Volksreferendum vom 28. September 1919

Volksreferendum vom 28. September 1919

Im doppelten Volksreferendum vom 28. September 1919 wurde im Großherzogtum Luxemburg einerseits über die politische und andererseits über die wirtschaftliche Zukunft des Landes entschieden. Zur Abstimmung standen folgende Fragen:[1]

Politische Orientierung: Ich wünsche :

Wirtschaftliche Orientierung: Ich wünsche :

  • Den wirtschaftlichen Anschluss an Belgien
  • Den wirtschaftlichen Anschluss an Frankreich

Inhaltsverzeichnis

Volksreferendum über die Politische Orientierung

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Großherzogtum Luxemburg für den 28. September 1919 ein Volksreferendum anberaumt, in dem darüber entschieden werden sollte, ob die Monarchie abgeschafft und durch eine Republik ersetzt werden sollte. Am 12. März 1919 hatte die Abgeordnetenkammer ("Chambre des Députés") mit 30 gegen 20 Stimmen beschlossen, dass das Volk über die zukünftige Staatsform abstimmen sollte. Das Volk wurde aufgefordert, sich zwischen folgenden Möglichkeiten zu entscheiden:

  • Die Beibehaltung der regierenden Großherzogin Charlotte
  • Die Beibehaltung der regierenden Dynastie unter einer anderen Großherzogin
  • Die Einsetzung einer anderen Dynastie
  • Die Einführung der Republik

77,8 Prozent der Luxemburger stimmten für die Beibehaltung der Monarchie unter der Großherzogin Charlotte, die seit dem 15. Januar 1919 den Thron als Nachfolgerin ihrer am 9. Januar 1919 abgedankten[2] Schwester, der Großherzogin Marie-Adelaïde, innehatte.

Trotz einer vom Ausland diskret unterstützten pro-belgischen bzw. pro-französischen Propaganda entschied sich das Wahlvolk mit 77,8 Prozent der Stimmen für den Erhalt der Monarchie und das Verbleiben von Großherzogin Charlotte auf dem Thron. Für die Republik stimmten nur 19,66 Prozent. Damit erhielt die konstitutionelle Monarchie Luxemburgs eine demokratische Legitimation. Es gab jedoch starke regionale Unterschiede. In einigen Südgemeinden entschied sich eine Mehrheit für die Republik.

Volksreferendum über die Wirtschaftliche Orientierung

Nach dem Ende des Deutschen Zollvereins aufgrund der Bestimmungen des Friedensvertrags von Versailles und damit auch der Mitgliedschaft des Großherzogtums Luxemburg im Deutschen Zollverein stellte sich auch die Frage nach einer wirtschaftlichen Neuausrichtung. Im Volksreferendum entschied sich die überwältigende Mehrheit des Stimmvolkes (60,13 Prozent) für einen wirtschaftlichen Anschluss an Frankreich und nur eine Minderheit für einen wirtschaftlichen Anschluss an Belgien (22 Prozent).

Das Ergebnis war deutlich:

  • für Frankreich: 60.133 Stimmen
  • für Belgien: 22.242 Stimmen

Die Beziehungen zu Belgien waren daraufhin getrübt, die Mission des "Prince de Ligne", zusammen mit der Regierung eine Wirtschaftsunion auszuhandeln, war damit gescheitert. Das Angebot wurde zum Entsetzen der luxemburgischen Regierung und Bevölkerung von den Franzosen allerdings abgelehnt. Die französische Seite erklärte daraufhin der luxemburgischen Regierung, sie solle sich selbst mit der belgischen Regierung in der Zollfrage auseinandersetzen. Notgedrungen bat Luxemburg daher 1922 Belgien um eine Wirtschaftsunion mit Belgien.

So kam es, dass die Beziehungen mit Belgien wieder aufgenommen wurden und am 25. Juli 1921 eine Übereinkunft über die belgisch-luxemburgische Wirtschaftsunion unterschrieben wurde. Die Abgeordnetenkammer setzte dies jedoch erst am 5. März 1922 nach langen und hitzigen Debatten um.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. (Siehe das Amtsblatt für das Großherzogtum Luxemburg Nummer 61 von 1919)
  2. Memorial des Großherzogtums Luxemburg, 18. Januar 1919 [1]

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