Chrematistik

Chrematistik

Die Chrematistik ist die Kunst, Reichtum zu erlangen.

Der Begriff wurde von Aristoteles geprägt, der zwischen Ökonomik (Hausverwaltungskunst) und Chrematistik (Kunst des Gelderwerbs) unterscheidet. Andere Begrifflichkeiten, die bereits mit einem Werturteil behaftet sind, seien für Ökonomik die natürliche Erwerbskunst und für Chrematistik die widernatürliche Erwerbskunst.

Natürliche Erwerbskunst (Ökonomik)

Der Begriff der natürlichen Erwerbskunst zielt auf die Bedürfnisbefriedigung des Menschen ab. Die Ökonomik beschäftigt sich mit der Beschaffung und Bewahrung jener Güter, die für das Haus oder den Staat nützlich und notwendig sind. „In diesen Dingen besteht ja auch wohl einzig der wahre Reichtum.“ (Politik, 1256 b 30). Dieses wirtschaftliche System ist demnach geprägt durch das Bedarfsdeckungsprinzip. Kapitalakkumulation bzw. das Streben danach findet hier nicht statt. Da die Menge an Werkzeugen bzw. Instrumenten, die den Reichtum der Haus- oder Staatsverwaltung bilden, nach Größe und Zahl nicht unbegrenzt sei, könne auch der Reichtum nicht unbegrenzt sein. Aristoteles Überlegungen zum wirtschaftlichen Handeln sind eingebettet in philosophische Betrachtungen. In diesem Sinne merkt man an seinen Passagen, dass er eine starke normative Analyse betrieb, also dass er ständig auf der Suche war, wie wirtschaftliches Handeln so betrieben werden kann, dass es zum Gemeinwohl, das man bei ihm sicherlich als übergeordnetes Ideal betrachten kann, beitragen kann. Diese Herangehensweise würden wir heute wohl unter dem Begriff Wirtschaftsethik abhandeln. Zurückkehrend zur natürlichen Erwerbskunst ist es auch durch ein Gerechtigkeitsprinzip durchdrungen. So beschrieb er den Tauschhandel zwischen Wirtschaftssubjekten und führte dabei die Begriffe Gewinn und Verlust ein. Gewinn sei demnach gegeben, wenn man nach dem Tauschgeschäft mehr hat als davor. Verlust sei gegeben, wenn man weniger hat als davor. In der Mitte zwischen Gewinn und Verlust liegt nach Aristoteles die Gerechtigkeit. An dieser Stelle dürfte wieder das Bedarfsdeckungsprinzip zum Tragen kommen.

Widernatürliche Erwerbskunst (Chrematistik)

Der Ökonomik stellte Aristoteles die Chrematistik als Wirtschaftskunst gegenüber. Hier geht es darum, Geld zu akkumulieren. Der Tausch wird hier nicht zur Bedarfsdeckung betrieben oder um der Autarkie des Hauses und des Staates willen, sondern um Reichtum anzuhäufen. Diese Art der Wirtschaftskunst kommt in seinem Sinne auch als Folge der Einführung des Geldes als Tauschmittel zum Tragen. Aristoteles gab ihr die Schuld daran, dass man häufig meine, Reichtum und Besitz seien unbegrenzt. Abgeleitet von Aristoteles' Begriff der Chrematistik ist das deutsche Wort "Krämer".

Quellen

  • Bernd Ziegler: Geschichte des Ökonomischen Denkens. Paradigmenwechsel in der Volkswirtschaftslehre. Oldenbourg, München 1998, ISBN 3486221604
  • Bertram Schefold: Platon und Aristoteles. In: Bertram Schefold (Hrsg.): Wirtschaftsstile. Bd 1. dtv, 1994, S. 113-157

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Chrematistik — (griech.), der Erwerb von Gütern durch Tausch im Gegensatze zu dem durch eigne Produktion …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Chrematístik — (grch.), Tauschwirtschaft; Erwerb im Verkehr, im Gegensatz zur Produktion der notwendigen Güter durch den Konsumenten selbst …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Chrematistik — Chre|ma|tis|tik [k...] die; <aus gr. chrẽma, Gen. chre̅matos »Ding, (gebrauchsfähige) Sache, Unternehmung« u. ↑...istik> gewerbsmäßiges Betreiben einer Erwerbswirtschaft mit dem Ziel, sich durch Tauschen u. Feilschen zu bereichern …   Das große Fremdwörterbuch

  • Wirtschaftsforschung — Die Wirtschaftswissenschaften (auch Ökonomik aus griechisch οἶκος, oíkos „Haus ; νόμος, nomos „Gesetz und dem Suffix ική) umfassen die Lehre von der Wirtschaft (Ökonomie). Inhaltsverzeichnis 1 Inhalte 2 Historische Entwicklung 2.1 Volkswirtschaft …   Deutsch Wikipedia

  • Wirtschaftswissenschaften — Die Wirtschaftswissenschaften (auch Ökonomik aus griechisch οἶκος, oíkos „Haus ; νόμος, nomos „Gesetz und dem Suffix ική) umfassen die Lehre von der Wirtschaft (Ökonomie). Inhaltsverzeichnis 1 Inhalte 2 Historische Entwicklung 2.1 Volkswirtschaft …   Deutsch Wikipedia

  • Politik (Aristoteles) — Die Politik (griechisch Πολιτικά „Die politischen Dinge“[1]) ist die wichtigste staatsphilosophische Schrift des Aristoteles. Das in acht Bücher aufgeteilte Werk behandelt hauptsächlich verschiedene real existierende und abstrakte… …   Deutsch Wikipedia

  • Wirtschaftswissenschaft — Die Wirtschaftswissenschaft (auch Ökonomik aus griechisch οἶκος, oíkos „Haus ; νόμος, nomos „Gesetz und dem Suffix ική) ist die Lehre von der Wirtschaft (Ökonomie). Die Wirtschaftswissenschaft untersucht den rationalen Umgang mit Gütern, die nur… …   Deutsch Wikipedia

  • Ökonomik — wird: zuerst von Aristoteles für die Hausverwaltungskunst im Unterschied zur Chrematistik verwendet; siehe Ökonomik in Antike und Mittelalter hauptsächlich als Synonym für Wirtschaftswissenschaft benutzt, wobei Ökonomik als deren Methode im… …   Deutsch Wikipedia

  • Eigentumstheorien — sind systematische Erklärungsversuche zur Entstehung und Rechtfertigung der gesellschaftlichen Institution des Eigentums. Das Recht auf persönliches Hab und Gut wird in der Regel nicht infrage gestellt. Kontroverse Positionen gibt es hingegen in… …   Deutsch Wikipedia

  • gerechter Preis — Als gerechter Preis (lateinisch iustum pretium) wird ein nach ethisch normativen Kriterien ermittelter Wert beim Austausch von Gütern bezeichnet. Die Frage der Preisgerechtigkeit ist Thema der Wirtschaftsethik und in ihrem Ursprung auf… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”