Pauline Nyiramasuhuko

Pauline Nyiramasuhuko

Pauline Nyiramasuhuko (* 1946 in Ndora) ist eine ruandische Politikerin. Sie war als Kriegsverbrecherin am Völkermord in Ruanda beteiligt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familie und Beruf

Nyiramasuhuko wurde als Tochter einer Bauernfamilie aus Ndora, nahe Butare geboren, der Provinzhauptstadt der gleichnamigen Provinz (heute: Südprovinz). Sie besuchte die High School und lernte während dieser Zeit Agathe Kanziga, die spätere Ehefrau des Präsidenten Juvénal Habyarimana kennen. Nyiramasuhuko verließ Butare und ging in die Hauptstadt Kigali, um als Sozialarbeiterin für das Sozialministerium zu arbeiten. Mit Agathe Kanzigas Unterstützung wurde Nyiramasuhuko bis zur nationalen Inspektorin des Ministeriums befördert. 1968 heiratete sie Maurice Ntahobali, der später Präsident der ruandischen Nationalversammlung und Bildungsminister wurde. Sie ist Mutter von vier Kindern. In späteren Jahren machte sie einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften.

Völkermord

Hauptartikel: Völkermord in Ruanda

Nyiramasuhuko wurde 1992 als Ministerin für Familien- und Frauenangelegenheiten berufen und war in diesem Amt auch 1994 im Kabinett Kambanda vertreten,[1] das die führende Rolle beim Völkermord in Ruanda ausübte. Die Politikerin der MRND nahm an mehreren Kabinettssitzungen der Übergangsregierung teil, bei denen – nach der späteren Feststellung des Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda – Beschlüsse zur Vorbereitung des Völkermords gefasst wurden.

Als der vorherige Präfekt der Region Butare sich den Maßnahmen gegen Tutsi und gemäßigte Hutu widersetzte, wurde er abgesetzt und vermutlich getötet. Die Regierung schickte dann zur Ausführung Kommissare in den Süden, darunter auch Nyiramasuhuko. Laut einem Bericht der New York Times hielt sie zu dieser Zeit aufstachelnde Reden, die vom staatlichen Radiosender Radio Rwanda übertragen wurden.[2] Nach einem Bericht der Zeitschrift Der Spiegel habe sie der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und Zeugenaussagen zufolge unter anderem die Hutu-Milizen in Butare auf Flüchtlinge gehetzt, zur Massenvergewaltigung von Tutsi-Frauen aufgerufen, dabei einige der Opfer persönlich ausgewählt, Bier für die Milizionäre und Benzin für die Scheiterhaufen besorgt.[3]

Flucht und Prozess

Als im Juli 1994 die vorrückende Tutsi-Armee der Ruandischen Patriotischen Front (RPF) den Völkermord beendete, floh Nyiramasuhuko mit vielen anderen Hutus ins benachbarte Zaire (heute: Demokratische Republik Kongo), später setzte sie sich nach Kenia ab. Nach knapp drei Jahren, die sie in Kenia verbrachte, wurde sie am 18. Juli 1997 in Nairobi verhaftet und kurz darauf an den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda im tansanischen Arusha überstellt, wo sie wegen ihrer Beteiligung an verschiedenen Verbrechen im Zusammenhang mit dem Völkermord in der Region Butare angeklagt war.

Der Prozess wurde am 12. Juni 2001 eröffnet. Nyiramasuhuko selbst leugnete die Beteiligung an den Verbrechen. Ihre Verteidiger plädierten auf Freispruch, da sich die belastenden Zeugenaussagen widersprächen. Die Staatsanwaltschaft erklärte in ihrem Plädoyer im April 2009 hingegen, ohne die Beteiligung Nyiramasuhukos und ihrer Mitangeklagten sei der Völkermord in Butare nicht möglich gewesen.[4] Am 24. Juni 2011 verurteilte der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda sie zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Verschwörung zum Völkermord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Tötungen und Anstiftung zu Vergewaltigungen, sowie wegen schwerer Verstöße gegen die Genfer Konventionen, die in Hunderten Fällen an Tutsi in Butare begangen wurden. Gemeinsam mit ihr wurden ihr Sohn Arsène Shalom Ntahobali, der als einer der Anführer der Interahamwe-Milizen in Butare beteiligt war, und die vier weiteren im „Butare-Fall“ Angeklagten verurteilt.[5][1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Erste Frau wegen Völkermords verurteilt. In: 20 Minuten. 24. Juni 2011, abgerufen am 28. Juni 2011 (deutsch).
  2. A Woman's Work, von Peter Landesman, The New York Times vom 15. September 2002, siehe unter Weblinks. Abgerufen am 29. Juni 2011.
  3. Tage des Gerichts von Alexander Smoltczyk, Der Spiegel (49/2002) vom 2. Dezember 2002. Abgerufen am 29. Juni 2011.
  4. UN-Gericht verurteilt erstmals eine Frau wegen Völkermordes, Zeit Online vom 24. Juni 2011. Abgerufen am 29. Juni 2011.
  5. Butare Judgement Delivered, Veröffentlichung des International Criminal Tribunal for Rwanda vom 24. Juni 2011. Abgerufen am 29. Juni 2011.

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