Theodor Wanner

Theodor Wanner

Theodor Wanner (* 28. Januar 1875 in Stuttgart; † 6. Juli 1955 ebenda) war ein deutscher Unternehmer, Wissenschaftsförderer und Museumsleiter. Er gründete das heutige Institut für Auslandsbeziehungen sowie die Süddeutsche Rundfunk AG und leitete das Linden-Museum für Länder- und Völkerkunde in Stuttgart.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und Beruf

Theodor Wanner wurde am 28. Januar 1875 als Sohn des Kommerzienrates Otto Wanner geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Stuttgart, im Fridericianium in Davos und in Neuchâtel in der französischen Schweiz. Nach dem Schulbesuch und einem Auslandsaufenthalt in Warschau reiste der gelernte Kaufmann als Achtzehnjähriger nach London, wo er fünf Jahre blieb und als selbständiger Kaufmann tätig war. Er unternahm Reisen in die USA, Ägypten und den Sudan.

Karriere

Das Haus des Deutschtums in Stuttgart war seit 1925 Sitz des von Wanner gegründeten DAI

Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart initiierte und beteiligte er sich an der Gründung verschiedener Vereine: des Vereins für Kunstfreunde, des Schulschiffvereins, des Vereins zur Förderung der Naturaliensammlung sowie des Vereins zur Förderung der Wissenschaft. Bereits 1899 kam er mit Graf Karl von Linden (1838-1910) in Kontakt, der seit einigen Jahren eine völkerkundliche Sammlung aufgebaut hatte. Wanner trat in den Trägerverein dieser Sammlung, den Württembergischen Verein für Handelsgeographie ein und wurde dort ab 1902 Schatzmeister. Nach dem Tode von Graf von Linden wurde Herzog Wilhelm von Urach neuer Vorsitzender des Vereins für Handelsgeographie. Doch der Herzog widmete sich ausschließlich repräsentativen Aufgaben, so dass faktisch Theodor Wanner die Führung des vom Verein gegründeten Linden-Museums in Stuttgart übernahm. Er warb zudem für die notwendigen Geldmittel für den Bau am Hegelplatz. Alle Entscheidungen über Ankäufe des Museums behielt sich Wanner persönlich vor. Im Vordergrund stand nicht mehr der völkerkundliche, sondern der repräsentative Wert eines Stückes, also Alter, Seltenheit und kunsthistorische Bedeutung. Als Fabrikant in Stuttgart veranstaltete er bahnbrechende Industrieausstellungen und förderte das völkerkundliche Museum, die Naturaliensammlung, die Gemäldegalerie und ähnliche Einrichtungen. Weitere Verdienste Wanners für das Linden-Museum Stuttgart liegen in den Möglichkeiten der Finanzierung des Museums und seiner Sammlungen durch seine weltweiten Kontakte und die Ermöglichung der Auslagerung der Sammlungen in ein Salzlager bei Heilbronn während des Zweiten Weltkrieges. Im Linden-Museum Stuttgart ist heute ein Veranstaltungssaal nach ihm benannt, der Wannersaal.

Im Jahr 1917 gründete er das Deutsche Ausland-Institut, um dokumentarisch zu erfassen, was über die Deutschen im Ausland publiziert wird und um den Kontakt zu den Auslandsdeutschen aufrechtzuerhalten.[1] Daraufhin wurde er 1918 zum Mitglied für das Auswanderungswesen beim Auswärtigen Amt durch den Reichskanzler berufen. Ein Jahr später wurde er dann auch vom Reichsminister des Inneren zum Mitglied des „Beirates des Reichsamts für deutsche Einwanderung, Rückwanderung und Auswanderung beim Reichsinnenministerium“ ernannt.

Wanner war Mitbegründer des Süddeutschen Rundfunks im Jahr 1924, dem er bis 1933 vorstand. Bis 1933, genau 10 Jahre lang, war er auch stellvertretender Vorsitzender der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft. Er trat für die Unabhängigkeit der Programmgestaltung im Rundfunk ein, auch deshalb wurde er 1933 von den Nationalsozialisten gewaltsam aus sämtlichen Ämtern entfernt und zur Niederlegung aller Ehremämter gezwungen.[1] Am 13. März 1933 wurde er in seiner Wohnung überfallen und erlitt eine Gehirnerschütterung, die Täter wurden nie verfolgt[2]. Auch das Deutsche Ausland-Institut wurde gleichgeschaltet und zum "Planungszentrum der Volkstumspolitik des Staates."

Theodor Wanner wurde 1951 Ehrenvorsitzender des, nach Kriegsende umbenannten, Instituts für Auslandsbeziehungen.

Auszeichnungen und Ehrentitel

1910 wurde Wanner zum königlichen schwedischen Honorarkonsul ernannt. Nur ein Jahr später wurde er auch belgischer Honorarkonsul, diesen Titel gab er wegen der Kriegsereignisse jedoch wieder zurück. Die Universität Tübingen verlieh ihm 1919 den Ehrendoktortitel und 1927 den Titel eines Ehrensenators. Im Jahr 1951 wurde er Ehrenvorsitzender des Instituts für Auslandsbeziehungen.

Privates

Theodor Wanner war mit Daisy Wanner (geb. Hutchins) verheiratet, mit der er fünf Töchter hatte.

Theodor-Wanner-Preis

Seit 2009 verleiht das Institut für Auslandsbeziehungen jährlich ihm zu Ehren den mit 5000 EUR dotierten Theodor-Wanner-Preis an Personen, die sich mit ihrem wissenschaftlichen, gesellschaftlichen oder unternehmerischen Engagement um den Dialog der Kulturen verdient gemacht haben. Der Preisträger 2009 war der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim.

Literatur

  • Ernst Ritter, Das Deutsche Ausland-Institut in Stuttgart : 1917 - 1945 ; ein Beispiel deutscher Volkstumsarbeit zwischen den Weltkriegen, Wiesbaden : Steiner , 1976 ISBN 3-515-02361-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Institut für Auslandsbeziehungen: Generalkonsul Theodor Wanner 80 Jahre alt. In: Mitteilungen des ifa, Heft 1/2, 1955, S. 65/66.
  2. Ernst Ritter, Das Deutsche Ausland-Institut in Stuttgart, S. 55

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Theodor-Wanner-Preis — Der Theodor Wanner Preis wird seit 2009 verliehen. Namensgeber des Preises ist Theodor Wanner, durch dessen Initiative das Deutsches Ausland Institut (DAI), das heutige Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), im Jahr 1917 gegründet wurde. Das ifa …   Deutsch Wikipedia

  • Wanner — ist der Familienname folgender Personen: Christian Wanner (* 1947), Schweizer Politiker (FdP) Florian Wanner (* 1978), deutscher Judoka Gerhard Wanner (* 1939), deutscher Fußballspieler Gerhard Wanner (Historiker) (* 1939), österreichischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Wertheimer — (* 12. September 1884 in Bruchsal; † 6. September 1968 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Kriegsberichterstatter 3 Deutschtum …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsches Ausland-Institut — Das Haus des Deutschtums in Stuttgart war seit 1925 Sitz des DAI Das Deutsche Ausland Institut (DAI) wurde 1917 als „Museum und Institut zur Kunde des Auslandsdeutschtums“ vom Unternehmer Theodor Wanner in Stuttgart gegründet. Neben seiner… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Ernst (Politiker) — St. Thomas in Straßburg 1895 (rechts) Friedrich Robert Ernst (* 4. Februar 1897 in Hürtigheim; † 14. April 1980 in Rimsting) war ein deutscher elsässischer Volkstumspolitiker und wurde 1941 nationals …   Deutsch Wikipedia

  • Carla Del Ponte — am 9. Juli 2006 in Wien Carla Del Ponte (* 9. Februar 1947 in Bignasco, Kanton Tessin) ist eine Schweizer Juristin und ehemalige Botschafterin der Schweiz in Argentinien. Sie war zuvor Bundesanwältin der Schweizerischen Ei …   Deutsch Wikipedia

  • Altes Waisenhaus (Stuttgart) — Schiff auf der Fassade (Einzelheit) Das Alte Waisenhaus liegt an der Nordwestseite des Charlottenplatzes im Stadtbezirk Stuttgart Mitte der Landeshauptstadt und grenzt im Norden an den Karlsplatz sowie an das westlich gelegene Hotel Silber an.… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Baudenkmäler in Gelsenkirchen — Die Liste der Baudenkmäler in Gelsenkirchen enthält die denkmalgeschützten Bauwerke auf dem Gebiet der Stadt Gelsenkirchen in Nordrhein Westfalen (Stand: 17. Mai 2011). Diese Baudenkmäler sind in Teil A der Denkmalliste der Stadt… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Wan — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter der Stadt Stuttgart — Die folgenden Listen enthalten: In Stuttgart geborene Persönlichkeiten, chronologisch aufgelistet nach dem Geburtsjahr. Ob die Personen ihren späteren Wirkungskreis in Stuttgart hatten oder nicht, ist dabei unerheblich. Viele sind im Laufe ihres… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”