Offizier-Casino Döberitz

Offizier-Casino Döberitz

Das Offizier-Casino Döberitz befindet sich in Dallgow-Döberitz in Brandenburg und wurde 1895 im Zuge der Anlage des Truppenübungsplatzes Döberitz errichtet und diente den Offizieren und höheren Beamten als Speise- und Erholungsstätte. Die Nutzung war auf die Sommermonate, den Übungszeiten der Truppen, beschränkt. Das erklärt die Leichtigkeit der Standardkonstruktion, die auch auf anderen Truppenübungsplätzen (Altengrabow bei Magdeburg, Arys in Ostpreußen, Warthelager) verwendet wurde. Für kühle Tage standen Kanonenöfen bereit. Die Bauten wurden aus dem Holz errichtet, das bei der Rodung der jeweiligen Übungsplätze anfiel. Bis 1905 wurde das Gebäude durch mehrere Anbauten, wie Schank-, Speise-, Küchen- und Lagerräume, zum Teil unterkellert, ergänzt. Die Nutzfläche beträgt rund 2100 m².

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Eine Zeichnung des Offizier-Casinos Döberitz, Originalzustand ohne Verbretterung, ca. aus dem Jahr 1900

Das Gebäude entstand in Fachwerkbauweise. Auf Wunsch Kaiser Wilhelms II., der Holzbauten auf einer Norwegenreise bewundert hatte, wurde der Bau mit einer äußeren Holzverschalung (Harzer Schalung) versehen und erhielt dadurch seinen eigenen Reiz.

Der Bau erhebt sich als Holzkonstruktion über einem Ziegelsockel. Die Dachkonstruktion besteht aus einem flachgeneigten Satteldach bzw. Pultdächern mit Bitumenpappdeckung. In der Mitte des Gebäudes befindet sich der ca. 30 x 13 Meter große Speise- und Festsaal mit seiner neun Meter hohen Decke. Auch im Inneren ist Holz als Material bestimmend. Die Decke des großen Saalbaus ist eine offene, auf Holzstützen ruhende Konstruktion. Teile der Wände sind vertäfelt.

Der Saal wird basilikaartig durch Oberlichtfenster beleuchtet, deren Anordnung mit der Arkaden-Gestaltung der hölzernen Veranda korrespondiert. Bestimmend waren hierbei die Abstände der senkrechten Konstruktionselemente des Saales. Die Oberlicht-Seiten sind durch Zuganker miteinander verbunden. Auch die Originaltüren sind noch vorhanden. Quer zum großen Saal befindet sich ein kleinerer Saal, ebenfalls mit offener hölzerner Dachkonstruktion.

Nach Norden öffnet sich der Saal zu der dekorativ verzierten offenen Veranda, eine Freitreppe führt in den Casinopark. In den Kellerräumen unterhalb der Veranda befand sich eine Weinstube. Im Osten zum Steilhang des Schwanengrabens fügte sich eine geschlossene Veranda an.

Im Jahr 1906 überwies Kaiser Wilhelm II. einen großen Kronleuchter, den er von den Oberförstern seiner Reviere zur Silberhochzeit erhalten hatte, in den großen Speisesaal.

Während die anderen Bauten des Truppenlagers Döberitz (Zelte, Wellblechbaracken) im Laufe der Zeit durch feste Steinbauten ersetzt wurden (Unterkunftsgebäude, Lazarette, Unteroffizierskasino), blieb das Offizierscasino in seinem ursprünglichen Zustand bis heute erhalten. Diese Leichtbauweise und die seit über 60 Jahren unzureichende Pflege machen den schlechten Erhaltungszustand verständlich.

Nutzungsgeschichte

Die Flächen- und Gebäudenutzung wechselte unter den verschiedenen militärischen Nutzern. Als Offizier-Speiseanstalt wurde das Offizierkasino zuletzt von den sowjetischen Streitkräften bis etwa 1970 genutzt. Aus dieser Zeit sind im großen Speisesaal bis heute zwei Wandmalereien von unbekannter Hand in unterschiedlicher Qualität erhalten. Es handelt sich um Kopien der Ölgemälde „Morgen im Kiefernwald” von Iwan Iwanowitsch Schischkin (1889) und „Jäger bei der Rast” von Wassili Grigorjewitsch Perow (1871), wobei hier der Kopist eine als fehlend empfundene Wodkaflasche einfügte.

Etwa ab 1970 wurden Räume des Casinos zur Verkaufseinrichtung der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland („Magazin“, „Russenmagazin“) und des „HO-Spezialhandel“ bis 1991 genutzt, in dem auch die deutsche Bevölkerung einkaufen durfte. Das Casino befand sich zu dieser Zeit außerhalb der sowjetischen Kaserne, die Umzäunung verlief südlich direkt hinter dem Casino. Als ehemalige militärische Liegenschaft war das Casino seit 1992 im Besitz des Bundesvermögensamtes. Die Architektur wurde als erhaltenwert eingeschätzt.

1993 fand eine Beräumung und einstweilige Sicherung statt. Das Casino wurde 1996 an die Gemeinde Dallgow-Döberitz für einen symbolischen Kaufpreis übertragen. Zeitgleich wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. 1999/2000 erfolgte die Dachinstandsetzung für 20.000 DM. Für das Casino, das unwirtschaftlich zu beheizen ist, fand sich keine Nutzung. Seit 1993 hat sich der Bauzustand durch Beschädigung, Vandalismus, Graffiti, Witterungseinflüsse und zerstörte Fenster drastisch verschlechtert. Das Dach ist inzwischen wieder undicht, Fußböden sind eingebrochen, das Parkett im großen Saal ist aufgequollen und die Fenster sind zum großen Teil zerstört. Teile des Gebäudes sind vom Schwamm befallen. Seit Jahren droht der Einsturz.

Denkmalwert des Gebäudes

Die Denkmalschutzbehörde hat in ihrem Gutachten vom 2. Mai 1996 den grundsätzlichen Denkmalwert des Gebäudes festgestellt. Neben dem Kasino selbst, gehören zu der Baugruppe der Wasserturm und die Baracke Nr. 34.

Demnach besitzen Offizierskasino, Wasserturm und Baracke militär- und ortsgeschichtliche Bedeutung als bauliche Zeugnisse des Lagers Döberitz, welches das erste stationäre Truppenlager der Region war. Darüber hinaus dokumentieren die Gebäude den ausgedehnten militärischen Standort an der heutigen Bundesstraße 5, dessen Tradition bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht.

Umfeld des Standortes

Das Offizier-Casino liegt in einer weitläufigen, baumbestandenen Grünanlage, dem ehemaligen Casino-Park. Die ca. 4000 m² große Freifläche zieht sich entlang der Wilhelmstraße bis zur „Alten Post“ hin. Östlich fällt das Gelände steil zum sieben Meter tiefer gelegenen Schwanengraben ab. Von den historischen Bauten im Park ist heute nichts mehr erhalten. Nordwestlich vom Casino stand ein großer halbrunder Musikpavillon (Musikmuschel) in hölzerner Bauweise. Hier wurden Konzerte abgehalten. Im nördlichen Teil befanden sich zur Jahrhundertwende ein Lawn-Tennisplatz und ein Teehaus (um 1982 abgerissen).

Zur ursprünglichen Erholungsanlage am Casino gehörte oberhalb des Schwanengrabens angrenzend ein Aussichtsplatz mit Pavillon, darunter befand sich der Zugang zu einem Eiskeller. Unterhalb am Ufer des Schwanengrabens stand eine Kegelhalle, die später zu einem Kino und Schießstand ausgebaut wurde. Nördlich des Offizierscasinos stehen an der Wilhelmstraße heute noch drei repräsentative, denkmalgeschützte Gebäude im Landhausstil. Während das Gebäude Wilhelmstraße 4 als Postamt konzipiert wurde (erbaut 1916/18), dienten die Häuser Wilhelmstraße 2, erbaut 1897 und 1913, als Garnisonsverwaltung. Sie sind inzwischen kernsaniert und warten auf eine neue Nutzung. Im Jahre 1913 wurde am Nordtor gegenüber dem Casino das (im Volksmund) so genannte „Millionenviertel“ errichtet, das aus fünf, in einem nach Süden offenen Rechteck angeordneten, eingeschossigen Offiziersgebäuden mit Dachausbau bestand. Diese Gebäude werden heute als Wohnhäuser genutzt. Der 1898 erbaute, 30,8 m hohe Wasserturm, ein Klinkersteinbau im Wilhelminischen Stil, wurde 1998 vollständig saniert und ist zum ortsbildbestimmenden Wahrzeichen geworden. Die ehemalige Stabsbaracke, als einziges Unterkunftsgebäude erhalten, wurde 1999 als Spielhaus in die Kindertagesstätte St. Martin integriert. Zusammen mit diesen wenigen erhaltenen Gebäuden gehört das Offizier-Kasino zu den letzten Zeugnissen des ehemaligen Lagers Döberitz.

Literatur

  • Marie-Luise Buchinger: Gutachtliche Äußerung zum Denkmalwert
  • Paul Deickert: Döberitz - Betrachtungen und Bilder aus der Vergangenheit und Gegenwart des Truppenübungsplatzes Döberitz, Döberitz 1930
  • Jürgen Tietz: Zwei Kasernenbauten von Walter und Johannes Krüger in Brandenburg (i.e. Löwen-Adler-Kaserne Döberitz und Radfahrer-Kaserne Fürstenwalde/Rauen), Brandenburgische Denkmalpflege, Jg. 6, Berlin 1997, Heft 2, S. 5 ff.
  • Kai Biermann / Erhard Cielewicz: Flugplatz Döberitz, Geburtsort der militärischen Luftfahrt in Deutschland, Berlin 2005
  • Wolfgang Cilleßen: Das Olympische Dorf 1936, Berlin 1996
  • Susanne Dost: Das Olympische Dorf 1936, im Wandel der Zeit, Berlin 2003
  • Das Olympische Dorf Unterkunft der Infanterieschule und des I. Bataillons des Infanterie-Lehrregiments Berlin 1938 2. Auflage der offiziellen Dokumentation Das Olympische Dorf, 1936
  • Margrit Kühl, Wolfgang Schäche, Christian Schwan, Hans Joachim Teichler: Vergessener Ort Olympisches Dorf 1936., Berlin 2009
  • Lutz Münchhoff: Dallgow-Döberitz im Fluge, Dallgow-Döberitz 2007
  • Wilhelm Doegen: Kriegsgefangene Völker, Band 1, Berlin 1919
  • Alexander Backhaus: Die Kriegsgefangenen in Deutschland, Gegen 250 Wirklichkeitsaufnahmen aus deutschen Gefangenenlagern, Siegen, Leipzig, Berlin 1915
  • Hrsg. Erika Stix, mit Beiträgen von Ruth Öhlenschläger, Dietrich von Creytz, Michael Knuth, Stefan Lindemann u.a.: Zur Geschichte der Döberitzer Heide , Berlin, Band 1–9, 1999–2011

Weblinks

 Commons: Truppenübungsplatz Döberitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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