Web-Forschung

Web-Forschung

Web-Forschung bezeichnet die empirische und methodische Forschung über oder mit Hilfe des Internets. Sie weist dabei drei Hauptbezüge auf:

  • Internet als Gegenstand
  • Internet als Medium
  • Internet als Methode

Inhaltsverzeichnis

Begriffliche Abgrenzung

Aus akademischer und forschender Sicht steht das Fachgebiet mit den WebWissenschaften, mit der, derzeit vor allem semantisch orientierten, Suchmaschinenforschung, sowie mit der empirischen Kommunikationsforschung und deren Inhaltsanalyse, in Zusammenhang.

Anwendung finden die Methoden der Web-Forschung vor allem in der Web-Marktforschung, und in der Weiterentwicklung der Internet Suchmaschinen.

In der Praxis können anhand der verwendeten Forschungsmethoden die primär nicht-reaktiven, meist indirekt beobachtenden, Forschungsmethoden, die das Internet selbst, als Gegenstand und Quelle vorhandener Informationen, auswerten, unter den Begriffen der Web-Forschung (Internet als Methodik und als Gegenstand), Webometrie (Internet als Medium), und Web-Mining (Internet als Gegenstand) zusammengefasst werden. Primär direkte oder reaktive Methoden der webbasierenden Datenerhebungsverfahren, die das Internet als Medium einsetzen, werden hingegen typischerweise unter dem Begriff der Online-Forschung subsumiert.

Kernbereiche

Die wissenschaftsbezogene Web-Forschung nutzt, wie die kommerziellen Formen der Web-Marktforschung, das Internet zum Zweck der Datenerhebung als Ersatz für traditionelle Datenerhebungsverfahren, und zur Generierung neuen Wissens. Innerhalb der wissenschaftlichen Sichtweise stehen insbesondere interdisziplinäre und methodische Fragen zur Erforschung des Webs und zur Gründung einer Wissenschaft des Webs im Mittelpunkt der Forschung. "Dabei geht es um die Entwicklung neuer Infrastrukturen, um das Erkennen des Nutzens neuer Entwicklungen, und um das Verstehen derjenigen, die die diese Infrastruktur benutzen. Auch die Entwicklung einer dafür geeigneten Ethik gehört dazu: um die Vermeidung sozialer und technischer Barrieren, die Unterstützung der Nutzung von Wissen auf bislang unvorhersehbare Art und Weise, und um die Einhaltung der Geboten der Fairness und Gleichheit. In der Web Forschung werden wissenschaftliche und mathematische Technologien verschiedener Disziplinen eingesetzt, um zugleich einzelne Eigenschaften wie auch ihre Wirkung auf das Ganze verstehen zu lernen." [1]

Einen wichtigen Bereich bilden die Resultate angewandter Web Forschung für die Entwicklung semantischer Suchmaschinen. Ein grundsätzliches Ziel liegt dabei in der Verbesserung des Werts der Internetnutzung und der Vermittlung von Wissen, sowohl für einzelne Nutzer, wie auch für damit verbindbare automatisierte Anwendungen.

Einen weiteren Bereich der angewandten Web-Forschung bildet die Web-Marktforschung, beispielsweise zur vergleichenden Bewertung von Unternehmen, Dienstleistungen und Produkten, oder die vergleichende Forschung zu Einstellungen und politischen Zielvorstellungen in der Web Meinungsforschung. Der Schwerpunkt der Web-Marktforschung liegt dabei auf der umfassenden Beobachtung und Auswertung von Meinungsäusserungen von Kunden und Anwendern sowie potentiellen Wählern und Verbrauchern, die mit Hilfe der Web Marktforschung zu übersichtsvermittelnden und bewertenden, quantitativen und qualitativen, Aussagen zusammengefasst werden.

Stärken der Web Forschung als Methodik

Der sichtbarste, allerdings methodisch betrachtet, nicht einmal der bedeutsamste Vorteil der Web Forschung liegt, verglichen mit den traditionellen sowie Online-Datenerhebungsverfahren, in der schnellen, und vergleichsweise umfangreich ausschöpfenden, Datenerhebung. Datensatz-Zahlen in der Größenordnung von Hunderttausenden bis Millionen werden häufig erreicht und überschritten. Die Grundgesamtheit oder Zielpopulation der Untersuchung wird durch die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem zu untersuchenden Thema, und den im Web auffindbaren Äußerungen der Internet-Population zu dem Thema, definiert. Die grundsätzlich immer problematische Bildung und Verwendung von Stichproben, kann so vermieden werden. Da die Web Forschung zudem stark auf der Auswertung von Zusammenhängen zwischen Merkmalen beruht, zeigt sie sich relativ invariant gegenüber, die Repräsentativität beeinflussende, Häufigkeitsverzerrungen, welche durch das eingesetzte Erhebungsverfahren verursacht worden sein können. Ein weiterer, aus methodischer Sicht hoch bedeutsamer Vorteil der Web Forschung liegt darin, dass die nicht teilnehmende und nicht-reaktive Beobachtungsform in einem sich unabhängig entwickelnden, und nicht von der Beobachtung selbst beeinflussten, Feld des Internets erfolgt. Dabei werden Störfaktoren wie die Einflussnahme durch die Interviewer, durch Studien-Effekte wie das Untersuchungs-Design, oder durch das Wissen um die Ziele der Studie auf der Seite der Studien-Subjekte, dank des Designs grundsätzlich vermieden. Zudem sind die Kosten im Gegensatz zu herkömmlichen papiergebundenen Umfragen sehr gering.

Schwächen der Web Forschung als Methodik

Demographische oder sonstige identifizierende Angaben zu den Subjekten der Erhebung dürfen, aus Datenschutzgründen, nicht erhoben werden. Hohe Erwartungen an Vollständigkeit und Verzerrungsfreiheit der Datenerhebung erfordern den Einsatz von spezifischen und semantischen Web-Suchtechniken, welche die Fähigkeiten der derzeitigen Internet Suchmaschinen überschreiten. Die zur Umgehung dieser Schwächen notwendigen Entwicklungen sind aufwendig, und behindern dadurch die schnelle Verbreitung der damit verbundenen Vorgangsweisen. Untersucht werden können grundsätzlich nur solche Fragestellungen, die entweder im Internet bereits in genügender Häufigkeit diskutiert oder thematisiert worden sind, oder die in analoger Weise beantwortet werden können. Da die Web Forschung in erster Linie Zusammenhänge zwischen Merkmalen untersucht, sind der Kontrolle von Varianzhomogenität, von systematisch intervenierenden sowie konfundierenden Faktoren besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Verglichen mit der Online-Forschung, erscheinen die methodischen Restriktionen der Web-Forschung als insgesamt von geringerem Gewicht.

Verbesserungsansätze

Grundsätzlich bietet die Web-Forschung die Möglichkeit zu einer für alle nachvollziehbaren Überprüfung gesellschaftlich bedeutsamer Resultate und abgeleiteter Aussagen an, weil sie auf öffentlich zugänglichen Informationen beruhen. Die Grenzen der Nachvollziehbarkeit liegen jedoch in der Komplexität der Methodik, und dem Einsatz proprietärer Vorgangsweisen. In diesem Sinne ist ein kompetitiver Ansatz verschiedener methodischen Ansätze zur Untersuchung und Beantwortung gesellschaftlich relevanter Fragen zu unterstützen.

Für die Veröffentlichung von Ergebnissen der angewandten Web Forschung könnten und sollten vertrauenswürdige Portale dienen, welche durch methodische Vielfalt, unterschiedlich gefasste Themenbereiche und Stichproben, Interdisziplinarität sowie eine systematische Auswertung den Erhalt und die Publikation von stabilen und relevanten Resultaten unterstützen.

Einzelnachweise

  1. Sinngemäß übersetztes Zitat aus: Science 11 August 2006: Vol. 313. no. 5788, pp. 769 - 771

Weblinks


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