St. Walburga (Werl)

St. Walburga (Werl)
Ansicht der Kirche
Ansicht des Turms

Die Kirche St. Walburga in Werl ist ein gotischer Hallenbau aus dem 14. Jahrhundert mit 62 Meter hohem spätromanischem Turm mit barocker welscher Haube. Sie ist aus einheimischem Grünsandstein gebaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelschiff mit Blick auf den Hauptaltar

Unter der Kirche wurden 1967 bei Grabungen Reste einer ottonischen Saalkirche mit Querhaus und Apsis gefunden. In der Mitte des Schiffes wurden zwei Gräber ergraben. Der Anlage nach sind hier Mitglieder des Werler Grafengeschlechts begraben. Der Bau dieser Kirche erfolgte nach 950, wohl mit der Anlage der Werler Grafenburg. Um 1150 wurde sie aus nicht mehr bekannten Gründen abgerissen. An ihrer Stelle wurde eine Basilika mit schmalem Chorjoch, Querhaus, Apsis, Westflügel und einem Nordquerarm errichtet. Der im Nordquerarm befindliche zweischiffige kryptenartige Raum ist erhalten. Hier war wohl der ursprüngliche Ort des Heilig-Grab-Kultes. Als Träger des Gratgewölbes dient ein gegliederter Mittelpfeiler. Mit dem Bau der heutigen Kirche wurde in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts begonnen. Der Dachstuhl aus Eichenholz, der bis heute erhalten ist, wurde etwa 1391 fertig gestellt. von 1733 bis 1736 wurden die den Turm bekrönende Barockhaube sowie die sich darunter befindliche Glockenstube von den Bau- und Zimmermeistern Michael Moser und Caspar Nölle errichtet. Die Westfassade wurde von 1893 bis 1897 in neuromanischen Formen renoviert.

Die Kirche wurde 1892 von Papst Leo XIII zur Propsteikirche erhoben.

Ausstattung

Offizialgericht, Außenansicht
Richterstuhl

Gerichtsstuhl

In der Kirche befindet sich der Gerichtsstuhl des Offizialatsgerichts für das Herzogtum Westfalen aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das kurkölnische Offizialatsgericht (höchstes geistliches Gericht) wurde vom damaligen Landesherrn zwischen 1478 und 1483 nach Werl verlegt und bestand bis zum Jahr 1802.

Hinter hohen, durchbrochenen Türen steht der Gerichtsstuhl, er zeigt zwei Wappen. Einmal das des Kölnischen Landesherren Erzbischof Clemens August und das des Erbsälzers Johann Detmar von Mellin, dieser ist seit 1722 als Offizial bezeugt.

Am Gitter und an den Richtersitzen beziehen sich Schnitzereien ikonografisch auf Gerichtsverhandlungen und weisen sinnbildlich auf die Kardinaltugenden Mäßigkeit, Starkheit, Gerechtigkeit und Klugheit hin.

Heiliges Kreuz

Bis zur Reformation wurde in der Kirche über Jahrhunderte das sog. Heilige Kreuz von Werl verehrt.Es war das zentrale Heiligtum der Kirche und wurde als wundertätig angesehen. Das Kreuz wurde erstmals am 5. Januar 1370 urkundlich erwähnt. Es war Anziehungspunt für viele Pilger und gleichzeitig auch Träger des Kirchenvermögens. Das eingenomme Geld wurde von städtischen Provisoren des Heiligen Kreuzes verwaltet.

Es wurde mitsamt der übrigen Einrichtung in den Truchseßschen Wirren im Jahre 1583 zerstört. Zu dieser Zeit flüchtete der zum Protestantismus übergetretene Kölner Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg bis nach Werl, um in seinem dortigen Schloss Schutz zu suchen. Das zerstörte Heilige Kreuz wurde 1938 auf dem Dachboden der Kirche aufgefunden und nach einer Restaurierung 1953 am alten Standort, dem Ende des 14. Jahrhunderts erbauten, außergewöhnlichen Ziborienaltar, wieder aufgestellt.

An der Rückwand des Altares ist eine Malerei aufgebracht. Zusammen mit dem Kreuz bildet diese den sogenannten Gnadenstuhl.

Einziger Überrest der Kreuzverehrung ist eine Votivtafel, die sich neben dem Altar befindet. Sie erzählt von der als Wunder angesehenen Heilung eines Kindes, das vom Mistwagen überfahren wurde.

Erbsälzeraltar

Die Erbsälzer bestimmten seit dem Mittelalter maßgeblich die Geschicke der Stadt Werl. Der Sälzeraltar wurde 1594 gefertigt. Neben den in Stein gemeißelten Familienzeichen auf der Predella über dem Altartisch, tragen mit zwei Ausnahmen, die Wappen den Pfannenkolben als Gewerbesymbol.

Im mittleren Teil des Altars wird die Kreuzigung Christi dargestellt, jeweils seitlich davon die hl. Cäcilia und die hl. Katharina von Alexandrien.

Rosenkranzaltar

Rosenkranzaltar

Der Altar wurde 1631 von Georg Gröninger aus marmoriertem Holz geschaffen. Im Übergangsstil von der Renaissance zum Barock zeigt er eine Madonna, umschwebt von musizierenden Engeln. Dreifach darum geschlungen ist der Rosenkranz mit Medaillons auf denen Darstellungen der Gebete zu sehen sind. Vor dem Altar knien Vertreter des weltlichen und des geistlichen Standes.

Altar der Kalandsbrüder

Dieser Altar wurde 1610 von Gerhard Gröninger angefertigt. Auf einer Inschrift wird er als Altar der Kallandsbruderschaft bezeichnet, im Volksmund wird er Schützenaltar genannt. Die Bruderschaft ist in Werl seit 1410 belegt. Die Geburt Jesu wird in zwei Halbreliefdarstellungen gezeigt. Auf der Altarspitze ist eine Figur des hl. Sebastian.

Kalvarienbergdarstellung

Kalvarienbergdarstellung

Die Gruppe befindet sich an der Westwand des Kreuzschiffes. Geschaffen wurde sie 1525 von Evert van Roden. Die im spätgotischen Stil gehaltene Arbeit ist 5,15 m hoch und aus Stein gearbeitet. Zu Füßen von Jesus liegt der begrabene Adam, vor dem Kreuz kniet Maria Magdalena. Jesus trägt eine schwere Dornenkrone, sein Mund ist leicht geöffnet. Unter den Kreuzen der beiden mitgekreuzigten Schächer liegen Gebeine sowie Eidechsen und Schlangen. Dies soll Tod und Verwesung darstellen.

Kanzel

Die Kanzel ist am ersten nördlichen Pfeiler im Mittelschiff angebracht. Sie wurde 1668 von der Sälzerfamilie von Brandis gesttiftet. Das Familienwappen ist am Fuß angebracht.Die geschnitzten Evangelistenfiguren im Kanzelkorb sind in barockem Stil gehalten.

Gebetsinschrift

An der letzten Säule des Mittelschiffes befindet sich eine Gebetsinschrift. Diese wurde im frühen 14. Jahrhundert in 2,30 m Höhe von einem unbekannten Meister in mittelniederdeutscher Sprache gemalt: AVE + GHE + BBENNDIDE + JESV + CHRYSTVM + NARIEN ZVNNE + IK + GHRVTE + DI + WARRE + GOT + VNDE + EWEGHS + LEYFEN + VOR + BARME + OK. Übersetzt: Ave, gebenedeiter Jesus Christus, Mariens Sohn, Ich grüße Dich wahrer Gott und ewiges Leben. Erbarme Dich auch über mich armen sündigen Menschen.

Orgel

Es handelt sich hier um eine 1911 gebaute Orgel des Orgelbauers Stockmann aus Werl. 52 Register verteilen sich auf vier Manuale und ein Pedalwerk. 24 sind noch die Ursprünglichen, 9 sind noch teilweise erhalten und wurden restauriert. Sie befindet sich nach Umsetzung und Modernisierung i931 vor der westlichen Stirnwand des Seitenflügels. Das Instrument wurde im spätgotischen Stil gebaut. Besonders geeignet ist die Orgel für die Wiedergabe romantischer Orgelmusik.

Kirchenschatz

Im Besitz der Kirche befinden sich etliche Kelche, Paramente und sonstige Liturgische Geräte. Zum großen Teil wurden diese von den Erbsälzerfamilien gestiftet. Herausragend ist die Strahlenmonstranz. Sie wurde 1763 von Johann Christian Reinhard aus Augsburg angefertigt. Am Fuß sind die Wappen derer von Papen und von Mellin angebracht. Das Sälzerehepaar Wilhelm Chrisitan von Papen und Christine Elisabeth von Mellin stifteten die Monstranz.

Geläut

Im Turm hängt ein Bronzegeläut, bestehend aus sieben Glocken:

  1. Aus dem Jahr 1700 die Bürgerglocke, Ton a0, 2340 kg, Durchmesser 1630 mm, Glockengießer: Bernard Wilhelm Stule.
  2. Aus dem Jahr 1984 die Erlöserglocke, Ton c1, 2120 kg, Durchmesser 1495 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.
  3. Aus dem Jahr 1495 die Betglocke, Ton d1, 1480 kg, Durchmesser 1327 mm, Glockengießer: Herman Vogel.
  4. Aus dem Jahr 1984 die Hl.-Kreuz-Glocke, Ton e1, 1025 kg, Durchmesser 1166 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.
  5. Aus dem Jahr 1984 eine nicht benannte Glocke, Ton f1, 882 kg, Durchmesser 1090 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.
  6. Aus dem Jahr 1984 die Schützenglocke, Ton g1, 693 kg, Durchmesser 995 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.
  7. Aus dem Jahr 1984 eine unbenannte Glocke, Ton a1, 571 kg, Durchmesser 915 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.

Im Dachreiter hängt ein dreistimmiges Zimbelgeläute

  1. Aus dem Jahr 1480 die Kleine Meßglocke, Ton fis2, 141 kg, Durchmesser 580 mm, Glockengießer: Johan Desosato.
  2. Aus dem Jahr 1997 eine unbenannte Glocke, Ton h2, 90 kg, Durchmesser 490 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.
  3. Aus dem Jahr 1997 eine unbenannte Glocke, Ton d2, 55 kg, Durchmesser 400 mm, Glockengießer: Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher.

Literatur

  • Katholische Propsteikirche St. Walburga Werl, von Propst Heinrich Hanewinkel; ISBN3-7954-4056-4

Weblinks

51.5524877.913682

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