Schweizermühle

Schweizermühle
Schweizermühle
Koordinaten: 50° 51′ N, 14° 3′ O50.846914.043360Koordinaten: 50° 50′ 49″ N, 14° 2′ 35″ O
Höhe: 360 m
Postleitzahl: 01824
Vorwahl: 035033
Blick auf Schweizermühle

Schweizermühle ist ein Ort in der Gemeinde Rosenthal-Bielatal im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Sachsen, der aus einem alten Hammerwerk mit angeschlossener Mühle und einer Kaltwasserheilanstalt hervorgegangen ist. Ursprünglich wurde die Ansiedlung als Oberhütten oder Oberhüttenmühle bezeichnet, nach Etablierung der Bezeichnung Sächsische Schweiz erhielt die Mühle 1824 auf Anregung des Heimatforschers Carl Merkel den heutigen Namen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hammerwerk und Mühle

Im Bielatal wurden bereits seit Beginn des 15. Jahrhunderts Erze aus Berggießhübel in Hammerwerken verarbeitet. Der älteste Hammer war der bereits 1410 erwähnte Hammer Brausenstein, dessen noch erhaltener Hochofen zugleich das einzige sichtbare Zeugnis der Montangeschichte des Bielatals ist.

Oberhalb des Brausensteins wurde erstmals 1473 in einer böhmischen Urkunde ein Hammerwerk „Roczmital s hamrem“ erwähnt.[2] Zusammen mit Rosenthal kam auch der Hammer 1503 von Böhmen an das Kurfürstentum Sachsen. Im Jahr 1518 wurde das Hammerwerk als „Oberhütte“ bezeichnet, um es von den Hütten im unteren Bielatal bei Königstein zu unterscheiden. Zum Hammerwerk gehörte auch eine Sägemühle, die 1567 als „muhl an der Oberhütten“ bezeichnet wurde, allerdings bereits 1589 abbrannte und danach zunächst nicht wieder aufgebaut wurde. Unter dem Hammerherrn Hans Joachim Münch wurde das Hammerwerk 1653 um einen Hochofen ergänzt und konnte damit außer geschmiedeten Waren auch Gusserzeugnisse herstellen. Geschützlieferungen gingen nicht nur ans Dresdner Zeughaus, sondern bis in die Niederlande.[2]

Aufgrund von Holzmangel war das Hammerwerk spätestens Anfang des 18. Jahrhunderts nicht mehr rentabel, nach einer Zwangsversteigerung wurde der Hochofen 1726 außer Betrieb genommen. Erst 1799 wurde auf dem Gelände wieder eine Schneidemühle eingerichtet. Diese als Oberhüttenmühle bezeichnete Mühle wurde alsbald auch von Besuchern des Bielatals gerne als Unterkunft und Gastwirtschaft genutzt, so etwa von Wilhelm Leberecht Götzinger und Carl Heinrich Nicolai. Aber erst 1820 erhielt der Müller offiziell die Konzession und Berechtigung, Gäste zu bewirten. 1824 erhielt die Mühle den heutigen Namen Schweizermühle.[2]

Kaltwasseranstalt

Kaltwasserheilsanstalt um 1900

Der Müller der Schweizermühle baute ab 1837 eine Kaltwasserheilanstalt auf. Er profitierte dabei von den in der Umgebung vorhandenen Quellen, die zusätzlich zur Biela die Versorgung mit stark kohlensäurehaltigem Frischwasser sicherten. Bestanden die Bademöglichkeiten anfangs nur aus einigen Wannen- und Kastenbädern an der Biela sowie Duschen und Sturzbädern am Mühlenzulauf, so wurde 1838 bereits das sogenannte Alte Kurhaus erbaut. 1866 folgte das Neue Kurhaus im Schweizerstil. Neben den Kuranlagen entstanden im Tal auch diverse Landhäuser und Villen, jeweils umgeben von Gärten. 1886 brannten die bereits nicht mehr betriebene Mühle und das Badehaus ab. Während das Badehaus mit Wellenbad, Schwimmbassin, Wannenbädern, Brausen und einer Arztwohnung wieder aufgebaut wurde, brachen die Betreiber die Reste der Mühle schließlich ab.[2] Bereits 1894 erhielt die Schweizermühle durch eine an der Biela installierte Turbine elektrische Stromversorgung. 1897 richtete ein Hochwasser der Biela schwere Schäden an, wie auch weitere Hochwasser immer wieder Verwüstungen hinterließen, so etwa 1957.[3]

Neben anderen Angehörigen des deutschen und europäischen Hochadels waren die wohl prominentesten Besucher der Badeanstalt 1878 die preußische Kronprinzessin Victoria und – bis 1911 mehrfach – der letzte sächsische König Friedrich August III..[3]

Der letzte Besitzer der Kaltwasserheilanstalt musste 1912 allerdings Konkurs anmelden. Den umfangreichen Gebäudekomplex übernahm danach die Maggi AG, die ein Erholungs- und Ferienheim für ihre Mitarbeiter einrichtete.[2] Im 2. Weltkrieg wurden zunächst nach dem Hitler-Stalin-Pakt ins Reich umgesiedelte sogenannte Volksdeutsche aus der Sowjetunion und anschließend ältere Menschen aus bombengefährdeten Städten untergebracht.[3] Nach dem Krieg folgten Heimatvertriebene aus den Ostgebieten, bis 1947 eine Tuberkuloseheilstätte in den Gebäuden untergebracht wurde. Diese wurde 1964 geschlossen. Vier Jahre später wurde in den Gebäuden ein Altersheim eingerichtet.

Nach der Wende wurde das Altersheim 1992 geschlossen, bis 1995 nutzte noch der Bundesgrenzschutz einige Räumlichkeiten. Nach der Rückübertragung an Nestlé als Rechtsnachfolger der Maggi AG im Jahr 1994 wurden die Gebäude zugemauert und verfielen zusehends.[3] 2005 erwarben der Förderverein Schweizermühle und verschiedene Privatpersonen die Gebäude und Grundstücke der Schweizermühle. Weitere Bemühungen des Fördervereins um Investoren blieben bislang ohne nennenswerte Ergebnisse.[4] Lediglich einzelne Gebäude wie bspw. die Villa Jordan wurden inzwischen saniert.[5]

Einzelnachweise

  1. Peter Rölke (Hrsg.): Wander- & Naturführer Sächsische Schweiz, Band 2, Verlag Rölke, Dresden 2000, ISBN 3-934514-09-X, S. 234
  2. a b c d e Gerhard Engelmann: Im Süden der Barbarine. 1. Auflage. Akademie-Verlag Berlin, Berlin 1960 (Werte der deutschen Heimat. Band 3). S. 57 ff.
  3. a b c d http://www.bad-schweizermühle.de/index.html (abgerufen am 13. Juni 2011)
  4. http://www.sz-online.de/Nachrichten/Pirna/Hollaender_schwaermt_von_der_Schweizermuehle/articleid-2150302 (abgerufen am 13. Juni 2011)
  5. http://www.schweizermuehle.de/?page_id=77 (abgerufen am 13. Juni 2011)

Weblinks


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