Clostridium botulinum

Clostridium botulinum
Clostridium botulinum
Clostridium botulinum

Clostridium botulinum

Systematik
Abteilung: Firmicutes
Klasse: Clostridia
Ordnung: Clostridiales
Familie: Clostridiaceae
Gattung: Clostridium
Art: Clostridium botulinum
Wissenschaftlicher Name
Clostridium botulinum
(van Ermengem 1896) Bergey et al. 1923

Clostridium botulinum (v. lat. botulus „Wurst“) ist ein obligat anaerobes, grampositives, stäbchenförmiges Bakterium aus der endosporenbildenden Familie der Clostridiaceae. Erstmals isolierte es der belgische Mikrobiologe Emile van Ermengem 1895 aus verdorbenem Schinken und benannte es Bacillus botulinus.

C. botulinum ist ein Bodenbewohner. Bei der Vermehrung bildet es ein Gift, das Botulinumtoxin, das die Ursache für die unter dem Namen Botulismus bekannte Krankheit ist. Das Bakterium kann sich unter Sauerstoffabschluss, z. B. in geschlossenen Konserven oder im Inneren großvolumiger Lebensmittel, z. B. Rohschinken, wenn das Lebensmittel nicht gekühlt wird, vermehren und Toxine bilden, die eine Lebensmittelintoxikation auslösen können. Da Clostridium botulinum Bodenbewohner ist, finden sich die meisten Kontaminationen in Gemüsekonserven.

Es gibt 10 bis 15 Typen von C. botulinum, sieben (A bis G) bilden bei der Vermehrung Toxine, die der Typen A, B, E und F sind humanpathogen [1]; die Typen C und D sind für Tiere, vor allem Rinder, pathogen.

Nah verwandte Clostridien, die jedoch kein Botulinumtoxin produzieren, wurden taxonomisch unter dem Namen Clostridium sporogenes eingeordnet.[2]

Inhaltsverzeichnis

Giftwirkung

Näheres zur Giftwirkung auf den Menschen und medizinischen Nutzung: Botulinumtoxin

Botulinumtoxin (BoNT od. BTX) ist das stärkste bekannte Bakterientoxin und hemmt die Erregungsübertragung von den Nervenzellen zum Muskel, indem es die präsynaptische Ausschüttung des Transmitters Acetylcholin verhindert. Es kommt zu einer chemischen Denervierung, die Kontraktion der Muskeln wird in Abhängigkeit von der Toxindosis schwächer oder fällt ganz aus; folglich kommt es zu einer Lähmung. Alle Formen des Botulismus zeigen (mit Ausnahme der unterschiedlichen Inkubationszeiten) eine ähnliche neurologische und systemische Symptomatik. Der Nahrungsmittelbotulismus beginnt typischerweise mit gastrointestinalen Symptomen (Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Krämpfe, Diarrhoe), gleichzeitig oder im Gefolge treten Doppelbilder und Mundtrockenheit auf. In unterschiedlichem Ausmaß kommt es dann zu einer absteigenden Schwäche der Extremitäten sowie der Atemhilfsmuskulatur. Die Symptome sind typischerweise rein motorisch.

Tödliche Dosen: Todesursache ist Atemlähmung. Bei Inhalation sind 3 ng/kg tödlich, bei einer Injektion bereits 1 ng/kg (LD50 Mensch: 1 ng/kg)[3]. 1 kg gleichmäßig verteilt und intravenös verabreicht würde somit theoretisch ausreichen, um die gesamte Menschheit (ca. 6,6 Mrd.) zu töten. Die Herstellung dieser gering erscheinenden Menge ist für nichtstaatliche Organisationen jedoch zu aufwändig.

1 mg Botulinumtoxin A reicht aus, um 20 Millionen Mäuse zu töten.

C. botulinum kann bei der Verarbeitung von Honig das Lebensmittel kontaminieren. Daher wird von der Landesärztekammer Baden-Württemberg und anderen medizinischen Einrichtungen dringend empfohlen, Säuglinge im ersten Lebensjahr nicht mit Honig zu konfrontieren. Säuglinge reagieren schon in geringsten Mengen sehr empfindlich auf diesen Erreger, so dass dadurch sogar der plötzliche Tod eintreten kann. Da Clostridium-botulinum-Bakterien beim Konkurrenzkampf zwischen den Bakterien eher schlecht abschneiden, überleben sie im Erwachsenendarm zwischen den anderen Bakterien nur in hohen Dosen. Diese fehlen einem Säugling jedoch, daher die hohe Unverträglichkeit bei einer Infektion durch Nahrungsaufnahme.

Werden Clostridium-botulinum-Toxine aus dem Darm ins Blut aufgenommen, erreichen sie so die peripheren neuromuskulären Synapsen[4]. Hier wird BTX endoneural aufgenommen und blockiert die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin. [5] Der Tod erfolgt durch Lähmung der Atemmuskulatur.

Die Toxine sind hitzelabil, d. h. sie können durch Erhitzen auf mind. 80 °C in 20 bis 30 Minuten inaktiviert werden.

Nutzung

Die muskelentspannende Wirkung des Bakteriengifts wird schon lange in winzigsten Dosen zur Behandlung der Dystonie eingesetzt. Dystonie ist eine Erkrankung der Basalganglien des Gehirns, die durch Fehlsignale zu Spasmen (Verkrampfungen) der Muskulatur und bei den Erkrankten zu unkontrollierbaren Verrenkungen führt. Auch weitere Spasmen und das Schielen werden damit teilweise behandelt.

In neuerer Zeit wird das auch Botox® genannte Gift als "Faltenkiller" im Gesicht eingesetzt, soweit die Falten auf der Verfestigung von dauernden Gesichtsausdrücken (z. B. gerunzelte Stirn) beruhen.

Quellen

  1. Wells CL, Wilkins TD: Botulism and Clostridium botulinum; in: Baron's Medical Microbiology (Baron S et al, eds.), 4th ed., Univ of Texas Medical Branch 1996, (siehe NCBI online Bücherregal) ISBN 0-9631172-1-1
  2. Judicial Commission of the International Committee on Systematic Bacteriology (1999) Rejection of Clostridium putrificum and conservation of Clostridium botulinum and Clostridium sporogenes Opinion 69. International Journal of Systematic Bacteriology. 49:339.
  3. Diane O. Fleming, Debra Long Hunt. Biological Safety: Principles and Practices. ASM Press, 2000, p. 267.
  4. The Pathogenic Clostridia; in: Todar's Online Textbook of Bacteriology (Kenneth Todar, ed.)., Univ of Wisconsin-Madison Department of Bacteriology, 2005, (siehe online Buch)
  5. Leitlinie Botulismus der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. In: AWMF online (Stand 10/2005)

Literatur

  • Peter Brooke: Kleine Ungeheuer, 1999, S. 68-71

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