Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (Schlanders)

Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (Schlanders)
Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt zu Schlanders
Eingang zum Widum Schlanders, Pfarrhof und ehemalige Kommende des Deutschen Ordens
Das Gnadenbild zu „Unserer Lieben Frau am Rain“ in der Pfarrkirche zu Schlanders

Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Schlanders ist eine römisch-katholische Kirche im Vinschgau in Südtirol.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schon im Jahr 1170 wird Schlanders als Mittelpunkt eines Pfarrsprengels urkundlich erwähnt. Es wird vermutet, dass die Pfarre Schlanders bereits im 7. oder 8. Jahrhundert entstand, als vom Bistum Chur die großen Landpfarren ausgebaut wurden. Die enge Verbindung zum Churer Bistum geht auch daraus hervor, dass die Kathedrale in Chur ebenfalls Mariä Himmelfahrt geweiht ist. Jedenfalls gehört Schlanders zu den ältesten Pfarren in Südtirol. Zur Zeit der Entstehung der Pfarre hatte sie wohl einen viel größeren Umfang als im Spätmittelalter und in der Neuzeit, da sie auch die Gebiete von Laas und von Martell betreute. Aber auch aus einer Urkunde aus dem Jahr 1380 geht hervor, dass die Gemeinde dem Pfarrer ein Pferd zur Verfügung stellen musste, damit er die Filialkirchen erreichen konnte, um dort die Messe zu lesen.[1]

Im Hochmittelalter entwickelten sich die sogenannten Landkapitel oder Dekanate. Die Leitung eines solchen Dekanats oblag einem Vikar, auch Erzpriester genannt. Trotz der zentralen Lage von Schlanders wurden aber die dort tätigen Priester bis ins 19. Jahrhundert nie zu Erzpriestern ernannt. Die Ursache könnte daran gelegen haben, dass die Pfarre seit 1235 dem Deutschen Orden inkorporiert war, also von dessen Ordensangehörigen betreut wurde. Kaiser Friedrich II. hatte die Kirche dem Orden geschenkt. Zum Deutschen Orden, der während der Kreuzzüge als Ritterorden gegründet worden war, hatten die Bischöfe von Chur meist kein gutes Verhältnis.

Im Jahr 1499 wurde der Engadiner Krieg zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Schwäbischen Bund, der mit den Habsburgern verbündet war, mit Härte geführt. Nach dem Sieg der Eidgenossen in der Schlacht an der Calven wurde von diesen der Vinschgau geplündert. Auch Schlanders wurde in Mitleidenschaft gezogen und die Kirche erlitt schwere Schäden. Unter der Leitung des Meisters Oswald Furter aus Latsch im Vinschgau wurden die Pfarrkirche und die Kapelle St. Michael völlig erneuert. Im Jahr 1505 war alles wiederhergestellt. Aus dieser Zeit stammt auch der 97 Meter hohe Turm, der bis heute erhalten ist.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es wegen der Napoleonischen Kriege und des Tiroler Freiheitskampfes zu zahlreichen Umbrüchen. Am 17. September 1808 wurde der Vinschgau dem Bistum Brixen einverleibt. Erst jetzt, nach der Loslösung von Chur, wurde die Pfarre Schlanders 1812 zum Dekanat erhoben. Am 12. Oktober 1818 kam die Pfarre zum Bistum Trient.

Auch die politische Zugehörigkeit von Schlanders änderte sich. Nach der Niederlage der Tiroler Schützen unter Andreas Hofer im Jahr 1809 kam der nördliche Teil des Vinschgaus mit Schlanders zum Königreich Bayern. Die neue Regierung ließ 1811 die Kommende, die Niederlassung des Deutschen Ordens in Schlanders besetzen und deren Güter verkaufen. Auch nach der Rückgabe Tirols an Österreich im Jahr 1814 wurde eine Wiedereinsetzung des Ordens nicht mehr erwogen. Die Pfarrkirche ist seither Säkularkirche und wird von Diözesanpriestern betreut. Im Ort gibt es aber noch ein Kloster des Kapuzinerordens mit einer eigenen kleinen Kirche, die Johannes dem Täufer geweiht ist. Seit 1964 gehört die Pfarre Schlanders zur Diözese Bozen-Brixen.

Gebäude

Der Hochaltar der Pfarrkirche zu Schlanders wurde viele Male umgebaut. Nach der Renovierung der Kirche wegen der Zerstörungen im Engadiner Krieg von 1499 errichtete der schwäbische Meister Jörg Lederer 1513 einen Schnitzaltar. Von diesem sind nur noch wenige Heiligenfiguren erhalten geblieben, darunter eine Darstellung der Anna selbdritt. Wahrscheinlich wurde dieser spätgotische Schnitzaltar bereits in der Barockzeit durch einen neuen ersetzt. Die zentrale Figurengruppe, die die Krönung Mariens darstellt, und deren Hauptfigur die Marienstatue ist, blieb jedoch bis heute der Mittelpunkt des Altars. Der derzeitige Hochaltar wurde im Jahr 1910 errichtet. Der moderne Volksaltar wurde vom Künstler Karl Grasser im Jahr 1990 geschaffen.

Die dreischiffige gotische Pfarrkirche wurde von 1758 bis 1767 grundlegend umgestaltet. Der kaiserliche Hofmaler Josef Adam Mölk ließ die Pfeiler des Langhauses entfernen und bekam dadurch einen hohen, lichten Einheitsraum. Statt der Mittelpfeiler ließ er kräftige Wandpfeiler errichten. Zwei Seitenaltäre wurden im Langschiff in der Nähe des Chores in halbrunden Nischen eingebaut.

Durch den Verzicht auf den im Barock üblichen Stuck konnte Mölk Platz für großflächige Fresken schaffen. Im Langhaus malte er die biblische Esther, vor dem Perserkönig Xerxes I. kniend, inmitten einer riesigen gemalten Scheinarchitektur. Auch im Chor gibt es ein großes Bild, das von mehreren kleineren Malereien in den Feldern des Gewölbes umrahmt wird. Es stellt die Verehrung Mariens durch die Erdteile dar. Europa trägt die Züge der damals herrschenden Kaiserin Maria Theresia. Es wurde Marmor aus der Region zur Innenausstattung benutzt, viele Bauteile der gotischen Kirche wurden integriert.

Das Gnadenbild „Unserer Lieben Frau am Rain“ ist die Marienstatue im Mittelpunkt des Hochaltars. Eine Legende besagt, dass ein Bauer aus Kortsch, einem Gemeindeteil von Schlanders, die Statue in einem Feldrain entdeckt hat. Schon nach dem Engadiner Krieg von 1499 soll sie den Hochaltar geschmückt haben.

1799 war Schlanders von den anrückenden Truppen Napoleons bedroht. Die Schlanderser Schützen gelobten, jedes Jahr am Fest Mariä Namen die Statue in einer feierlichen Prozession durch den Ort zu tragen, wenn die Gefahr vorübergehe. Bald zogen die Franzosen ab, ohne Kriegsschäden zu hinterlassen. Seit dieser Zeit schwebte die Marienstatue alljährlich vor der Prozession auf einer Schiene vom Altar herab und wurde auf einen Tragebaldachin aufgesetzt. Danach wurde sie, begleitet von der Musikkapelle, den Schützen und vielen Gläubigen unter Böllerschüssen durch das Dorf getragen.

Der rund 97 Meter hohe gotische Turm ist der höchste Kirchturm in Südtirol und wegen seiner schlanken, schmalen Bauweise bemerkenswert. Das spitze, hohe Dach des Turmes ist leicht nach Westen geneigt.Er befindet sich links an der Chorseite der Kirche, daneben liegt auch ein Anbau mit einem kleinem Nebentürmchen.

Einzelnachweise

  1. Damian M. Hungs: Der Deutschordenspriester bis 1800. S. 48 Online

Weblinks


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