Tschick (Roman)

Tschick (Roman)

Tschick ist ein 2010 im Rowohlt Verlag erschienenes Jugendbuch von Wolfgang Herrndorf. Es behandelt die Geschichte einer ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem 15-jährigen Jugendlichen aus gut situiertem Elternhaus und einem jugendlichen Spätaussiedler aus Russland.

Das Buch wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, dem Clemens-Brentano-Preis und dem Hans-Fallada-Preis.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Maik Klingenberg, 14 Jahre alt und aus einem zwar wohlhabenden aber dennoch zerrütteten Elternhaus, ist in seiner Klasse einer der Außenseiter. Deshalb wird er auch nicht zu Tatjanas Geburtstag eingeladen, in die er heimlich verknallt ist. Er fällt einfach nicht auf. Eines der wenigen Male wo er richtig auffällt in seiner Klasse, ist der Moment, als in Deutsch sein Aufsatz vorgelesen wird, in dem er mit frappierender liebevoller Ehrlichkeit über seine Mutter, die von Zeit zu Zeit eine Entzugsklinik besucht, schreibt. Die Klasse lacht, der Lehrer ist entsetzt, wie Maik so über seine Mutter schreiben kann. Er bekommt dafür kurz den Spitznamen „Psycho“. Aber nicht lange, dazu ist er einfach zu unauffällig.

Auch der neue Mitschüler Andrej Tschichatschow, der als Spätaussiedler aus einer der früheren Sowjetrepubliken kommt, hin und wieder betrunken im Unterricht sitzt, ist so ein Außenseiter und wird so auch nicht zu Tatjanas Geburtstagsparty eingeladen. Maik geht davon aus, dass seine Einladung noch kommt und zeichnet in mühevoller Arbeit mit Bleistift ein Beyonce-Poster aus einer Zeitschrift ab.

Doch auch am letzten Schultag vor den großen Ferien kommt die Einladung nicht. Noch dazu wird klar, dass sein Vater mit seiner jungen Assistentin in den Urlaub fährt und seine Mutter mal wieder in die von ihr Beautyfarm genannte Entzugsklinik muss. Er wird die Ferien also erst mal allein verbringen müssen. Plötzlich steht Tschick mit einem geklauten Lada vor seinem Haus und fragt ihn, ob er mit in die Walachei fahren wolle, zu seinen Verwandten. Maik sagt nach kurzem Zögern zu und eine Fahrt ins Ungewisse beginnt. Beide wissen nicht genau, wo die Walachei liegt, und so fahren sie erst mal zu Tatjanas Geburtstag. Maik übergibt ihr sein Geschenk und sie fahren wieder ab, denn sie sind ja nicht eingeladen.

Sie verfahren sich, Landkarten haben sie nicht mitgenommen, landen irgendwo im Wald bei einer esoterisch angehauchten Familie, die sie zum Essen einlädt, treffen kurz darauf Isa, ein gleichaltriges völlig verdrecktes Mädchen auf der Müllkippe, als sie einen Schlauch suchen, um Benzin für ihren Lada besorgen zu können. Sie finden einen Schlauch, aber Isa muss ihnen zeigen, wie man damit Benzin aus anderen Autos in einen Kanister saugen kann. Sie stinkt zwar so sehr, dass sie es kaum aushalten, aber jetzt müssen sie Isa zumindest ein Stück mitnehmen. Als sie an einem Stausee ankommen, schubsen sie Isa kurzerhand ins Wasser, um sie zu waschen und den Geruch loszuwerden. Es funktioniert und als Tschick sie kurz allein lässt, um essen zu besorgen, kann Maik sich richtig gut unterhalten und merkt, dass er gar nicht mehr so oft an Tatjana denken muss, eher an Isa. Am nächsten Morgen sehen sie, dass sie an einem Gebirge angekommen sind und beschließen, den nächsten Berg zu besteigen. Oben schwören sie, dass sie sich genau hier in 50 Jahren wieder treffen. Als sie absteigen und auf dem Parkplatz gerade ein Reisebus hält, verlieren sie Isa, die meint, mit dem Bus besser voran, zu ihrer Halbschwester nach Prag zu kommen. Maik und Tschick fahren weiter und landen im Braunkohleabbaugebiet, treffen auf den letzten verbliebenen Einwohner, der zur Begrüßung mit dem Luftgewehr auf sie schießt, sie dann aber auf eine Limonade einlädt und Lebensweisheiten zum Besten gibt.

Sie fahren weiter und sehen plötzlich neben sich die Autobahn. Beim Versuch vom Abhang auf die Autobahn zu kommen, überschlagen sie sich mehrmals; der Lada bleibt mit den Rädern nach oben liegen. Eine Sprachtherapeutin bringt sie mit ihrem Geländewagen ins nächste Krankenhaus, da sie Tschick beim Versuch mit dem Feuerlöscher zu helfen, diesen auf den Fuß fallen lässt. Tschick erhält sein Gipsbein und die beiden sehen aus dem Krankenhausfenster, wie ein Abschleppfahrzeug ihren Lada, der auf dem Feld direkt gegenüber dem Krankenhaus steht, umdreht, aber stehen lässt und wieder wegfährt. Sie schleppen sich bis zum Lada und da Tschick mit seinem Gips nicht fahren kann, muss Maik nun ans Steuer. Diesmal schaffen sie es auf die Autobahn.

Doch die Reise endet, als der Fahrer eines Viehtransports, sie nicht überholen lassen will, dabei ins Schleudern gerät und quer auf der Fahrbahn zum Liegen kommt. So landen beide auf der Polizeiwache und werden einzeln zu ihrer Reise befragt, bevor sie ins Krankenhaus kommen.

Als es später zum Prozess kommt, wird Tschick zum Verbleib im Heim, in dem er nach ihrer Reise untergebracht ist und Maik zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Stilistik

Die Handlung wird komplett aus Maiks Perspektive erzählt und beginnt auf der Polizeistation, die das Ende der gemeinsamen Reise markiert. In Rückblenden lässt Herrndorf seinen Protagonisten Stück für Stück aufrollen, wie er dorthin gekommen ist. Herrndorf erzählt sehr bildhaft und verwendet jugendsprachliche Begriffe, um seine Helden glaubhaft darzustellen, ohne zu aufdringlich zu wirken. Tschick ist eine aus einzelnen Episoden zusammengesetzte Abenteuergeschichte, erzählt in der Art eines Roadmovies.

Kritiken und Rezeption

„Herrndorf schafft es mit einer wundervoll austarierten einfachen Sprache, die unaufdringlich auf einen real abgelauschten Jugendjargon anspielt, ihn aber nicht naturalistisch kopiert, seine Welt ins Schräge zu drehen und so jung erscheinen zu lassen wie seine Protagonisten.

Ein Resümee, das Maik, der Ich-Erzähler, gegen Ende zieht, lautet: "Die Welt ist schlecht, und der Mensch ist auch schlecht. Trau keinem, geh nicht mit Fremden und so weiter. Das hatten mir meine Eltern erzählt, das hatten mir meine Lehrer erzählt, und das Fernsehen erzählte es auch. Wenn man Nachrichten kuckte: Der Mensch ist schlecht. Wenn man Spiegel TV kuckte: Der Mensch ist schlecht. Und vielleicht stimmte das ja auch, und der Mensch war zu 99 Prozent schlecht. Aber das Seltsame war, dass Tschick und ich auf unserer Reise fast ausschließlich dem einen Prozent begegneten, das nicht schlecht war.“

Süddeutsche Zeitung [1]

„Mit Tschick hat Herrndorf perfekt umgesetzt, was er vor Jahren einmal über sein Schreiben gesagt hat: "Ich möchte die Bücher schreiben, die ich selber gerne lese, im Grunde ist das Unterhaltungsliteratur. Vladimir Nabokov hat einmal gesagt, gute Literatur erkenne man daran, dass es einem kalt den Rücken runterläuft. So muss es sein! Der ganze Mist, den Literaturkritiker schreiben, so Nabokov, könne man vergessen, es komme nur darauf an, dass es einen erwischt, kalt erwischt. Genau, so ist das.““

Die Zeit[2]

Hörbuch

Tschick erschien im Argon Verlag, parallel als Hörbuch gelesen von Hanno Koffler auf 4 CD (Gesamtspielzeit 297 min.) [3] und als Hörspielfassung auf 2 CD (Gesamtspielzeit 84 min.). [4]

„ Der Sprecher Hanno Koffler passt mit seiner jung klingenden Stimme einfach perfekt zu der aus Maiks Sicht geschilderten Geschichte, man nimmt ihm das Teenager-Alter sofort ab. Sein Sprechtempo ist relativ flott, stellenweise dehnt er aber Satzteile und Wörter, zum Beispiel als der Lehrer Klingenberg versucht, Maik lächerlich zu machen. Den Spott des Pädagogen stellt er damit gekonnt heraus.
… Überzeugt hat mich ebenfalls Hanno Kofflers Stimmvarianz, mit der er einzelne Personen gezielt herausstellt. Tschick stellt er mit osteuropäischem Akzent glaubhaft dar, ganz eigen ist auch die Stimmlage des Schützen Horst Fricke oder des theatralischen Lehrers Klingenberg, und selbst weibliche Charaktere wie Isa gelingen ihm ungekünstelt. Die Szene mit der Sprachtherapeutin schließlich ist urkomisch, und die entsprechende Umsetzung der Romanvorlage durch den Sprecher sorgt nicht nur in diesem Abschnitt für Lacher. Insgesamt ein Hörbuch, das einfach gute Laune macht. “

leser-welt.de[5]

„ Es macht einfach Freude, Hanno Koffler zuzuhören. Nicht nur der von ihm gesprochene Maik Klingenberg klingt jung und natürlich, auch Tschick wirkt lebendig. Sowohl Berliner Dialekt bei Maik als auch übertriebener russischer Akzent bei Tschick fehlen, was der Authenzität der porträtierten Teenager in keiner Weise schadet.“

booklove.de [6]

Einzelnachweise

  1. Rezension in der Süddeutschen Zeitung
  2. Rezension in Die Zeit
  3. „Tschick“ Hörbuch im Argon Verlag
  4. „Tschick“ Hörspiel im Argon Verlag
  5. Inhalt und Rezension auf leser-welt.de
  6. Inhalt und Rezension auf booklove.de

Weblinks


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