Synagoge der Rue Buffault

Synagoge der Rue Buffault
Fassade der Synagoge

Die Synagoge der Rue Buffault wurde von portugiesischen Juden, die dem sefardischen Judentum angehörten, errichtet und 1877 eingeweiht. Sie befindet sich 28, rue Buffault im 9. Arrondissement von Paris. Die nächste Métrostation ist Cadet an der Linie 7.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im 19. Jahrhundert gab es Bestrebungen, die verschiedenen jüdischen Gemeinden der elsässisch-lothringischen Juden, die – wie die aus Osteuropa zugewanderten Juden – den aschkenasischen Ritus pflegten, und der vorwiegend aus Portugal und dem Mittelmeerraum stammenden sefardischen Juden unter einem gemeinsamen Ritus Tsarfat zu vereinen. Als gemeinsame Synagoge war die seit 1867 im Bau befindliche und 1874 eingeweihte Synagoge der Rue de la Victoire vorgesehen. Allerdings herrschten zwischen dem Konsistorium und den portugiesischen Juden unterschiedliche Auffassungen und man konnte sich nicht darüber einigen, an welcher Stelle die Bima in der Synagoge stehen sollte. Die portugiesischen Juden beschlossen deshalb, in der Nähe der Rue de la Victoire eine eigene Synagoge zu errichten. Im Gegensatz zu den Synagogen des Konsistoriums erhielten sie von der Stadt Paris keine finanzielle Unterstützung und mussten selbst für den Erwerb eines Grundstückes und die Kosten des Baus aufkommen. Zu diesem Zweck wurde eine Gesellschaft gegründet, die 4.000 Anteilscheine à 100 Francs ausgab. Unterstützung erhielt die Gemeinde von dem aus Bordeaux stammenden Mäzen Daniel Iffla Osiris (1825–1907), der selbst im sefardischen Ritus aufgewachsen war. Er bestimmte den Architekten Stanislas Ferrand und beeinflusste die Innenausstattung, die der Synagoge seiner Kindheit in der Rue Causserouge in Bordeaux nachempfunden werden sollte. 1876 wurde mit dem Bau der Synagoge begonnen, ein Jahr später fand die Einweihung statt. Heute wird die Synagoge von nordafrikanischen Juden genutzt, die vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zugewandert waren.

Architektur

Innenansicht der Synagoge mit Rosette über dem Eingang

Die Synagoge der Rue Buffault bietet Platz für 600 Männer im Erdgeschoss und 300 Frauen auf den Emporen. Ihr Baustil ist beeinflusst von den großen Synagogen der Rue de la Victoire und der Rue des Tournelles. Mit ihren Rundbögen und Blendarkaden erinnert sie an romanische Kirchen.

Fassade

Die Fassade hat einschließlich der Gesetzestafeln auf dem Giebel eine Höhe von 22,50 Metern und wird flankiert von zwei schmalen Türmen. In ihrer Mitte prangt eine Rosette mit zwölf Speichen, die - wie die je sechs Blendarkaden an beiden Türmen - an die Zwölf Stämme Israels erinnern sollen. In dem von zehn Okuli durchbrochenen Halbkreis darüber steht in hebräischer Sprache das Bibelzitat aus dem 5. Buch Mose (Kapitel 28, Vers 6): Gesegnet wirst du sein, wenn du eingehst, gesegnet, wenn du ausgehst. Drei Arkaden im Erdgeschoss bilden den Eingang zu einem Portalvorbau, von dem drei Portale sich zu einem Vestibül öffnen. Von hier führen seitliche Treppen zu den Frauenemporen.

Innenraum

Bima

Der Innenraum ist gegliedert in ein breites Mittelschiff und zwei schmale Seitenschiffe. Die seitlichen Frauenemporen werden von je sechs Arkaden auf weißen Marmorsäulen getragen. Die Schlusssteine sind als Gesetzestafeln gestaltet und tragen biblische Namen wie Abraham, Isaak, Jakob oder Moses, die wichtige Stationen der jüdischen Geschichte repräsentieren. Auf dem großen Bogen über der westlichen Empore befindet sich eine Inschrift in französischer Sprache: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Die ersten Worte des jüdischen Glaubensbekenntnisses, Schma Jisrael, umgeben die große Rosette über dem Eingang: Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist einzig.

Ausstattung

Gesetzestafeln über dem Toraschrein

Die Bima, die von den sefardischen Juden als Tevah bezeichnet wird, befindet sich, wie in den orthodoxen Synagogen üblich, in der Mitte des Schiffes. Sie ist von einer Balustrade mit großen Leuchtern umgeben und ungewöhnlich breit, weshalb die Bänke der Gläubigen in Längsrichtung aufgestellt sind. Davor steht der große achtarmige Leuchter. Wie die Balustrade der Emporen sind die Steinschranken der Bima in Form von Gesetzestafeln und Davidsternen durchbrochen. Die Synagoge ist der jüdischen Tradition gemäß nach Osten (Misrach), nach Jerusalem, gerichtet. Am östlichen Abschluss des Schiffes befindet sich unter einer Arkade und hinter roten Samtvorhängen verborgen der Toraschrein. Die Lünette darüber ist in Form von Sonnenstrahlen durchbrochen, die von den Gesetzestafeln in ihrer Mitte auszugehen scheinen und die Wolken darunter durchdringen. Die hebräischen Buchstaben יהוה (YHWH) auf dem Sturz stehen für den Namen Gottes. Vor dem Toraschrein hängt das Ewige Licht, hebräisch Ner Tamid.

Weblinks

 Commons: Synagoge der Rue Buffault – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Jean Colson/Marie-Christine Lauroa (Hgg.): Dictionnaire des Monuments de Paris. Paris 2003 (1. Auflage 1992), S. 770−771, ISBN 2-84334-001-2
  • Dominique Jarrassé: Guide du Patrimoine Juif Parisien. Parigramme, Paris 2003, S. 81−85, ISBN 978-2-84096-247-2

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Synagoge der Rue de la Roquette — Synagoge der Rue de la Roquette, Betonfassade mit Davidsternen Die Synagoge der Rue de la Roquette, auch als Synagoge Don Isaac Abravanel bezeichnet, ist eine Synagoge des sefaradischen Ritus und befindet sich 84 86, rue de la Roquette im 11.… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge der Rue Notre-Dame-de-Nazareth — Außenansicht Die Synagoge der Rue Notre Dame de Nazareth ist die älteste noch erhaltene Synagoge von Paris. Sie wurde 1852 eingeweiht und 1986 zum Monument historique (Kulturdenkmal) erklärt. Sie befindet sich 15, rue Notre Dame de Nazareth im 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge der Rue des Tournelles — Fassade zur Rue des Tournelles Die Synagoge der Rue des Tournelles ist nach der Synagoge der Rue de la Victoire die zweitgrößte Synagoge von Paris. Sie wurde 1876 eingeweiht und 1987 zum Monument historique (Kulturdenkmal) erklärt. Sie befindet… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge der Rue Cadet — Die Synagoge der Rue Cadet oder Synagoge Adass Yereim ist die älteste orthodoxe Synagoge von Paris. Sie wurde von deutschstämmigen Juden aus dem Elsass gebaut und 1893 eingeweiht. Sie befindet sich 10, rue Cadet im 9. Arrondissement. Die nächste… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge der Rue Copernic — Schild über dem Hauseingang, Rue Copernic Die Synagoge der Rue Copernic oder Synagoge der Union libérale israélite de France (U.L.I.F.) ist eine Synagoge des liberalen Judentums und befindet sich 24, rue Copernic im 16. Arrondissement von Paris.… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge der Rue Pavée — Fassade der Synagoge Die Synagoge der Rue Pavée oder Synagoge Agoudas Hakehilot ist eine orthodoxe Synagoge, die nicht dem Consistoire de Paris angehört. Sie befindet sich 10, rue Pavée im 4. Arrondissement von Paris, im Herzen des Marais… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge Vincennes — Synagoge in Vincennes Die Synagoge von Vincennes in der Stadt Vincennes ist eine Synagoge in der Region Île de France und gehört zum Département Val de Marne, das sich im Südosten von Paris anschließt. Sie befindet sich in der Rue Céline Robert… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge Chasseloup-Laubat — Synagoge der Rue Chasseloup Laubat Die Synagoge der Rue Chasseloup Laubat befindet sich 14, rue Chasseloup Laubat im 15. Arrondissement von Paris. Die nächsten Métrostationen sind Cambronne an der Linie 6 und Ségur an der Linie 10. In …   Deutsch Wikipedia

  • Große Synagoge (Paris) — Fassade der Großen Synagoge Paris Die Große Synagoge an der Rue de la Victoire in Paris, im französischen als Synagogue de la Victoire oder auch als Grande Synagogue de Paris bezeichnet, ist die größte Synagoge Frankreichs. Sie wurde 1874… …   Deutsch Wikipedia

  • Synagoge Montmartre — Synagoge von Montmartre Die Synagoge von Montmartre ist eine Synagoge im Pariser Stadtviertel Montmartre. Sie wurde 1939 bis 1940 von der Association cultuelle israélite de Paris (Israelitische Kultusgemeinde von Paris, A.C.I.P.) unter dem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”