Chästeilet

Chästeilet
Sigriswil
Wappen von Sigriswil
Basisdaten
Kanton: Bern
Amtsbezirk: Thun
BFS-Nr.: 0938Vorlage:Infobox Ort in der Schweiz/Gemeinde
PLZ: 3655
Koordinaten: (621258 / 173977)46.7166657.716671810Koordinaten: 46° 43′ 0″ N, 7° 43′ 0″ O; CH1903: (621258 / 173977)
Höhe: 810 m ü. M.
Fläche: 55.34 km²
Einwohner: 4494
(31. Dezember 2007)[1]
Website: www.sigriswil.ch
Karte
Karte von Sigriswil

Vorlage:Infobox Ort in der Schweiz/Wartung/Pixel

Sigriswil ist eine politische Gemeinde im Amtsbezirk Thun des Kantons Bern in der Schweiz.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Der grösste Teil der Gemeinde Sigriswil liegt auf einer Sonnenterrasse über dem rechten Ufer des Thunersees. Sie erstreckt sich vom dessen Ufer (560m) ansteigend zur Blueme (1392m) und zum Sigriswilergrat (Sigriswiler Rothorn 2051m). Ein kleinerer (hinterer) Teil des Gemeindegebietes befindet sich am Nord- und Osthang der Blueme und am Westhang des hinteren Sigriswilergrats und gehört zum Einzugsgebiet der Zulg, welche erst nach Thun in die Aare fliesst.

Die Gemeinde besteht aus den 11 Ortschaften: Aeschlen ob Gunten, Gunten, Meiersmaad, Merligen, Ringoldswil, Schwanden, Sigriswil, Tschingel ob Gunten, Wiler, Endorf und Reust sowie dem Justistal. Die Ortschaften Meiersmaad und Reust liegen in hinteren Teil des Gemeindegebietes.

Ortsname

Der Name Sigriswil setzt sich aus dem althochdeutschen Personennamen Sigiheri oder Sigirih und der Ortsnamenendung -wilari (kleines Dorf, Weiler) zusammen.

Geschichte

Orts- und Flurnamen weisen auf eine Urbarmachung evtl. bereits in römischer und vor allem in alemannischer Zeit hin. Im 10. Jh. gehört das Gebiet der Gem. zum Herzogtum Schwaben, im 11. Jh. zum Königreich Hochburgund, mit welchem Sigriswil 1033 wieder zum Reich gelangt. In den folgenden Jahrhunderten Abhängigkeit der ursprünglich freien Bauern von weltlichen und geistlichen Grundherren. Im 13. Jh. gehört Sigriswil lehnsrechtlich zur Freiherrschaft Oberhofen, nach der Ermordung Albrecht I. von Habsburg (1308) unter Beteiligung von Walter III. von Eschenbach kommt Oberhofen und damit S. unter österreichische Herrschaft. 1313 wird Sigriswil kyburgisches Reichslehen, wird 1323 an Bern verkauft und wieder als Lehen zurückerhalten. 1347 erfolgt der Kauf des Hochwaldregals vom (verschuldeten) Graf Eberhard II. von Kyburg-Burgdorf (sog. Sigriswiler Freiheitsbrief); 1406 bernische Herrschaft; bis 1471 Freigericht zusammen mit Steffisburg, dann bis 1798 eigenes Ge-richt. 1627 Eingliederung des Justistals in das Gemeindegebiet. Während der Helvetik zu Kanton Oberland, von 1803-1832 wieder Freigericht.

Die Urgemeinde ist eine reine wirtschaftliche Güter- und Nutzungsgemeinde; sie erhielt unter grundherrschaftlicher Verwaltung die kleine Gerichtsbarkeit. Im 15. Jh. erfolgt eine starke Einwanderung und die innere Abschottung der uransässigen Bewohnerschaft gegen die Neuzuzüger. Im Gegensatz zu anderen Regionen in Berner Oberland wurde die Reformation in S. widerstandslos akzeptiert. 1650 erfolgt mit der Seyordnung die Regelung der Verhältnisse zwischen Alteingesessenen und Hintersassen sowie zwischen den oberen Ortschaften und der Ortschaft Merligen um unklare Nutzung der Allmenden. Seit 1690 „Burgergemeinde“ mit persönlichem Anrecht auf Heimatschein. Aufgrund des neuen kant. Gemeindegesetzes wurde 1832 eine neue Gemeindeordnung (Einwohnergemeinde) angenommen. Die neue Verfassung von 1831 liess in der Gemeindeorganisation jedoch alles beim Alten. Die Burgergüter blieben unangetastet als Privateigentum bestehen, wodurch der neu geschaffenen Einwohnergemeinde die finanziellen Mittel fehlten. 1851 erfolgte daher die Schaffung einer Gemischten Gemeinde zum Interessenausgleich zwischen Burger- und Einwohnergemeinde; 1868 fand schliesslich die Übergabe des allg. Burgergutes an die Einwohnergemeinde sowie die Auflösung der Burgergemeinde statt. Mitte des 19. Jh. fanden Partei-kämpfe zwischen Liberalen und Konservativen statt, die den Strassenbau ablehnten; 1852 Bau der Seestrasse bis Gunten, 1873 Verlängerung nach Merligen, danach kontinuierlicher Ausbau des Strassennetzes. 1908 beschloss die Gemeindeversammlung, sich finanziell an einer Drahtseilbahn zwischen Gunten und S. zu beteiligen. Der finanzielle Aufwand für eine Bahn erwies sich aber als zu gross, und man entschloss sich 1914 zugunsten des Automobilverkehrs. Post und Telegraph erreichten die Gemeinde Ende des 19. Jh., Telephonverbindung zu Beginn des 20. Jh.. Weitere Aufgaben der Gemeinde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. waren Wildbachverbauungen, Aufforstungen, Vermessungsarbeiten, Wasserfassungen und der Schulhausbau. 1898 fand in Merligen ein Dorfbrand statt, der einen Teil des Dorfes zerstörte.

Erste Kirche in S. um 1000 erbaut von Rudolf II. von Hochburgund (Strättliger Chronik); Bis zur Reformation Zugehörigkeit zum Bistum Konstanz; Patronat Im 13. Jahrhundert bei den Edlen von Bremgarten, Burkhard von Unspunnen u. a., ab 1222 beim Kloster Interlaken, nach der Reformation bei Bern, aber mit eigenem Chorgericht. Mitte 15. Jh. Umbau (spätgotische Fundamente), 1678/79 Neubau im Typus d. evangelischen Predigtkirche. Weitere Renovationen 1784, 1838, 1866 und 1957. Schutzpatron St. Gallus. 1937 Einweihung der Kirche Merligen. Über ihr Amt hinaus Spuren hinterlassen haben die Pfarrer Christoph Pfäfferlin (1555-1565) als Humanist und Botaniker, Gottlieb Jakob Kuhn (1799-1806) als Dichter und Carl Howald (1833-1869) als Chronist.

Die Lws. ursprünglich Dreifelderwirtschaft mit freien Bauern. Beginn des Rebbaus am Thunersee vermutlich in römischer Zeit. Selbstversorgung der Gemeinde in Brot und Wein. Im 18. Jh. Einführung der Graswirtschaft (Stallfütterung), vermehrte Milcherzeugung und Fruchtwechsel sowie Einführung der Kartoffel und Rückgang des Ackerbaus. Ende des 18. Jh. durch Degeneration der Rebstöcke bedingter Niedergang des Rebbaus. 1851 und 1858 regeln Schutzbestimmungen und ein neues Forstgesetz die Waldnutzung und beenden den Raubbau durch die Landwirtschaft. Im 20. Jh. Verminderung und Vergrösserung der landwirtschaftlichen Betriebe, Zunahme der Kuhbestände und weiterer Rückgang der Ackerfläche.

Die Landwirtschaft bleibt bis zu Beginn des 19. Jh. Hauptwirtschaftszweig; 1831 Einführung der Gewerbefreiheit, Zunahme von Gastwirtschaft und Gewerbe; 1858 Beginn des Fremdenverkehrs (erste Werbeschrift); Im 20 Jh. ist S. keine rein bäuerliche Gemeinde mehr, viele erwerben ihren Verdienst in der Hotellerie, im Gewerbe, Handel und Verkehr sowie in den Fabriken in Thun.

Vor der Kirche Sigriswil
Chästeilet im Justistal
Käse wird pro Los aufgeschichtet

Chästeilet

Der Chästeilet (berndeutsch für „Käse-Verteilung“) ist ein jährlich wiederkehrendes Fest in der Gemeinde Sigriswil.

Das Fest findet stets am ersten Freitag nach dem Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag statt. An diesem Tag treffen sich die Landwirte, welche ihre Kühe im Justistal gesömmert haben, und teilen die im Sommer produzierten Käselaibe im Verhältnis zur Milchleistung der Kühe auf. Bereits vor und während des traditionellen Rituals beginnt ein fröhliches Fest mit Jodelliedern und Schwyzerörgeli-Klängen.

Persönlichkeiten

Von 1799 bis 1806 wirkte als Vikar in Sigriswil Gottlieb Jakob Kuhn und von 1833 bis 1869 als Pfarrer Karl Howald, der u.a. eine siebenbändige Sigriswiler Chronik (1844-69) verfasste.

Der Schauspieler und Schriftsteller Curt Goetz besaß in Merligen seit 1927 ein Ferienhaus, in dem er mit seiner Frau Valérie von Martens von 1933 bis 1939 ständig wohnte.

Der sechsfache Schweizermeister im Mountainbiken Christoph Sauser und Gewinner des Welt Cup-Gesamtklassements 2004 und 2005.


Einzelnachweise

  1. Statistik Schweiz – Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung nach Kantonen, Bezirken und Gemeinden

Literatur

Bürgi, Matthias (1993). Frühere Wald- und Landnutzungsformen in der Gemeinde Sigriswil. Zürich:[s.n.], 162 S. + Fehlerliste.

Bürgi, Matthias (1994a). Frühe Waldnutzungsformen im Sigriswiler Wald. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 145, 669-676.

Bürgi, Matthias (1994b). Spuren in der Sigriswiler Landschaft. Jahrbuch vom Thuner- und Brienzersee, 14-45.

Dubler, Anne-Marie (2004). Die Region Thun-Oberhofen auf ihrem Weg in den bernischen Staat. Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 66, 2, 61-117.

Gafner, Wilhelm (1977). Sigriswil. Sigriswil.

Grütter, Max (1956). Tausendjährige Kirchen am Thuner- und Brienzersee. Bern: Paul Haupt.

Lenherr, Berchtold (1979). Wandlungen der bäuerlichen Selbstversorgung im Raum Sigriswil-Schwanden-Beatenberg. Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 41, 45-80.

Lindt, Thomas (1985). Kirche Sigriswil. Sigriswil.

Rennefahrt, H. (1943). Überblick über die staatsrechtliche Entwicklung. In Das Amt Thun – Eine Heimatkunde, Bd. 1, S. 197-229. Thun: Adolf Schär.

Schär-Ris, Adolf (1929). Sigriswil: Eine Heimatkunde. Bern: Büchler.

Schär-Ris, Adolf (1947). 1347-1947 – Sechshundert Jahre Sigriswil: Historische Festschrift zum 600jährigen Jubiläum der elf Dörfer der Gemeinde Sigriswil. Sigriswil.

Schär-Ris, Adolf (1979). Sigriswil. Bern: Paul Haupt.

Weblinks


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