Schlacht von Athens

Schlacht von Athens

Die Schlacht von Athens ("Battle of Athens") war eine Rebellion der Bürger von Athens und Etowah (beides im Bundesstaat Tennessee) gegen ihre lokale Regierung im August 1946. Die Bürger beider Orte, darunter auch zurückkehrende Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg, beschuldigten die Behörden wegen Korruption und Einschüchterung der Wähler.

Dieses Ereignis wird in den USA von Befürwortern des Schusswaffenbesitzes immer wieder aufgegriffen, um den Wert des Zweiten Verfassungszusatzes hervorzuheben.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Es gab schon seit längerer Zeit Bedenken im McMinn-Bezirk über politische Korruption und Wahlbetrug. Auf die Bitte von Bürgern hin untersuchte das U.S.-Justizministerium die Vorwürfe in den Jahren 1940, 1942 und 1944, aber hatte keine Maßnahmen beschlossen. Die wohlhabende Cantrell-Familie beherrschte die lokale Politik.

Paul Cantrell wurde zum Sheriff – zum Polizeichef des McMinn-Bezirks also – gewählt, und zwar in den Jahren 1936, 1938 und 1940. Anschließend wurde er in den Senat des Staates Tennessee gewählt (1942 und 1944), während sein damaliger Vize-Sheriff ("Deputy Sheriff"), Pat Mansfield, das Amt des Sheriffs übernahm.

Ein Gesetz des Bundesstaates führte 1941 zu einer Reduktion des politischen Wettbewerbs, indem die Anzahl der Wahlbezirke von 23 auf 12 reduziert wurde. Auch wurde die Zahl der Justices of the Peace – Richter, die für Übertretungen und kleinere Vergehen zuständig sind – von 14 auf sieben reduziert. Der Sheriff und seine Stellvertreter führten ein Gebühren-System ein, bei welchem sie eine "Gewinnbeteiligung" erhielten pro Angeklagten. Je mehr Festnahmen, desto mehr verdienten die Sheriffs. Nicht selten wurden Busse, welche durch den Bezirk fuhren, von den Sheriffs angehalten und die Passagiere nach Belieben zum Beispiel wegen Trunkenheit gebüsst, gleich ob sie alkoholisiert waren oder nicht.

Im August 1946 kandidierte Paul Cantrell erneut für das Amt des Sherrifs, während Pat Mansfield für den Senat kandidierte. Als nach dem Ende des zweiten Weltkrieges rund dreitausend GIs wieder in den McMinn-Bezirk heimkehrten – rund 10% der Bezirksbevölkerung – forderten diese Cantrells politische Vormachtstellung heraus und stellten eigene, parteilose Kandidaten auf. Sie forderten auch ungefälschte Wahlen. Der Veteran Bill White beschrieb deren Motivation wie folgt:

"Wir hatten einige Bars und Spelunken hier in Athens. Und bald bekamen wir Probleme mit den Gesetzeshütern weil diese ehemalige Soldaten anhielten und Bussen für praktisch alles austeilten - es war eine Gaunerei. Nach harten Jahren des Dienstes – die meisten von uns waren Kriegsveteranen - waren wir es gewöhnt, unseren eigenen alkoholischen Getränke zu trinken, ohne belästigt zu werden. Je mehr die Sheriffs uns dabei störten, desto wütender wurden wir GIs – je mehr GIs sie verhafteten, je mehr sie verprügelten, desto zorniger wurden wir."

Kriegsveteran Knox Henry kandidierte fürs Sheriffs-Amt und forderte somit Cantrell heraus. In Anzeigen und Reden versprach der GI eine ehrliche Auszählung der Stimmen und eine Reform der lokalen Regierung. Die GIs waren enttäuscht darüber, dass sie in ihrem Bezirk etwas existierte, das sie vor nur wenigen Jahren in Europa bekämpfen mussten.

Die Schlacht

Die Vorwahl wurde am 1. August 1946 durchgeführt. Um Wähler einzuschüchtern, setzte Mansfield rund zweihundert bewaffnete Sheriffs-"Stellvertreter" ein. Fast alle Wahlbeobachter aus den Reihen der GIs wurden von diesen Hilfs-Sheriffs verprügelt.

Um drei Uhr nachmittags erklärte einer der "Deputies" Tom Gillespie, einem Afroamerikaner, er könne nicht an der Wahl teilnehmen. Obwohl er von verprügelt wurde, begehrte Gillespie nochmals seine Teilnahme an der Wahl. Der zornige Deputy erschoss ihn, eine öffentliche Aufruhr folgte. Gillespie erholte sich danach von seinen Verletzungen.

Andere Deputies verhafteten Wahlbeobachter unter dem Vorwand, deren Tätigkeit würde das Auszählen der Stimmen "öffentlich machen" (siehe Wahlgeheimnis). Auch hier entstand eine Aufruhr und zahlreiche Personen versammelten sich im Wahllokal; Mansfield befahl seinen Deputies, diese Versammlung aufzulösen. Den Wahlbeobachtern gelang die Flucht, aber die Bürger wurden aus dem Wahllokal vertrieben. Bewaffnete Deputies stellten sich in einem Halbkreis vor dem Eingang auf und drohten, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, wenn sie nähertreten würden.

Der Sheriff Pat Mansfield schaffte die Wahlurnen ins Bezirksgefängnis hinüber, um die Stimmen auszuzählen. Die Deputy Sheriffs fürchteten einen Angriff auf das Gefängnis durch die ehemaligen Soldaten, die erst vor kurzem in Europa und im Südpazifik gekämpft hatten.

Den GIs mangelte es zwar an Schusswaffen und Munition, aber ihnen gelang es, Schlüssel zu den Lagern der Nationalgarde und der State Guard[1] auszuleihen und sich mit drei M1 Garand-Gewehren, fünf M1911-Pistolen und 24 M1917-Gewehren auszurüsten. Eine spärliche Ausrüstung zwar, aber wegen des zweiten Weltkrieges waren die Arsenale in den USA fast leer. Um acht Uhr abends belagerten GIs und ihre Unterstützer das Gefängnis, aber ließen den hinteren Ausgang unbewacht, um Pat Mansfield und seinen Leuten einen Ausweg zu lassen.

Zwei Soldaten wurden beim folgenden, dreißig Minuten dauernden Schusswechsel verwundet. Der Vorteil lag bei den Personen im Gefängnis, da die GIs nur wenig Munition hatten, weil es dunkel wurde und weil die Wände des Gefängnisses eine hervorragende Deckung boten. Die GIs besassen auch keine Funkgeräte, um ihre Aktion zu koordinieren.

Verschiedene Personen, die es wagten, vor dem Gefängnis auf die Straße zu gehen wurden verwundet. Ein Mann im Gefängnis wurde schwer verletzt. Die meisten von Mansfields Leuten wollten ausharren und auf Hilfe warten, denn Gouverneur McCord mobilisierte die Tennessee State Guard. Die State-Guard-Truppen wurden allerdings nicht eingesetzt; es wird vermutet, dass McCord fürchtete, die State-Guard-Soldaten, von denen die meisten ehemalige Army- und Nationalgarde-Soldaten waren, würden niemals auf andere GIs schießen.

Um zwei Uhr morgens erzwangen die GIs eine Lösung des Konflikts. Männer vom Meigs County warfen Dynamit-Stangen und zerstörten den Vorbau des Gefängnisses und die Deputies gaben auf. Die GIs sicherten das Gebäude, während Paul Cantrell flüchten konnte. Ein GI erkannte ihn jedoch und wollte ihn erschießen, doch seine Pistole blockierte. Die ausgeliehenen Waffen wurden gereinigt und noch vor Sonnenaufgang den Waffenarsenalen zurückgegeben.

Die Folgen

In fünf Wahlbezirken erhielt der Kandidat der GIs, Knox Henry, 1168 Stimmen, während Cantrell 789 erhielt. Andere GI-Kandidaten gewannen mit ähnlichen Stimmenverhältnissen.

Am 2. August wurde an einer Bürgerversammlung ein dreiköpfiges Komitee aufgestellt, um Athens zu regieren. Die reguläre Polizei war geflüchtet, und so wurden sechs Männer ausgewählt, um in der benachbarten Stadt Etowah für Recht und Ordnung zu sorgen. Ebenfalls wurden Bürger dazu aufgerufen, eine Bürgerwache zu formieren, die von ehemaligen Soldaten geleitet werden sollten. Es wird berichtet, dass Bürgerwachen selbst keinen einzigen Machtmissbrauch begangen hatten.

Die Wahlen am 5. November 1946 verliefen ohne Zwischenfälle. Paul Cantrell zog nach Etowah und betätigte sich im Autohandel.

In den Medien

  • Der TV-Film "An American Story", produziert im Jahre 1992, basierte auf der Schlacht von Athens, spielte aber in einer texanischen Stadt und im Jahre 1945. Er gewann 1993 einen Emmy Award.

Quellen

Literatur

  • C. Stephen Byrum (1987): The Battle of Athens. Verlag Paidia Productions.
  1. Die State Guard ist wie die Nationalgarde eine Truppe, die dem Gouverneur zur Verfügung steht. Sie kann aber nicht von der Bundesregierung aufgeboten werden, und Dienst in der State Guard befreit auch nicht von allfälliger Dienstpflicht in den Truppen des Bundes.

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