Rudolf Schindler (Revolutionäre Zellen)

Rudolf Schindler (Revolutionäre Zellen)

Rudolf Schindler (* 22. November 1942 in Deutsch-Hammer) ist ein ehemaliges Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ). Er war an mehreren terroristischen Aktionen beteiligt. Nach belastenden Aussage von Hans-Joachim Klein zu einer angeblichen Beteiligung Schindlers an der OPEC-Geiselnahme stand er 2000 mit Klein vor dem Frankfurter Landgericht. Der Prozess endete für ihn mit einem Freispruch. Anschließend stand er in Berlin als Rädelsführer der RZ vor Gericht und erhielt eine Haftstrafe.

Leben

Mit seinen Eltern siedelte Rudolf Schindler noch als Kleinkind in den Kreis Gütersloh um. Dort wuchs er mit zwei Schwestern auf. Nach der Schule besuchte er zuerst eine Handelsschule und fing 1958 eine Lehre zum Werkzeugmacher an. Bis zu seinem Umzug nach Frankfurt am Main 1967 arbeitete er bei verschiedenen Firmen im erlernten Beruf. Ab 1960 engagierte er sich in verschiedenen politischen Organisationen, wie der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken und von 1962 bis 1967 auch in der SPD.[1]

In Frankfurt arbeitete Schindler als Geschäftsführer beim „Ostermarsch, Kampagne für Demokratie und Abrüstung" und war auch für den Sozialistischen Bund tätig. Ab 1969 bis zu seinem Untertauchen im August 1978 war er bei verschiedenen Firmen in unterschiedlichen Positionen beschäftigt. Zusammen mit seiner späteren Ehefrau Sabine Eckle setzte er sich ins Ausland ab. Als Grund gibt er polizeiliche Observationen an. Im Untergrund lebten sie bis 1991, als er sich bei Einwohnermeldeamt in Gütersloh anmeldete. Von 1986 bis 1987 war er in Berlin und dort bei den Revolutionären Zellen.[1]

Nach eigenen Angaben war er an drei Anschlägen der RZ beteiligt, an denen auch der spätere Kronzeuge Tarek Mousli teilnahm:

  • Beim Attentat auf den Leiter der Ausländerpolizei Harald Hollenberg war er als zweiter Mann vor Ort, ohne zu schießen.
  • Er stand Schmiere, während Tarek Mousli einen Sprengsatz an der Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) in Berlin anbrachte.
  • Beim Attentat auf den vorsitzenden Richter des Senats für Asylfragen am Bundesverwaltungsgericht Günter Korbmacher am 1. September 1987 – diesem wurde in die Beine geschossen – war er der Schütze. Er saß auf dem Sozius, während Tarek Mousli das Motorrad fuhr.[1][2]

Seine langjährige Begleiterin Sabine Eckle heiratete er im April 2000, während sich beide in Untersuchungshaft befanden.[1]

Prozesse

Rudolf Schindler war einer der Angeklagten im sogenannten OPEC-Prozess. In dem bis zur Urteilsverkündung am 15. Februar 2001 an 25 Verhandlungstagen geführten Prozess, in dem auch der damalige Außenminister Joschka Fischer und der Abgeordnete im Europaparlament Daniel Cohn-Bendit als Zeugen aussagten, warf der Mitangeklagte Hans-Joachim Klein Rudolf Schindler eine Tatbeteiligung an der OPEC-Geiselnahme vor. Schindler sollte bei der Aktion im Dezember 1975 „logistische Hilfe“ geleistet haben. Teile der Aussagen Kleins wurden im Prozess widerlegt, so dass das Gericht die Glaubwürdigkeit der Anschuldigungen in Frage stellte. Unter anderem ordnete Klein Schindler zwei Decknamen zu, derer sich ein anderes ehemaliges Mitglied der RZ bekannte. Der Prozess endete für Schindler mit einem Freispruch, da eine Tatbeteiligung nicht verifiziert werden konnte. Das entsprach nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren und 5 Monaten gefordert hatte.[3][4]

Nach dem Prozess in Frankfurt wollte die Bundesanwaltschaft ihn in Berlin als Rädelsführer der RZ und wegen des Sprengstoffanschlag auf die ZSA anklagen. Die Attentate auf Harald Hollenberg und Günter Korbmacher waren zum Anklagezeitpunkt verjährt, da sie als Körperverletzungen gewertet wurden. Das Kammergericht lehnte die Anklageerhebung erst ab,[5] führte dann ab Mai 2001 einen Prozess gegen Schindler und vier weitere Mitglieder der RZ, darunter Rudolf Schindlers Ehefrau. Der Prozess endete am 18. März 2004 mit der Verurteilung Schindlers und seiner Frau zu je drei Jahren und neun Monaten Haft wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung. Auch die Mitangeklagten wurden verurteilt. Die Verurteilung basierte zu großen Teilen auf den Aussagen des Kronzeugen Tarek Mousli, der in einem separaten Prozess eine Bewährungsstrafe erhielt.[6]

Einzelnachweise

  1. a b c d Die Einlassung von Rudolph Schindler im RZ-Prozess, vorgetragen vor Gericht von seinen Anwälten am 18. Januar 2002
  2. Alex Desselberger, Detlef Sieverdingbeck: Revolutionäre Plaudertaschen, in Focus, 27. Dezember 1999
  3. Gisela Friedrichsen: Zurück zur Menschlichkeit. In: Der Spiegel. Nr. 8, 2001, S. 27 (19. Februar 2001, online).
  4. analyse & kritik: Ein Prozess und seine Folgen, Nr. 447, 22. Februar 2001
  5. Wolfgang Bayer: Antiquität mit Sprengstoff. In: Der Spiegel. Nr. 12, 2001, S. 52 (19. März 2001, online).
  6. Sabine Deckwerth: Haftstrafen für "Revolutionäre Zellen", in Berliner Zeitung, am 19. März 2004

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