Wachtelmäre

Wachtelmäre

Die Wachtelmäre ist das einzige bekannte Werk des Spielmanns Peter der Wachtelsack. Sie entstand um die Mitte des 13. Jahrhunderts im damaligen Westungarn.

Sie gliedert sich in 18 Strophen. Sie ist in der Coloczaer Abschrift der Heidelberger Liederhandschrift enthalten, nicht jedoch in dieser selbst.

Text

Ditz vor in alten zeiten.
An einer haber leiten,
In aim hiltzein land(e),
Auf aim ströbeim sand(e),
Saz ain reicher ereich krug,
Dez muter ain peren truk,
Hintz er ains ochsen gnas,
Der gwaltig esel waz,
An dem kumpost perg
Puttern aus twerg
Span er manigen tak. -
- Ain Wachtel in sak!

Des muter hiez Otte
Ain tesch als ain rotte
Trug si an der seiten,
Daz pei den selben zeiten
Solhs vbr mer nit waz komen;
si het ain turnay gnomen.
Gen den Künig von Nindert da,
Vnder des augen vnt anders wa
Waz si mit gutem paste gezawnet also vaste
Irs leib8es) si gar schon plak.
- Zwo wacht(l)eln in den sak!

Do ritens und kamen
Gen nimerdum namen
Daz ist ain halb mentags gelegen,
Da saz ain junger stoltzer degen
Gedret schon auz kleyen
Recht als ain (Majen?)
Waz er under augen geschaffen,
Mit aim loter phaffen
Waz er der minne versprochen,
Daz er in sechs wochen
Daz nah ains kalbs gnas;
Den krebs traib er ans graz
Daz er den swalben plak. -
- Drey wahtel in den sak!

Daz land ist durh frid
an himl gebunten mit wid,
Daz im niemen mak geschaden,
Die häuser sint gedeckt mit fladen,
Gezaẅt wol würsten;
Wem da peginnet dürsten,
Dem geit man ze getrank
Daz fieber mag in nicht verlan,
Dar zu muz er div sucht han,
Er trinkt ach und we,
Daz in gedürst nimmer me
Und fürpaz nicht ezzen mac.
- Fier wahteln in den sak!

Daz lant haizzt Guggelmürre,
Da ist div waid also dürre,
Daz div gans gepraten, Unt tret vil wol beraten
Daz messer in dem snabl,
Den pheffer in dem Zagl;
Da ist daz lant alz gsunt,
Daz gepraten in den munt
Fliegent da dei swalben.
Raẅzen, noch Falben
Habent nicht so reichen hak.
- Fünf wahteln in sak!

Mti lidrein glokken
Unz man ze Kirchen loken,
Sie hangnt also hoh,
Daz man sei laẅt mit stro,
Mit aim fuchs Zagel,
Si hang(en)t an dem Nagl,
Daz ist ain eis zephe,
Vnt klingt als ain hephe;
Da ist albeg veyr tak.
- Sechs wachteln in sak!

Die hund sind mit muz behut,
Da sint kirhtür(ne) gut
gemawrt auz puttern, gutwaiz,
Und scheint div sunn alz haiz,
Daz schat im vmb ain har,
Ain aichen phaff, daz ist war
Ain puchein messe singet;
Wer da ze opfer dring(e)t,
der antlaz ich ersrak,
- Siben wahteln in sak!

Do man ezzens het gedaht.
Da wart schier darv praht
Von penken vnd von sideln,
Von rotten vnd von fideln,
Als man ze tisch sitzen sol,
Da trug man dar berait wol
Spemph vnd slegel,
Kerwesen vnd flegl,
In maniger hand weise;
Sulher lay speise
Fand ich nie so reichen smak.
- Acht wahteln in sak!

Ie gab man im ze weib(e),
Seim stoltzen leib(e),
ain alts satl geschirr(e)
Daz lief so wol irr(e).
Daz im pei der stund(e)
Niemen gefolgen kund(e)
Wan ain alts pok futer,
Daz het mit des tiefels muter
gelawffen her dei wett(e),
Do trug man sei ze pett(e),
Für div purg in daz hak.
- Neẅn wahteln in sak!

Sie gewunnen ze kind(e)
Ain liebleich gesind(e),
Sie heten mit anander
Den wunderleichen Allexander
Vmd den kaiser Ermentreich,
Vnd daz twerk Edereich
Ain dreihawptigen tursen,
Ain newsliffen kursen
Vnd ain me(r) drein hamme,
Die gat man do ze amme,
Div gwan manigen snarak.
- Zehen wahteln in sak:

Es wuchsen die kind(e)r,
In aim iar geschwinder,
Den andrew in zehen wochen.
Des künge Niden offen.
Stewf blucht man im ze weib pot.
Drithalben kez vnd ain lot
Satzt man ze after wett(e);
Wer nu gesatlt hett(e),
Der möcht mit im reiten dar
Da wart verzert an der schar
Prots wohl ain halb wak.
- Ainilf wahteln in sak.

Nu komm, ir spil laẅt,
Staht in die hunds haẅt,
Smirht die ross tegl,
Schaffet, das die negl,
Dar inne alle rüren,
Richt zu den snüren
Die taterman, vnd weset stoltz,
Plater, pfeiffer durhs holtz,
Hosselt, gempelt, sridelt,
Geigent, herphent, fidelt,
Da wirt ew ain avf den nak.
- zwelf wahteln in sak!

Auch kömet, kurtz vnd lank,
Ainer krump, der ander trank,
Der gekruket, der gestelzet,
Der auf scheml was gepeltzet,
Dar kom manig muter kint,
Der an aim augen waz plint,
Der ander nichtsnit gesah,
Vnd aim zawn waz ir gmah.
Wer dar icht pracht, daz azz er,
Pach prunen vnd wazzer,
Trunken si für schafernak.
- Dreizehn wahteln in sak!

Hie kommens auf ain fewrein velt,
Da giengen fisch wol enzelt
Af ainer apfalter
Wol zwo vnd dreizzig molter
Der schonsten haken puchen,
Von tahen vnd von ruchen
Sutens ain wahtel prey;
Ain swein leber lag da pey;
Der waz so faizt, auz des zagl
Wart der pest antwerh nagl
Der srithalb zentner wak,
- Fierzehen wahteln in sak!

In ainem nuzpawn sie kamen,
Si begunden der krichen ramen,
Der aphel si nicht funden;
Die moreih waren verswunden,
Si begunden ruben graben,
Vnd sahen dort her traben
Ain, des div hawt waz (naz?),
Im waz laid vmb daz graz,
Er sprach; "lat ewr krebsn sein;
Der flachs ist aller mein.
Heb auf und trak."
- fünfzehen wahteln in Sak!

Nu flugen si gen hoy,
Do kroch dorther von troy
Der schönst falk lidrein,
Ain tawh vnd ain enspin,
Ain hamer, vnd ain turen,
Do si den Juden hut verluren
Vnd spilten mit dem gens kragen,
Daz hort ich ain maisen sagen
Aus proten ainer seiden span,
Den tet sein muter in den pan
Si sprach: "nu lig vnd nak."
- Sechzehen wahteln in sak!

Geflogen kom ain regen wurm,
Der hub den aller grösten sturm,
Mit aim igel, der waz ploz,
Herr Dietrich von Pern schoz
Durch ain alten newn wagen,
Herr Hildeprant durchn kragen,
Herr Ekk durh den schüzzel kreben;
Chriemhilt verloz da ir leben,
Das plut gen Maintz ran,
herr Vasolt kawn entran,
Des leibs er sich verwak.
- Sibenzehen wahteln in sak!

Als do der streit nicht ende nam,
Ain mülstein vbr mer wam
zu dem wurdm vnd mer swam
zu dem wurm vnd zu dem igl,
Er pracht mit im zwenstrigl,
Vnd ain künen plaspalk,
Der im alls sein vihe malk,
Der verwundet ain stamph,
Da von sich ain snek ramph
Von dannen vbr tawsent meil,
Er kom dar mit eil,
Vnd faht, daz der harnasch sein,
Wart ain glesein vingerlein,
Vnd paiz im ab den nak.
- Achtzehn wachteln in sak!

Analyse

Früher wurde dieses Lied dem Stricker zugerechnet. Jedoch passt es wegen seines jugendlichen Übermuts eher zu einem jungen Sänger, wie es Peter der Wachtelsack zur Zeit der Entstehung war.

Weiters finden sich im Lied typisch hianzische Begriffe und Ausdrucksweisen wieder. So zum Beispiel "trug man sei ze pette" oder "künig von Nindert da" (= von nirgendwo). Auch der Ausdruck "sattelgeschirre" statt dem damals andernorts üblichen "satelkeit" oder "gereite" deutet auf die westungarische Herkunft des Liedes hin. "Fuchszagl" ist einer der Befestigungstürme von Güns, "-zagl" als Nachsilbe tritt auch als Spottname bei Ödenburger Bürgern auf.

Die zahlreichen Erwähnungen verschiedenster Sagenfiguren zeugen wohl davon, dass diese damals im Volk sehr geläufig waren. Auch anzumerken ist die besonders freche und rücksichtslose Lächerlichmachung des Klerus und des Adels ohne die geringste Zurückhaltung.

Die zwölfte Strophe endet mit der Aufforderung zum Spiel und Tanz hier dürfte zunächst unterbrochen oder beendet worden sein, um den Genüssen der Tafel Raum zu geben. In den nächsten Versen ist von Kranken und Krüppeln die Rede, wahrscheinlich um das Mitleid und die Freigiebigkeit anzuregen.

Literatur

Alfred Ratz: Peter der Wachtelsack.


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