrhunderts waren Obstanbau und Seidenraupenzucht die vorherrschenden Wirtschaftszweige. Nach Entwürfen von Heinrich Ludwig Manger wurde das Fährgutshaus neu errichtet. Ab 1843 lässt Friedrich Wilhelm IV. das Fährgutshaus nach Plänen von Ludwig Persius erweitern. 1844 veranlasst der König die Neuanlage der Chaussee von Spandau nach Potsdam, die Nedlitz durchquert. Zu dieser Zeit schildert auch Theodor Fontane die Nedlitzer Fähre in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg.[1]

Tourismus

1845 begann mit dem Neubau der Nedlitzer Brücke durch den berühmten Architekten Ludwig Persius, der mit dem markanten Brückenturm ein neues Wahrzeichen im Potsdamer Norden schuf, ein neues Zeitalter für Nedlitz. Der kleine, heute überregional kaum bekannte Ort am Jungfernsee begann sich zum bevorzugten touristischen Ziel zu entwickeln und spielte um 1900 eine wichtige Rolle im Ausflugsbetrieb der Städte Potsdam und Berlin. Auf dem Gebiet zwischen den Brücken lagen drei Ausflugsrestaurants, das Schweizerhaus, die Römerschanze und das Parkrestaurant, unmittelbar nebeneinander.

Das Schweizerhaus wurde schon um die Jahrhundertmitte als erster Ausschank an dieser Stelle eröffnet. Die beiden anderen Wirtschaften folgten um 1890. Als 1903 der neue Schifffahrtskanal, der sogenannte Nedlitzer Durchstich, welcher zum Sacrow-Paretzer-Kanal gehört, südlich dieses Gebietes in Betrieb genommen wurde, lagen alle drei plötzlich auf einer Insel. Sie gehörten zu den größten und beliebtesten Ausflugslokalen im Potsdamer Umland.

Nedlitzer Durchstich mit Friedensbrücke (Südbrücke)

Nedlitz war damals eine grüne Oase und wegen der guten Erreichbarkeit mittels »Kraftpostbussen« und per Dampfer ein gern angesteuertes Ziel. In den 1920er- und 1930er-Jahren wurden die drei Restaurants häufig als Ziel von Betriebsausflügen der großen Berliner Industriebetriebe wie Siemens, AEG oder Borsig auserkoren.

Alle drei Restaurants verfügten über Schiffsanleger, um die Anzahl der Dampferlandungen zu bewältigen. Die Lokale besaßen mehrere Säle und große Gartenterrassen am See. Allein die Römerschanze, benannt nach einem spätbronzezeitlichen Wall im benachbarten Königswald, hatte über 3 000 Plätze. Geworben wurde mit »gutem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen zu kleinen Preisen und guter Küche«. Im Sommer wurden zusätzlich Zimmer vermietet, es gab Kegelbahnen, Bootsverleih und Spielplätze.

Lage der Insel Nedlitz nördlich des Nedlitzer Durchstiches

1945 bis 1990

Der Zweite Weltkrieg und die deutsche Teilung verschonten auch Nedlitz nicht. Wehrmachts-Einheiten sprengten die Nordbrücke (Persius-Brücke) kurz vor Kriegsende. Ihr Wiederaufbau erfolgte bis 1950, die Brücke war aber im Laufe der nun folgenden Jahrzehnte zunehmend weniger heutigen Verkehrsbelastungen gewachsen. Trotz Protesten wurde sie daher 2002 abgerissen und durch einen 2003 eingeweihten Neubau ersetzt.[2]

Das Schweizerhaus, im Krieg schwer beschädigt, diente zunächst noch als Flüchtlingsnotunterkunft, wurde dann aber nach und nach von dem sich nun auf der Insel ausbreitenden DDR-Autobahnbau-Kombinat (Betriebsteil Potsdam) beseitigt. Dieser Betrieb übernahm später auch die Römerschanze, um auf dem gesamten Gelände seine Berufsausbildung unterzubringen. Auch die Grenzübergangsstelle Nedlitz war hier angesiedelt, zuständig für den Güterverkehr auf der Transitwasserstraße, der Unteren Havel-Wasserstraße von und nach West-Berlin.

Am Ufer, wo früher die Pavillons standen, wurde ein Heizhaus mit einem fast 30 Meter hohen Schornstein gebaut. Die restlichen Freiflächen der Insel wurden überbaut, sie machte nun eher den Eindruck eines Industriegebiets. Die Weiße Flotte lief Nedlitz noch bis Anfang der 1980er Jahre an, bis aufgrund der Grenznähe der Linienverkehr eingestellt wurde. Das Parkrestaurant behauptete sich als HO-Gaststätte bis 1990.

Entwicklung seit 1990

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands und der daraus resultierenden Schließung des Autobahn-Kombinats im Zuge der De-Industrialisierung der "Neuen Bundesländer" prägen Industriebrachen die Nedlitzer Insel. Die verkehrsreiche B 2 bildet eine Schneise quer über die Insel. Die Römerschanze wurde von wechselnden Möbelverkäufern genutzt und nach langem Leerstand im Sommer 2008 abgerissen, auch das Parkrestaurant wird seit längerem nicht mehr betrieben. Die Grundsubstanz ist erhalten, aber in einem sehr renovierungsbedürftigen Zustand, der Investoren in der Vergangenheit zurückschrecken ließ. Zudem verteuern Auflagen des Denkmalschutzes alle Arbeiten. So steht das Gelände bis heute unverändert zum Verkauf. Seit kurzem ist allerdings der Wiederaufbau des Nordturms der Nedlitzer Brücke geplant. Die Fertigstellung der neuen, rund 50 Meter westlich verschobenen Südbrücke, ist noch für das Jahr 2011 geplant. Ein sich anschließender Kreisverkehr, finanziert vom Potsdamer Ortsteil Groß Glienicke, soll den Abschluss bilden und die einmündende Amundsenstraße sowie die B2 miteinander verbinden.

Sehenswürdigkeiten

  • Fährgutshaus (Umbau von Ludwig Persius)
  • Nordbrücke (Persiusbrücke 2002 abgerissen, 2003 durch Neubau ersetzt)
  • Südbrücke (Brücke des Friedens), historische Eisenkonstruktion
  • ehemalige Gaststätte Parkrestaurant auf der Nedlitzer Insel.
  • Landhaus Dr. Heymann, 1930/31 von dem Architekten J. A. Campbell im englischen Landhausstil errichtete Villa am Fahrländer Damm 9, im Volksmund "Klein-Cecilienhof" genannt.

Sonstiges

1925 zählte Nedlitz 193 Einwohner. 2008 waren es 185 Einwohner.[3] Die ab 1934 erweiterten Nedlitzer Kasernen (nördlich der ehemaligen Garde-Artillerie-Kasernen) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg durch sowjetische Truppen genutzt. Im Anschluss an den Abzug der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland 1994 wurden die Gebäude abgebrochen. An ihrer Stelle sollte nach den Plänen von SAP-Gründer Hasso Plattner eine Hochtechnologiestadt samt Wohnviertel entstehen. Die Pläne wurden jedoch bis heute nicht realisiert. Statt dessen macht das Gelände durch kontaminiertes Grundwasser Schlagzeilen.[4] In Nedlitz wurde 1965 die Kläranlage Potsdam-Nord in Betrieb genommen, die 1999 umfassend saniert wurde. Die Nedlitzer Insel mit den Überresten der drei Ausflugslokale wurde 2006 von der hollandischen Immobilienunternehmen Robex erworben, das dort Investitionen von 30 Millionen Euro plante. Zwischenzeitlich erfolgte der Abriss der ehemaligen Gastwirtschaft Römerschanze. Ansonsten ist jedoch nichts weiter passiert.[5]

Literatur

  • Holger Lehmann: Berliner Ausflüge - Unterwegs zu den schönsten Zielen des alten Berlins. Berlin 2009, ISBN 978-3-86650-351-9

Bilder

Einzelnachweise

  1. Fontane-Text zur Nedlitzer Fähre und ihrer Betreiberfamilie
  2. Darstellung der Nordbrücken-Geschichtex
  3. Einwohnerzahlen von 2008 auf Potsdam.de
  4. PNN-Artikel zur Grundwasserverschmutzung
  5. PNN-Artikel zum Insel-Kauf

Weblinks

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