Chinesische Astrologie

Chinesische Astrologie
Die im Artikel verwendete Nomenklatur orientiert sich an den Übersetzungen der in der Frühzeit in China verwendeten Bezeichnungen. Bahnbrechend war hier die Übersetzung des deutschen Theologen Richard Wilhelm kurz nach der letzten Jahrhundertwende.

Die chinesische Astrologie (chinesisch 占星術 / 占星朮 zhānxīngshù ‚Kunst des Sternenwahrsagens‘) kennt keine Berechnung der Positionen von Sonne, Mond und Planeten zum Zeitpunkt der Geburt. Sie ist deshalb keine Astrologie im europäischen Sinne. Sie hat einen Kalender zur Rechengrundlage, dem eine Deutung unterlegt worden ist. Dazu gehören die chinesische Philosophie und verschiedene „Einzeldisziplinen“, die einander bedingen und durchdringen. Dazu gehören die Fünf-Elemente-Lehre, Yin und Yang und die Astronomie mit fünf Planeten und den zehn Himmelsstämmen (Himmelszeichen), den zwölf Erdzweigen, sowie der chinesische Kalender, ein Lunisolarkalender mit der Zeitrechnung nach Jahr, Monat, Tag und Doppelstunde.

Tiere des chin. Tierkreises, Qingyanggong-Tempel, Chengdu

Die überlieferte Legende nennt als Erfinder der chinesischen Astrologie (Kalenderdeutung) den „Gelben Kaiser“ Huangdi (2698 bis 2599 v. Chr.). Historisch konnte die Legende bis heute von Archäologen und von Astronomiehistorikern weder belegt noch widerlegt werden. Es fehlen maßgebliche Anhaltspunkte. Eine bestimmte, datierbare Himmelskonstellation gibt es nicht, da sie von Anfang an nicht zur Voraussetzung der Kalenderdeutung gehörte. Direkte Belege (wie die babylonischen Tontafeln) wurden bisher in China nicht gefunden. Ein Grund, warum die „chinesische Astrologie“ bis in die Gegenwart überliefert ist, kann wohl auch der chinesische Kalender sein. Im Laufe der Jahrtausende ist er, wie die Schriftzeichen, ein untrennbarer Bestandteil der chinesischen Kultur geworden und noch heute Bestandteil des chinesischen Alltags.

Inhaltsverzeichnis

Kunst des Sternenwahrsagens

Mit „Kunst des Sternenwahrsagens“ ist etwas anderes gemeint als Astrologie im westlichen Sinn. Die bisher gefundene während der Shang-Dynastie (16. bis 11. Jahrhundert v. Chr.) angelegte Sammlung „Drachenknochen“, enthält Orakelknochen aus der Zeit um 1300 v. Chr. Auf einem steht folgender Text: „Am siebten Tag des Monats wurde ein Stern gesehen, in Begleitung des Feuersterns (Antares).“ ([1]) Wenn eine der Konstellationen am Himmel wieder sichtbar war, erfuhr der Kaiser, der als Sohn des Himmels galt, von dieser Neuigkeit durch seinen Großsekretär. Entsprechend der Jahreszeit und dem Thema gab der Kaiser seinen Ministern, Fürsten und Beamten Anweisungen. Der Großsekretär hatte die Aufgabe, Gesetze und Verordnungen zu hüten sowie den Durchgang von Sonne und Mond, Planeten und Sternen zu beobachten, damit keine Irrtümer entstehen und die Aufzeichnungen mit früheren Zeiten übereinstimmen. Denn Sonne, Mond, Planeten, Sterne, Kometen und Meteore sowie Sonnenfinsternisse enthüllen den Willen des Himmels.[2] Der Hintergrund für diese Maßnahmen lag in der Rolle des Kaisers. Er galt als Sohn des Himmels und durch ihn können Himmel, Erde und Mensch in Verbindung treten.[3]

Chinesische Philosophie

Hauptartikel: Chinesische Philosophie

In der chinesischen Philosophie geht es um die Harmonie von Himmel, Erde und Mensch, die drei Komponenten des Alls machen die Ordnung (Dao/Tao) der Welt aus. Sie soll sich in der menschlichen Gesellschaft wiederfinden. Deshalb verheißt der Einklang mit dem Kosmos ein glückliches Leben. Die Kenntnis des Weltverlaufs soll helfen, gegenwärtige und künftige Tendenzen wahrzunehmen.

Fünf Elemente

Hauptartikel: Fünf-Elemente-Lehre

Die fünf Elemente, Holz, Feuer, Metall, Wasser und Erde werden als Kraft im Sinn einer Entwicklung verstanden, die in fünf Phasen verläuft. Sie finden ihre Entsprechung in den verschiedenen Zuständen des Wandels von Himmel, Erde und Mensch. Es bedeuten.[4][5]

  1. Holz: gestalten, etwa den Tagesablauf, mit Würde, Beständigkeit, Frieden
  2. Feuer: entzünden, etwa ein Vorhaben anpacken, verwirklichen, mit Schwung, Energie, Dynamik, kampf- und streitbereit
  3. Erde: festigen, etwa Stabilität und Gleichgewicht herstellen, mit Sorgfalt, Genauigkeit, Beharrlichkeit, Beständigkeit
  4. Metall: gestalten, etwa begrenzt risikobereit, aufrichtig, gerecht, sachlich, abendliche Energie, Rückschau, Ernte
  5. Wasser: auflösen, etwa das Ende eines Zyklus und die Aussicht auf Neues, Vorsicht, Fruchtbarkeit, mit Bedacht arbeiten, Hang zum Träumen

Yin und Yang

Hauptartikel: Yin und Yang

Yin und Yang sind zwei Begriffe aus der chinesischen Philosophie des Daoismus. Sie beschreiben sich als ergänzende gegensätzliche Prinzipien. Der Übergang von einem zum anderen erfolgt fließend. Yin wird dem weiblichen, passiven, empfangenden, hingebenden und verhüllenden, unschöpferischen, verneinenden Prinzip zugeordnet. Dazu gehören auch Mond und Schatten, Erde und Nacht sowie die geraden Zahlen. Yang wird dem männlichen, tatkräftigen, aktiven, dynamischen, zeugenden und produktiven, schöpferischen, bejahenden Prinzip zugeordnet. Dazu gehören auch Sonne und Licht, Himmel und Tag sowie ungerade Zahlen.[6]

„Hebe den Kopf und betrachte die Weite des Himmels, blicke um dich und staune über die Manifestationen der Erde! Im Himmel sind die fünf Planeten, in der Erde sind die fünf Elemente. Im Himmel sind die Himmelshäuser, auf der Erde Reiche und Provinzen. Die Drei Lichter (Sonne, Mond und Planeten) sind der Ursprung von Yin und Yang: ihnen wohnen die Urkräfte auf Erden inne.“

Derek Walters[7]

Astronomie

Wie überall auf der Erde so auch in China fielen den Beobachtern des Nachthimmels neben den Bewegungen von Sonne und Mond auch die der Planeten auf. Entsprechend ihrer Vorstellung von der Weltentwicklung war zuerst das Wasser da, dann entstand Feuer, dann Holz, dann Metall und endlich die Erde. Dieser Reihenfolge entsprechend ordnete man den Elementen die Planeten zu.[8]

  1. Merkur = Wasser (schwarz, schwaches Licht, Wasser wird, weil unbeleuchtet, als schwarz bezeichnet)
  2. Venus = Metall (weiß, glänzt von allen am hellsten, Silberwährung in China)
  3. Mars = Feuer (rot, rötliches Licht)
  4. Jupiter = Holz (grün, grünlicher Schimmer)
  5. Saturn = Erde (gelb, mattgelbes Licht)

Himmelskarte und Jahreszeiten

Um die Positionen von Sonne, Mond und Planeten am Himmel genauer benennen zu können, entwickelten die Hofastronomen eine Himmelskarte. Fixsterne wurden in vier Gruppen gefasst, die Abschnitte entsprachen der Dauer einer Jahreszeit, die einer Himmelsrichtung zugeordnet wurde:

  1. für Ost: Holz, Jupiter, Frühling
  2. für Süd: Feuer, Mars, Sommer
  3. für West: Metall, Venus, Herbst
  4. für Nord: Wasser, Merkur, Winter
  5. für die Mitte: Erde, Saturn, Polarstern, Großer Bär, Kleiner Bär, letztes Fünftel einer Jahreszeit

Die Eintragungen der Bewegungen von Sonne, Mond und Planeten in die ersten Himmelskarten ermöglichten es, sich einen Überblick zu verschaffen und Vorhersagen anzustellen. Historisch gesichert sind die ab etwa 700 v. Chr. gemachten Beobachtungen von Kometen und Meteoren, Sonnenfinsternissen und Sonnenflecken. Sie haben heute noch großen wissenschaftlichen Wert. Als historisch nicht gesichert gelten die davor liegenden Beobachtungen, wie die Sonnenfinsternis vom 3. Oktober 2137 v. Chr.[9] Die Beobachtung der Wechsel der Jahreszeiten in Verbindung mit den vier Himmelsrichtungen und der Zuordnung nach Yin und Yang sowie nach den fünf Elementen, führte zu der besonderen Einteilung nach Himmelsstämmen.

Zehn Himmelsstämme

Hauptartikel: Himmelsstämme

Die zehn Himmelsstämme (Himmelszeichen) ergeben sich aus den vier Himmelsrichtungen und einer fünften, die der „Mitte“ (Erde) zugeordnet ist. Astronomisch gehört die Mitte dem Polarstern (Großer Bär und Kleiner Bär). Der fünften Himmelsrichtung wird jeweils das letzte Fünftel einer Jahreszeit zugewiesen. Die fünf Richtungen werden zudem unterschieden nach Yin und Yang, wodurch sich zweimal fünf, also zehn Himmelszeichen ergeben. Ihre Verteilung nach Yin und Yang, den fünf Elementen, den fünf Planeten und den fünf Tiernamen ergibt folgende Zusammenstellung:

  1. Osten: Frühling
    1. Mond (Yi), Yin und Sonne (Kia), Yang
    2. Holz, Jupiter, Blauer Drache, Zeit der Rückkehr des Regens und der Wiederauferstehung des Drachens
  2. Süden: Sommer
    1. Mond (Ting), Yin und Sonne (Ping), Yang
    2. Feuer, Mars, Roter Vogel (Fasan), Zeit der Wanderungen der Zugvögel aus Nepal und Tibet nach Osten und ihrer Ankunft mit den Sommerwinden
  3. Westen: Herbst
    1. Mond (Sing), Yin und Sonne (Keng), Yang
    2. Metall, Venus, Weißer Tiger, Zeit der Wanderung des Tigers in die Ebenen, um dort zu fressen
  4. Norden: Winter
    1. Mond (Kwei), Yin und Sonne (Ning), Yang
    2. Wasser, Merkur, Schwarzer Krieger, Zeit des Winterschlafs der Schildkröte
  5. Mitte: Letztes Fünftel aller Jahreszeiten
    1. Mond (Ki), Yin und Sonne (Wu), Yang
    2. Erde, Saturn, Polarstern, Großer und Kleiner Bär

Die Tiere, die den Himmelsrichtungen zugeordnet sind, symbolisieren Lebensenergien. Die traditionellen Schriftzeichen für die Tiere bedeuten in diesem Zusammenhang nicht, dass damit das lebendige Tier, etwa die Ratte oder Maus gemeint ist. Ein Zeichen für sich allein gestellt kann etwas anderes bedeuten, als wenn es zusammen mit einem zweiten oder dritten dargestellt wird. Gerade die chinesische Schrift bedient sich der Vereinfachung, die nur im Zusammenhang verständlich wird.[10]

Dies entspricht den Homonymen der deutschen Sprache, einzelnen Worten die für mehr als einen Begriff stehen (also nicht nur Himmel). Erst im Zusammenhang wird in einem solchen Fall deutlich, was gemeint ist. Anders verhält es sich mit den englischen Wörtern "sky" (meteorologischer Himmel) und "heaven" (religiöser Himmel). Jedes Wort enthält bereits die Zuweisung zu einem bestimmten Bereich. So wird es gewählt und kann deshalb allein stehen.

12 Erdzweige

Hauptartikel: Erdzweige

Die Teilung nach Jahreszeiten war zu grob. Die genaue Beobachtung der Mondbewegung führte dazu, die Fixsterne in weitere Gruppen einzuteilen, entsprechend der Verweildauer des Mondes von Neumond zu Neumond oder von Vollmond zu Vollmond. So entstanden zwölf gleichgroße Gruppen, die je einem Monat entsprachen. Anfangs hatten die Monate keine Namen. Sie wurden durchnummeriert, der erste, der zweite, der dritte Monat und so weiter. Schon bald nannte man die zwölf abstrakten Abschnitte wegen ihres Bezugs zur Landwirtschaft „irdische Zweige“. Sie erhielten demgemäß Namen von irdischen Tieren: Drache (Chen), Hase/Katze (Mao), Tiger (Yin), Schaf/Ziege (Wi), Pferd (Wu), Schlange (Si), Hund (Xu), Huhn/Hahn (You), Affe (Shen), Büffel/Rind (Chou), Ratte/Maus (Zi), Schwein (Hai). Da die Schriftzeichen für manche Tiernamen gleich sind, ist die Nomenklatur regional nicht einheitlich und den Zeichen entsprechen andere Tiere: aus dem Hasen wird die Katze, aus dem Schaf eine Ziege oder ein Widder, aus dem Hahn ein Huhn, aus dem Büffel ein Rind, aus der Ratte eine Maus, und aus dem Schwein ein Wildschwein.

Die Abschnitte wurden im weiteren entsprechend den Himmelsrichtungen gruppiert. Das ergibt folgende Zuordnung:[11][12]

  1. Ost: Drache (Chen), Hase/Katze (Mao), Tiger (Yin)
  2. Süd: Schaf/Ziege (Wi), Pferd (Wu), Schlange (Si)
  3. West: Hund (Xu), Huhn/Hahn (You), Affe (Shen)
  4. Nord: Rind/Büffel (Chou), Ratte/Maus (Zi), Schwein (Hai)

Lunisolarer Kalender

Der chinesische Kalender ist ein lunisolarer Kalender, d.h. er wird vom Mond regiert und nach der Sonne korrigiert. Ein Jahr besteht aus zwölf Monaten von abwechselnd 29 oder 30 Tagen - die genaue Zeit zwischen zwei Neumonden beträgt 29,53 Tage -, also insgesamt 354 Tage. Da diese Zeitspanne gegenüber dem Sonnenjahr um etwa elf Tage zu kurz ist, würden sich schon bald Verschiebungen der Jahreszeiten ergeben. Dem kann durch Einlegung eines 13. Monats begegnet werden, sobald die Differenz von fast einem Monat erreicht ist. Nach dem neunzehnjährigen Metonischen Zyklus erfolgen diese Einschübe im 3., 6., 8., 11., 14., 16. und 19. Jahr.[13][14][15]

Im chinesischen Kalendar fällt das Neujahrsfest auf den zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende, was in Nicht-Schaltjahren dem Neumond vor der Frühlingstagundnachtgleiche entspricht. Dieser Zeitpunkt fällt zwischen Januar und Februar.[16]

Die Zahl 60

Aus der Verbindung der zehn himmlischen Stämmen mit den zwölf irdischen Zweigen (Zeichen) ergibt die Zahl 60. Jedes himmlische Yang (5) mit jedem irdischen Yang (6) ergibt 30 und jedes himmlische Yin (5) mit jedem irdischen Yin (6) ergibt 30, zusammen 60 Verbindungen = 60 Doppelzeichen.[17][18][19]

Die Zahl 60 wurde zur Grundeinheit des chinesischen Kalenders. Die Zusammenführung der Himmelsrichtungen und Jahreszeiten, der zehn Himmelsstämme mit den zwölf Erdzweigen sowie den fünf Elementen, unterschieden nach Yin und Yang ergibt so den folgenden Überblick.

Erdzweige und Jahreszeiten

Frühling
  1. Yang, Tiger (Ying), Holz, Jupiter, Ost, Frühling
  2. Yin, Hase (Mao), Holz, Jupiter, Ost, Frühling
  3. Yang, Drache (Sheng), Holz, Jupiter, Erde/Ost/Mitte, Frühling, letztes Fünftel der Jahreszeit
Sommer
  1. Yin/Sze, Schlange, Feuer, Mars, Süd, Sommer
  2. Yang/Wu, Pferd, Feuer, Mars, Süd, Sommer
  3. Yin/Wie, Ziege/Schaf, Feuer, Mars, Erde, Saturn/Süd/Mitte, Sommer, letztes Fünftel der Jahreszeit
Herbst
  1. Yang/Sung, Affe, Metall, Venus, West, Herbst
  2. Yin/Yu, Hahn, Metall, West, Venus, Herbst
  3. Yang/Shih, Hund, Metall, Venus, Erde, Saturn/West/Mitte, Herbst, letztes Fünftel der Jahreszeit
Winter
  1. Yin/Han, Schwein, Wasser, Merkur, Nord, Winter
  2. Yang/Tze, Ratte/Maus, Wasser, Merkur, Nord, Winter
  3. Yin/Kiu, Büffel/Rind, Wasser, Merkur, Erde, Saturn/Nord/Mitte, Winter, letztes Fünftel der Jahreszeit

Zählung ab Jahresbeginn

Zwischen Januar und Februar beginnt das chinesische Jahr (chinesische Neujahr zum zweiter Neumond nach der Wintersonnenwende, also zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar).

Den zwölf im Jahresrhythmus einander folgenden Erdzeichen (zwölf irdische Zweige: 子, 丑, …) des chinesischen Kalenders sind die Tierzeichen (鼠, 牛, …) und Charaktereigenschaften zugeordnet:

  1. : Ratte (鼠 shŭ) angriffslustig
  2. chŏu: Büffel (牛 niú) sanft
  3. yín: Tiger (虎 ) verwegen
  4. măo: Hase (兔 ) gutmütig
  5. chén: Drache (龍 lóng) geistreich
  6. : Schlange (蛇 shé) schlau
  7. : Pferd (馬 ) ungeduldig
  8. wèi: Schaf (羊 yáng) artig
  9. shēn: Affe (猴 hóu) wendig
  10. yŏu: Hahn (鷄 ) stolz
  11. : Hund (狗 gŏu) treu
  12. hài: Schwein (猪 zhū) ehrlich

Jährlich wechselt die Bezeichnung des Jahres zyklisch nach dieser Namensliste. Seit dem 3. Februar 2011 gilt das Jahr des Hasen (Metall) und es endet am 22. Januar 2012.

Legende

Der Legende nach lud Buddha, nach anderen Quellen der mythologische Jade-Kaiser Yu Di „[…] einst alle 13 Tiere der Tierkreiszeichen zu einem Fest ein. Die Katze gehörte ursprünglich auch dazu. Die Maus erzählte jedoch der Katze, dass das Fest einen Tag später stattfinden würde. Die Katze legte sich schlafen und träumte vom Fest. So kam es, dass nur zwölf Tiere, alle außer der Katze, zum Fest kamen. Das erste Tier war die Ratte (Maus), ihr folgten der Büffel (das Rind), der Tiger, der Hase, der Drache, die Schlange, das Pferd, die Ziege (das Schaf), der Affe, der Hahn (das Huhn), der Hund und schließlich das Schwein. Jedes Tier bekam ein Jahr geschenkt, und er benannte es nach ihm. So erhielt die Ratte das erste, der Büffel (das Rind) das zweite, der Tiger das dritte Jahr und das Schwein schließlich das zwölfte. Dies geschah in der Reihenfolge, in der sie gekommen waren. Alle erklärten sich damit einverstanden. Da die Katze nicht kam, wurde ihr auch kein Jahr zugeteilt, und [sie] wurde somit ausgeschlossen.“

Zeitkreise (Zyklen oder Perioden)

12 Jahre und 60 Jahre

Jeder Zeitkreis beginnt mit einem „Jahr der Ratte“, das in zwölfjähriger Folge wiederkehrt (1960, 1972, 1984, 1996, 2008, 2020 und so folgend). Da den Tierzeichen zusätzlich für jedes Jahr ein Element aus der 5-Elemente-Lehre Wasser, Feuer, Holz, Metall oder Erde zugeordnet wird, gibt es nicht nur das „Jahr der Ratte“, sondern das Jahr der „Wasser-Ratte“ und das Jahr des „Feuer-Tigers“. Ein solcher Zeitkreis dauert 60 Jahre und beginnt dann wieder von vorne. Die 60jährige Periode begann, der Legende nach, 2637 v. Chr.[20] Dem folgend werden die Zeichen, Elemente, Yin und Yang sowie Planeten auch zur Bezeichnung der Jahre, Monate, Tage und Stunden gebraucht.

Elementetabelle

Die 5 Elemente sind jeweils Yang und Yin zugeordnet. Die sich so ergebenden 10 Kombinationen entsprechen auch den 10 Jahresendziffern:

0: Metall -Yang (Venus)
1: Metall -Yin (Venus)
2: Wasser - Yang (Merkur)
3: Wasser - Yin (Merkur)
4: Holz - Yang (Jupiter)
5: Holz - Yin (Jupiter)
6: Feuer - Yang (Mars)
7: Feuer - Yin (Mars)
8: Erde - Yang (Saturn)
9: Erde - Yin (Saturn)
Monate

Ab 1900 v. Chr. soll die Monatszählung mit Tiger (Ping, Ying, Feuer) begonnen worden sein. Bei den zwölf Monaten wiederholen sich die gleichen Zeichen nach fünf Jahren (12 Monate x 5 Jahre = 60 Monate).[20]

Tage

Ebenso ab 1900 v. Chr. soll die Tageszählung mit Tiger (Kia, Ying, Holz) begonnen worden sein. Sie werden fortlaufend gezählt, unabhängig vom Zeitkreis, durchgehend, von 1 bis 12, beginnend mit Tiger, Hase/Katze, Drache;.. bis Hund, Schwein, Ratte/Maus.[21]

Stunden

Die Zählung beginnt um 23 Uhr und die erste Doppelstunde dauert bis 1 Uhr.

  1. Doppelstunde: 23–01 Uhr, Ratte/Maus (Tze), Holz, angriffslustig, sentimental
  2. Doppelstunde: 01–03 Uhr, Büffel/Rind (Kiu), Holz, sanft, arbeitsam
  3. Doppelstunde: 03–05 Uhr, Tiger (Ying), verwegen, heißblütig
  4. Doppelstunde: 05–07 Uhr, Hase/Katze (Mao), gutmütig, sanft
  5. Doppelstunde: 07–09 Uhr, Drache (Sheng), geistreich, einzelgängerisch
  6. Doppelstunde: 09–11 Uhr, Schlange (Sze), schlau, listig
  7. Doppelstunde: 11–13 Uhr, Pferd' (Wu), ungeduldig, gesellig
  8. Doppelstunde: 13–15 Uhr, Ziege/Schaf (Wei), artig, kapriziös
  9. Doppelstunde: 15–17 Uhr, Affe (Sung), wendig, flexibel
  10. Doppelstunde: 17–19 Uhr, Hahn/Huhn (Yu), stolz, protzig
  11. Doppelstunde: 19–21 Uhr, Hund (Shih), treu, sozial
  12. Doppelstunde: 21–23 Uhr, Schwein (Han), ehrlich, redlich

Aus den sieben Grundkomponenten: chinesische Philosophie (5 Elemente, Yin und Yang), Kalender (Mond, Sonne), Astronomie (5 Planeten), 10 Himmelsstämme (-zeichen), 12 irdische Zweige (Tierzeichen), Zyklen und Zeitkreis werden die Textbausteine zusammengestellt und zu einem sinnvollen Ganzen formuliert.

Deutung

Die Zuordnung und Verknüpfung der fünf Himmelsrichtungen, zehn Himmelsstämme und zwölf irdischen Zweige mit den fünf Elementen (den fünf Grundstoffen) ermöglichen danach die Deutung.

Grundregeln
  1. Holz bewirkt Feuer, wird zerstört durch Metall
  2. Feuer bewirkt Erde, wird zerstört durch Wasser
  3. Erde bewirkt Metall, wird zerstört durch Holz
  4. Metall bewirkt Wasser, wird zerstört durch Feuer
  5. Wasser bewirkt Holz, wird zerstört durch Erde
Einschränkung[22]
  1. Holz wird durch Wasser bewirkt, doch zu viel Wasser schwemmt das Holz fort.
  2. Feuer wird durch Holz bewirkt, doch zu viel Holz gibt eine Feuersbrunst.
  3. Erde wird durch Feuer bewirkt, doch zu viel Feuer verdorrt den Erdboden.
  4. Metall wird durch Erde bewirkt, doch zu viel Erde verschüttet das Metall.
  5. Wasser wird durch Metall bewirkt, doch zu viel Metall verunreinigt das Wasser.
  1. Holz bewirkt Feuer, doch zu viel Feuer verbrennt das Holz selbst.
  2. Feuer bewirkt Erde, doch zu viel Erde löscht das Feuer.
  3. Erde bewirkt Metall, doch zu viel Metall schwächt den Erdboden.
  4. Metall bewirkt Wasser, doch zu viel Wasser bringt das Metall zum Sinken.
  5. Wasser bewirkt Holz, doch zu viel Holz saugt das Wasser auf.
  1. Holz bedrückt Erde, doch zu viel Erde bricht das Holz.
  2. Feuer schmilzt Metall, doch zu viel Metall löscht das Feuer.
  3. Erde saugt Wasser auf, doch zu viel Wasser schwemmt die Erde fort.
  4. Metall schneidet Holz, doch zu viel Holz, wenn hart, bricht das Metall.
  5. Wasser löscht Feuer, doch zu viel Feuer kocht das Wasser.
  1. Holz, wenn weich, wird durch Metall leicht zerbrochen.
  2. Holz zu hart, wird durch Feuer zum Bearbeiten brauchbar.
  1. Feuer, wenn zu schwach, wird durch Wasser leicht gelöscht.
  2. Feuer zu stark, wird durch Erde eingeschränkt.
  1. Erde, wenn zu weich, wird durch Holz leicht zersprengt.
  2. Erde zu hart, wird durch Metall gelockert.
  1. Metall, wenn zu weich, wird durch Feuer leicht geschmolzen.
  2. Metall zu hart, wird durch Wasser beim Schleifen glatt.
  1. Wasser, wenn zu wenig, wird durch Erde leicht aufgesogen.
  2. Wasser zu viel, wird durch Holz nutzbar gemacht.
Beispiel

Wenn das Himmelszeichen des Tages Feuer (Mars) ist, so ist

  1. Das, was mich beherrscht -: Wasser, denn Wasser zerstört Feuer
  2. Das, was ich beherrsche -: Metall, denn Feuer zerstört Metall
  3. Das, was mich hervorbringt -: Holz, denn Holz bewirkt Feuer
  4. Das, was ich hervorbringe -: Erde, denn Feuer hinterlässt Erde
  5. Das, was mir gleicht -: Feuer: denn Feuer gleicht Feuer

[23]

Deutungsversuch anhand eines Beispiels

Albert Einstein, *14. März 1879, 11:30 OZ, Ulm, +010°00'00"/+48°23'48"

Im Jahre 1879 beginnt das chinesische Jahr am 22. Januar 1879 (Neujahrstag, der erste Tag des ersten Neumond-Monats).

Grobe Übersicht der einzelnen „Textbausteine“:

Geburtsjahr 1879, ein „Erde-Hase-Jahr“: Hase/Katze, Yin, Erde, Saturn
hilfsbereit, gutmütig, lässt sich einspannen oder ausnutzen, wird falsch eingeschätzt, ernsthaft, liebevoll, verlässlich, introvertiert
Erde im Frühjahr: braucht Wärme (Feuer, Mars)

Letzte Ziffer des Jahres, 9, Metall, Venus:

gestalten, begrenzt risikobereit, aufrichtig, gerecht, sachlich, abendliche Energie, Rückschau, Ernte, Harmonie, Geborgenheit

Jahreszeit Frühling (März): Mond (Yi), Yin und Sonne (Kia), Yang

März (= 2. Monat, 1. Monat ist Februar): Mond, Yin, Hase/Katze (Mao), Holz, Jupiter, Ost, Frühling Blauer Drache, Zeit der Rückkehr des Regens und der Wiederauferstehung des Drachens

yin: weiblich, passiv, empfangend, hingebend und verhüllend, unschöpferisch, verneinendes, dagegen haltendes Prinzip

Hase/Katze: sittsam, vorsichtig, verschlossen, feinsinnig, treu, verlässlich
Holz: gestalten, etwa den Tagesablauf, mit Würde, Beständigkeit, friedlich
Jupiter: Holz (grün, grünlicher Schimmer), wachsen, gestalten

Geburtstag 14. März, entspricht dem 9. Tag, Affe:

wendig, flexibel, anpassungsbereit, entwicklungsfähig

Himmelszeichen (Weggefährte) des Tages

Geburtszeit 11:30, entspricht der 7. Doppelstunde, 11:00–13:00, Pferd, Yang/Wu, Feuer, Mars, Süd, Sommer:
Pferd: elegant, lebhaft, schnell, beweglich, veränderlich, gesellig
Yang: wird dem männlichen, tatkräftigen, aktiven, dynamischen, zeugenden und produktiven, schöpferischen, bejahenden Prinzip zugeordnet. Dazu gehören auch Sonne und Licht, Himmel und Tag sowie ungerade Zahlen.
Feuer: zurückhaltend ein Vorhaben anpacken und verwirklichen, sich mit gebremsten Schwung, stiller Energie und Dynamik einsetzen, kampf- und streitbereit nur dann, wenn es sein muss
Stichwortartige Zusammenfassung der Textbausteine
Er ist ernst und sachlich, nüchtern und verlässlich, hilfsbereit und lässt sich ausnutzen.
Er will schöpferisch wirken, sucht Wärme und Geborgenheit.
Seinen Tagesablauf gestaltet er mit Würde und Beständigkeit bei Ausübung einer friedlichen Tätigkeit.
Nach außen zeigt er sich lebhaft und beweglich, aufmerksam und veränderlich, gesellig und gesprächig.

Kritik

Es sind keine wissenschaftlichen Studien zum Thema „Chinesische Astrologie“ bekannt. Im Lehrbuch „Das chinesische Horoskop“[24] wird die Frage erörtert, ob die angeführten Fälle richtig seien. Der Autor meint, „das meiste stimmt, doch nicht alles“ und ergänzt, „da niemand von sich selber weiß, inwieweit er dem Drange ‚nachzuhelfen‘ erlegen ist, so hat dies ja keine Beweiskraft …“ Der chinesische Sterndeuter sei um eine Erklärung nicht verlegen gewesen. Er habe einen Satz von 24 Büchern genannt, etwa um das Jahr 1700 beginnend, womit man das große chinesische Horoskop stellen könne – aber er verweigerte dem Autor den Zugang dazu. Abschließend meint Weber, „Die Beschäftigung mit chinesischer Sterndeutung bringt zum mindesten einen Gewinn: sie veranlasst uns, die Voraussetzungen unserer eigenen Sterndeutung nachzuprüfen!“ (Weber[25])

Historische Aspekte

Ausgehend von der Vorstellung, dass China das „Reich der Mitte“ auf der flachen Erde ist, entstand der Glaube vom „Sohn des Himmels“, den der Kaiser als irdische Entsprechung darstellt (Chinesische Mythologie, Shennong, Fu Xi, Huáng Dì). Man glaubte nicht an Götter, die das Schicksal der Menschen bestimmen. Vielmehr glaubte man, dass einem Glück zuteil würde, wenn man den Weisungen des Himmels folge. Disharmonien auf der Erde könnten auf die himmlischen Regionen übertragen werden und umgekehrt. So waren Finsternisse und Kometen Zeichen himmlischer Unordnungen, die auf unrichtiges Verhalten des Kaisers und seiner Minister hinwiesen. Zur Aufgabe des Kaisers, als „Sohn des Himmels“, gehörte es, auf die Harmonie zwischen Himmel und Erde zu achten. Unter Harmonie stellte man sich vor, Himmel, Mensch und Erde seien als ein Wechselspiel der Kräfte zu verstehen, die einem harmonischen Gleichgewicht zustrebten. Dazu gehöre die praktische Anwendung der Lehre von Yin und Yang[26] sowie die Fünf-Elemente-Lehre (Wandlungsphasen).[27] Sie bedingen einander und durchdringen sich, sollen zu einem sinnvollen Ganzen verarbeitet und entsprechend den Rhythmen des Jahres, Monats, Tages und der Stunden angewendet werden.[28]

Um den Harmonierhythmus zu verstehen und einzuhalten, benötigte man eine Zeitrechnung. Das war die Geburtsstunde des bis zum heutigen Tag im Gebrauch befindlichen chinesischen Kalenders. Die kaiserlichen Astronomen wurden beauftragt, einen solchen zu entwerfen. Mit seiner Hilfe sollten alle Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt getroffen werden. Dazu gehörte, die Zeiten der Jahreszeiten (Sonnenlauf, solares Jahr) und die verschiedenen Mondphasen (Mondlauf, lunares Jahr) zu bestimmen. So entwickelten sich Mond- und Sonnenkalender zu einem lunisolaren Kalender. Er enthielt 24 Eintragungen für die bäuerlichen Aktivitäten wie Aussaat und Ernte, traditionelle Festtage, Festlichkeiten und Feiertage (Chinesischer Kalender). Darüber hinaus auch Hinweise auf mögliche glückliche und unglückliche Tage, entsprechend der Harmonie-Lehre sowie über die Dauer der „Einkehr der Herrscher“.[29] Die Meister des Kalenders definieren die Macht des Königs. „… Er bereist das Reich in der Richtung des Sonnenlaufs (T‘ein-tao), damit so wie die Himmelsrichtungen mit den Jahreszeiten auch die Insignien seiner Anhänger mit den emblematischen Tugenden der vier Weltquartiere in Einklang kommen; er stellt damit seine Fähigkeit, im 'Land der Menschen‘ (T‘ienhsia) eine himmlische Ordnung (T‘ien-tao) einzuführen, unter Beweis – und verdient damit den Titel 'Himmelssohn‘ (T‘ien-tzu), zeigt er doch so, dass er den 'Weg des Himmels‘ (T‘ien-tao) einhält …“.[30]

Die Beobachtung des nächtlichen Himmels beschränkte sich auf die Bewegungen von Sonne und Mond. Die übrigen Planeten wie Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn wurden auch beobachtet, aber deren Bewegungen nicht dokumentiert (so wie es die Babylonier taten). Ähnlich behandelte man die Sterne, die man, vergleichbar wie in Babylonien, auch zu Sternbildern gruppierte. Man kannte einen Sternkatalog mit 809 Sternen in 122 Sternbildern. Hin und wieder wurde auch eine Sonnenfinsternis beobachtet. Erst während der Han-Periode (141-87 v. Chr, eines der sieben Königreiche) bildeten sich astronomische Kenntnisse stärker heraus. Sie ermöglichten später die Bearbeitung der Sichtungen des Halleyschen Kometen in den Jahren 989, 1066, 1145, 1301 sowie 1054 die der Supernova im Sternbild Stier[31][32][33]

Die „chinesische Astrologie“ kennt keine Berechnung der Positionen von Sonne, Mond und Planeten, demzufolge auch kein Horoskop im westlichen Sinne. Sie darf deshalb als eine Kalenderdeutung bezeichnet werden. Das spiegelt der Alltag bis heute Tag wider. Man nennt dem chinesischen Weisen die vier Zeiten: Jahr und Monat, Tag und Stunde der Geburt. Dann rechnet er, nach dem chinesischen Kalender, an den Fingern die „Acht Schriftzeichen“ aus. Das auf diese Weise hergestellte Kalenderblatt beschreibt den Menschen zum Zeitpunkt seiner Geburt. Es ist dabei nie von Planeten oder Sternen die Rede. Alles dreht sich lediglich um die „Acht Schriftzeichen“ (chinesisch 八字 ba1zi0) – je zwei für Jahr und Monat, Tag und Stunde (den „vier Säulen“/"Vier-Säulen-Astrologie" chinesisch 八字算命 bāzì suànmìng). Danach erfolgt eine Aussage.

Vier
Säulen
時柱 日柱 月柱 年柱
Stunden-
Tages-
Monats-
Jahres-
säule
säule
säule
säule
天干Himmelstämme
地支Erdzweige

Der Ursprung der acht Schriftzeichen ist unbekannt. Überliefert wird eine alte Sage. Danach sollen sie „[…] in grauer Vorzeit einem Kaiser, der von den umwohnenden Barbaren hart bedrängt wurde, als Göttergeschenk vom Himmel zur Abwehr seiner Feinde übermittelt worden sein. Von den Sternen kein Wort […]“ (Weber[34])

Die „chinesische Astrologie“ findet seit ihrer Frühzeit im Alltag bis in unsere Gegenwart hinein breite Anwendung, beispielsweise bei Bestattung oder Vermählung. Die „Acht Schriftzeichen“ des Paares werden auf Vereinbarkeit hin miteinander verglichen. Bis heute kommt es vor, dass der Mann zum Heiratsantrag seiner Angebeteten ihr auch seine acht Schriftzeichen mitteilt.

Im Roman Kin Ping Meh (Jin Ping Mei), erschienen um 1600, wird folgende Szene beschrieben: Die Heiratsvermittlerin, die für ihren Auftraggeber um die Hand von Yü Loh wirbt, sagt: „[…] Wenn ihr nun gewillt seid, meinen Vorschlag anzunehmen, dann seid so gut und schreibt die Karte mit den acht Zeichen Eures Geburtsdatums auf, damit Herr Li Euer Jawort schriftlich hat.“ Mon Yü Loh wählte einen Streifen roten Atlasstoffes (rot, die Farbe des Anstandes) aus und ließ vom Provisor Fu die gewünschten acht Zeichen kunstgerecht darauf malen […]“ (zitiert aus Anton Lübke[35])

Von einem ähnlichen Erlebnis erfuhr Erwin Wickert 379 Jahre später. Er schreibt: „[…] ich fragte den Sohn, ob er seine Braut schon lange kenne. 'Nein', antwortete der Vater, 'sie ist ja aus der Nachbarkommune; aber der Mittelsmann hat uns natürlich die Geburtsdaten gebracht, und einer, der sich darauf versteht, hat die Geburtszeichen miteinander verglichen und gefunden, daß sie zusammenpassten. Gesehen hat mein Sohn sie in der letzten Woche.'“ (Wickert[36])

Heirat

In der Mongolei, die den chinesischen Kalender übernommen hatte, gilt die Regel, dass Partner zueinander passen, wenn deren Geburtszeichen fünf Zeichen (Jahre, Monate) auseinanderliegen. Georg Timkowski berichtet:

„ Das zweite nicht minder wichtige Hindernis der ehelichen Verbindung bei den Mongolen besteht darin, dass sie, nach ihren Vorurteilen, und dem ihnen eigenen Aberglauben mit Hülfe von Büchern, das Geburts-Jahr des Bräutigams und der Braut erforschen, d. i. unter welchen Thierkreisen sie geboren sind, damit das Zeichen, unter dem die Braut geboren ist, nicht dem Bräutigam schade, oder ihn nicht an Kraft übertreffe; darunter ist zu verstehen, daß die Frau in der Familie nicht die Oberhand über den Mann erhalte. Himmelszeichen zählt man bey ihnen zwölf, nach denen sie die Jahre, so wie wir bey uns die Monate, benennen; sie sind unter folgenden Nahmen bekannt:

  1. Chulúnga – die Maus (Ratte);
  2. Utér – das Kalb (Rind);
  3. Bar – der Tiger;
  4. Tolái – der Hase;
  5. Lu – der Drache;
  6. Mogó – die Schlange;
  7. Mori – das Pferd;
  8. Choni – der Widder (Schaf, Ziege);
  9. Megit – der Affe;
  10. Takiá – das Huhn;
  11. Nochái – der Hund;
  12. Gachái (Hachai) – das Schwein;"
Das fünfte Jahr, nach obiger Reihenfolge zu rechnen, ist jederzeit das, welches den Eintritt in die Ehe erlaubt, und heißt Ibegél, das siebente dagegen: Charschi. Zum Beispiel: Wenn die Braut unter dem Zeichen der Maus oder des Kalbes, und der Bräutigam unter dem Zeichen des Drachen oder der Schlange geboren ist, so ist die Ehe erlaubt; ist aber eins von diesen unter dem Zeichen der Maus und das andere unter dem Zeichen des Pferdes geboren, so ist dennoch, und wäre sie auch aus verschiedenen Stämmen, es ihnen nicht erlaubt, sich mit einander zu verheirathen. Überdieß nehmen sie an, dass das Kalb mit dem Tiger, das Huhn mit dem Pferde, das Schwein mit der Schlange, einander entgegen gesetzte oder feindselige Zeichen (Charschi) sind, und die Ehe unter diesen Zeichen ist schlechterdings verboten.“

Zitiert nach: Georg Timkowski (Rechtschreibung entspricht daher dem Original)[37]

Literatur

  • Paula Delsol: Chinesische Horoskope. Bertelsmann, Gütersloh 1973.
  • Heidi Mitchener: Die chinesische Tiersymbolik und ihr Einfluß auf das Weltbild. Verlag Th. Breit, Marquartstein 1980, ISBN 3-922046-07-X.
  • Derek Walters: Ming Shu. Kunst und Praxis der chinesischen Astrologie. M&T Verlag, Edition Astroterra, Zürich/St. Gallen 1987, ISBN 3-7265-3022-3.
  • Derek Walters: Chinesische Astrologie. Geschichte und Praxis. Ein methodisch aufgebautes Lehrbuch. M&T Verlag, Edition Astroterra, Zürich 1990, ISBN 3-7265-3039-8.
  • Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Verlag Richard Schikowski, Berlin 1978. (Sammelband mit Gregor Gregorius (Chakra), Ernst Schertel (Magie))
  • Christopher A. Weidner: Chinesische Astrologie. Das Praxisbuch. Heyne Verlag, München 2006, ISBN 3-453-12054-X.
  • Horst Görtz: Praxis der chinesischen Astrologie. Lehrbuch des Bazi Suanming. Drachen Verlag, Klein Jasedow 2008, ISBN 978-3-927369-31-3.
  • Manfred Kubny: Traditionelle chinesische Astrologie. Bazi Suanming. Die Schicksalsberechnung nach den acht Zeichen. Kehrer Verlag, Heidelberg 2000, ISBN 3-933257-08-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Derek Walters: Chinesische Astrologie. Geschichte und Praxis. Ein methodisch aufgebautes Lehrbuch. M&T Edition Astroterra, Zürich 1990, ISBN 3-7265-3039-8, S. 20.
  2. Derek Walters, S. 154, 174.
  3. Marcel Granet: Das chinesische Denken. Suhrkamp TB, Wissenschaft Nr. 519, Frankfurt a. M. 1985, ISBN 3-518-28119-4, S. 240.
  4. Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Astra-Verlag, Leipzig 1930, S. 26–32.
  5. Derek Walters, S. 37.
  6. Harald Weber, S. 12.
  7. Derek Walters, S. 214.
  8. Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Astra-Verlag, Leipzig 1930, S. 16–17.
  9. Eugen Gabowitsch: Chinesische Astronomie contra chinesische Geschichtsschreibung. In: Efodin-Synesis. Nr. 3/2001, S. 7–12, Karlsruhe.
  10. Marcel Granet: Das chinesische Denken. Wissenschaft 519, Suhrkamp, 1985–2007, ISBN 3-518-28119-4, S. 27–37.
  11. Harald Weber, S. 13.
  12. Derek Walters, S. 57–60, 68.
  13. Semjon Issakowitsch Seleschikow: Wieviel Monde hat ein Jahr? Kleine Kalenderkunde. Aulis-Verlag, Deubner, Köln 1977, ISBN 3-7614-0600-2, S. 112–124.
  14. Heinz Zemanek: Kalender und Chronologie. Bekanntes und Unbekanntes aus der Kalenderwissenschaft. 2. Auflage. Oldenbourg Verlag, München 1981, ISBN 3-486-23292-4, S. 92–93.
  15. Hans Lenz: Universalgeschichte der Zeit. Marix-Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-050-1, S. 308–313.
  16. Marcel Granet: Das chinesische Denken. Wissenschaft 519, Suhrkamp, 1985–2007, ISBN 3-518-28119-4, S. 80.
  17. Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Astra-Verlag, Leipzig 1930, S. 12–14, 36.
  18. Marcel Granet: Das chinesische Denken. Wissenschaft 519, Suhrkamp, Frankfurt 1985–2007, ISBN 3-518-28119-4, S. 113–114.
  19. Lingyu Feng u.a.: Abriß der chinesischen Kultur. 2001, ISBN 7-80113-817-1, S. 170–174.
  20. a b Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Astra-Verlag, Leipzig 1930, S. 13.
  21. Harald Weber: Das chinesische Horoskop. Astra-Verlag, Leipzig 1930, S. 14.
  22. Weber, S. 25.
  23. Harald Weber, S. 38.
  24. Harald Weber, S. 87–89.
  25. Harald Weber, S. 90.
  26. Marcel Granet: Das chinesische Denken. S. 86–109.
  27. Marcel Granet: Das chinesische Denken. S. 230–235.
  28. Marcel Granet: Das chinesische Denken. S. 66–71.
  29. Marcel Granet: Das chinesische Denken. S. 79–85.
  30. Marcel Granet: Das chinesische Denken. S. 240.
  31. Dieter Schlüter: Geschichte der Astronomie. I + II, Kiel 2000, S. 14.
  32. John North: Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-41585-8, S. 90–102.
  33. Wolfram Eberhard: Sternkunde und Weltbild im alten China: Gesammelte Aufsätze. Chinese Materials and Research Aids Service Center, Taipei 1970, S. 11–19, 115–121, 137–142.
  34. Harald Weber, S. 11.
  35. Anton Lübke: Der Himmel der Chinesen. R. Voigtländers Verlag, Leipzig 1931, S. 43.
  36. Erwin Wickert: China von innen gesehen. Wilhelm Heyne Verlag, München 1984, ISBN 3-453-01889-3, S. 349.
  37. Georg Timkowski: Reise nach China durch die Mongoley in den Jahren 1820 und 1821. übersetzt aus dem Russischen von M. J. A. E. Schmidt. Dritter Theil, Gerhard Fleischer, Leipzig 1826, S. 299–300.

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