Skanderbeg-Platz

Skanderbeg-Platz
Die Wahrzeichen von Tirana am Skanderbeg-Platz: Uhrturm, Et'hem-Bey-Moschee, Ministerien und Skanderbeg-Statue
Beleuchtete Ministerien rund um den ältesten Teil des Platzes

Der Skanderbeg-Platz (albanisch Sheshi Skënderbej) ist der Hauptplatz der albanischen Hauptstadt Tirana. Er liegt zentral in Mitten der Stadt umgeben von öffentlichen Gebäuden; mehrere Straßen enden hier aus allen Richtungen kommend.[1]

Benannt ist er nach dem albanischen Nationalhelden Skanderbeg. Seine Gesamtfläche beträgt etwa 38.000 m². Der Platz ist wirtschaftlich, kulturell, infrastrukturell und politisch das Zentrum des Landes.

Inhaltsverzeichnis

Gestaltung

Dem Platz fehlt ein einheitliches Aussehen: Er besteht aus mehrere Flächen, die im Verlaufe der Zeit hinzugekommen sind, und nur wenig einheitlich gestalteten Gebäuden. Der Skanderbeg-Platz besteht aus einem ovalen Hauptteil und drei viereckigen Nebenteilen, die sich im Norden und Nordwesten anschließen. Neben dem architektonisch gestalteten ältesten Teil mit den einheitlichen Ministerien und der Stadtverwaltnug (Bashkia) im Stil der italienischen Renaissance[2] liegen große Flächen mit wenigen großen Monumentalbauten. Das kleine Nebenteil vor der Nationalbank ist im Gegensatz zu den meist asphaltierten Flächen mit Bäumen bepflanzt.

Anlage (bis 2010)

Am Rande des zentralen und südlichen Teils verlief ein großer Kreisverkehr aus etwa drei bis vier Spuren. Die Flächen im westlichen Teil wurden noch von einigen Verlängerungen der Zubringerstraßen durchschnitten.

Auf dem zentralen Teil steht eine Brunnenanlage mit einigen Wasserspielen, die aber selten in Betrieb war. In der Mitte des südlichen Teils befand sich eine kleine Parkanlage oder Garten, die etwas tiefer lag – um den Gebäuden eine imposantere Wirkung zu verleihen[2] und von ein paar hohen Bäumen gesäumt war.

Am Übergang zwischen dem alten und dem zentralen Teil steht das Skanderbeg-Denkmal. Im nordwestlichen Teil stand einst eine große Statue von Enver Hoxha, die 1991 gestürzt wurde. Der Platz diente damals vor allem seiner Repräsentation.[1]

Skanderbeg-Denkmal

Skanderbeg-Denkmal und Ministerien

Dem Namensgeber Skanderbeg zu Ehren wurde anlässlich seines 500. Todestags im Jahr 1968 im Mittelpunkt des Platzes eine elf Meter hohe, bronzene Reiterstatue errichtet. Das Denkmal wurde von Odhise Paskali entworfen. Das Monument von Josef Stalin, das zuvor an dieser Stelle stand, wurde versetzt.

Gebäude

Der Platz wird vom Tirana International Hotel, dem Kulturpalast mit Oper und Nationalbibliothek, der Et'hem-Bey-Moschee und dem Uhrturm dahinter, der Stadtverwaltung (Bashkia), dem Ministerium für Öffentliche Arbeiten, Transport und Telekommunikation, dem Landwirtschaftsministerium, dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Energie, dem Puppentheater, dem Hauptsitz der Partia Socialiste e Shqipërisë, der Banka e Shqipërisë und dem Historischen Nationalmuseum umgeben (von Norden im Uhrzeigersinn). Das große Mosaik an der Fassade des Nationalmuseums, das Albaner aus verschiedenen Epochen zeigt, prägt noch immer den ganzen Platz.

Geschichte

Aufnahme aus dem Jahr 1988, als es noch kaum motorisierten Verkehr gab

Im Jahr 1917 wurde von den Österreichern ein öffentlicher Stadtplatz angelegt, aus dem sich später der Skanderbeg-Platz entwickelte.[3] Jedoch wurde diese Fläche westlich des Basars schon früher als Sheshi Skënderbej oder Sheshi i Tregut bezeichnet, auch wenn es noch wenig von einem Platz hatte.[4][2] Ein von den Österreichern 1917 erbautes Offizierskasino steht noch heute – genutzt als Puppentheater – am Südwestrand des Platzes. Nachdem Tirana 1920 zur Hauptstadt erkoren worden war und die Einwohnerzahl rasch anstieg, entstanden in der Folge mehrere Bebauungspläne, die alle einen zentralen Platz an dieser Stelle vorsahen, der von der Nord-Süd-Achse durch Tiranas Zentrum, im Norden der Bulvardi Zogu I., im Süden der Bulevardi Dëshmorët e Kombit, durchschnitten wird. Erste breite, grade Straßenzüge wurden durch das Häusergewirr angelegt.[3]

Erst in den späten 1930er Jahren war der Skanderbeg-Platz fertiggestellt. In dessen Zentrum stand eine kreisrunde Brunnenanlage, die 1944 im Krieg zerstört und nicht mehr ersetzt worden ist.[3] Gegenüber der Moschee stand das Rathaus aus dem Jahr 1930, links davon im spitzen Winkel zwischen der Kavaja- und der Durrës-Straße das Café Kursaal.[3] Beide Gebäude, Rathaus und Café, wurden im Rahmen späterer Umgestaltungen des Platzes abgebrochen. Die Nordost-Ecke des Platzes bildete den Übergang zum Bazar-Viertel. Südlich des Brunnens schloss sich die ovale Anlage mit den Ministerien an. Diese bildeten damals noch den südlichen Abschluss der Stadt, aber eine Ausdehnung darüber hinaus war schon lange geplant.[3] Daneben entstand am westlichen Rand des Platzes etwas zurückgesetzt noch der Hauptsitz der Nationalbank.[1]

Nach dem Krieg wurde der Skanderbeg-Platz mehrfach umgestaltet.[5] Bazar-Viertel mit orthodoxer Kathedrale und Rathaus mussten den neuen Monumentalgebäuden Platz machen, als der Skanderbeg-Platz ab den 1960er Jahren neu gestaltet wurde, um Platz zu schaffen für eine weite Fläche für politische Veranstaltungen und Kundgebungen vor der Kulisse von stalinistisch geprägten Monumentalbauten.[2] Der Kulturpalast entstand als erster Neubau im Stil moderner sozialistischer Architektur mit einem hohen Portikus aus 18 Säulen in den Jahren 1960-1966.[6] 1979 wurde das Hotel Tirana, bis weit in die 1990er Jahre mit 15 Stockwerken das höchste Gebäude der Stadt, eingeweiht.[7] Zwei Jahre später wurde das Nationalmuseum eingeweiht, für das der Platz nochmals – nach Westen – erweitert wurde. Die anfangs unbebaute Rasenfläche davor musste nach dem Tod von Enver Hoxha weichen, als eine Statue zu seinen Ehren dort errichtet wurde.[3]

Umgestaltung

Umbau-Arbeiten im Jahr 2011

Seit 2008 bestand die Idee einer Umgestaltung des Skanderbeg-Platzes. Der damalige Bürgermeister Edi Rama (PS) hoffte, den Platz zu modernisieren und zu europäisieren. Er veranstaltete zusammen mit der Stadtverwaltung und Experten einen internationalen Wettbewerb, welchen 2008 das Architektur-Studio 51n4e gewann. Die Umbauarbeiten begannen dann im März 2010, verzögerten sich aber, weil die von der Demokratischen Partei dominierte Landesregierung Einspruch erhob.[8] Sie sollen 2012 beendet werden.

Die Rekonstruktion sieht eine Umstrukturierung des Platzes in eine Fußgänger- und ÖV-Zone, um ihn eine klare Bestimmung zu geben.[1] Der gesamte Verkehr wird dann auf die Umfahrungsstraßen umgeleitet werden. Die Baukosten werden sich auf etwa 11,5 Millionen Euro belaufen. Zwischen der Nationalbank und dem Museum ist ein neues Gebäude geplant, das den Platz klarer abschließt. Zudem sind rund um den Platz noch einige Hochhäuser geplant, darunter den bereits in Bau befindlichen TID Tower.[1]

„Im Zentrum der Stadt findet man noch heute, was ganz am Beginn stand: Die Moschee, das Herz jenes osmanischen Dorfes vor hundert Jahren. Heute bilden der Platz und der von ihm ausgehende Boulevard das Herz der Stadt. Umrahmt von den Gebäuden aus der italienisch-faschistischen Periode und dem Kulturpalast, der das Symbol unserer politischen Liebesgeschichte mit der Sowjetunion ist. Unweit davon befindet sich das Hotel Tirana, das Symbol unserer politischen Liebesgeschichte mit China, dann das Nationalmuseum, ein Symbol unseres Narzissmus und unserer Selbstisolation. Und dann sind da noch die leeren Flächen, die von den gestürzten Denkmälern zurückgelassen wurden und uns an die Leere erinnern, in der wir nach wie vor in einem Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft gefangen sind. In diese Leere versuchen wir nun, den Platz der Zukunft zu bauen.“

Edi Rama[5]

Nutzung

Der Skanderbeg-Platz war seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems stark vom Autoverkehr geprägt.[1] Als zentraler Knotenpunkt verbindet er viele Stadtteile miteinander. In den 1980er Jahren gab es keine Verkehrsreglung – die sehr wenigen Fahrzeuge querten den Platz fast beliebig. Später wurde ein großer Kreisverkehr eingeführt und das Befahren der Flächen in der Mitte verboten, so dass diese zu teils schwer zugänglichen Inseln im wilden Verkehr wurden. Seit Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2011 wird aber ein Großteil des Verkehrs umgeleitet.

Die meisten Buslinien von Tirana starten am Skanderbeg-Platz. Ausgangspunkte sind drei Bushaltestellen: eine etwas zurückgesetzt hinter dem Uhrturm im Osten, die anderen beiden am westlichen Rand des Platzes, wo die beiden Ausfallstraßen Rruga e Durrësit und Rruga e Kavajës beginnen.

Der große Platz wird auch als Veranstaltungsort genutzt. Es fanden hier politische Kundgebungen und Demonstrationen statt. Aber auch Konzerte, so zum Beispiel 1999 von DJ Bobo mit 150.000 Zuschauern, wurden auf der Bühne vor dem Kulturpalast durchgeführt.[9] In den 1990er Jahren standen auf dem Platz auch einige Jahrmarkt-Geschäfte neben unzähligen kleinen Verkaufsbuden, wie sie damals überall in der Stadt standen.[2]

Blick nach Westen vom Minarett der Et'hem-Bey-Moschee (aufgenommen ca. 2004)
Blick nach Westen vom Minarett der Et'hem-Bey-Moschee (aufgenommen ca. 2004)

Weblinks

 Commons: Skanderbeg-Platz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Architekturbüro 51N4E: Das Entwurfskonzept für den Skanderbeg-Platz. In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII, Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 85-93.
  2. a b c d e Besnik Aliaj, Keida Lulo, Genc Myftiu: Tirana - The Challenge of Urban Development. Tirana 2003, ISBN 99927-880-0-3.
  3. a b c d e f Artan Shkreli: 25 Jahre Stadtplanung in Tirana von 1916-1941. In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII, Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 20-37.
  4. K.u.K. Kriegsmappierungsabteilung Nr. 7, Hauptmann v. Milius: Stadtplan von Tirana (April 1917). In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII, Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 10.
  5. a b Katia Accossato: Tirana: Von der Form zur Nicht-Form. In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII, Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 43-57.
  6. Carthalia. Abgerufen am 28. Januar 2011 (englisch).
  7. Tirana International (Hrsg.): Tirana International – 30 Years of History. Tirana 2009.
  8. Der Streit um das Ding in der Mitte. In: albanien.ch. 6. April 2010, abgerufen am 11. September 2011.
  9. Open Hearts - vom kleinen Engagement bis zum internationalen Auftritt. Abgerufen am 11. September 2011.
41.32798719.8189121

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