Ostdeutscher Bund

Ostdeutscher Bund
Wappen der im Ostdeutschen Bund zusammengeschlossenen Burschenschaften

Der Ostdeutsche Bund (OB) ist ein Zusammenschluss von derzeit vier pflichtschlagenden Burschenschaften in der Deutschen Burschenschaft. Er geht zurück auf das 1893 geschlossene offizielle Verkehrsverhältnis zwischen den Burschenschaften Bruna Sudetia Wien und Allemannia Graz und ist somit eines der ältesten bestehenden cisleithanischen Verkehrsverhältnisse. Die Mitgliedsburschenschaften stehen in altösterreichischer Tradition.

Inhaltsverzeichnis

Charakteristik

Der Ostdeutsche Bund sieht sich selbst nicht als Kartell, zeigt jedoch starke kartellartige Charakterzüge. So genießen die einzelnen Mitglieder der Mitgliedsburschenschaften untereinander bundesbrüderliche Rechte und Pflichten. Jedes Mitglied des inneren Verbandes hat auf sämtlichen Conventen Sitz-, Rede-, und Stimmrecht, auf den Generalconventen Sitz- und Rederecht. Die Mitglieder sprechen sich als Bundesbrüder an; es gilt das bundesbrüderliche Du.

Aufgrund der cisleithanischen Tradition hatte der Ostdeutsche Bund erheblichen Anteil an der Gründung der Burschenschaft der Ostmark. Da ein Teil des OB nach dem Zweiten Weltkrieg aus seiner Heimat vertrieben wurde und der Bund bereits seit längerem staatsgrenzenübergreifend organisiert war, war er treibende Kraft bei der Gründung der Burschenschaftlichen Gemeinschaft.

Couleur

Der Ostdeutsche Bund führt selbst keine Insignien, jedoch tragen die Sprecher der Mitgliedsburschenschaften, neben dem eigenen, ein hellblau-silber-schwarzes Band mit den aufgestickten Zirkeln der Mitgliedsburschenschaften.

Geschichte

Das 1893 geschlossene Verkehrsverhältnis zwischen Bruna Sudetia Wien und Allemannia Graz wurde 1894 auf die Burschenschaft Libertas Brünn ausgedehnt, an deren Gründung Hubert Bartsch, ein in Brünn studierender Allemanne, wesentlichen Anteil hatte und die von Bruna Sudetia Wien gefördert wurde. Zu diesem Verkehrsverhältnis kam die Prager Burschenschaft Arminia, als sie anlässlich ihrer Aufnahme in den Linzer Delegiertenconvent 1896 mit Allemannia und Bruna Sudetia und 1898 mit Libertas ein offizielles Verkehrsverhältnis einging.

Wesentlichen Anteil hatte das Verkehrsverhältnis an der Gründung der Burschenschaft der Ostmark 1907. Der Geschäftsleitung in Linz gehörten als Obmann von 1907 bis 1920 DI Hans Czermak (Allemannia Graz), als Stellvertreter Hugo von Claucig (Pappenheim Innsbruck) und als Säckelwart Robert Schwinner (Bruna Sudetia Wien) an. Weiters war bis zur Auflösung der Geschäftsleitung infolge des Zusammenschlusses der Burschenschaft der Ostmark mit der Deutschen Burschenschaft 1920, Landgerichtsrat Karl Scholz (Arminia Prag) als Obmannstellvertreter (1913-1920) und Obmann des Ausschusses zur Ausarbeitung eines gemeinsamen Paukkommentes in der Burschenschaft der Ostmark führend tätig.

Am Burschentag 1921 kam es nicht zuletzt auf Grund guter Beziehungen der Prager Burschenschaft Arminia zum Süddeutschen Kartell zu einer Arbeitsgemeinschaft mit diesem, die 1923 zu einem Arbeitsabkommen auf der Grundlage der Richtlinien des Verkehrsverhältnisses erweitert wurde. Dieses Arbeitsabkommen wurde 1924 bzw. 1925 auf Alemannia Stuttgart und Cheruskia Dresden erweitert.

Der Name Ostdeutscher Bund (OB) wurde auf einer Sprechertagung 1922 angeregt und ab 1924 offiziell geführt. Nachdem die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges heimatvertriebenen Burschenschaften Libertas Brünn und Arminia Prag ihren Aktivbetrieb in München wieder eröffnet hatten (1952), wurde der Ostdeutsche Bund mit Allemannia Graz und Bruna Sudetia Wien wieder offiziell installiert und das Arbeitsabkommen mit dem Süddeutschen Kartell wieder aufgenommen.

Die Burschenschaft der Pappenheimer Innsbruck hatte sich auf Grund der unsicheren Nachwuchssituation aufgelöst, einige Pappenheimer hatten sich Bruna Sudetia angeschlossen, der überwiegende Teil der Burschenschaft Suevia Innsbruck.

1958 übersiedelte Libertas Brünn nach Aachen. Die Diskussion über den Vorschlag von Bruna Sudetia, den Ostdeutschen Bund in ein Kartell umzuwandeln, führte 1962 zu einer neuen Satzung, in der ausdrücklich festgehalten ist, dass es sich beim Ostdeutschen Bund nicht um ein Kartell, also um eine Burschenschaft an mehreren Orten, sondern um ein Verkehrsverhältnis handelt. Ebenfalls 1962 kündigte der Ostdeutsche Bund das Arbeitsabkommen mit dem Süddeutschen Kartell, da sich wegen der unbestimmten Haltung des SK zur Fusion von DB und DBÖ die Zusammenarbeit als unfruchtbar erwiesen hatte. Im Wintersemester 1965/66 übersiedelte die Prager Burschenschaft Arminia nach Bochum.

Anlässlich ihres 100. Stiftungsfestes 1969 schenkte Allemannia Graz allen Mitgliedsbünden des OB ein mit allen Zirkeln und der Aufschrift Ostdeutscher Bund besticktes Band in ihren Farben, das seit 1978 von allen Sprechern auf allen Veranstaltungen getragen wird.

Durch die offizielle Aufnahme der Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken, zu der langjährige Kontakte und deren gutes Verhältnis mit Arminia geführt hatten, wurde der Ostdeutsche Bund am Burschentag 1977 in Linz wieder zu einem Zusammenschluss von fünf Burschenschaften. Aufgrund unterschiedlicher politischer und burschenschaftlicher Standpunkte, vor allem was die Aufnahme von Nichtdeutschstämmigen betrifft, beschlossen die verbliebenen Burschenschaften des Ostdeutschen Bunds, sich von der Prager Burschenschaft Arminia zu trennen. Der Ausschluss erfolgte am 5. Mai 2005.

Mitgliedsburschenschaften

Der Ostdeutsche Bund besteht aus den Burschenschaften:

  • Akademische Burschenschaft Allemannia Graz (Gründungsjahr 1869)
  • Wiener akademische Burschenschaft Bruna Sudetia (Gründungsjahr 1871)
  • Brünner Burschenschaft Libertas zu Aachen (Gründungsjahr 1874)
  • Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken (Gründungsjahr 1880)
  • ehemals: Innsbrucker Burschenschaft Pappenheim (Gründungsjahr 1884), nach dem 2. Weltkrieg überwiegend in Burschenschaft Suevia Innsbruck aufgegangen
  • ehemals: Prager Burschenschaft Arminia zu Bochum (Gründungsjahr 1879), am 5. Mai 2005 ausgeschlossen

Arbeitsverhältnisse des Ostdeutschen Bunds (historisch):

Bekannte Angehörige der Burschenschaften des Ostdeutschen Bunds

Ferdinand Porsche um 1905
  • Rudolf Berger (?-1942), Abgeordneter zum österreichischen Reichstag und böhmischen Landtag, Großkaufmann in Santiago de Chile
  • Karl Freiherr von Brzesowsky (?-1928), Polizeipräsident von Wien (1907-1914)
  • Ferdinand Falkensammer (?-1953), Abgeordneter zum oberösterreichischen Landtag, Präsident des oberösterreichischen Industriellenverbandes, Präsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Präsident der Österreichischen Brau-AG
  • Oskar Hausmann (?-1976), Hochschulprofessor an der TH Wien
  • Franz Heinl (?-1950), Hochschulprofessor an der TH Brünn
  • Ludwig Kerschner (?-1911), Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck
  • Gunther Lock (1900-1988), Hochschulprofessor an der Universität Linz
  • Franz Lejeune (?-1967), Hochschulprofessor an der TH Wien
  • Frank Peschka (?-1908), Abgeordneter zum österreichischen Reichstag und böhmischen Landtag, Deutscher Landsmannminister, Gründer der Deutschen Agrarpartei
  • Anton Piëch (1894-1952), Rechtsanwalt, Teilhaber an der Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH, Hauptgeschäftsführer der Volkswagenwerk G.m.b.H., Geschäftsführer der Porsche-Konstruktionen-Ges.m.b.H. (heute Porsche Holding)
  • Ferdinand Porsche (1875-1951), Konstrukteur, Generaldirektor sowie Entwicklungs- und Produktionsleiter der Oesterreichischen Daimler-Motoren-Gesellschaft, 1917 Ehrendoktor der TH Wien, Inhaber des Offizierskreuz des Franz-Josephs-Ordens, Leiter des Konstruktionsbüros und Vorstandsmitglied der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG), 1924 Dr.-Ing. ehrenhalber der Technische Hochschule Stuttgart, Gründer der Dr. Ing. h. c. F. Porsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Konstruktionen und Beratungen für Motoren und Fahrzeugbau, Erfinder des KdF-Wagen bzw. VW Käfer, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Aufsichtsrats der Volkswagenwerk G.m.b.H., Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft, 1940 Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Stuttgart, Gründer der Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH, Geschäftsführer der Porsche-Konstruktionen-Ges.m.b.H. (heute Porsche Holding)
  • Ernst Reichel (?-1934), Hochschulprofessor an der TH Charlottenburg
  • Julius Roller (?-1946), Abgeordneter zum österreichischen Reichsrat und böhmischen Landtag, Justizminister (1920-1927), Präsident des Obersten Gerichtshofs, Obmann des Kinderschutzvereins
  • Nathaniel Westermeier (?-1945), Hochschulprofessor an der TH Prag
  • Karl Wimmer (?-1930), Direktor der Kaffee HAG-Werke, Miterfinder des Entkoffeinierungsverfahrens von Kaffee
  • Ingo Füsgen (*1944), Chefarzt, Universitätsprofessor an der Universität Witten/Herdecke
  • Gerhard Hofecker (*1940), Tierarzt, Universitätsprofessor an der Veterinärmedizinischen Universität Wien
  • Lutz Weinzinger (*1943), Steuerberater, Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat (FPÖ)
  • Hugo Jury, (1887-1945), Facharzt, Politiker (NSDAP), Gauleiter des Reichsgaues Niederdonau, 1940 Reichsstatthalter, 1942 Reichsverteidigungskommissar
  • Karl Hermann Wolf, (1862-1941), Publizist, Abgeordneter zum österreichischen Reichstag und böhmischen Landtag, Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung

Weblinks


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